Landeshauptstadt Stuttgart
Referat Städtebau und Umwelt
Gz: StU
GRDrs 1378/2011
Stuttgart,
12/01/2011



Haushalt 2012/2013

Unterlage für die 2. Lesung des Verwaltungsausschuss zur nichtöffentlichen Behandlung am 05.12.2011



Mobilität heute und morgen - die Vision 2030
Mobilitätsmanagement - Ergänzung der Vorlage GRDrs. 1102/2011


Beantwortung / Stellungnahme

Vorbemerkung

Die im Antrag 246/2011 geforderte inhaltliche Stellungnahme konnte leider noch nicht abschließend bearbeitet werden, da die Rückmeldung einiger Referate zu den angesprochenen Themen noch aussteht.

Zu den einzelnen im Antrag angesprochenen Punkten wird nachfolgend auf dieser Grundlage soweit wie möglich Stellung genommen:

1. Entwicklung einer Marke E-Mobilität

Stuttgart ist das führende Kompetenzzentrum für Mobilität. Die neuen Antriebstechnologien für Fahrzeuge müssen untrennbar mit dem Wirtschaftsstandort verbunden sein. Die Stadt Stuttgart soll unter einer eigenen Marke „E-Mobilität“, vor allem aber auch mit innovativen und vorbildlichen Mobilitätsprojekten dieses Ziel verfolgen. Zur Entwicklung eines Markenkonzepts sind Mittel in Höhe von einmalig 40.000 €, vor allem zur Beauftragung einer Agentur erforderlich.

2. Anreize zur Nutzung von E-Fahrzeugen

Für den Kauf eines E-Fahrzeugs gibt es in Deutschland bislang keinerlei finanziellen Anreiz. Es gibt allerdings Städte in Deutschland und Europa, die andere Anreizsysteme entwickelt haben, z.B. durch den Bau von Ladesäulen am Wohnort des Fahrzeughalters, speziell reservierte Parkplätze, Zuschüsse für den Kauf eines elektrischen Zweirads in Zonen mit Parkraumbewirtschaftung oder einen finanziellen Bonus des Energieversorgers.

S/OB hält es für einen attraktiven Anreiz zum Kauf eines E-Automobils, Fahrzeuge mit einem vollelektrischen Antrieb im Interesse einer dauerhaften Schadstoffreduzierung in der City
für eine Laufzeit von 5 Jahren von Parkgebühren auf städtisch bewirtschafteten Flächen zu befreien. Die dadurch bedingte Reduzierung der städtischen Erträge wird derzeit kalkuliert und im Zusammenhang mit einer Vorlage zum Thema „Car2Go“ (s.u. Ziff. 5) im Frühjahr kommenden Jahres zur Beschlussfassung gestellt.

3. Elektromobilität: Infrastruktur

Die Zahl der in Stuttgart fahrenden Elektrofahrzeuge wird rasch und spürbar zunehmen. Dies erfordert den parallelen
Ausbau einer Infrastruktur für Laden und Parken im öffentlichen Raum.

In den Gebieten der Innenstadt, in denen das
Parkraummanagement eingeführt wurde oder demnächst eingeführt werden soll, könnte eine Anzahl von Parkplätzen für das Laden von E-Fahrzeugen vorgehalten werden, wobei die Parkscheinautomaten gleichzeitig als Ladesäulen dienen könnten, dies ist technisch heute schon möglich. Auch auf Parkplätzen von Einkaufszentren und Supermärkten, Sehenswürdigkeiten, Kultur- und Sportstätten sowie auf Firmenparkplätzen und in Parkhäusern gibt es geeignete Flächen.

S/OB empfiehlt für die nächsten zwei Jahre die Bereitstellung von ca. 500 Parkplätzen im gesamten Stadtgebiet mit entsprechender Ladeinfrastruktur für E-Fahrzeuge und mit Zusatzverkehrszeichen zur Vorhaltung von Parkflächen für Elektrofahrzeuge. Für diese Maßnahme sind in den
nächsten beiden Jahren jeweils Haushaltsmittel in Höhe von ca. 600.000 € erforderlich (bis zu 2.500 € pro Platz inkl. Beschilderung und Tiefbau). S/OB wird versuchen, im Rahmen des Bundesförderprogramms „Schaufenster Elektromobilität“ (vgl. unten „Kooperation und Förderung“) entsprechende Zuschüsse zu erhalten. Der Rahmenantrag an den Bund wird derzeit formuliert.

4. Städtischer Fuhrpark

Ein teilweiser Austausch von konventionellen PKWs und LKWs gegen E-Fahrzeuge im städtischen Fuhrpark bei Ersatzbeschaffungen wird noch mit AWS geklärt.
Im Personenkraftwagen-Bereich und auch bei den Nutzfahrzeugen gibt es geeignete Modelle mit Elektro- oder Hybridantrieb. Für die Haushaltsjahre 2012/13 sind Ersatzbeschaffungen für ca. 40 Lkw und ca. 17 Pkw vorgesehen.

