Landeshauptstadt Stuttgart
Referat Jugend und Bildung
Gz: JB
GRDrs 411/2022
Stuttgart,
07/11/2022


Freie Fahrt für Schülergruppen - Pilotversuch



Mitteilungsvorlage


Vorlage anzurSitzungsartSitzungstermin
Schulbeirat
Verwaltungsausschuss
Kenntnisnahme
Kenntnisnahme
öffentlich
öffentlich
19.07.2022
20.07.2022

Bericht:


Der Pilotversuch Freie Fahrt für Schülergruppen an neun Stuttgarter Grundschulen und einer Grundschule in freier Trägerschaft endet zum Schuljahr 2021/22.

Ausgangslage
In den Beratungen zum Doppelhaushalt 2018/2019 wurde die Verwaltung beauftragt, einen Lösungsvorschlag zu erarbeiten, wie Schülergruppen von Stuttgarter Schulen im Rahmen des Schulbetriebs kostenfreie Fahrten mit dem ÖPNV ermöglicht werden können.

Das Schulverwaltungsamt hat in seinem Zuständigkeitsbereich mit der GRDrs 1104/2018 den Auftrag erhalten, die Freie Fahrt für Schülergruppen zunächst im Rahmen eines Pilotprojekts zu erproben. So startete im Schuljahr 2019/2020 der Pilotversuch Freie Fahrt für Schülergruppen an neun Stuttgarter Grundschulen und einer Grundschule in freier Trägerschaft.

Es sollten Daten zur Anzahl der Gruppenfahrten und zur Auswirkung des Einsatzes weiterer Bäderbusse auf die Anzahl der Gruppenfahrten ermittelt werden. Da Kinder mit Scool-Abo für Gruppenfahrten kein zusätzliches ÖPNV-Ticket benötigen und der Anteil der Kinder mit Scool-Abo je Schule unterschiedlich hoch ausfällt, sollte ebenfalls eruiert werden, wie viele Tickets für Gruppenfahrten durchschnittlich tatsächlich benötigt werden und inwieweit sich die Einführung einer kostenfreien ÖPNV-Nutzung für Schülergruppen auf die Anzahl der Scool-Abos auswirkt.

Darüber hinaus ergab sich durch die Pilotphase die Möglichkeit, die Praktikabilität des angedachten Abrechnungsverfahrens im Schulalltag zu testen und noch vor einer flächendeckenden Einführung ggf. Nachbesserungen vorzunehmen.

Ebenso sollte im Rahmen des Pilotversuchs geklärt werden, inwieweit sich die einzelfallbezogene Abrechnung der Fahrtkosten bei BuT-berechtigten Schüler*innen ohne Scool-Abo bei Einführung einer kostenlosen ÖPNV-Nutzung für Schülergruppen weiterhin mit vertretbarem Aufwand bewältigen lässt.

Am Pilotversuch haben zunächst 10 Grundschulen, davon eine Grundschule in freier Trägerschaft, teilgenommen. Dieses Vorgehen wurde mit dem Geschäftsführenden Schulleiter der Grundschulen abgestimmt.

Teilnehmende Schulen
Fuchsrainschule GS mit Hort
Galileo Grundschule private GS
Grund- und Werkrealschule Gablenberg GS
Grundschule Gaisburg GS mit Hort
Grundschule Rosenschule GS
Grundschule Sommerrainschule Ganztag
Grundschule Zazenhausen GS
Kirchhaldenschule Botnang GT
Mühlbachhofschule GT
Vogelsangschule GS


Rahmenbedingungen für den Pilotversuch
Der Pilotversuch beschränkt sich ausschließlich auf Fahrten innerhalb des Stadtgebiets Stuttgart (Zone 1). Da mehrtägige Fahrten in der Regel über das VVS-Gebiet hinausgehen, geht die Verwaltung zudem davon aus, dass im Rahmen der Freien Fahrt keine mehrtägigen Klassenfahrten erfolgen.

