Protokoll: Verwaltungsausschuss des Gemeinderats der Landeshauptstadt StuttgartNiederschrift Nr.
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VerhandlungDrucksache:
GZ:
Sitzungstermin: 08.02.2023
Sitzungsart: öffentlich
Vorsitz: EBM Dr. Mayer
Berichterstattung:die Herren Körner (S/OB), Stammler (VVS) und Dr. Raupp (SSB)
Protokollführung: Herr Häbe fr
Betreff: Einführung Deutschlandticket und Auswirkungen auf Stuttgart (u. a. Sozialticket) sowie Behandlung und ggf. Abstimmung der hierzu eingegangenen Anträge
- mündlicher Bericht -

Die zu diesem Tagesordnungspunkt gezeigte Präsentation ist dem Protokoll als Dateianhang hinterlegt. Aus Datenschutzgründen wird sie nicht im Internet veröffentlicht. Dem Originalprotokoll ist sie in Papierform angehängt.


Zum Beratungsthema liegen folgende Anträge vor:

- Antrag Nr. 327/2022 “Das 49-Euro-Ticket kommt: Doch davon sollen auch alle profitieren! Neustart Sozialticket“ vom 14.10.2022 (SPD)
- Antrag Nr. 335/2022 “Sozialticket sinnvoll weiter entwickeln und Lücke für ältere Azubis beim neuen Jugendticket schließen“ vom 21.10.2022 (CDU, PULS)
- Antrag Nr. 371/2022 “Deutschlandtcket für 49 Euro: Auswirkungen für die Landeshauptstadt Stuttgart und das Tarifsystem des VVS“ vom 25.11.2022 (90/GRÜNE, CDU, SPD, Die FrAKTION, FDP, PULS, FW)
- Antrag Nr. 1/2023 “Inhaber:Innen der Bonuscard fahren kostenfrei oder für 9 -Euro pro Monat im ÖPNV – wie hoch wären die Kosten für den städtischen Haushalt“ vom 03.01.2022 (Die FrAKTION)
- Antrag Nr. 12/2023 “Deutschlandticket: Mobilitätswende in Stuttgart weiter vorantreiben“ vom 24.01.2023 (90/GRÜNE)
- Antrag Nr. 29/2023 “Ein Sozialticket muss gerecht sein!“ vom 03.02.2023 (Die FrAKTION).

Diese sind dem Originalprotokoll sowie dem Protokollexemplar für die Hauptaktei beigefügt.

In seiner Einführung trägt Herr Körner (S/OB) vor, in den vergangenen Jahren hätten der Gemeinderat und die Verwaltung gemeinsam mit den Partnern im VVS mit vielen innovativen Ticketangeboten für die Stuttgarter Bürgerschaft das Fahren mit Bus und Bahn sehr attraktiv gemacht. Dabei erinnert er an die im April 2019 angestoßene Tarifzonenreform. Der damalige Stuttgarter Oberbürgermeister Kuhn habe diese Reform, um die Stuttgart bundesweit vielfach beneidet worden sei, im VVS mehrheitsfähig gemacht. Bereits heute schon sei ein 365 Euro-Jahresticket für junge Menschen in der dualen Ausbildung und für Meisterschüler*innen etabliert. Mit einem landesweiten Angebot für junge Menschen ziehe das Land zum 01.03.2023 nach, und der Stuttgarter Gemeinderat habe 2015 eine Variante des Sozialtickets, welche es in dieser Form nur in wenigen deutschen Städten gebe, eingeführt.

