Landeshauptstadt Stuttgart
Referat Allgemeine Verwaltung/Kultur und Recht
Gz:
AKR
GRDrs
1006/2021
Stuttgart,
11/25/2021
Haushalt
2022/2023
Unterlage für die
2
. Lesung des
Verwaltungsausschuss
zur
nichtöffentlichen
Behandlung am
06.12.2021
Sängerhalle Untertürkheim
Beantwortung / Stellungnahme
Nachdem die Chorgemeinschaft Untertürkheim zum Doppelhaushalt 2020/2021 einen Antrag über 1,9 Mio. EUR zur Sanierung der Sängerhalle beantragt hatte, wurde vom Gemeinderat zunächst eine Zuwendung in Höhe von 125.000 EUR zur Erstellung eines Sanierungskonzepts beschlossen.
Die beauftragte Machbarkeitsstudie, in der ein Mittelbedarf für die Gesamtsanierung von rd. 15,2 Mio. EUR veranschlagt wird, liegt der Verwaltung seit Frühjahr 2021 vor. Darin sind folgende Maßnahmen als erforderlich dargestellt:
·
Energetische Ertüchtigung
·
Brandschutzmaßnahmen
·
Schadstoffsanierung
·
Tragkonstruktion
·
Dachsanierung
·
Schallschutzmaßnahmen
·
Barrierefreie Gestaltung
·
Haustechnik und Funktionalität
·
Neugestaltung Küche
·
Lösung der Stellplatz- / Parkierungsproblematik
Der entsprechende Sanierungsbedarf und die vorliegende Kostenermittlung wurden nach einer vorläufigen Einschätzung durch das städtische Hochbauamt bestätigt. Für die Gesamtmaßnahme wird von einem Zeitraum von mindestens 5 Jahren ausgegangen. Die Chorgemeinschaft selbst ist nicht in der Lage, einen Eigenbeitrag zu leisten. Die Stadt müsste die Investition somit in vollem Umfang tragen. Der Finanzierungsbedarf der Stadt würde sich bei einem angenommenen Planungsbeginn in 2022 wie folgt verteilen:
2022: ca. 1,3 Mio. EUR
2023: ca. 1,4 Mio. EUR
2024: ca. 4,5 Mio. EUR
2025: ca. 4,0 Mio. EUR
2026: ca. 4,0 Mio. EUR
In der nachfolgenden verwaltungsinternen Abstimmung erwiesen sich folgende Punkte als problematisch:
1)
Eigentumsverhältnisse:
Die Sängerhalle befindet sich innerhalb eines Gesamtkomplexes mit integrierten Wohnungen im Eigentum der Chorgemeinschaft Untertürkheim. Sie steht damit nicht im Fokus städtischer Investitionsvorhaben. Ein Investitionszuschuss der Stadt an die Chorgemeinschaft zur Sanierung der Sängerhalle ist grundsätzlich möglich, setzt jedoch ein städtisches Interesse am Erhalt der privat betriebenen Sängerhalle voraus. Dieses muss sich haushaltsrechtlich aus einer erkennbaren Gemeinwohlorientierung der Nutzungen im Sinne der Förderung des sozialen und kulturellen Wohls der Einwohner*innen der Stadt oder des Stadtbezirks herleiten.
Nach derzeitigem Bekunden möchte die Chorgemeinschaft das Eigentum an der Sängerhalle für sich erhalten und auch den Hallenbetrieb in Eigenverantwortung weiterführen.
2)
Nutzungsverhältnisse
Der Hallenbetrieb ist zusammen mit der in den Gebäudekomplex
integrierten Gaststätte einem privaten Pächter überlassen. Dieser verfolgt naturgemäß seinerseits kommerzielle Interessen bzgl. der Hallennutzung.
Die von der Chorgemeinschaft neben der Eigennutzung für Chorproben und Veranstaltungen für die Jahre 2018 und 2019 (vor Corona) dargelegten Nutzungen durch andere gemeinnützige Vereine und Institutionen konnten das erforderliche städtische Interesse nicht überzeugend belegen. (Kulturelle Nutzungen beschränkten sich neben den Nutzungen durch den Verein selbst auf einzelne Konzerte sonstiger Chöre, vereinzelt Theateraufführungen und Festivals durch Migrantenvereine. Weitere regelmäßige Nutzungen bestanden darüber hinaus in Proben des Daimler-Betriebschors und wöchentlichem Seniorentanz. Im Übrigen wurde die Halle privat vermietet).