Die Möglichkeit der Freien Fahrt für Schülergruppen besteht bereits vor 8:30 Uhr, sodass die kostenfreie Nutzung des ÖPNV mit Schülergruppen ab der 1. Schulstunde erfolgen kann. Der Pilotversuch umfasst nur die Schülerschaft, nicht jedoch die Lehrkräfte. Da für diese seitens des Landes Mittel zur Verfügung gestellt werden, erwerben Lehrkräfte wie bisher ihre Fahrkarten selbst und rechnen die Kosten mit den zur Verfügung stehenden Landesmitteln ab. In Abstimmung mit der SSB wurde festgelegt, dass Begleitpersonen aus der Elternschaft im Rahmen der Tickets Schülergruppenfahrten abgerechnet werden können.

Abrechnungsverfahren für den Pilotversuch mit der SSB
Im Rahmen des Pilotversuchs wurde die Praktikabilität des unkomplizierten Abrechnungsverfahrens, welches von der SSB entwickelt wurde, im Schulalltag getestet.
Die Ausgabe von Fahrtberechtigungen für Schülergruppen von Stuttgarter Schulen erfolgt über das Firmenkundenportal der Stuttgarter Straßenbahnen. Hierbei handelt es sich um eine Onlinevertriebslösung, die es Firmen und Institutionen ermöglicht, VVS-Tickets zum Selbst-Ausdrucken (PrintTickets) oder HandyTickets (SSB App) zu kaufen. Im SSB-Firmenkundenportal wird von VVS und SSB ein spezielles Ticketsortiment für Schülergruppenfahrten bereitgestellt.

Um den Aufwand möglichst gering zu halten, erfolgt die Beschaffung der Fahrkarten direkt durch die Lehrkräfte. Die zum Kauf berechtigten Personen (wie z.B. die Lehrkräfte der teilnehmenden Schulen) erhalten jeweils einen persönlichen Account beim SSB-Firmenkundenportal, um die Fahrscheine dort direkt erwerben zu können. Die entsprechenden Tickets können bereits mehrere Tage vor einem Ausflug gekauft werden.

Die Verwaltung der Accounts und damit auch die Kontrolle über die Portalzugänge der Lehrer*innen obliegt den jeweiligen Schulen. Die getätigten Käufe sind über das Onlineportal nachvollziehbar und transparent auswertbar.

Fahrscheine, die über diese Accounts erworben werden, werden anschließend monatlich der Stadt von der SSB in Rechnung gestellt.

Vor Beginn des Pilotversuchs wurden für alle Schulen Informationsveranstaltungen durch die SSB durchgeführt.

Pandemie-bedingte Unterbrechungen
Leider musste der Pilotversuch aufgrund der Corona-Pandemie vorzeitig im Frühjahr 2020 abgebrochen werden und wurde auch zum Schuljahr 2020/2021 nicht wiederaufgenommen. Erst zu Beginn des Schuljahres 2021/22 startete das Pilotprojekt erneut.

Auswertung des Pilotprojekts
Von den teilnehmenden Pilotschulen wird der Online-Ticketkauf rege genutzt. Das Angebot wird von den Lehrkräften gut angenommen. Dies bestätigten die positiven Rückmeldungen, die die SSB und das Schulverwaltungsamt erhalten haben. Insbesondere der einfache Kaufvorgang wurde gelobt sowie die Tatsache, dass die Lehrkräfte vor den Ausflügen kein Geld mehr einsammeln müssen und somit auch der zeitaufwändige Fahrscheinkauf im Vorfeld am Automaten bzw. bei den Busfahrern und Busfahrerinnen entfällt. Die befragten Schulen äußerten sich durchweg positiv zu diesem Pilotversuch.

Von Seiten der SSB sind die Rückmeldungen ebenfalls sehr positiv. Die Betreuung der Lehrkräfte durch einen speziellen Ansprechpartner verlief ohne Komplikationen. Zwischenzeitlich wurde die Onlinevertriebslösung weiter verbessert.