Der Bund und die Bundesländer seien mit dem Beschluss gefolgt, dass zum 01.05.2023 das sogenannte Deutschlandticket für monatlich 49 Euro eingeführt wird. Dieses neue Deutschlandticket habe erhebliche Auswirkungen auf das LHS - und das VVS-Angebot. Mit dem nahezu von allen Fraktionen mitgetragenen Antrag Nr. 371/2022 sei um eine Berichterstattung über die Auswirkungen dieses Tickets gebeten worden. Zudem werde in weiteren Anträgen der Fraktionen nachgefragt, wie es mit dem Stuttgarter Sozialticket "In der neuen Deutschlandticket-Welt" weitergehe. Der Oberbürgermeister habe ihn gebeten, dem Rat heute einen Vorschlag für die Zukunft des Sozialtickets in der LHS zu präsentieren. Außerordentlich froh sei er, dass mit diesem Vorschlag sehr viele Stuttgarter*innen mit wenig Geld in Zukunft mehr soziale Teilhabe erhielten. Für die Zusammenarbeit bei der Erarbeitung des heute vorgestellten Ergebnisses bedankt er sich bei den heutigen Berichterstattern Herrn Stammler und Herrn Dr. Raupp, bei den beteiligten städtischen Ämtern und insbesondere bei den Fraktionen.

Anschließend informieren Herr Stammler und Herr Dr. Raupp im Sinn der Präsentation. Herr Stammler stellt dabei die Grundlagen des Deutschlandtickets, dessen Auswirkungen auf Stuttgart und die Überlegungen zum Sozialticket sowie Herr Dr. Raupp die Vertriebsaspekte des Sozialtickets dar.

In der Folge unterbreitet Herr Körner zu der Übergangslösung folgenden Vorschlag:

- Zum 01.05.2023 erfolgt durch die LHS für das neue Sozialticket eine Bezuschussung in Höhe von 24,50 Euro/Monat (50 % von 49 Euro). Dies entspreche der gemeinderätlichen Beschlussfassung zum Sozialticket. Zudem wäre dies ein klares Modell mit Blick auf künftige Preisentwicklungen (faire Aufteilung zwischen den Berechtigten und der LHS). Dies würde gegenüber dem seitherigen Jedermann-Sozialticket eine Preissenkung von 35 % bedeuten. Bei anderen, weit weniger genutzten Tickets, wäre die Preissenkung zwar geringer, aber immer noch erheblich.

- Das Sozialticket soll nicht nur im Stadtgebiet, sondern VVS-weit Gültigkeit haben. Insbesondere aus den von Herrn Dr. Raupp genannten Gründen lasse sich eine bundesweite Umsetzung nicht schnell bewerkstelligen. Bei einem Vergleich der heutigen Sozialticketpreise für das Verbundgebiet würde die Preissenkung wesentlich höher als 35 % ausfallen. Herr Körner spricht hier von einem großen sozialen Fortschritt für mehr soziale Teilhabe für Menschen mit weniger Geld.

- Die Monatsticket-Variante soll bestehen bleiben. Es wäre schwierig, Menschen mit weniger Geld in eine monatliche Zahlungsverpflichtung in Höhe von 24,50 Euro zu drängen. Insbesondere bestehe dafür ein funktionierendes System.

- Vorerst kann der bestehende finanzielle Deckel bestehen bleiben. Dies stehe für eine faire Chancen-/Risikoverteilung zwischen VVS und LHS, was die Gewinnung zusätzlicher Kunden anbelange. Die LHS bezahle bis zu einem gewissen Betrag, und bei jeder/jedem zusätzlich gewonnenen Kundin/Kunden bezahle die LHS den Zuschuss nicht nochmals. Hier erhalte der VVS den Betrag von 24,50 Euro/Monat. Dies sei fair, da die LHS mit ihrer Bezuschussung zu einem zusätzlichen Nachfrageimpuls beitrage. Angesichts der deutlich steigenden Anzahl der Berechtigten, und darauf habe Herr Stammler hingewiesen, müsse der Deckel angehoben werden.

Mit Nachdruck betont Herr Körner, dass es sich bei der Berechtigten-Anzahl und den Nachfrage-Effekten um Schätzungen handelt. So werde es sich bei den genannten Kosten für das Deutschlandticket (10 bis 12 Mio. Euro/Jahr) wahrscheinlich um einen Mindestwert handelt, da die Nachfrage eher höher ausfalle. Die vertriebliche Umsetzung, die mit dem Deutschlandticket, dem Jugendticket und jetzt mit der Umstellung des Sozialtickets derzeit ohnehin sehr angespannt sei, könne durch das Geplante zeitlich entzerrt werden.

