Protokoll: Verwaltungsausschuss des Gemeinderats der Landeshauptstadt StuttgartNiederschrift Nr.
TOP:
438
22
VerhandlungDrucksache:
GZ:
Sitzungstermin: 25.10.2017
Sitzungsart: öffentlich
Vorsitz: BM Dr. Mayer
Berichterstattung:-
Protokollführung: Herr Häbe
Betreff: Vergaberichtlinien analog den Anlagerichtlinien
anpassen
- Antrag Nr. 206/2017 (SÖS-LINKE-PluS) v. 06.07.2017

Vorgang: Verwaltungsausschuss vom 27.09.2017, öffentlich, Nr. 347

Ergebnis: Zurückstellung


Der im Betreff genannte Antrag sowie die dazu erfolgte Stellungnahme des Oberbürgermeisters vom 12.10.2017 sind dem Originalprotokoll sowie dem Protokollexemplar für die Hauptaktei beigefügt.


Nachdem StR Rockenbauch (SÖS-LINKE-PluS) nachfragt, wie die Antragsthematik seitens der Verwaltung beurteilt wird, verweist BM Dr. Mayer auf die in der Stellungnahme der Verwaltung vom 12.10.2017 dargestellten und bereits praktizierten hohen Standards bei den unterschiedlichen Beschaffungen (z. B. Ausschreibung von schadstofffreien Baustoffen), aber auch auf die Grenzen durch das neue Beschaffungsrecht. Klarheit müsse darüber bestehen, je weiter Handlungsspielräume eingeschränkt würden, desto stärker erfolge eine Wettbewerbsbeschränkung. Schon im Rahmen der in der Vergangenheit im Zusammenhang mit Offenlagen stattgefundenen Aussprachen seien immer wieder aus dem Ausschuss die geringe Zahl von wertungsfähigen Angeboten/Bewerbern und die Gründe für ausgeschlossene Bewerber hinterfragt worden. In der Summe könne gesagt werden, dass sich die Verwaltung hier auf einem guten Weg befinde.

StR Perc (SPD) fragt, ob beispielsweise in eine Ausschreibung aufgenommen werden kann, dass bei Angeboten Unternehmen, die inklusiv Personal beschäftigen oder besonderen Wert auf die Beschäftigung von Langzeitarbeitslosen legen, gewürdigt werden können, ohne dies als Anforderungen an die Ausschreibung zu definieren. Mitunter, so BM Dr. Mayer, werde dies bereits gemacht. Entsprechendes aufzunehmen sei also zulässig.

Nach Kenntnis von StRin Deparnay-Grunenberg (90/GRÜNE) trauen sich baden-württembergische Kommunen nicht, generell den landesgesetzlichen Rahmen bei der Beschaffung von fair produzierten bzw. bei Ökoprodukten auszuschöpfen. Konkret fragt sie, ob sich für die Verwaltung durch die neue Verwaltungsvorschrift tatsächlich ein neuer Handlungsspielraum, der mehr Sicherheit für Einschränkungen schafft, ergibt. Sie erachtet es für den Gemeinderat als schwierig einzuschätzen, wie weit gegangen werden kann.

Mehr Informationen zu Einschränkungsmöglichkeiten bei Ausschreibungen zu Bautätigkeiten wünscht sich StR Kotz (CDU). Hierzu erinnert der Vorsitzende an den Antrag Nr. 258/2015 "Schadstofffreie Baustoffe und Ausstattungsgegenstände in Schulen und Kitas" der Fraktionsgemeinschaft SÖS-LINKE-PluS vom 22.07.2015. Dazu erfolge die Antragsbeantwortung Anfang 2018. Dort werde eine noch ausstehende Gesetzesänderung eingearbeitet.