Bei der Auswahl der Pilotschulen wurden unterschiedliche Arten von Grundschulen berücksichtigt und somit waren Ausflüge im Rahmen des Ganztags und der Hortbetreuung integriert. Schülerhäuser wurden bisher nicht einbezogen, obwohl ihre pädagogische Aufgabe den Aufgaben des Horts gleichzusetzen ist und sie als Übergangslösung zum Ganztag gedacht sind. Das Projekt hat gezeigt, dass die Abgrenzung zwischen Ganztag und Früh- / Spätbetreuung in der Praxis nur begrenzt realisierbar ist, da häufig der gleiche Träger verantwortlich ist. Bei allen Ausflügen außerhalb des klassischen Schulunterrichts muss die Bestellung der Tickets über die pädagogische Leitung erfolgen. Nicht jeder Mitarbeitende des Trägers hat eine Zugriffsberechtigung auf das SSB-System bekommen. Die Freie Fahrt für Schülergruppen gilt nur während der Schulzeiten, nicht in den Ferien.

Es ist nicht zu erwarten, dass sich die Anzahl der Scool-Abos aufgrund der Freien Fahrt verändern wird, da die Schulausflüge kein Argument für den Kauf eines Scool-Abos sind. Die Entwicklung der VVS-Angebote, 365 Euro-Ticket und das Landesweite Jugendticket für 365 Euro, sollen dazu führen, dass die regelmäßige Nutzung des ÖPNV zunimmt und die Anzahl der Abonnenten steigt. Sollte diese Entwicklung eintreten, würden die Kosten für die Freie Fahrt sinken. Ebenso ist nicht zu erwarten, dass die Freie Fahrt einschneidende Auswirkungen auf die Anzahl der eingesetzten Bäderbusse haben wird, da die Bäderbusse erst dann zum Einsatz kommen, wenn die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel zu zeitaufwendig ist.

Für die Schulwochen im Waldheim, welche zwischen den Oster- und Sommerferien stattfinden, werden derzeit über das Schulverwaltungsamt Gruppentickets für die Schulen zur Verfügung gestellt. Der damit verbundene Organisationsaufwand entfällt, wenn die Schulen an der Freien Fahrt für Schülergruppen teilnehmen. Im Rahmen des Pilotversuchs hat die Mühlbachhofschule an der Schulwoche im Waldheim teilgenommen und ihre Tickets direkt bei der SSB bestellt.

BuT-Abrechnung
Nach Auskunft des Jobcenters erhalten BuT-berechtigte Schüler*innen, die kein Scool-Abo haben, grundsätzlich die Kosten für den Ausflug (Fahrtkosten, aber auch Eintrittsgelder) erstattet.

Mit Einführung der Freien Fahrt für Schülergruppen übernimmt die Stadt Stuttgart die Fahrtkosten bei Ausflügen in der Zone 1. Es wäre möglich, dass das Schulverwaltungsamt die Fahrtkosten für die BuT-berechtigten Schülerinnen und Schüler beim Jobcenter zurückfordert. Da Fahrtkosten einzelfallbezogen abgerechnet werden müssen, benötigt das Jobcenter für die Schülerinnen und Schüler die Kosten, die individuell anfallen. Wenn die Schulen dem Schulverwaltungsamt die Informationen über die durchgeführten Fahrten zur Verfügung stellen, kann das Schulverwaltungsamt beim Jobcenter einzelfallbezogen die Fahrtkosten je Schülerin und Schüler zurückfordern, wenn die allgemeinen Voraussetzungen für BuT vorliegen. Der Bund beteiligt sich an den Ausgaben für Leistungen im Bereich BuT, welche durch Rechtsverordnung als eine prozentuale Quote jährlich neu festgelegt wird. In den Jahren 2020 und 2021 betrug die Erstattungsquote ca. 100 %.

Im Rahmen des Projekts (Gesamtlaufzeit ca. 1 Schuljahr) entstanden für BuT-berechtigte Schülerinnen und Schüler Kosten in Höhe von ca. 850 EUR. Eine prozentuale Hochrechnung hat bei der Einführung an allen Stuttgarter Grundschulen jährliche Kosten von ca. 6.500 EUR ergeben.

