Protokoll: Verwaltungsausschuss des Gemeinderats der Landeshauptstadt StuttgartNiederschrift Nr.
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VerhandlungDrucksache:
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GZ:
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Sitzungstermin: 06.07.2011
Sitzungsart: öffentlich
Vorsitz: EBM Föll
Berichterstattung:die Herren Blumenschein (RPA), Heck (PwC)
Protokollführung: Frau Sabbagh
Betreff: Betrugs- und Korruptionsvorgänge
- Antrag und Anfrage Nr. 100/2011 der FDP-Gemeinderatsfraktion vom 03.03.2011 -

Die im Betreff genannte Anfrage und Antrag und die Stellungnahme dazu sind dieser Niederschrift beigefügt.


EBM Föll weist auf die umfangreiche schriftliche Beantwortung der Anfrage hin.

Herr Heck stellt zunächst die an der Erarbeitung dieser Studie beteiligten Personen vor und berichtet anschließend mit einer Powerpoint-Präsentation, die der Vorlage angehängt ist, über die Ergebnisse für Baden-Württemberg. Bei der Befragung durch die TNS Emnid sei Anonymität zugesichert worden, weshalb er auch nicht wisse, ob Stuttgart einbezogen gewesen sei.

In der Stadtverwaltung werde das Problem nicht unterschätzt, betont Herr Blumenschein. Alle Maßnahmen und Richtlinien seien im Wesentlichen historisch gewachsen. Ziel sei, ein stadteinheitliches Regelwerk zu schaffen, das dem aktuellen Standard der Korruptionsprävention genüge, das an zentraler Stelle abrufbar und verpflichtend für alle Ämter und Eigenbetriebe anzuwenden sei. Er gibt im Weiteren einen Überblick über den Stand der Maßnahmen und den Handlungsbedarf in der Landeshauptstadt (vgl. Anlage 3 zur Beantwortung).

Die Vertreter der Fraktionen danken für die Berichte.

StR Klingler (FDP) sieht die Stadtverwaltung hier auf gutem Wege. Sowohl die Zentralisierung der Auftragsvergabe als auch das Public-Corporate-Governance-Richtliniensystem, das inzwischen auch die Beteiligungs- und Tochterunternehmen
übernommen hätten, hätten sich bewährt.

Die zentrale Beschaffung sowie den personellen Wechsel in der Zuständigkeit befürwortet auch StR Wölfle (90/GRÜNE), der die weitere Unterstützung seiner Fraktion zusagt. Angesichts der Situation weltweit könne die Landeshauptstadt mit dem erreichten Standard zufrieden sein. Vertrauen in die Verwaltung stelle einen Standortvorteil dar. Gerade aus diesem Grund müsse man aber genau auf die Formulierungen achten. Wenn die Hälfte aller Behörden von einem Kriminalitätsfall betroffen sei, heiße das noch nicht, dass die Kriminalitätsbelastung in der gesamten öffentlichen Verwaltung in Deutschland über 50 % liege.

Auch StRin Prof. Dr. Loos (CDU) sieht die Stadtverwaltung mit den geschilderten Maßnahmen, die nun abgearbeitet werden müssten, relativ gut gegen Korruption geschützt. Auf ihre Frage nach der Stiftung Nestwerk stellt EBM Föll klar, dass es sich hier um eine rechtlich selbstständige Stiftung handle, mit der die Stadt nichts zu tun habe.

Verwundert hat StR Kanzleiter (SPD) zur Kenntnis genommen, dass die "sauberen Schwaben" gar nicht so sauber zu sein scheinen. Immerhin habe man bei der Stadtverwaltung bereits Maßnahmen eingeleitet. Er hätte es aber begrüßt, wenn dieser Bericht nicht erst auf Anforderung hin präsentiert worden wäre, zumal die Landeshauptstadt hier sogar Vorbild für andere Städte sei.

Er plädiert dafür, dass sich alle Ämter und Eigenbetriebe nun dem Dienstleistungszentrum für das Vergabewesen anschließen, sodass keine neuen Konzepte entwickelt werden müssen.

An einen früheren Datenabgleich, der datenschutzrechtlich zumindest teilweise unzulässig gewesen sei, erinnert Herr Theilen (GPR). Der Datenschutzbeauftragte habe damals darauf hingewiesen, dass man in jedem Einzelfall zwischen den Interessen der Beschäftigten bzw. Eingriffen in deren Persönlichkeitsrechte und den Möglichkeiten des Rechnungsprüfungsamts abwägen müsse. Im Übrigen empfehle der Datenschutzbeauftragte, hier mit der Personalvertretung auf freiwilliger Basis zusammenzuarbeiten.

Selbstverständlich werde der Datenschutz gewährleistet, bestätigt Herr Blumenschein. Bei diesem früheren Datenabgleich sei nach dem Landesdatenschutzgesetz nichts beanstandet worden. Man wolle aber künftig die Verhältnismäßigkeit im Einzelfall genau nach den Vorschriften des Landesdatenschutzbeauftragten prüfen. Zugriffsrechte auf Beschäftigtendaten müssten in eine Rechnungsprüfungsordnung gekleidet werden. Diese könnte bereits - die Zustimmung des Personalrats vorausgesetzt - seit einem Jahr verabschiedet werden, wenn Bund und Land die Regelung für den Beschäftigtendatenschutz endlich verabschieden würden. Sobald Referat AK wieder besetzt sei, wolle man die Rechnungsprüfungsordnung ohne das veränderte Bundes- und Landesdatenschutzgesetz verabschieden.