Für die Verwaltung sei es wichtig, durch den Ausschuss heute dazu eine Zustimmung zu erhalten, da dann keine neue Vorlage benötigt würde. Das seitherige System könnte mit einem neuen Preisangebot fortgeführt werden. Im Nachtragshaushalt 2023 müsste der Anstieg von 5 Mio. Euro/Jahr auf 6,5 Mio. Euro/Jahr abgebildet werden. Mit der Finanzverwaltung sei dies besprochen. Zur Zukunft fährt er fort, die Anträge der Fraktionen zum Deutschlandticket seien der Verwaltung natürlich bekannt. Allerdings müsse alles, was die Zukunft betreffe, unter einen Haushaltsvorbehalt gestellt werden. Mit den Antragsanliegen bzw. mit der Frage, was welches Modell kostet, müsse man sich in den kommenden Etatberatungen beschäftigen. Bis dahin werde mehr Klarheit bestehen. So werde bekannt sein, wie sich die Nachfragen beim Deutschlandticket bundesweit und beim neuen Sozialticket in Stuttgart darstellten.

Für StRin Rühle (90/GRÜNE) steht außer Frage, dass eine bundesweite Gültigkeit des Sozialtickets anzustreben ist. Weiter spricht sie sich für eine Beibehaltung einer monatlichen Abrechnung aus. Bei der Zielgruppe des Sozialtickets dürfe man den Besitz eines Smartphones nicht voraussetzen. Die VVS-weite Gültigkeit sei wichtig, da so geringverdienende Personen, die in Stuttgart wohnten, ihre Arbeitsplätze außerhalb der LHS künftig problemloser erreichen könnten. Entsprechend äußern sich StRin Meergans (SPD) und StRin von Stein (FW). StR Ozasek weist diesbezüglich auf die ukrainischen Kriegsflüchtlinge hin.

Ihren Dank für die Erarbeitung der heute vorgestellten Lösung für ein neues Sozialticket richten StR Sauer (CDU), StR Ozasek (PULS) und StRin von Stein (FW) an die Herren Stammler, Dr. Raupp und Körner sowie an die Vertreter*innen des Sozialamtes und der Stadtkämmerei. Seine Zustimmung zum Geplanten signalisiert StR Ebel (AfD).

Die in der Übergangslösung enthaltene verbundweite Gültigkeit des neuen Sozialtickets ist für StR Sauer ein Durchbruch. Dies und die erhebliche Ersparnis stelle für die Sozialticketnutzer*innen eine starke Verbesserung dar.

Die für 2023 sowie die für die Zukunft aufgezeigten finanziellen Mehrbedarfe trage die CDU-Gemeinderatsfraktion mit. Er beziffert die Einsparung im Bereich des Sozialtickets im Jahr 2022 auf 4,1 Mio. Euro (1,2 Mio. Euro durch das 9 Euro-Ticket plus nicht benötigte Zuschüsse für das Jobticket und andere Ticketangebote). Zu den kommenden Etatberatungen wird von ihm ein auskömmlich finanzierter Verwaltungsvorschlag erwartet, wie der höhere Finanzbedarf seitens der Stadt abgedeckt werden kann.

Mit dem Gemeinderatsbeschluss, das 49 Euro-Ticket den städtischen Bediensteten, den Beschäftigten der Eigenbetriebe sowie dem Personal der von den freien Trägern getragenen Kitas kostenlos zu überlassen, werde der Kreis der Anspruchsberechtigten von derzeit 13.000 auf maximal 35.000 Personen ausgeweitet. Durch das beim Sozialticket geplante würden maximal 110.000 weitere Personen hinzukommen. Mit diesen Größenordnungen, und sinngemäß äußert sich StR Ozasek, müsse man sich auseinandersetzen und zurechtkommen. Das heute Vorgestellte ist für StR Sauer ein "großer Wurf" und ein wichtiger Beitrag hin zur klimafreundlichen Mobilität. Zudem erachtet er die Reform des Sozialtickets hin zu einem Abonnement als einen wichtigen Schritt hin zu einer Angebotserweiterung.