Zu der Frage, was alles in Vergabeausschreibungen aufgenommen werden kann, betont Frau Burmeister (HauptPersA), die Verwaltung sei nicht so eingeengt, wie vielleicht der Eindruck bestehe. Oftmals gebe es ja auch unterschiedliche politische Vorgaben. Möglich wäre es z. B., den 5%igen Bioanteil bei Schulessen zu erhöhen. Natürlich stünde ein solcher Schritt auch im Zusammenhang mit wirtschaftlichen Gesichtspunkten. Genauso verhalte es sich bei der Berücksichtigung der Inklusionsfrage/von Menschen mit Behinderung. Die Branddirektion habe beispielsweise versucht, Wäschereidienstleistungen an Menschen mit Behinderungen zu vergeben. Dabei habe sich gezeigt, dass damit eine Preissteigerung von ca. 150 % einhergehen würde.

Anschließend erklärt StRin Deparnay-Grunenberg, ihr Eindruck sei, dass sich der Ausschuss nicht die Zeit nehme, über solch grundsätzliche Dinge zu diskutieren. Pauschal, ohne Kenntnis wirtschaftlicher Konsequenzen, könne der Ausschuss natürlich keine Vorgaben machen. Sie gibt zu bedenken, solche Grundsatzentscheidungen könnten gesamtgesellschaftlich dazu führen, dass, wenn behinderte Menschen dadurch sinnvolle und gute Tätigkeiten übertragen bekämen, die Gesellschaft diese Menschen an anderen Stellen weniger beschäftigen müsse. Der Gemeinderat müsse entsprechende Abwägungen vornehmen. Daher müssten solche Fragen, wenn diese anstünden, regelmäßig im Verwaltungsausschuss besprochen werden.

Laut Frau Burmeister müssen solche Maßgaben bereits bei Sachbeschlüssen, also dann, wenn Fachämter Mittel für bestimmte Maßnahmen einfordern, beschlossen werden. Dann könnten solche Dinge beispielsweise bei Reinigungs-/Wäscherei-dienstleistungen berücksichtigt werden. Wenn ein Vergabebeschluss sich in der Offenlage befinde, seien solche Themen bereits "durch".

Von BM Dr. Mayer wird der Ausschuss in diesem Zusammenhang darum gebeten, der Verwaltung Vertrauen entgegenzubringen, dass hohe Standards angewendet werden. In der Praxis sei es aufgrund der Sitzungsökonomie nicht möglich, über jede Vergabe/Sachentscheidung zu diskutieren. Daran anknüpfend bittet StRin Deparnay-Grunenberg darüber informiert zu werden, weshalb der Gemeinderat von der Verwaltung nicht darauf hingewiesen wird, dass solche Dinge vorab miteinander besprochen werden können. Entweder nehme sich der Ausschuss die Zeit, grundsätzliche Überlegungen zu Kriterien anzustellen, oder die Verwaltung weise dem Gemeinderat im Vorfeld großer Entscheidungen darauf hin, wann es noch Spielraum für den Rat gebe.

BM Dr. Mayer ruft in der Folge einen Termin in Erinnerung, in dessen Rahmen die Verwaltung gegenüber interessierten Ratsmitgliedern über Vergabegrundsätze ausführlich referiert hat. Unter anderem sei dabei der Hinweis erfolgt, dass "holzschnittartige Festlegungen" nicht wirklich möglich seien. So zeige sich bei öko-fairen Beschaffungen von Textilien, dass ein von den Beschäftigten speziell gewünschtes Produkt wie z.B. eine Arbeitshose, die gewünschten Kriterien nicht erfülle. Es gebe also für manche Kriterien keine Angebote. Hier müsse der Gemeinderat darauf vertrauen, dass die Verwaltung Ansprüche/Anforderungen geltend macht. In der Praxis sei flexibles Vorgehen unabdingbar, um nicht viele sinnvolle Produkte und Angebote auszuschließen.

Gegen Ende der Aussprache artikuliert StR Rockenbauch aufgrund der Stellungnahme der Verwaltung Abstimmungsbedarf in den Fraktionen.

Zu der abschließenden Feststellung von BM Dr. Mayer, dass mit der heutigen Beratung der Antrag Nr. 206/2017 als erledigt angesehen werden kann, erheben sich keine Einwendungen.
zum Seitenanfang