Hier bestehe ein Spannungsverhältnis, denn Korruption und Kriminalität könnten nur mit solchen Maßnahmen aufgedeckt werden. Nachdem man 2009 die Datenabgleiche eingestellt habe, habe man 2010 durch Zufall einen Fall entdeckt, bei dem ein Beschäftigter/eine Beschäftigte nach diesem Schema Geld auf das eigene Konto überwiesen habe. Dabei macht er deutlich, dass die Datenabgleiche lediglich einen marginalen Punkt im Ganzen darstellen. Viel wichtiger sei, dass überhaupt Regelungen zur Korruptions- oder Kriminalitätsprävention stadtweit einheitlich geschaffen werden. Die sehr präzisen Regelungen des Tiefbauamts müssten als Standard geschaffen und vom Oberbürgermeister verpflichtend für alle Ämter erlassen werden. Dies betreffe das Weisungsrecht, woraus sich aber kein konkreter Stellenbedarf für eine bestimmte Maßnahme ergebe. Auf Nachfrage der StRe Kanzleiter, Zeeb (FW) und Rockenbauch (SÖS und LINKE) ergänzt Herr Blumenschein, wenn z. B. das Schulverwaltungsamt oder das Amt für Liegenschaften und Wohnen am Dienstleistungszentrum Vergabe auf Weisung teilnehmen müssten, müsse diese Stelle haushaltsrelevant aufgerüstet werden. Keine Zusatzkosten seien bei einem Korruptionsbeauftragten, der vom Rechnungsprüfungsamt zu stellen sei, zu erwarten. Ein Ombudsmann sei kostenpflichtig. Das Land habe hier einen freien Anwalt, der nach Aufwand abrechne.

Grundsätzlich gehe es bei der internationalen Zusammenarbeit um die Richtlinien zur Umsetzung der Gesetze. Diese stimmten in der Methodik überein. Ob die Umsetzung in die Praxis überall gelinge, sei nicht das Problem der Landeshauptstadt.

Gegenüber StRin Prof. Dr. Loos legt Herr Blumenschein dar, theoretisch müssten Monopolinhaber den Geschäftspartnerkodex der Landeshauptstadt ebenfalls anerkennen, doch wenn dies nicht geschehe, stoße man mangels anderer Angebote praktisch sehr schnell an Grenzen. EBM Föll ergänzt, dass es vergaberechtlich keinen Ausschlussgrund darstelle, wenn der Geschäftspartnerkodex nicht unterzeichnet sei. Dies sei auch nachvollziehbar, wenn man an sehr große, weltweit tätige Unternehmen denke, die mit den unterschiedlichsten Geschäftspartnern zusammenarbeiteten.

Er sagt zu, das Thema Public Corporate Governance Kodex aufzugreifen und fortzuschreiben und im nächsten Jahr über die Erfahrungen zu berichten.

PwC führe die Studie seit zehn Jahren - in enger Zusammenarbeit mit Transparency International - für Wirtschaftsunternehmen durch und habe dort einiges ausgelöst, berichtet Herr Heck. Langfristig hoffe man nun auf Veränderungen in der Verwaltung, von der man ein sehr unterschiedliches Feedback erhalten habe. Dabei macht er nochmals deutlich, dass es um die Bekämpfung von Korruption gehe, ein Verbot bestehe längst.

StR Prof. Dr. Dr. Lübbe (FDP) bittet die Verwaltung, ein- bis zweimal im Jahr einen Bericht über aufgedeckte Fälle und die Arbeit der Kommission vorzulegen. Dies sei bereits im jährlichen Schlussbericht des Rechnungsprüfungsamts enthalten, merkt Herr Blumenschein an. Er halte es aber auch für möglich, dem Verwaltungsausschuss einen halbjährlichen Bericht zu präsentieren.

Was das Kartell bei Feuerwehrfahrzeugen anbelange, so verhandle der Deutsche Städtetag gegenwärtig zentral über Schadensersatzleistungen des Kartells an die betroffenen Kommunen bzw. deren Beteiligungsunternehmen, erklärt EBM Föll. Ein Ergebnis liege noch nicht vor.

StR Kanzleiter regt an, im Bericht des Rechnungsprüfungsamts die Kontroll- und Präventionsmaßnahmen explizit darzustellen. Eine solche Fortschreibung aller Maßnahmen sagt Herr Blumenschein zu. Sein Amt werde sich für eine weitere Zentralisierung der Dienstleistungen und des zentralen Einkaufs aussprechen, die Umsetzungskompetenz liege jedoch an anderer Stelle. Im Gegensatz zur relativ zentralisierten Vergabe nach VOB erscheine ihm die Vergabe nach VOL eher dezentral. Eine aktuelle Umfrage für die Bestellungen der Ämter solle hier Aufschluss geben. Das RPA werde empfehlen, den zentralen Einkauf verpflichtend zu zentralisieren.

Die Verwaltung werde prüfen, so EBM Föll, welches Amt noch ohne das Dienstleistungszentrum baue. Bezüglich der VOL-Leistungen im zentralen Einkauf laufe seit mindestens zehn Jahren ohnehin ein Projekt - E-Procurement - beim Haupt- und Personalamt. Dabei werde man auch dieses Thema behandeln. Mit Ergebnissen sei im Herbst zu rechnen.

Er stellt abschließend Kenntnisnahme fest.


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