Landeshauptstadt Stuttgart
Referat Städtebau/Wohnen und Umwelt
Gz: SWU/Amt 61
GRDrs 1298/2023
Stuttgart,
11/21/2023



Haushalt 2024-2025

Unterlage für die 1. Lesung des Verwaltungsausschuss zur nichtöffentlichen Behandlung am 23.11.2023



Wasserstrategie und Wassermanagement, Schwammstadt, blaue Infrastruktur und Überschwemmungsschutz

Beantwortung / Stellungnahme


Schwammstadtkonzept:

Mit der Fertigstellung der Untersuchungen und der Karten zur „Überflutungsgefährdung bei Starkregen“ wird deutlich, welche Gefahren bei Starkregenereignissen wegen der hohen Versiegelungsgrade und damit einhergehend aufgrund ungenügender Retention und Versickerung von Niederschlagsmengen im Stadtgebiet drohen.
Vor diesem Hintergrund ist die Umsetzung des „Prinzips Schwammstadt“ bei allen Planungen und Vorhaben von besonderer Bedeutung. Es kann nicht über die ganze Stadt konzipiert und geplant werden, sondern hat immer den Bezug zu Bebauungsplangebieten, zum Quartier oder zu konkreten Bauvorhaben.

Daher muss wie folgt differenziert werden:

(a) neue Quartiere

In allen neuen Plänen für neue Stadtquartiere wird das Prinzip Schwammstadt berücksichtigt. Entsprechende Festsetzungen finden sich in den jeweiligen Bebauungsplänen wieder. Beispiele sind die Bebauungspläne zum Neckarpark, Uni Hohenheim Campus West, Quartier am Wiener Platz, Bebauungsplan für Rosenstein Teilgebiet C1, Böckinger Straße und Quartier am Rotweg. Auch die weiteren in Vorbereitung befindlichen Planungen zu Rosenstein (A2 und B) und Schafhaus berücksichtigen das Prinzip Schwammstadt als integralen Planungsbestandteil. Wichtiger Aspekt ist dabei auch die Planung sogenannter „Notwasserwege“, also die Planung von Infrastruktur- und Vorsorgemaßnahmen, damit Niederschlagswasser, welches bei extremen Starkregenereignissen weder im Plangebiet bewirtschaftet noch über die Kanalisation abgeleitet werden kann, abfließt ohne Schaden im Plangebiet und in den angrenzenden Quartieren zu verursachen. (Zu den Festsetzungen im Rahmen der verbindlichen Bauleitplanung siehe unten.)



(b) Umbau im Bestand

Wesentlich schwieriger ist der Umbau im Bestand. Bei jeder Planung und bei jedem Vorhaben müsste geprüft werden, inwieweit und mit welchen konkreten Maßnahmen das Prinzip Schwammstadt umgesetzt werden könnte. Es ist integraler Bestandteil der Planungen zur Straßenbaumkonzeption 2.0 und könnte zukünftig auch Inhalt aller Planungen für den öffentlichen Raum (Straßen, Plätze, Grünflächen) werden. Von besonderer Bedeutung dabei wäre, dass bei allen Vorhaben, welche dazu führen, dass in öffentlichen Flächen Baumaßnahmen stattfinden (Leitungsverlegungen, Kanalsanierungen, Neugestaltung von Straßen und Plätzen, Umgestaltung von Grünflächen) die Planung und Ausführung so erfolgen könnte, dass die jeweiligen Straßenzüge und Flächen vollständig nach dem Prinzip Schwammstadt umgebaut werden könnten, auch wenn damit umfangreichere Planungs- und deutlich größere Baumaßnahmen sowie wesentlich höhere Baukosten verbunden wären.
Hierzu wäre ein gegenüber dem heutigen Planungsablauf und dem heutigen Planungsumfang höherer Aufwand für Koordination und Planung erforderlich. Mit der Bereitstellung von Personalkapazitäten beim Amt für Stadtplanung und Wohnen bzw. dem Tiefbauamt könnten die anstehenden Planungen und das Prinzip der Schwammstadt erweitert und qualifiziert werde. Eine Prüfung der Stellenbedarfe konnten kurzfristig durch das Referat AKR nicht erfolgen. Für den Umfang und die Wertigkeit einer möglichen Stellenschaffung gibt es daher erst zu den Stellenplanberatungen eine valide Beratungsgrundlage. Über erhöhte Kosten in Verbindung mit der Beauftragung von Planungsbüros und erhöhte Ausführungs- und Herstellungskosten kann pauschal keine Aussage getroffen werden. Darüber berichtet die Verwaltung bei der Vorstellung der jeweiligen Projekte, mögliche Mittelbedarfe könnten dann zum Doppelhaushalt 2026/2027 angemeldet werden.

