Landeshauptstadt Stuttgart
Referat Wirtschaft/Finanzen und Beteiligungen
Gz: WFB
GRDrs 1035/2011
Stuttgart,
10/31/2011



Haushalt 2012/2013

Unterlage für die 1. Lesung des Verwaltungsausschuss zur nichtöffentlichen Behandlung am 07.11.2011



Vergnügungssteuer

Beantwortung / Stellungnahme


1. Erhöhung des Steuersatzes für Spielgeräte mit Gewinnmöglichkeit

Bei der Vergnügungssteuer legt der Gemeinderat die Höhe des Steuersatzes in eigener Verantwortung in der Vergnügungssteuer-Satzung fest. Die Höhe des Steuersatzes findet nur dadurch eine Begrenzung, als die Vergnügungssteuer nicht zu einer „Erdrosselung“ des Aufstellers führen darf – es muss somit noch ein genügender Ertrag verbleiben, der die Rentabilität und Wirtschaftlichkeit sicherstellt.

Der Steuersatz für Gewinngeräte beläuft sich seit 1. Januar 2010 auf 18 v.H. der Nettokasse.

Bei Geräten mit Gewinnmöglichkeit hat das Verwaltungsgericht im Jahr 2008 einen Steuersatz von 20 v.H. der Bruttokasse (was in etwa einem Steuersatz von 23 v.H. der Nettokasse entspricht) noch nicht für erdrosselnd gehalten. Die Kommune solle jedoch jährlich prüfen und entscheiden, ob der Steuersatz angepasst werden müsse.

Inzwischen gibt es auch aktuellere Rechtsprechung zur Höhe des Steuersatzes für Gewinngeräte. Das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht hat 2010 entschieden, ein Steuersatz von 15 v.H. der Bruttokasse (entspricht in etwa einem Steuersatz von
18 v.H. der Nettokasse) liege auf der Grundlage des Kommunalabgabengesetzes von Niedersachsen an der Obergrenze des rechtlich höchstens Zulässigen. Dieser Steuersatz müsse besonders sorgfältig auf einen Verstoß gegen das Erdrosselungsverbot überprüft werden.

In den Stadtstaaten Berlin und Bremen gilt seit 2011 ein Steuersatz von 20 v.H. (Bruttokasse).





Im Falle einer Erhöhung des Steuersatzes für Spielgeräte mit Gewinnmöglichkeit schlägt die Finanzverwaltung vor, den Steuersatz aus Gründen der Rechtssicherheit in jedem Fall unter 23 v.H. der Nettokasse festzulegen.

Die jährlichen Mehreinnahmen bei einer Anhebung des Steuersatzes für Gewinngeräte betragen bei

Anhebung um 3 Punkte auf 21 v.H. 1,5 Mio. EUR
Anhebung um 4 Punkte auf 22 v.H. 2,0 Mio. EUR


2. Anhebung der Mindestbeträge für Gewinngeräte

Die bisher festgesetzten Mindestbeträge in Höhe von 142 EUR (in Spielhallen) und
59 EUR (an anderen Orten) orientiert sich an den monatlichen Steuersätzen für Spielgeräte ohne Gewinnmöglichkeit (142 EUR/59 EUR). Ein Gewinngerät soll auf jeden Fall mindestens so teuer sein wie ein Gerät ohne Gewinnmöglichkeit.


Eine Anhebung des Mindestbetrags auf einheitlich 200 EUR würde eine Steigerung um knapp 41 v.H. bei den Geräten in Spielhallen und eine Steigerung um rd. 239 v.H. bei Geräten an anderen Orten bedeuten.

Bei der Höhe der Mindestbeträge muss beachtet werden, dass die durchschnittlichen monatlichen Einspielergebnisse der Nettokasse in Stuttgart in den Spielhallen etwas über dem 1,5fachen der monatlichen Einspielergebnisse an anderen Orten liegt. Die unterschiedliche Höhe der Mindestbeträge ist auch weiterhin sachlich begründet.

Außerdem darf der Mindestbetrag nicht so hoch sein, dass die Aufsteller überwiegend den Mindestbetrag bezahlen müssen. Damit würde über den Mindestbetrag der unzulässige Stückzahlmaßstab quasi wieder eingeführt werden. Eine solche Regelung hätte beim Verwaltungsgericht keine Aussicht auf Bestand.

Die Finanzverwaltung schlägt vor, den Mindestbetrag unverändert zu lassen.


3. Einführung eines weiteren steuerpflichtigen Steuergegenstands: Wettbüro

Bevor in einer Kommune eine neue Aufwandsteuer eingeführt oder bei einer bestehenden Vergnügungssteuer die Steuer um einen weiteren Steuergegenstand (z.B. eine Steuer auf Wettautomaten) erweitert werden kann, muss vorher geprüft werden, ob ein besonderer Aufwand vorliegt, der über die Bestreitung des allgemeinen Lebensunterhalts hinausreichend Einkommen verwendet. Bei Sportwetten dürfte dies der Fall sein.

