Protokoll: Verwaltungsausschuss des Gemeinderats der Landeshauptstadt StuttgartNiederschrift Nr.
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VerhandlungDrucksache:
1330/2017
GZ:
AKR 1001-01
Sitzungstermin: 29.11.2017
Sitzungsart: öffentlich
Vorsitz: BM Dr. Mayer
Berichterstattung:der Vorsitzende
Protokollführung: Frau Faßnacht de
Betreff: Organisationsuntersuchung Bürgerbüros 2017

Beratungsunterlage ist die Mitteilungsvorlage des Referats Allgemeine Verwaltung, Kultur und Recht vom 20.11.2017, GRDrs 1330/2017. Sie ist dem Originalprotokoll sowie dem Protokollexemplar für die Hauptaktei beigefügt.


Der Vorsitzende stellt den Inhalt der Vorlage zusammengefasst vor.

Die Rednerinnen und Redner seitens des Ausschusses danken für die Ausführungen.

Für StR Sauer (CDU) zeigt die neuerliche Organisationsuntersuchung und die Zusammensetzung von Projektlenkungsgruppe und Projektgruppe sowohl den hohen Handlungsdruck den es gibt, als auch die Verve und die Akribie, mit der man sich der Sache angenommen hat. Festzuhalten sei auch, dass man bei der letzten Organisationsuntersuchung 2014 zu kurz gesprungen ist. Seine Fraktion sei bereit, sämtlichen Maßnahmen zuzustimmen.

Insgesamt schaffe man für die Bürgerbüros knapp 30 Stellen zusätzlich, was mehr als 20 % der bisher vorhandenen Stellen entspricht. Folglich müsse man dafür sorgen, dass auch der Raumbedarf entsprechend mitwächst, insbesondere was das zentrale Einarbeitungs- und Ausbildungsbüro betrifft. Dieses neue Büro würde seine Fraktion gerne in der Eberhardstraße untergebracht sehen. Was die 5 mit KW-Vermerk 2022 versehenen Springerstellen anbelangt, so habe die CDU-Fraktion einen Haushaltsantrag formuliert, diese KW-Vermerke zu streichen. Er hofft auf eine positive Beschlussfassung bei den Stellenplanberatungen. Er begrüßt weiter die Schaffung eines dritten Sachgebiets mit den entsprechenden Stellen für Sachbearbeitung und einer Sachgebietsleitungsstelle sowie organisatorische Verbesserungen durch den Ausbau der Online-Terminvereinbarung in weiteren Bürgerbüros und der Möglichkeit, weitere Leistungen online beantragen zu können. Ihm ist wichtig, möglichst rasch die Vorschläge aus der neuen Organisationsuntersuchung zur Umsetzung zu bringen und so die Rahmenbedingungen insgesamt zu verbessern, um nicht nur die Rate an Krankheitstagen und Fluktuation zu reduzieren, sondern damit auch Arbeitsplätze in den Bürgerbüros anbieten zu können, auf die man sich gerne bewirbt.

StR Winter (90/GRÜNE) erklärt ebenfalls Zustimmung zu allen Vorschlägen, die als Ergebnis aus der jüngsten Organisationsuntersuchung hervorgehen. Die dezentrale Organisation der Bürgerbüros sei ein Wert für die Stuttgarter BürgerInnen, weshalb man unmittelbar Rückmeldung bekomme, wenn es dort stockt oder krankt. Daher erachtet er insbesondere die Stellen für Springer für hilfreich. Positiv hebt er die neue Sachgebietsaufteilung hervor und das neue Ausbildungs- und Einarbeitungsbüro. Weiter unterstütze man das Aufheben von KW-Vermerken und werde daher auch die Streichung der von StR Sauer angesprochenen KW-Vermerke mittragen. Er teilt den Wunsch nach einer möglichst raschen Umsetzung in den Bürgerbüros und lobt den offenen und klaren Kommunikationsstil der Vorlage.

Die SPD-Fraktion stimme der Vorlage mit großer Freude zu, schickt StR Pfeifer voraus. Kritisch merkt er an, man sei über Jahre hinweg auf eine Wand zugefahren, da bereits seit 2008 die Krankheitstage- und die Fluktuationsrate deutlich über dem Durchschnitt lag, den die Stadtverwaltung insgesamt hat. In Zukunft müsse man mit Argusaugen auf solche Tendenzen achten, dort wo sie sich zeigen. Er denke dabei u.a. an das Ausländeramt.