StRin Meergans sieht ein großes sozialpolitisches Vorhaben. Die Inhaber*innen einer Bonuscard erhielten deutlich mehr Teilhabe und einen größeren Bewegungsradius. Erfreulicherweise werde dem SPD-Antrag, eine hälftige Bezuschussung vorzunehmen, gefolgt.

Erfreut zeigt sich StR Serwani (FDP) darüber, dass das Ticket Plus für 9,90 Euro bei der Übergangslösung im VVS bestehen bleibt. Zu begrüßen sei, dass zwischenzeitlich auch München für seine städtische Mitarbeiterschaft ein kostenloses Ticket beschlossen habe. Ihm würden Signale vorliegen, dass noch weitere Großstädte dieses Stuttgarter Modell prüften. Das neue Sozialticket werde von seiner Fraktion unterstützt. Die verbundweite Gültigkeit dieses Tickets sei zu begrüßen. Künftig müsse das ÖPNV-Angebot ausgebaut werden.

Für StR Ozasek ist das Deutschlandticket ein "Meilenstein" für den deutschen ÖPNV. Künftig werde nicht mehr über Tarife gestritten, sondern über den Angebotsausbau. Er bedauert, dass seitens des Bundes keine Sozialkomponente im Deutschlandticket verankert wurde. Den Kommunen falle daher zu, Lösungen und deren Finanzierung zu etablieren. Mit dem Antrag Nr. 335/2022 solle hier nachgesteuert werden. Erfreulich sei, dass heute ein Punkt erreicht werde, an dem eine echte Lösung aufgezeigt werden könne. Der heutige Beschluss sei ein "sozialpolitischer Wumms".

Im weiteren Verlauf betont StR Sauer, dass das Sozialticket und dessen Reform analog des Kostenfreien Jobtickets natürlich unter dem Vorbehalt stehen, dass der Bund und die Länder auch in Zukunft am Deutschlandticket festhalten. Sollten sich grundlegende Änderungen ergeben, müsste das System grundsätzlich hinterfragt werden. Für die CDU-Gemeinderatsfraktion sei es wichtig, dass die Regelung einer 50:50-Kostenaufteilung bestehen bleibe. In der letzten Konferenz der Verkehrsminister von Bund und Ländern seien die 49 Euro als Einführungspreis bezeichnet worden. Des Weiteren sei dort erklärt worden, dass es zukünftig natürlich zu Kostensteigerungen kommen werde. Die Mehrkosten müssten hälftig zwischen VVS und den Ticketinhabern aufgeteilt werden. Ein 19 Euro-, ein 9 Euro-Ticket oder ein kostenloses Sozialticket würden abgelehnt. Die Kostenaufteilung von 50:50 zwischen Kunden und SSB befürwortet StR Ebel. Angesichts der derzeitigen Inflation geht er von Kostensteigerungen aus.

Für ihn, so Herr Stammler, bedeute der wohl kommende Beschluss einen "4-fach-Wumms". Dies begründet er damit, dass 50 % mehr Menschen als bislang in den Genuss des Sozialtickets kommen. Dabei handle es sich um wohngeldberechtigte Personen, die seither den vollen Ticketpreis bezahlen müssten (künftig 24,50 Euro/Monat - 50 % des Deutschlandtickets). Zudem werde der Preis des Sozialtickets um 35 % gesenkt und der Geltungsbereich werde von der Zone 1 zunächst auf das VVS-Gebiet und im Jahr 2024 auf ganz Deutschland ausgeweitet. Ein solches Angebot werde nur von wenigen Städten in Deutschland gemacht. Angebote wie im Rhein-Ruhr-Verbund oder in Brandenburg und Berlin würden von Bundesländern finanziert. Bislang gebe es in Deutschland noch keine Stadt, die künftig das Sozialticket auf der Basis des Deutschlandtickets anbiete.

Für die CDU-Gemeinderatsfraktion teilt StR Sauer mit, dass die Übergangslösung mitgetragen wird. Entsprechend äußern sich die StRinnen Meergans und von Stein. Verbunden mit der Hoffnung, dass diese Übergangslösung möglichst kurz ausfällt, ergibt sich für StR Ozasek eine pragmatische Lösung, die er unterstützt. Er habe Verständnis, dass die Umsetzbarkeit im Fokus gestanden habe. Die große Lösung werde ja zeitversetzt kommen.

