Landeshauptstadt Stuttgart
Referat Wirtschaft/Finanzen und Beteiligungen
Gz: WFB
GRDrs 1006/2016
Stuttgart,
01/16/2017



Platzvergabe an Zirkusunternehmen mit Wildtieren



Beschlußvorlage
Vorlage an
    zur
SitzungsartSitzungstermin
Verwaltungsausschuss
Gemeinderat
Vorberatung
Beschlussfassung
öffentlich
öffentlich
25.01.2017
26.01.2017



Beschlußantrag:

Die Landeshauptstadt Stuttgart überlässt ab dem 01.04.2019 Zirkusbetrieben mit Wildtieren keine städtischen Festplätze (einschl. Cannstatter Wasen) und sonstigen städtischen Flächen mehr. Bis zu diesem Zeitpunkt gilt der Beschluss vom 21.10.2010 (GRDrs 652 / 2010) weiter.

Wildtiere im Sinne dieses Beschlusses sind Menschenaffen, Tümmler, Delfine, Greifvögel, Flamingos, Pinguine, Nashörner, Wölfe, Reptilien wie Alligatoren, Krokodile, Schlangen, Antilopen u. antilopenartige Tiere, Amphibien, Bären, Elefanten, Flusspferde, Giraffen, Robben u. robbenartige Tiere, Großkatzen, Lamas, Vikunjas, Papagaien, Wildformen von Rindern, Kängurus sowie Zebras.



Begründung:


Der Gemeinderat hat mit GRDrs 652/2010 am 21.10.2010 das Stuttgarter Modell beschlossen, wonach seit 01.01.2011 auf städtischen Flächen außerhalb des Festplatzes Cannstatter Wasen ein Verbot von Zirkusbetrieben mit Wildtieren besteht.

Bereits in den Jahren 2003 und 2011 hat der Bundesrat jeweils einem Entschließungs-antrag (BR-Drucksachen 595/03 und 565/11) zugestimmt, nach denen ein Haltungsverbot für bestimmte wild lebende Tierarten in Zirkusbetrieben ausgesprochen werden sollte. Eine Rechtsverordnung, die diese Beschlüsse umsetzen könnte, ist bislang nicht erlassen worden. Am 18.03.2016 erneuerte der Bundesrat seine Forderung (vgl. BR-Drucksache 78/16 Beschluss, Anlage 1).




Die Begründung des Bundesrates gibt den aktuellen Stand der Erkenntnisse des Tierschutzes und der Tierverhaltensforschung sowie einschlägige Gerichtsurteile wieder. Auch in der gesellschaftlichen Diskussion stehen diese Aspekte immer mehr im Vordergrund, weshalb verstärkt verlangt wird, auf Wildtiere im Zirkus zu verzichten. In Abwägung der Argumente für und wider und in Würdigung der rechtlichen Rahmenbedingungen (vgl. Stellungnahme zum Antrag 244/2016, Anlage 2) hat der Ausschuss für Wirtschaft und Wohnen am 16. Dezember 2016 mehrheitlich die Verwaltung beauftragt, eine Änderung der 2010 getroffenen Regelung zur Beschlussfassung vorzulegen, so dass ab 01.04.2019 auch auf dem Cannstatter Wasen keine Zirkusse mit Wildtieren mehr zugelassen werden.

Der Beschlussantrag orientiert sich an jenem von 2010. Bis einschl. 31.03.2019 gilt die bisherige Beschlusslage (Ausnahmeregelung für den Cannstatter Wasen) weiter. Die Definition der Wildtiere wurde gegenüber dem Beschluss von 2010 entsprechend der Aufzählung der Tierarten im Antrag 244/2016 erweitert.

Soweit in einer nachträglichen Einschränkung der Widmung ein Eingriff in die grundgesetzlich geschützte Freiheit der Berufsausübung gesehen wird, ist dieser im Rahmen der Befugnis, die Benutzung der kommunalen öffentlichen Einrichtung zu regeln (hier
§ 10 Abs. 2 GemO), möglich. Die Stadt Stuttgart kann den Cannstatter Wasen als einen für Zirkusveranstaltungen gewidmeten Festplatz vollständig oder teilweise wieder schließen.

Da es sich bei der Entscheidung über die Änderung bzw. teilweisen Schließung einer öffentlichen Einrichtung um einen hoheitlichen Eingriff handelt, ist die Stadt (und damit auch der Gemeinderat in seiner Abwägung) allerdings an das Willkürverbot und an das Verhältnismäßigkeitsprinzip gebunden. Die Stadt benötigt also für die nachträgliche teilweise Entwidmung einen sachlichen Grund und muss den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz beachten:

- Sachliche Gründe für die Änderung der bisherigen Regelung sind die in der genannten Bundesratsdrucksache beschriebenen Erkenntnisse des Tierschutzes und der Tierverhaltensforschung, die es auch rechtfertigen, über die tierschutzrechtlich geforderten Maßnahmen hinauszugehen.

- Die Verhältnismäßigkeit ist gewahrt durch die Einräumung einer Übergangsfrist bis
01.04.2019. Damit können sich die betroffenen Zirkusunternehmen bei ihrer Programmplanung rechtzeitig auf die neue Situation einstellen. Da die Mietverträge für den Cannstatter Wasen jährlich abgeschlossen werden, wird durch die Neuregelung nicht in bestehende Verträge eingegriffen. Zwar können die betroffenen Zirkusunternehmen auf Grund der jahrelangen vertrauensvollen Zusammenarbeit mit in.Stuttgart auf einen gewissen Vertrauensschutz rechnen; die vorgesehene Übergangsfrist wird aber auch unter Berücksichtigung eines solchen Vertrauensschutzes für ausreichend gehalten.


Der Cannstatter Wasen ist als öffentliche Einrichtung konkludent gewidmet. Insoweit ist eine nachträgliche Widmungseinschränkung vom Gemeinderat zu beschließen, der Beschluss öffentlich bekannt zu machen sowie im Anschluss zu vollziehen.






Die Referate AKR und SOS haben mitgezeichnet.





Michael Föll
Erster Bürgermeister

Anlagen
1 BR-Drucksache 78/16 Beschluss
2 Stellungnahme zum Antrag 244/2016




Finanzielle Auswirkungen

<Finanzielle Auswirkungen>







Anlagen

<Anlagen>



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