Landeshauptstadt Stuttgart
Oberbürgermeister
Gz: OB
GRDrs 1034/2021
Stuttgart,
11/08/2021



Haushalt 2022/2023

Unterlage für die 1. Lesung des Verwaltungsausschuss zur nichtöffentlichen Behandlung am 15.11.2021



Kurzfristige Lösungen für den Wohnungsdruck in Stuttgart suchen
Temporäres Wohnen als einen Lösungsweg prüfen


Beantwortung / Stellungnahme

Aus Sicht der Verwaltung erfordert die angestrebte kurzfristige Bereitstellung einer signifikanten Stückzahl an Wohnungen eine anspruchsvolle städtebauliche Komponente. Auch temporär geschaffene Quartiere müssen bestimmte Qualitätsmerkmale (insbes. infrastrukturell) aufweisen, damit sie von der Bevölkerung als nachhaltig attraktiv wahrgenommen und akzeptiert werden. Ansonsten sehen wir die Gefahr der Entwicklung zu reinen „Containerhöfen“, denen eine entsprechende Stigmatisierung anhaftet.

Zu 1.) Wie schätzt der Oberbürgermeister eine solche Konzeption von temporärem Wohnen als Brückenlösung zur Linderung des enormen Wohnungsmangels in Stuttgart ein?

Wo immer es möglich ist, sollte im Sinne einer effizienten Flächenausnutzung, das vorhandene Baurecht voll und dauerhaft ausgeschöpft werden. Daher sollten zu allererst die Bemühungen im Bereich des konventionellen Wohnungsbaus intensiviert werden. Eine temporäre Lösung kann einen Beitrag zur vorübergehenden Abmilderung der aktuellen Wohnungsmarktsituation leisten. Allerdings wirft insbesondere die Nutzungsaufgabe bereits nach 10 Jahren, unter Gesichtspunkten der Nachhaltigkeit, auch zahlreiche Fragen auf.

Zu 2.) Was hat die Stadtverwaltung zu diesem Thema seit der Sitzung des Unterausschuss Wohnen zwischenzeitlich getan?

Die Verwaltung hat zwischenzeitlich geprüft, auf welchen Flächen eine temporäre Lösung vorstellbar und rechtlich umsetzbar ist. Grundsätzlich kann Wohnungsbau nur auf Grundstücken realisiert werden, auf denen bauplanungsrechtlich eine Bebauung und eine Wohnnutzung zulässig ist. Auf ungenutzten Flächen in Gewerbegebieten oder planungsrechtlich für Friedhofserweiterung oder Schulen festgesetzten Flächen ist Wohnnutzung unabhängig von der geplanten Dauer nicht genehmigungsfähig. Unter Berücksichtigung dieser Einschränkungen wurde zunächst grob in zwei verschiedene Kategorien aufgeteilt:
1. Flächen im Innenbereich in städtischem Eigentum, welche untergenutzt sind oder noch über Erweiterungsmöglichkeiten verfügen
2. Flächen im Innenbereich in privatem Eigentum, welche unbebaut sind (i.d.R. Baulücken).

Voraussetzung war weiterhin, dass auf diesen Flächen aus wirtschaftlichen Erwägungen mind. 10 WE untergebracht werden können. Auf Basis der Potenzialanalyse Wohnen und des Baulückenkatasters wurden mögliche Flächen für temporären Modulwohnungsbau bereits untersucht. Die betrachteten Flächen unterliegen allerdings in der Mehrzahl baurechtlichen Zwängen. Die sofortige und breit angelegte Umsetzung von Modulbauten für Wohnungsbau ist aufgrund des fehlenden Rechtsrahmens somit nicht realistisch.

Zu 3.) Was sind die weiteren geplanten Schritte der Stadtverwaltung und in welchem Zeitrahmen wird dies stattfinden?

Nächste Schritte wären die Ansprache der Flächeneigentümer hinsichtlich ihrer Bereitschaft zur Vermietung/Verpachtung der entsprechenden Grundstücke und die Kontaktaufnahme mit Herstellern von Wohnmodulen.
Zudem ist vorab zu klären, wer für die Umsetzung des Konzepts des „temporären Wohnens“ verantwortlich sein wird, wie das Vorhaben finanziert werden soll und wie der Nachnutzungsmarkt bzw. die konkrete Nachnutzung für die Fertigbaumodule nach ihrer Demontage aussieht.

Denkbar wäre es, die Umsetzbarkeit des Antrags in einem ersten Schritt anhand eines konkreten Grundstücks zu prüfen. Ein solches Pilotprojekt legt die Herausforderungen des Vorhabens offen, schafft damit Transparenz und gleichzeitig die Voraussetzung für eine qualifizierte Bewertung der grundsätzlichen Machbarkeit des Antrags. Die diesem Vorhaben innewohnende Komplexität sollte aus unserer Sicht keinesfalls unterschätzt werden.

Zu 4.) Wie will die Stadtverwaltung den Gemeinderat zeitnah über den Fortgang des Themas informieren?

Die Mitglieder des Gemeinderats werden eine Übersicht mit den in Frage kommenden Flächen erhalten und können dann in einer noch zu terminierenden Sitzung des UA Wohnungsbau abschließend darüber beraten, wie weiterverfahren werden soll.

Zu 5.) Sieht die Stadtverwaltung die Notwendigkeit im Doppelhaushalt 2022/23 Finanzmittel für eventuelle Pilotprojekte von temporärem Wohnen einzustellen, oder könnten solche notwendigen Mittel auch unterjährig aus der Rücklage „Wohnen“ finanziert werden.


Finanzierungsmöglichkeit
Die davon-Position Wohnraumoffensive Stuttgart hat zum 31.12.2021 unter Berücksichtigung der im Jahr 2021 geplanten Mittelabflüsse einen voraussichtlichen Bestand von 85.778 TEUR.

Die in den Jahren 2022 bis 2027 ff. geplanten Mittelverwendungen der davon-Position Wohnraumoffensive Stuttgart (vgl. hierzu Anlage 5 zur Finanzplanung 2021 bis 2026) belaufen sich unter Berücksichtigung der Maßnahmen aus der Grünen Liste (Förderprogramm zur Schaffung von Wohnraum zur Miete für das Programmjahr 2022 sowie das Programmjahr 2023 mit einem Finanzierungsbedarf von insgesamt 4.800 TEUR) auf insgesamt 61.334 TEUR.

Aus den danach bisher nicht verwendeten Mitteln der davon-Position Wohnraumoffensive Stuttgart in Höhe von 24.444 TEUR könnte ein entsprechendes Pilotprojekt finanziert werden. Dies würde die Finanzierung anderer Haushaltsanträge mit beantragter Mittelverwendung aus der davon-Position Wohnraumoffensive Stuttgart einschränken. Grundsätzlich sind alle absehbaren, geplanten Aufwendungen oder Auszahlungen, unabhängig von einer möglichen Finanzierung aus entsprechend gebundenen Mitteln, in den entsprechenden Haushaltsjahren zu veranschlagen.




Vorliegende Anträge/Anfragen

579/2021 CDU




Dr. Frank Nopper
Oberbürgermeister




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