Für StRin Rühle ist es sozial nicht darstellbar, Menschen, die bereits auf Transferleistungen angewiesen sind, Inkassounternehmen aufzubürden. Hier müssten andere Lösungen gefunden werden. Dem pflichtet StR Sauer und StRin Meergans bei. Dabei vertritt StR Sauer die Position, dass für Personen, die im Sozialticket-Bereich auf Hilfe angewiesen sind, eine Rückfalllinie benötigt wird. Nach Kenntnis von StR Serwani bietet der Verkehrsverbund Rhein-Ruhr für das Sozialticket eine Abo-Lösung an. Dort koste dieses lediglich für einen kleinen Kreis geltende Ticket 36 Euro/Monat. Die ab 2024 kommende Abo-Lösung mit monatlicher Kündigungsmöglichkeit begrüßt StR Ozasek. Die auch seitens des Sozialamtes geäußerten Bedenken könne er nachvollziehen, aber für ihn stelle das Abo ein Muss dar. Er hofft, dass eine sozialpolitisch sinnvolle Lösung gefunden werden kann, die die Beauftragung von Inkassounternehmen vermeidet. Abgelehnt wird von StRin von Stein, dass das Sozialamt eventuell auflaufende Schulden übernimmt, ohne versucht zu haben, die Mittel von rückständigen Ticketnutzern zu erhalten.

Für notwendig erachtet es StRin Rühle, in den Nachtragshaushalt 2023 nicht nur die Zuschussfrage, sondern auch die Stellenbedarfe beim Sozialamt für die von dort für die Ausgabe der Tickets zu leistenden Vorarbeiten zu klären. Dies findet die Unterstützung der StRe Sauer und Serwani. StR Sauer verweist auf die Schaffung von 1,2 Stellen im Zusammenhang mit dem kostenlosen Jobticket für die städtische Belegschaft. Seines Erachtens muss in einer ähnlichen, wenn nicht gar größeren Größenordnung bei der Abwicklung des Sozialtickets gedacht werden. Zudem müsse der Stellenmehrbedarf bei der SSB berücksichtigt werden. Die SSB, so StR Serwani, müsse im nächsten Doppelhaushaltsplan mit Mitteln ausgestattet werden, damit dort die dann hoffentlich gestiegenen Kundenzahlen bewältigt werden können. Von einer erheblichen finanziellen Belastung für den Stadthaushalt geht StR Ozasek aus. Dankenswerterweise habe die Verwaltung bereits angekündigt, entsprechend im Nachtragshaushalt 2023 nachzusteuern.

Laut Herrn Stammler werden im Nachtragshaushalt 2023 keine zusätzlichen Stellen benötigt. Die Übergangslösung sehe vor, dass bisherige System beizubehalten. Der Deckel für die städtische Finanzierung könne so wie dargestellt vereinbart werden.

Davon, dass die SSB mit dem erwarteten Zuwachs an Fahrgästen umgehen kann, geht StR Sauer aus. Mit Nachdruck kritisiert er jedoch die für den S-Bahn-Verkehr verantwortlichen DB-Regio und DB-Netze für aktuell bestehende Probleme. Er spricht von beschämenden Vorkommnissen. So könne es beim Rückgrat des Stuttgarter ÖPNV-Verkehrs und des ÖPNV-Verkehrs in den Verbundlandkreisen nicht weitergehen. Es bestehe dringender Gesprächsbedarf. Eventuell gehöre überlegt zu beantragen, dass die Verantwortlichen von DB-Regio und DB-Netze dem Verwaltungsausschuss darüber berichten, wie es weitergehen soll. Die Einschätzung von StR Sauer, dass die Zustände bei der S-Bahn ein Desaster darstellen, teilt StR Serwani. StR Ozasek und er würden sich in ihrer Funktion als Regionalräte schon seit Längerem darüber beschweren. Nächste Woche tage der Verkehrsausschuss der Region. Dort würden mit der Geschäftsführung der Betreibergesellschaft klare Worte gewechselt.