StR Rockenbauch (SÖS-LINKE-PluS) dankt allen, die an der Organisationsuntersuchung mitgewirkt haben. So erfreulich es sei, über neue Stellen reden zu können, stelle sich dennoch die Frage nach dem Maßstab: "Sind wir schon zufrieden mit dem was getan wird?" Er äußert sich skeptisch, ob die vorgeschlagenen Maßnahmen ausreichen, um voll umfänglich das Thema bei den Bürgerbüros für erledigt betrachten zu können. Wenn man aus der Situation etwas lernen will und nicht in ähnliche Situationen kommen möchte, wo ständig nachgelegt werden muss, so bleibe nichts Anderes übrig, als bereits im Voraus großzügiger zu sein, als es bis aufs Komma berechnete Stellenanteile nahelegen. Zweifel melde er vor allem deswegen an, weil der Fraktionsgemeinschaft gegenüber signalisiert worden sei, dass es ursprünglich deutlich höhere Stellenanmeldungen gab, die in Richtung 40 neue Stellen gingen.

Er erkundigt sich, welche finanzielle Mehrbelastung neben den KW-Vermerken und den Stellen, die über Ermächtigungen schon da sind, auf den Stadthaushalt zukommen, da tatsächlich rein netto nur 14,4 Stellen geschaffen werden.

EBM Föll informiert, KW-Stellen werden bis zu dem Jahr berücksichtigt, wie ihr Streichungsvermerk angegeben ist. Die Stellen, die über Ermächtigungen besetzt sind, seien ebenfalls befristet und waren daher im Grundentwurf nicht enthalten. Im Entwurf der Verwaltung seien diese berücksichtigt. Bei Neuschaffungen gelte dies in der Regel ab dem Zeitpunkt, wo die Stellen besetzt sind. Die Möglichkeit zur Stellenbesetzung durch das Amt werde damit nicht gebremst.

Nach Auffassung von StRin von Stein (FW) zeigt die Organisationsuntersuchung dringend den bestehenden sehr großen Handlungsbedarf. Sie hält es angesichts der Einwohnerentwicklung in Stuttgart für logisch und zwangsläufig, dass die Verwaltung mit ihren Bürgerbüros darauf reagieren muss. Es bleibe zu hoffen, dass die hohen Fehlzeiten durch die vorgeschlagenen Maßnahmen deutlich geringer werden. Ganz außerordentlich begrüßt sie das neu zu schaffende Ausbildungs- und Einarbeitungsbüro. Sie stimmt den vorgeschlagenen Maßnahmen ebenfalls zu.

StR Klingler (AfD) erachtet insbesondere das klare Bekenntnis der Verwaltung zur dezentralen Struktur der Bürgerbüros für wichtig, da jene für die Bürger vor Ort eine wichtige Identifikation und Anlaufstelle sind. Er erkennt den dringenden Stellenbedarf ebenfalls an, da die hohen Fehlzeiten durch die starke Arbeitsbelastung bedingt waren. Wichtig sei auch der Ausbau von Online-Dienstleistungen und Online-Terminvereinbarung. Er lobt die sehr gute Vorlage, aus der die hohe Kompetenz der Mitwirkenden erkennbar sei.

StRin Yüksel (FDP) erinnert in ihrem Wortbeitrag daran, dass der Bericht im Zusammenhang mit der Aussprache über die Situation in der Ausländerbehörde angekündigt wurde. Dort habe man inzwischen einiges auf den Weg gebracht. Was die Situation in den Bürgerbüros angeht, so hält sie teilweise extrem lange Wartezeiten und außerplanmäßige Schließungen für die Bürger schlicht unzumutbar. Schließlich könnten die Bürger nicht einfach den Anbieter wechseln, wie dies in vielen anderen Bereichen möglich sei. Die FDP habe vor diesem Hintergrund ihren Antrag gestellt. Wichtig sei nun, mit den Ergebnissen und Erkenntnissen aus der Organisationsuntersuchung zu arbeiten. Mit den vorgeschlagenen Maßnahmen gehe man voll umfänglich mit. Dabei reiche es nicht aus, Stellen neu zu schaffen, sondern man müsse diese im Anschluss auch besetzen können. Vermisst habe sie in den Ausführungen heute den Aspekt, wie die Motivation der Mitarbeiter in den Bürgerbüros und die Attraktivität der Arbeitsplätze dort erhöht werden können. Sie bittet darum, im Fortbildungsprogramm der LHS entsprechende Angebote aufzunehmen.

