Landeshauptstadt Stuttgart
Referat Soziales und gesellschaftliche Integration
Gz: SI
GRDrs 1203/2017
Stuttgart,
11/02/2017



Haushalt 2018/2019

Unterlage für die 1. Lesung des Verwaltungsausschuss zur nichtöffentlichen Behandlung am 08.11.2017



Haushalt 2018/2019 Antrag Nr. 35
Konzept „Sauberes Stuttgart“ verknüpft mit einer sozialen Komponente


Beantwortung / Stellungnahme

Mit dem Vorschlag, bei Stellenschaffungen auch die Belange von Bürgerinnen und Bürgern, die Leistungen nach dem SGB II beziehen, zu beachten und sie im Verfahren vorrangig zu berücksichtigen, setzt die Landeshauptstadt Stuttgart ein überaus positives und vorbildliches arbeitsmarktpolitisches Signal.

Die Landeshauptstadt Stuttgart als öffentliche Arbeitgeberin ist gemäß GG Art. 33 Abs. 2 zur Bestenauslese verpflichtet. Es ist daher nicht möglich, von vornherein einen Teil der Stellen mit ALG II Empfängerinnen und Empfängern zu besetzen. Daher wird vorgeschlagen, dass stufenweise 25 Stellen nach einem speziellen Programm für ALG II-Empfängerinnen und Empfänger nach den Förderkriterien des Jobcenters zur Verfügung gestellt werden.

In dem gesonderten „Stuttgarter Programm zur Bekämpfung der Langzeitarbeitslosigkeit“ verbleibt die Personalauswahl und Entscheidung über die Einstellung beim Eigenbetrieb Abfallwirtschaft Stuttgart (AWS) und dem Garten-, Friedhofs- und Forstamt (Amt 67). Die Inanspruchnahme von möglichen Förderleistungen des Jobcenters schränkt die Stadt nicht in ihren arbeitsrechtlichen Möglichkeiten ein.

Leistungsberechtigte des Jobcenters, die für eine Beschäftigung beim AWS und beim Amt 67 in Frage kommen könnten, werden von den persönlichen Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartnern zunächst im Rahmen des beschäftigungsorientierten Fallmanagements ausgewählt und auf ihre Eignung hin überprüft.

Zudem haben AWS und Amt 67 als zukünftige Arbeitgeber die Möglichkeit, sich von der Leistungsbereitschaft und der beruflichen Eignung der Bewerberinnen und Bewerber durch ein vorgeschaltetes 6-wöchiges Praktikum zu überzeugen (Maßnahme beim Arbeitgeber nach § 16 Abs. 1 SGB II i. V. m. § 45 SGB III). Für den Arbeitgeber entstehen keine Kosten.

Um eventuelle anfängliche Leistungsminderungen der Beschäftigten auszugleichen, können durch das Jobcenter Stuttgart unterschiedliche Zuschüsse gewährt werden.



Eingliederungszuschüsse nach § 16 SGB II i.V.m. §§ 88-92 SGB III:

Die Höhe und die Dauer des Eingliederungszuschusses richtet sich nach dem Umfang der Minderleistung der Arbeitnehmerin/des Arbeitnehmers und den jeweiligen Eingliederungserfordernissen bzw. nach dem Lebensalter der Arbeitnehmerin/des Arbeitnehmers. Die Förderung kann im Regelfall max. 50 Prozent des zu berücksichtigenden Arbeitsentgelts betragen und bis zu 12 Monate gewährt werden. Mit der Förderung ist verbunden, dass die Arbeitgeberin/der Arbeitgeber die Arbeitnehmerin/den Arbeitnehmer im Anschluss an den Förderzeitraum mind. für den gleichen Zeitraum weiterbeschäftigt, wie sie/er die Förderung erhalten hat, maximal jedoch für 12 Monate. Für ältere und schwerbehinderte Menschen gelten bzgl. der Förderhöhe und
-dauer sowie der „Nachbeschäftigungspflicht“ gesonderte Regelungen.

Qualifizierung während der Beschäftigung (WeGebAU)

Während der Beschäftigung können Lehrgangskosten zur Qualifizierung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ganz oder teilweise übernommen werden. Die Agentur für Arbeit bzw. das Jobcenter übernehmen ggf. während der Fortbildung die Lohnfortzahlung. Dadurch haben der AWS und das Amt 67 die Möglichkeit, kostenneutral passgenau nachzuqualifizieren.