Gegenüber StRin Rühle und StRin Meergans informiert Herr Stammler, die Übergangslösung komme zum 01.05.2023. Dafür werde aber ein Votum des Ausschusses benötigt. Das Jahr 2023 werde genutzt, um Daten aufzubereiten. Derzeit sei noch unbekannt, wieviel Berechtigte künftig die Bonuscard (BC) erhielten. Auf der sich dann ergebenden Basis würden gemeinsam mit der Stadtkämmerei für den Doppelhaushalt 2024/2025 Zahlen aufbereitet. Ziel sei, vorausgesetzt, der Gemeinderat stelle die Mittel bereit, dem Beantragten 2024 zu entsprechen. Heute könne er noch nicht zusichern, dass die Umsetzung zum 01.01.2024 gelinge, aber zusichern könne er eine schnellstmögliche Umsetzung.

StR Pantisano fragt nach, weshalb Menschen mit BC zusätzlich eine Chipkarte benötigen. Von ihm wird das Vorgestellte als sozial ungerecht bewertet. Er geht auf die Inhalte der Anträge Nrn. 1/2023 und 29/2023 ein und stellt dar, dass sich für ihn eine Diskrepanz zwischen dem in der letzten Sitzung des Verwaltungsausschusses beschlossenen kostenlosen Deutschlandticket unter anderem für die städtische Belegschaft, und den 24,50 Euro/Monat Ticketkosten für BC-Inhaber*innen ergibt. Zudem kritisiert er, dass das neue Sozialticket im Rahmen der Übergangslösung lediglich im VVS-Gebiet und nicht bundesweit Gültigkeit haben soll. Verglichen gehörten nicht die seitherigen, sondern die mit der Einführung des Deutschlandtickets künftig geltenden Standards. Notwendig sei in Stuttgart ein gerechtes Ticketpreis-Beschaffungssystem.

Bezogen auf die ablehnende Haltung von StR Pantisano erwähnen StR Serwani und StR Sauer, dass bei der Einführung des Bürgergeldes ein ÖPNV-Anteil in Höhe von 45 Euro/Monat vorgesehen worden ist. Unter Berücksichtigung dieser Mittel könnten sich BC-Inhaber*innen mit einer städtischen Förderung von 4 Euro das bundesweit geltende Deutschlandticket leisten. Das heute Vorgestellte sehe aber eine städtische Förderung in Höhe von 24,50 Euro/Monat vor. Durch StR Pantisano wird die Position vertreten, dass mit dem im Bürgergeld enthaltenen Mobilitätsanteil auch andere Formen der Mobilität, wie z. B. das Radfahren, abzudecken ist.

Eine Gerechtigkeitslücke ergibt sich laut StRin von Stein nicht für den künftig erheblich ausgeweiteten Kreis der Sozialticketberechtigten, sondern für den Personenkreis, der knapp über der Grenze für die Wohngeldberechtigung liegt. Diese Personen hätten keinen Anspruch auf Förderung. Zu hoffen sei, dass deren Arbeitgeber reagierten. Die Stadt könne lediglich versuchen, sich einer vollumfänglichen Gerechtigkeit anzunähern. Für ihre Fraktion komme ein kostenloses Ticket für BC-Inhaber*innen nicht in Frage, zumal im Bürgergeld bereits, wie bereits gesagt, ein Mobilitätsanteil eingepreist sei.

Eine Gerechtigkeitsdebatte im Rahmen der heutigen Beratung ist für StR Ozasek deplatziert. Schließlich solle nach der Übergangslösung ab 2024 die große Lösung folgen. Die sehr gute Lösung, welche in partnerschaftlichen Verhandlungen entwickelt worden sei, dürfe heute nicht zerredet werden.

In den kommenden Etatberatungen müssen nach Aussage von Herrn Körner, der sich für die breite Unterstützung des Vorgestellten bedankt, noch eine Reihe von Fragen geklärt werden.