Begeistert sei man dagegen vom Ausbau digitaler Leistungen, des E-Governments und der beabsichtigten Einführung von Selbstbedienungsterminals. In diesem Zusammenhang fragt sie nach einem Pilotvorhaben in 2016 des Bundesministeriums des Inneren - Modellkommune E-Government. Dazu liege eine Studie von McKinsey vor, welche den Blick aus der Bürgerperspektive widerspiegelt. Sie regt an, sich im Verwaltungsausschuss mit den Ergebnissen dieser Studie zu beschäftigen.

Herr Freitag (GPR) schickt voraus, der GPR sei natürlich froh, dass eine Reaktion erfolgt und die zusätzlichen Stellen unbefristet sein werden. Er hält es dennoch für schwierig, grundsätzlich Stellenschaffungen, die dringend sind, vorbehaltlos zu begrüßen, solange Fragezeichen bestehen. Er lobt die aktuelle Organisationsuntersuchung dahingehend, als sie in ihrer Struktur wesentlich differenzierter angelegt war als die vorausgegangene. Bereits im Personalbeirat habe er darauf hingewiesen, dass in Punkt 3 der Präsentation dazu dargestellt wird, wohin die Organisationsuntersuchung 2014, die weitaus weniger sorgfältig war, geführt hat. Diese habe der Gemeinderat beschlossen und so die Grundlage dafür gelegt, dass die katastrophale Personalsituation in den Bürgerbüros erst eintreten konnte. Er empfiehlt der Verwaltung außerdem, mit dem Instrument der Organisationsuntersuchung nicht zu spielen, um dieses Instrument nicht in Misskredit zu bringen.

Bei der aktuellen Organisationsuntersuchung falle auf, dass bei der Bruttostellenschaffung von 29,44 Stellen innerhalb des Amts im August 2017 ein Bedarf von 44 Stellen festgestellt wurde. Diese 44 Stellen seien nicht vom Amt beantragt worden, sondern das Amt habe die Stellen beantragt, "die irgendwie zum Projektergebnis wurden". Er könne nicht nachvollziehen, wie das Delta zustande kam, und behaupte, "dass hier Linienentscheidungen in die Projektarbeit eingegriffen haben". Dies führe dazu, dass man die Projektarbeit im Ergebnis in Zweifel zieht, weil nicht klar ist, wie die Linie über Vorgaben das Projekt direktiv gesteuert hat".

Obwohl 15 dieser 29,44 Stellen besetzt waren, seien diese im Haushalt neu zu veranschlagen, weil es u.a. KW-Vermerke und Ermächtigungen sind. Folglich handle es sich netto um 14 Stellen, die neu geschaffen werden. Er setze ein dickes Fragezeichen dahinter, ob diese 14 Stellen ausreichen, obwohl das Amt ursprünglich einen Zusatzbedarf von 30 Stellen genannt hat, um das Ziel zu erreichen, und hoffe, dass nicht eine dritte oder vierte Organisationsuntersuchung folgen. Für den Vorstoß der CDU-Fraktion, die KW-Vermerke für die fünf Springerstellen zu streichen, dankt er ausdrücklich. Im Hinblick auf den Raumbedarf teile der GPR die Meinung, dass das Einarbeitungs- und Ausbildungsbüro ausschließlich zentral angesiedelt werden kann. Darauf hinzuweisen sei, dass in den nächsten zwei bis drei Jahren der Umzug des Amts in die Schmale Straße ansteht. Man sehe dringenden Bedarf, genau hinzuschauen, wie man dies fachlich - und damit auch räumlich - an der richtigen Stelle verortet und auch über die Umzugszeit hin sicherstellt.