Außerdem muss ein örtlicher Bezug im Stadtgebiet gegeben sein. Wenn die Vermittlung von Sportwetten ausschließlich an einem Terminal über das Internet erfolgt, fehlt der örtliche Bezug (der Internetanbieter - Online-Anbieter - erfüllt nicht das Kriterium „örtlich“). Nach Ansicht des Städtetags Baden-Württemberg ist eine Vergnügungssteuer auf einzelne Wettautomaten/-terminals nicht zulässig.

Der Städtetag sieht die Voraussetzungen für eine Vergnügungssteuer bei einem Wettbüro allerdings für gegeben an. Ein Wettbüro, in dem eine Wettschein abgegeben bzw. der Wettschein an einem Automat/Terminal eingegeben wird und außerdem die Möglichkeit besteht, sich dort aufzuhalten und das Wettereignis mitzuverfolgen, dient nicht nur der Abgabe des Wettscheins, sondern auch dem Aufenthalt und der Unterhaltung. Ein solches Wettbüro erfüllt damit auch das Kriterium „örtlich“.

Nach unseren Kenntnisstand wird in Baden-Württemberg in drei Städten eine Vergnügungssteuer auf Wettbüros erhoben: in Kehl, Nürtingen und Sindelfingen. In Kehl und Nürtingen ist Bemessungsgrundlage die Fläche des Wettbüros (5 bzw. 10 EUR je m² Fläche), in Sindelfingen der Wetteinsatz (der sicher nicht leicht zu überprüfen sein dürfte).

Nach Auskunft des Amts für öffentliche Ordnung sind z.Zt. in Stuttgart rd. 50 Wettbüros bekannt.

Wenn man je Wettbüro eine zu versteuernde Fläche von 100 m² unterstellt und einen monatlichen Steuerbetrag von 10 EUR/m² Fläche annimmt, würde eine jährliche Steuer in Höhe von ca. 0,6 Mio. EUR anfallen.

Die Finanzverwaltung schlägt vor, für Wettbüros eine Vergnügungssteuer zu erheben.


4. Einführung eines weiteren steuerpflichtigen Steuergegenstands: Personalcomputer mit Internetzugang

Durch unseren Außendienstmitarbeiter wissen wir, dass in Gaststätten, Internetcafes u.ä. Personalcomputer gegen Gebühr angeboten werden. Mit diesen Personalcomputern mit Zugang zum Internet kann jederzeit auch gespielt werden. Bisher konnten diese Computer aber nicht besteuert werden, weil es sich nicht um ein Spielgerät im Sinne der Satzung handelt.

In verschiedenen Städten von Baden-Württemberg (z.B. Karlsruhe, Weinheim) und in Städten außerhalb unseres Bundeslands (z.B. Dortmund, Essen, Hannover) werden die Personalcomputer bereits besteuert.

Die Finanzverwaltung schlägt vor, in die Satzung einen speziellen Steuergegenstand für Personalcomputer mit Zugang zum Internet einzufügen mit einem Steuersatz, der dem für Spielgeräte ohne Gewinnmöglichkeit entspricht. Die Zahl der aufgestellten Personalcomputer wird auf ca. 500 bis 600 geschätzt, es würde eine jährliche Steuer in Höhe von ca. 0,5 Mio. EUR anfallen.


5. Einführung eines weiteren Steuergegenstands: Bordelle, Laufhäuser u.ä.

Das „gezielte Einräumen der Gelegenheit zu sexuellen Vergnügungen in Bordellen, Laufhäusern, Bars, Sauna-, FKK- und Swingerclubs sowie in ähnlichen Einrichtungen“ wird (soweit der Verwaltung bekannt) in Baden-Württemberg in Leinfelden-Echterdingen, Konstanz, Reutlingen, Sindelfingen und Weinheim erhoben. Als Maßstab wird überwiegend die Fläche herangezogen.

Die Zahl der Bordelle u.ä. wird auf ca. 60 geschätzt.

Wenn man von einer geschätzten durchschnittlichen zu versteuernden Fläche von 200 m² ausgeht und einen monatlichen Steuerbetrag von 10 EUR/m² Fläche annimmt, würde eine geschätzte jährliche Steuer in Höhe von ca. 1,4 Mio. EUR anfallen.

Die Finanzverwaltung schlägt vor, für Bordelle u.ä. Betriebe eine Vergnügungssteuer zu erheben.


6. Personelle Auswirkungen

Wenn zusätzliche Steuergegenstände in die Vergnügungssteuer-Satzung mit aufgenommen werden, bedeutet dies, dass Mehrarbeit auf die Mitarbeiter zukommt. Je nachdem, welche und wie viele neue Steuergegenstände hinzukommen und wie die Besteuerung im Einzelnen ausgestaltet wird, entsteht ein zusätzlicher Personalbedarf.





Vorliegende Anträge/Anfragen

378/2011 Ziffer I. von Bündnis 90/DIE GRÜNEN, 566/2011 der SPD, 708/2011 und 711/2011 der Fraktionsgemeinschaft SÖS und LINKE




Michael Föll
Erster Bürgermeister




<Anlagen>