Festsetzungen:

Im Rahmen der verbindlichen Bauleitplanung (Bebauungsplan) werden seit mehreren Jahren entsprechende Festsetzungen getroffen. Sie verpflichten dazu, dass auf den Baugrundstücken anfallende Niederschlagswasser vollständig zu bewirtschaften. Die Einleitmengen von Niederschlagswasser in das städtische Mischsystem werden dementsprechend dahingehend eingeschränkt, dass nur diejenigen Niederschlagsmengen, die auch bei den Verhältnissen eines natürlichen Wasserhaushalts oberflächig abfließen würden, in das Kanalnetz (Mischsystem) oder in einen Vorfluter eingeleitet werden dürfen.
Eine vollständige Bewirtschaftung der Niederschlagsmengen ist durch Retention, Nutzung, aktive und passive Verdunstung von Oberflächen und Pflanzen (Evapotranspiration) und Versickerung möglich. Dachbegrünung, Fassadenbegrünung, durchlässige Beläge, die Sammlung und Nutzung von Regenwasser oder die flächige oder gezielte Versickerung über begrünte Bodenschichten sind Bestandteile eines grundstücksbezogenen Niederschlagswasserbewirtschaftungskonzeptes.
Nur über die Kombination dieser Maßnahmen ist eine vollständige Bewirtschaftung möglich. Dabei wird in der Regel – so es bestimmte örtliche Rahmenbedingungen nicht erfordern – keine bestimmte und quantifizierte Kombination der Maßnahmen vorgeschrieben. Es steht den Grundstücksnutzern frei, Wassermengen verstärkt zu retardieren und nutzen oder verstärkt der Verdunstung und Versickerung zuzuführen.
Weitere Festsetzungen sichern die Bewirtschaftung des Niederschlagswassers auf den Erschließungsflächen und im öffentlichen Raum. Hier kommt der Bewirtschaftung der Niederschlagsmengen im Straßenraum (durchlässige Beläge, Speichervolumen unter den Belagsflächen, Baumstandorte mit Rigolensystemen) und auf öffentlichen Grünflächen (Retention, Versickerung, Evapotranspiration) besondere Bedeutung zu. Dazu wären im Rahmen der Erschließungsplanung konkrete Konzepte und Maßnahmen auszuarbeiten und planerisch umzusetzen.


Private Grundstücke:

Ein Umbau auf privaten Grundstücken im Bestand wäre technisch äußerst aufwändig und schwierig sowie sehr kostenintensiv. Daher wäre darauf abzuzielen, dass bei jedem Vorhaben, bei denen Anlagen im Bestand abgerissen werden, der Neubau dem Prinzip Schwammstadt gerecht wird. Zum einen wird derzeit geprüft, ob und inwieweit mit einer Änderung der Niederschlagswassergebührensatzung, wie bislang bereits, nicht nur ökonomische Anreize zur Begrünung von Dächern, Verwendung durchlässiger Beläge und dem Einbau von Zisternen gegeben werden könnten (durch eine Gebührenminderung), sondern auch die zulässigen Einleitmengen für unschädlich verunreinigtes Niederschlagswasser deutlich stärker als bislang begrenzt werden könnten. Zum anderen könnte ein differenziert ausgestaltetes, mit bestehenden Förderprogrammen abgestimmtes und finanziell angemessen ausgestattetes Förderprogramm Anreize setzen, bei privaten Baumaßnahmen das Prinzip Schwammstadt umzusetzen. Hierzu würden Beratungsleistungen erforderlich, deren Umfang auf rund 40.000 EUR geschätzt werden. Auf Grundlage der Beratungsleistungen könnte dann ein Förderprogramm ausgearbeitet und abgestimmt werden. Zum Doppelhaushalt 2026/2027 könnten dann die Mittel für eine mögliche Förderung angemeldet werden.

Hinweis:

Mit dem Stuttgarter Grünprogramm werden Entsiegelungs sowie Begrünungsmaßnahmen in Höfen, auf Dächern und an Fassaden gefördert. Dazu zählen auch Planungsleistungen, vorbereitende Arbeiten und Ausstattungsgegenstände.





Vorliegende Anträge/Anfragen

keine

1030/2023 Bündnis 90/DIE GRÜNEN-Gemeinderatsfraktion - Nr. 1, 2 und 5; 5068/2023 PULS-Fraktionsgemeinschaft Nr. 2, 3, 4, 5 und Nr. 7 Tabellenzeile 2, 3, 4




Peter Pätzold
Bürgermeister




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