Der Kauf oder das Leasing eines E-Fahrzeugs sind derzeit allerdings noch mit deutlichen Mehrkosten gegenüber konventionellen Fahrzeugen verbunden. Beim Kauf eines Abfallsammelfahrzeuges mit Hybridantrieb z.B. entstehen derzeit Mehrkosten von ca. 110.000,- €. Ein so ausgestattetes Fahrzeug hat einen um ca. 30 % reduzierten CO
2-Ausstoß, die Geräuschemissionen reduzieren sich um 75 % und der Kraftstoffverbrauch sinkt um 30 %. Der Aufwand für die im gebührenfinanzierten Bereich eingesetzten Fahrzeuge kann in die Gebührenkalkulation einbezogen werden.

Beim Kauf eines PKWs entstehen ebenfalls Mehrkosten, z.B. beim E-Smart in Höhe von ca. 10.000,- € pro Fahrzeug inkl. separate Leasingrate für die Batterie. Der Einstiegspreis wird insoweit bei ca. 20.000 € zu liegen kommen. Der Einstiegspreis für einen viersitzigen Opel Ampera mit einem permanenten Elektroantrieb liegt derzeit bei 43.000 €. Hier sollte der Gemeinderat eine pauschale Summe von
jeweils 60.000 € für die beiden Haushaltsjahre zur Deckung der Mehrkosten für E-Pkw bei Ersatzbeschaffungen einstellen. Dabei geht die Fachverwaltung von bis zu acht neuen E-Fahrzeugen aus. Den Mehrkosten stehen derzeit noch nicht kalkulierbare Einsparungen bei den laufenden Betriebsausgaben (Kraftstoff!) gegenüber.

5. Car- und Bikesharing – Kurzzeitmiete - Fahrgemeinschaften

Es gibt in Stuttgart inzwischen einige Anbieter mit unterschiedlichen Konzepten und einigen Tausend Kunden. S/OB hat mit Blick auf den Umweltverbund ein besonderes Interesse daran, dass die Anbieter künftig Elektrofahrzeuge einsetzen. In diesem Zusammenhang wird S/OB mit dem Betreiber
Car2Go eine neue Mobilitätsdienstleitung für Stuttgart aufbauen. Stuttgart soll die erste Stadt werden, in der E-Smarts angeboten werden. In einer ersten Stufe sollen 300 Fahrzeuge im Stadtgebiet zur Verfügung stehen. In einer zweiten Stufe soll dieses Angebot über Stuttgart hinaus auf 500 Leihwagen ausgebaut werden. Die vorgeschlagenen Maßnahmen zum Aufbau einer Ladeinfrastruktur unter Ziffer 3 sind hier ebenfalls sinnvoll.

Eine weitere Mobilitätsdienstleistung mulitmodaler Art soll in Stuttgart mit
Car2gether über spontane oder dauerhafte Fahrgemeinschaften geschaffen werden. Derzeit laufen kleinere Erprobungen in anderen deutschen Städten; vom Frühjahr kommenden Jahres an wird die Daimler AG dies erstmals in einem Großversuch in Stuttgart umsetzen. Car2gether soll eng mit dem öffentlichen Nahverkehr verknüpft werden, dies soll über eine strategische Partnerschaft mit SSB und VVS abgesichert werden. Außerdem sollen große Firmen und Behörden, vor allem aber auch die Landeshauptstadt und ihre „Konzerntöchter“ mit ihrem betrieblichen Mobilitätsmanagement eingebunden werden. S/OB erhofft sich hierdurch eine Erhöhung des durchschnittlichen Besetzungsgrads eines Pkw in Stuttgart von derzeit ca. 1,3 Personen und so eine Reduzierung der Zahl der Fahrzeuge auf den Straßen.

6. Individuelle intermodale Mobilität „von Tür zu Tür“

Ein großer Schritt in Richtung einer nachhaltigen Mobilität ist die Einführung einer Mobilitätskarte, mit der die verschiedenen Mobilitätsangebote genutzt und bezahlt werden können, also Busse und Bahnen, Car- und Bikesharing, Taxis und Parken. Die Karte soll außerdem mit einer Bezahlfunktion für weitere Dienstleistungen ausgestattet werden. Seit August 2011 arbeitet eine Arbeitsgruppe intensiv an der Umsetzung dieses Projekts, die Markteinführung soll 2013 erfolgen. Wir erreichen so die Verknüpfung aller Systeme und den Abbau von Schwellen beim Übergang von einem Verkehrsmittel zum anderen (intermodale Ketten). Untrennbarer Bestandteil auch dieser Karte ist eine verbesserte aktuelle Verkehrsinformation.

7. Elektro-Mobilität: Information

Das
Zentrum Elektro-Mobilität in der ehemaligen Mercedes-Benz-Niederlassung an der Heilbronner Straße soll an den Standort der Straßenbahnwelt und des künftigen Science Centers im Neckarpark verlegt werden, um auch weiterhin Bürgerinnen und Bürger, Verbände, Kammern, Aus- und Fortbildungsträger, Forschungseinrichtungen, Firmen und viele andere Institutionen über E-Mobilität zu informieren. Die Stadt ist an der Finanzierung des Zentrums nicht beteiligt; auch für die Zukunft ist ein finanzielles Engagement bislang nicht angedacht.