Zur Frage, warum so kurz nach der Organisationsuntersuchung von 2014 eine neue aufgesetzt werden musste, führt BM Dr. Mayer aus, es habe einige Veränderungen im Rechtsrahmen gegeben, die Einwohnerentwicklung sei ansteigend, usw. Hinzu komme, dass jene Organisationsuntersuchung einen engeren Fokus hatte. Der Fokus der neuen Organisationsuntersuchung sei wesentlich weiter gefasst worden. Es wurden organisatorische Fragen stärker beleuchtet, sodass man nun ein deutlich breiteres Maßnahmenbündel vorschlage. An den GPR gewandt erinnert er an die Aussage von StRin Nuber-Schöllhammer zum vorigen Tagesordnungspunkt, wonach man eine positive Trendwende nicht negativ zerreden sollte. Dies halte er für äußerst wichtig. Seitens der Personalverwaltung glaube man, dass die vorgeschlagenen Maßnahmen wirksam sein werden. Die Evaluation in zwei Jahren werde zeigen, ob diese Einschätzung zutreffend war. Weiter verweist er darauf, dass andere Großstädte von dezentralen Bürgerbüros abgekommen sind und nur noch Innenstadtbüros haben. Stuttgart habe sich für diese dezentrale, bürgerfreundliche Struktur entschieden, wohl wissend, dass dies mit einem deutlich höheren Aufwand verbunden ist.

Was das Fortbildungsangebot angeht, so habe man speziell für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Bürgerbüros das Thema Fortbildung im Zuge der Organisationsuntersuchung in den Blick genommen. Man wolle in den Bereichen Resilienz und Umgang mit Stress spezielle Fortbildungen anbieten.

EBM Föll informiert die dezentrale Raumsituation in den Bezirksrathäusern betreffend, insbesondere durch den Auszug der Notariate werden im 1. Halbjahr 2018 Raumkapazitäten frei, sodass sich die Bedarfe in den Strukturen lösen lassen. Es gebe ein verwaltungsintern abgestimmtes Konzept aller Akteure, wie die Raumbedarfe für die Zwecke der Verwaltung genutzt werden. Dabei spiele das JobCenter eine gewisse Rolle, aber auch die Bürgerbüros bzw. der Bürgerservice für soziale Leistungen.

In Bezug auf die Zentrale sei die aktuelle Situation so, dass eine leichte Entlastung durch die Auslagerung des Asylbereichs in die Jägerstraße stattgefunden habe. Man werde im Interim ausreichend Platz für das Amt für öffentliche Ordnung haben. Irgendwann im Jahr 2019 werde das Amt in die bisherigen Räumlichkeiten der Stadtkämmerei umziehen. Die Räumlichkeiten in der Eberhardstraße werden dann saniert und modernisiert. Nach der Sanierung werde dem Amt zusätzliche Fläche zur Verfügung stehen, weil das Statistische Amt dauerhaft in das Nachbargebäude umzieht, wo durch Wegfall des Nachlassgerichts eine entsprechende Fläche frei wird. Somit könne dort die zentrale Einarbeitungsstelle untergebracht werden.

Zu berücksichtigen sei dabei, dass die Asyldienststelle irgendwann wieder zurückgenommen werden muss, da diese nicht dauerhaft in der Jägerstraße bleiben werde. In welchem Umfang der Raumbedarf zu berücksichtigen ist, hänge von der Entwicklung der Flüchtlingszahlen ab und lasse sich heute schwer prognostizieren. Dennoch gehe man davon aus, die Raumbedarfe sowohl dezentral als auch zentral erfüllen zu können, sodass sich in dieser Hinsicht eine deutliche Entspannung abzeichne.

Frau Koller (AföO) freut sich über diese Zukunftsaussichten. Als ihr Problem hier und heute benennt sie, dass speziell das Thema Einarbeitungs- und Ausbildungs-Bürgerbüro intern hoch priorisiert ist, weshalb sie noch immer die Hoffnung habe, dass eine Möglichkeit gefunden wird, um dies schon 2018 anzugehen. Hierfür müsste man jedoch aktuell eine Zwischenlösung finden. Ein Hinausschieben dieser Maßnahme bis zum Einzug "irgendwann 2019" in die Schmale Straße erachtet sie für schwierig.

BM Dr. Schairer begreift den heutigen Tag als guten Tag für die Bürgerbüros. Er bedankt sich bei all denjenigen Mitarbeitern, "die die Zähne zusammengebissen haben, weil ich weiß, dass die Mitarbeiter einen guten Service bringen wollen, weil dies ja das Aushängeschild der Stadt ist". Es müssten weiterhin alle an einem Strang ziehen - der Wille dazu sei heute eindeutig bekundet worden.


BM Dr. Mayer stellt abschließend fest:

Der Verwaltungsausschuss hat von der GRDrs 1330/2017 Kenntnis genommen.

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