Förderung von Arbeitsverhältnissen (§ 16e SGB II)

Neben den vorgenannten Leistungen eignet sich insbesondere das Instrument „Förderung von Arbeitsverhältnissen“ (FAV) nach § 16e SGB II für die Umsetzung des Stuttgarter Programms zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit, da explizit Langzeitarbeitslosen die Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen Tätigkeit mit erweiterten Zuschüssen ermöglicht werden soll.

Der Arbeitgeber erhält einen Zuschuss von bis zu 75 % des berücksichtigungsfähigen Arbeitsentgelts. Die Höhe richtet sich nach der Leistungsfähigkeit der/des Leistungsberechtigten in Bezug auf die konkret auszuübende geförderte Tätigkeit. Die Förderdauer beträgt max. 24 Monate innerhalb eines Zeitraums von fünf Jahren.

Zur Stabilisierung des Beschäftigungsverhältnisses können die Kosten einer begleitenden sozialpädagogischen Betreuung übernommen werden.

Zusätzliche Anleitung

Zur Arbeitsorganisation sollen die Personalkosten, die durch die Zuschüsse des Jobcenters eingespart werden, für die fachliche Anleitung eingesetzt werden. Erfahrungen aus Qualifizierungsmaßnahmen des Jobcenters, die u. a. produktionsorientierte Erprobungsphasen enthalten, zeigen, dass sich ein Personalschlüssel von einer Stelle „Fachliche Anleitung“ für 15 Beschäftigte bewährt hat.









Beispielrechnung für Zuschüsse nach § 16e SGB II:

Personalkosten EG 5 (45.800 EUR) pro Jahr bei 25 StellenAbzug Arbeitgeberanteil Arbeitslosenversicherung (1,5 %)*Förderfähige Personalkosten
1.145.000 EUR- 17.175 EUR1.127.825 EUR
75 %iger Zuschuss des Jobcenters pro Jahr bei 25 Stellen, entspricht den eingesparten Personalkosten„Nettopersonalkosten“ der Landeshauptstadt Stuttgart für 25 StellenGesamtpersonalkosten für 1,7Stellen fachliche Anleitung in EG 10 pro Jahr
845.868,75 EUR299.131,25 EUR132.686,70 EUR

*Berücksichtigungsfähig ist gem. § 16 e Abs. 2 S. 1 der pauschalierte Anteil des Arbeitgebers am Gesamtsozialversicherungsbeitrag. Hiervon abzuziehen ist der Beitragssatzanteil des Arbeitgebers zur Arbeitslosenversicherung in der jeweils geltenden Höhe.

Sollte sich zeigen, dass sich nicht genügend geeignete Leistungsberechtigte an das AWS und Amt 67 vermitteln lassen, wird das Jobcenter Stuttgart im Rahmen seiner Qualifizierungsmaßnahme „Produktiv in Arbeit“ die Beschäftigungs- und Erprobungsbereiche „Handwerk“, „Landschaftspflege“ und „Service und Sicherheit“ weiter ausbauen und stärken.

Da für das Konzept „Sauberes Stuttgart“ im Jahr 2018 so schnell wie möglich erste sichtbare Ergebnisse erzielt werden müssen, ist eine stufenweise Umsetzung der sozialen Komponente vorgesehen. Bei den ersten personellen Maßnahmen in 2018 wird darauf noch verzichtet, im zweiten Halbjahr 2018 soll testweise ein erster Trupp mit 5-10 geförderten Mitarbeitern eingesetzt werden. Je nach Erfolg kann anschließend der Anteil sukzessive auf bis zu 25% erhöht werden. Grundsätzlich müssen alle von AWS in der Straßenreinigung eingesetzten Mitarbeiter einen Schulabschluss sowie ausreichende Deutschkenntnisse in Wort und Schrift haben.



Vorliegende Anträge/Anfragen

404/2017 Bündnis 90/DIEGRÜNEN
434/2017 Bündnis 90/DIEGRÜNEN





Werner Wölfle
Bürgermeister




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