8. Kooperation und Förderung

Auf dem Gebiet der nachhaltigen Mobilität gibt es zahlreiche Kooperationen auf lokaler, regionaler, nationaler und internationaler Ebene, u. a. über das Netzwerk Cities for Mobility. Der Konzern Stadt Stuttgart beteiligt sich seit Jahren an den entsprechenden Förderprogrammen, als Beispiele können die Projekte E-Call a Bike (1,2 Mio. Euro Bundesförderung), Hybridbusse der SSB sowie die EU-Projekte Go Pedelec!, Active Access, Democritos und SEE genannt werden. Aktuell wurde der Antrag für das Projekt „2MOVE2“ im Rahmen von CIVITAS II von der EU-Kommission positiv evaluiert, die Einladung zur Aufnahme von Vertragsverhandlungen wird für die nächsten Tage erwartet.

Ende Oktober 2011 haben vier Bundesministerien eine Bekanntmachung über ein Förderprogramm mit dem Titel
„Schaufenster Elektromobilität“ veröffentlicht. S/OB beabsichtigt, sich mit Projektanträgen an diesem Förderprogramm zu beteiligen und möglichst viele Fördermittel nach Stuttgart zu ziehen, allerdings sind dafür in der Regel Komplementärmittel erforderlich. Die von den Antragstellern einzubringenden Komplementärmittel sind mit bis zu 60 % der Projektsumme zu veranschlagen. Die unter Ziffer 1 bis 4 aufgeführten Finanzmittel könnten hier entsprechend eingesetzt werden.

9. Einrichtung FahrRad-Fonds für Projekte an Stuttgarter Schulen

Wurde im Rahmen der 1. Lesung Teil „Neue Vorhaben“ mit 20.000 € / Jahr aus dem Projekt „Rad und Schule“ beschlossen.

10. Preis für „Wirtschaft fördert FahrRad“

Wurde im Rahmen der 1. Lesung Teil „Neue Vorhaben“ mit 5.000€ / Jahr beschlossen.

11. Hearing „Wie erlebt der Fußgänger unser Stuttgart?“

In Stuttgart wird über ein Viertel aller Wege zu Fuß zurückgelegt. Der Fußgängerverkehr wurde in der Vergangenheit jedoch weniger häufig thematisiert. Ein Hearing erscheint vor diesem Hintergrund als eine sinnvolle Maßnahme, um Schwachstellen und Probleme aus der Sicht des Fußgängers zu erkennen. Der Vorschlag eines Fußgänger-Hearings wird insoweit begrüßt.

Anschließend sollten jedoch die Erkenntnisse in Aktivitäten und Maßnahmen einfließen, um einen durchgängigen Prozess von der Diskussion zur direkten Umsetzung aufzuzeigen. Zur Durchführung eines Hearings und einzelner Aktivitäten sind Mittel von 20.000 € erforderlich. Daran anschließend können konkrete Maßnahmen genannt und mit Kosten hinterlegt werden. Zur zeitnahen Umsetzung erster Maßnahmen könnte aus Sicht des Referates StU eine Pauschale von 100.000 € ausreichen.


12. Aktion „Stuttgart aus Sicht der Fußgänger“

Der Umgang mit unschönen oder verbesserungswürdigen Orten ist Teil des Beschwerdemanagements, das z.B. in Form der „Gelben Karten“ etabliert ist. Auch wenden sich Bürgerinnen und Bürger direkt mit Vorschlägen an die Verwaltung, die diese dann kommentiert bzw. aufgreift und, sofern eine Finanzierung im Rahmen der laufenden Unterhaltung darstellbar und möglich ist, umsetzt.
Eine zusätzliche öffentlichkeitswirksame Aktion in Form eines Fotowettbewerbs mit der Benennung unschöner Orte wird eher als kritisch betrachtet, da bereits einige Vorschläge vorhanden sind (z.B. im Entwurf des Verkehrsentwicklungskonzepts), deren Umsetzung einen direkten Nutzen für die Fußgänger hätte. Zudem werden solche Aktionen nicht als Image fördernd betrachtet.
Das Referat StU empfiehlt daher durch Bereitstellung von 250.000 € im Doppelhaushalt 2012/13 erste konkrete Maßnahmen aus vorliegenden Konzepten/Projekten für die Fußgänger umzusetzen. Vorgeschlagen werden die konzeptionelle Bearbeitung und Realisierung eines Fußgängerleitsystems Innenstadt sowie die Umsetzung einzelner Maßnahmen aus dem Konzept „Plätze, Parks und Panoramen“, die im Einzelnen den Gremien vorab zur Kenntnis gegeben werden müssten.



Aus Sicht der Finanzverwaltung sollte die Bearbeitung von allen neuen Konzepten zur Mobilität im Rahmen der vorhandenen personellen und finanziellen Ressourcen erfolgen.




Vorliegende Anträge/Anfragen

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Nr. 442/2011 CDU-Gemeinderatsfraktion




Matthias Hahn
Bürgermeister




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