Eine Abrechnung mit dem Jobcenter würde zu einem hohen Verwaltungsaufwand für die Lehrkräfte bzw. bei Ganztagsschulen für die sozialpädagogischen Fachkräfte und die Schulsekretariate führen. Zusätzlich würde ein weiterer Verwaltungsaufwand im Schulverwaltungsamt zur Erstellung der erforderlichen Listen und beim Jobcenter bei der Prüfung der Ansprüche und der Anweisung der Gelder entstehen.

Es wird deshalb vorgeschlagen die Entwicklungen im Bereich BuT-berechtigten Schülerinnen und Schüler fortlaufend zu beobachten und zunächst auf Grund des unverhältnismäßig hohen Aufwands auf eine Abrechnung zu verzichten. Sollten sich deutlich höhere Kosten abzeichnen, würde das Vorgehen entsprechend angepasst und eine Abrechnung in die Wege geleitet werden.

UN-Kinderrechtskonvention
Artikel 28 der UN-Kinderrechtskonvention legt fest, dass das Recht des Kindes auf Bildung von allen Vertragsstaaten anerkannt wird. Die Einführung der Freien Fahrt für alle Stuttgarter Grundschüler unterstützt die Verwirklichung dieses Rechts und ermöglicht allen Grundschülern, besonders denen aus sozial schwächeren Familien, die Stadt Stuttgart besser kennenzulernen, leichteren Zugang zu Natur, Freizeiteinrichtungen und auch Bildungseinrichtungen zu haben.



Bisher angefallene Kosten

Ungefähre
Anzahl Ausflüge
Kosten
September 2019
14
718,08 €
Oktober 2019
26
1.374,96 €
November 2019
58
2.949,84 €
Dezember 2019
59
2.945,76 €
Januar 2020
45
2.107,32 €
Februar 2020
42
2.170,56 €
März 2020
18
877,20 €
September 2021
17
749,70 €
Oktober 2021
32
1.558,20 €
November 2021
28
1.178,10 €
Dezember 2021
27
1.165,50 €
Januar 2022
3
79,80 €
Februar 2022
12
529,20 €
März 2022
27
1.270,50 €
April 2022
31
1.541,40 €
Mai 2022
75
3.204,36 €
Summe
439
24.420,48 €

Auch nach zwei Jahren ist die Anzahl der Ausflüge noch immer nicht auf dem Niveau der Vor-Corona-Zahlen. Die für das Pilotprojekt zur Verfügung gestellten Mittel in Höhe von 30.000 Euro sind zwischenzeitlich weitgehend aufgebraucht. Eine weitere Verlängerung des Projektes ist ohne Bereitstellung neuer Mittel nicht möglich.

Weiteres Vorgehen
Eine schnelle Übertragung des Pilotprojektes auf alle Stuttgarter Grundschulen wäre möglich. Die Rahmenbedingungen, auch bezüglich des Beschaffungs- und Abrechnungsverfahrens, sind bereits bekannt. Rechtliche Restriktionen sind nicht zu erwarten.

Es ist vorgesehen, die Implementierung der Freien Fahrt für Schülergruppen an allen Stuttgarter Grundschulen zum kommenden Doppelhaushalt anzumelden.

Im Rahmen der erstmaligen Prüfung vor dem Start des Pilotversuchs im Schuljahr 2018/2019 wurden ca. 250.000 Fahrten pro Schuljahr bei allen Stuttgarter Schulen ermittelt. Bei Einführung der Freien Fahrt für Schülergruppen an allen Stuttgarter Schulen würden jährliche Kosten in Höhe von ca. 265.000 EUR anfallen. Bei der Einführung der Freien Fahrt an allen Stuttgarter Grundschulen entstünden jährliche Kosten in Höhe von ca. 135.000 EUR.



Beteiligte Stellen

Referat WFB, Referat SI


Vorliegende Anträge/Anfragen

keine
keine




Isabel Fezer
Bürgermeisterin





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