Die aktuellen Vorstellungen der Chorgemeinschaft gehen für die Zukunft von einer Reservierung der Halle für Nutzungen durch Stuttgarter Vereine an 20 Veranstaltungstagen pro Jahr aus. Ein konkreteres Konzept zu künftigen Nutzungsüberlegungen wurde seitens der Chorvereinigung Untertürkheim bisher nicht vorgelegt.
3)
Möglichkeiten einer reduzierten Sanierung
Die von der Chorgemeinschaft eingebrachte Überlegung einer reduzierten Sanierung über rd. 5 Mio. EUR ist sowohl nach Einschätzung des Hochbauamts, als auch des für die Machbarkeitsstudie verantwortlich zeichnenden Architekten kaum realisierbar. Dabei wird die Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens bei Verzicht auf einen funktionierenden Brandschutz, auf die Barrierefreiheit, die Schadstoffsanierung, die schalltechnische Ertüchtigung und Parkierung in Frage gestellt. Unabhängig davon würde die derzeit unbefriedigende Funktionalität lediglich langfristig „konserviert“ und wird auch insoweit nicht empfohlen.
4)
Künftige Unterhaltung der Sängerhalle
Schon bisher mussten kleinere Sanierungen der Sängerhalle regelmäßig mit Baukostenzuschüssen durch die Stadt unterstützt werden. Insoweit bestehen Bedenken, dass dies ggf. auch weiterhin nach der
erfolgten Grundsanierung erforderlich werden könnte.
Im Ergebnis sind folgende Aspekte festzuhalten:
- Es steht ein hoher Investitionszuschuss im Raum, ohne dass derzeit ein städtischer Einfluss auf die Nutzungsverhältnisse der Halle und/oder ein Anspruch auf einen späteren Eigentumsübergang der Sängerhalle auf die Stadt Stuttgart gesichert wäre.
- Die Weiterverfolgung verwaltungsseitiger Überlegungen zu einer künftigen
Nutzung der Sängerhalle in Form eines Bürgerzentrums für Untertürkheim
mit Verwaltung durch das Bezirksamt Untertürkheim (entsprechend bspw. Kursaal Bad Cannstatt) ist bislang am Wunsch der Chorgemeinschaft gescheitert, die Halle auch in Zukunft in Eigenverantwortung zu betreiben und auch weiterhin Eigentümerin der Sängerhalle und des integrierten Wohngebäudeanteils zu bleiben.
- Seitens der Stadtverwaltung werden bei der aktuellen Eigentumskonstellation bezüglich der Hallensanierung eher die Eigeninteressen der Chorgemeinschaft sowie kommerzielle Vorteile des Pächters gesehen, als ausreichende Gemeinnützigkeitsüberlegungen, welche im städtischen Interesse lägen und haushaltsrechtlich den Investitionskostenzuschuss vertretbar machen würden.
Weitere mögliche Schritte, um die Sanierung der Sängerhalle voran zu bringen:
1.) Beauftragung der Chorgemeinschaft Untertürkheim zur Entwicklung eines Grobkonzepts zur künftigen Nutzung der Sängerhalle im Sinne eines Bürgerzentrums unter Einbindung der Bezirksverwaltung.
2.) Beauftragung der Verwaltung zu Verhandlungen mit der Chorgemeinschaft über folgende Punkte:
·
Verpflichtung auf langjährige öffentliche Nutzungsmöglichkeit der Sängerhalle bei verbilligtem Mietzins für förderwürdige Nutzer
·
Einen eventuell nachträglichen Eigenbeitrag der Chorgemeinschaft für den Fall, dass der Verein aus den Nutzungen künftig Überschüsse erwirtschaftet kann
·
Satzungsmäßige Sicherstellung, dass die Sängerhalle Untertürkheim bei Vereins-auflösung der Stadt Stuttgart „zufällt“.
Alternativ käme auch ein Bürgerzentrum in städtischer Verwaltung in Betracht.
Sofern die Chorgemeinschaft ihre aktuelle Haltung (vgl. Ziffer 1) bzgl. des Erhalts des Eigentums an der Sängerhalle überdenken sollte, wäre von der Verwaltung eine eingehende Prüfung des Bedarfs und eine mögliche Realisierung (insb. im Hinblick auf ein Betreiberkonzept) durch die beteiligten Ämter vorzunehmen. Über die Ergebnisse der Prüfungen könnte die Verwaltung im kommenden Jahr berichten. Im Anschluss könnte die Liegenschaftsverwaltung Verhandlungen mit der Chorgemeinschaft Untertürkheim bezüglich einer Übernahme der Sängerhalle in städtisches Eigentum anstreben.
Vorliegende Anträge/Anfragen
584/2021 CDU; 1085/2021 FDP; 1199/2021 Freie Wähler
Dr. Fabian Mayer
Erster Bürgermeister
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