An StR Pantisano gewandt teilt StR Sauer mit, der Sozialverband Deutschland habe im September 2022 ein 365-Euro-Ticket gefordert (als Nachfolgemodell für das 9 Euro-Ticket). Mit der heute vorgestellten Stuttgarter Lösung für ein neues Sozialticket werde diese Forderung des Sozialverbandes deutlich unterschritten (24,50 Euro/Monat, 294 Euro/Jahr).

Nach Auffassung von StR Dr. Jantzer (SPD) gibt es mit dem 49 Euro-Deutschlandticket zukünftig ein Instrument, mit dem die LHS die klimaneutrale Stadt und deren Ausgestaltung im Individualverkehr sehr viel selbstbewusster angehen kann, da dann auch eine Lösung für Pendler existiert. Den Zuschuss aus Steuermitteln im Bereich des Jobtickets beziffert er aktuell auf 5 % (vorgesehene Ersparnis beim Sozialticket 35 %). Da die Stadt ihren Beschäftigten das 49 Euro-Ticket kostenlos überlasse, werde gehofft, dass die Arbeitgeber das Ansinnen, mehr Pendler für den ÖPNV zu gewinnen, zusätzlich unterstützten. Ein soziales Angebot sei mit dem geplanten Angebot absolut gegeben. Aus Sicht der SPD-Gemeinderatsfraktion wäre es sozial nicht gerecht, dieses sehr gerechte Angebot zu kritisieren.

Um die heutigen Informationen noch in den Fraktionen diskutieren zu können, bittet StR Pantisano, eine Abstimmung über die Übergangslösung erst in der nächsten Sitzung des Verwaltungsausschusses am 01.03.2023 vorzusehen. Gegen eine Vertagung spricht sich StR Ozasek mit Nachdruck aus. Durch Herrn Körner wird ebenfalls die Notwendigkeit bekräftigt, heute zu einer Entscheidung zu kommen.

StR Sauer beantragt, auch im Namen von StR Ozasek, dass heute die Übergangslösung beschlossen wird. Ziel sei, eine größere, dauerhafte Lösung ab dem Jahr 2024 einzuführen. An StR Pantisano gerichtet tritt Herr Körner deutlich dem Eindruck entgegen, dass die Fraktionen von den Präsentationsinhalten überrascht worden sind und sie keine Zeit gehabt haben, sich dazu eine Meinung zu bilden. StR Pantisano habe am 01.02.2023 eine Präsentation erhalten, welche sich nur unwesentlich von dem heute Gezeigten unterschieden habe. Auch die einzelnen Spiegelstriche der Übergangslösung (siehe Präsentation Seite 18), die nun zur Abstimmung gestellt werden soll, hätten dazugehört. Weitere Informationen habe er StR Pantisano am vergangenen Freitag in einem Telefongespräch gegeben. Der Verwaltung sei es bei diesem Verfahren sehr wichtig gewesen, die antragstellenden Fraktionen gut einzubinden. Für die Klarstellung bedankt sich der Erste Bürgermeister.

Er wirbt für die Übergangslösung. Auf noch offene Fragen könne im Rahmen der Haushaltsplanberatungen eingegangen werden.

Von StRin Schumann wird in der Folge zur Geschäftsordnung beantragt, die Debatte zu beenden.


Der Feststellung des Ersten Bürgermeisters, dass die Berichtsanträge mit den heutigen Stellungnahmen und der heutigen Aussprache erledigt sind, wird nicht widersprochen.

Laut EBM Dr. Mayer bildet der Hauptantrag die von der Verwaltung vorgeschlagene Übergangslösung. Dieser seien im Verlauf der Aussprache Fraktionen beigetreten.

Anschließend stellt der Vorsitzende zum Vertagungsantrag von StR Pantisano fest:

Der Verwaltungsausschuss lehnt diesen Vertagungsantrag bei 2 Ja-Stimmen und 1 Stimmenthaltung mehrheitlich ab.

Zur Übergangslösung stellt EBM Dr. Mayer fest:

Der Verwaltungsausschuss stimmt der Übergangslösung bei 2 Stimmenthaltungen einmütig zu.

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