Landeshauptstadt Stuttgart
Referat Kultur/Bildung und Sport
Gz: KBS
GRDrs 923/2012
Stuttgart,
01/18/2013



Schülerbeförderung
Besondere Qualitätsanforderungen bei der EU-Ausschreibung der Besonderen Schülerverkehre ab dem Schuljahr 2013/2014 ff.




Beschlußvorlage
Vorlage an
    zur
SitzungsartSitzungstermin
VerwaltungsausschussBeschlussfassungöffentlich30.01.2013



Beschlußantrag:

1. Von der aktuellen Situation und der Diskussion zu den Qualitätsstandards bei der Schülerbeförderung von behinderten Kindern über „Besondere Schülerverkehre“ wird Kenntnis genommen.

2. Dem vorgeschlagenen erweiterten Ausschreibungsumfang bei den Qualitätskriterien wird hinsichtlich folgender Punkte zugestimmt: 3. Erst aufgrund des Ausschreibungsergebnisses können die Mehrkosten für diese Qualitätsverbesserungen quantifiziert werden, die dafür notwendigen laufenden Mittel werden ab September 2013 im Budget des Schulverwaltungsamts im Rahmen der Vergabe zusätzlich bereitgestellt.

4. Der erforderliche Personalmehrbedarf zur notwendigen Intensivierung des Qualitätsmanagements bei der Schülerbeförderung im Schulverwaltungsamt wird vorläufig mit einer 0,5 Stelle anerkannt. Die Verwaltung wird ermächtigt, das Personal (50%, EG 10) ab 1. April 2013 ohne Blockierung einer Planstelle einzustellen. Über die Schaffung der Stelle wird im Rahmen des Stellenplans 2014 entschieden.

5. Der erforderliche Personalmehrbedarf für die qualifizierte Schulung des Fahr- und Begleitpersonals der mit den Besonderen Schülerverkehren beauftragten Beförderungsunternehmen beim Gesundheitsamt wird anerkannt. Die Verwaltung wird ermächtigt, das Personal für die zu schaffenden 0,25 Facharztstellen in EG 15 ab 1. April 2013 ohne Blockierung einer Planstelle einzustellen. Über die Schaffung des Stellenanteils wird im Rahmen des Stellenplans 2014 entschieden.


Begründung:


1. Vorgeschichte

Grundsätzlich ist es Aufgabe der Eltern, die Wege ihrer Kinder zur Schule sicherzustellen. Weil nicht alle Schulen in Wohnortnähe angeboten werden können, gibt es in den Regelschulen Zuschüsse zu den notwendigen Schülerbeförderungskosten bei Nutzung des ÖPNV. Für Schülerinnen bzw. Schüler an Sonderschulen, die aufgrund ihrer Behinderung nicht in der Lage sind, den Schulweg alleine zu bewältigen, sind sog. „Besondere Schülerverkehre“ eingerichtet. Dies betrifft alle Sonderschulkindergärten und Sonderschulstandorte mit Ausnahme der Förderschulen, deren Einzugsbereiche teilweise weit über das Stadtgebiet hinausgehen und wo die Wege meist auch nicht mehr mit dem ÖPNV in angemessener Zeit bewältigt werden können. Hier übernimmt die Stadt die gesamten Kosten. Gleiches gilt jeweils auch für die Schulen in freier Trägerschaft.

Die meisten Kinder in Sonderschulen haben zwar eine Behinderung, sind aber sonst gesund und können problemlos befördert werden. Darauf basieren auch die Vorgaben der „Satzung über die Gewährung eines Zuschusses zu den notwendigen Schülerbeförderungskosten“.

Zunehmend seit den 90er Jahren werden jedoch auch schwerst mehrfach behinderte Kinder mit chronischen Erkrankungen in den Sonderschulen aufgenommen und müssen transportiert werden. Dies sind vor allem die Schulkindergärten und Schulen für Körperbehinderte und Geistigbehinderte. Vor allem auf diese Kinder fokussieren sich die aktuellen Diskussionen.

Die letzte europaweite Ausschreibung der Besonderen Schülerverkehre fand im Jahr 2010 statt. Schon während des damaligen Ausschreibungsverfahrens für die Schuljahre 2010/11 bis 2012/13 wurde seitens der Politik eine qualitative Verbesserung der ausgeschriebenen Beförderungsstandards gefordert, die jedoch im laufenden Verfahren nicht mehr berücksichtigt werden konnte. Zugesagt wurde, Qualitätsverbesserungen soweit möglich im nächsten Ausschreibungsverfahren zu berücksichtigen.

Der damalige Geschäftsführende Schulleiter, Sonderschulen, Sonderschulkindergärten und das Staatliche Schulamt haben weitergehende Forderungen vor allem zu einer Qualitätsverbesserung bei der Schülerbeförderung vorgebracht. Diese wurden den gemeinderätlichen Gremien umfassend in den GRDrs 25/2010 bzw. GRDrs 867/2010 zusammen mit der historischen Entwicklung der Aufgabe der Schülerbeförderung und der finanziellen Zusammenhänge bezüglich der im Finanzausgleichsgesetz (FAG) geregelten Kostenausgleiche durch das Land und andere Kommunen dargestellt.

Ein Alleingang der Stadt bezüglich zusätzlicher Standards gegenüber der Mustersatzung und damit der Regelungen in den anderen Landkreisen gefährdet den interkommunalen Ausgleich über das FAG. Der Kostenausgleich des Landes über das FAG, der seit 1997 in der Höhe eingefroren war, deckt seit langem nicht mehr die entstehenden Kosten. Die Stadt schießt jährlich bereits mehr als 3 Mio. Euro für die Schülerbeförderung aus eigenen Mitteln zu. Deshalb hatte sich Herr Oberbürgermeister an den damaligen Ministerpräsidenten gewandt mit dem Ziel, dass das Land diese erhöhten Anforderungen anerkennen und auch einen Vorschlag zur Übernahme der finanziellen Folgen machen würde. Der vom Land darauf hin eingerichtete Arbeitskreis fand jedoch ohne Beteiligung der Landeshauptstadt Stuttgart statt.

Wie in GRDrs 299/2011 ausgeführt, wurde seitens des Landes jedoch mitgeteilt, dass keine landesweiten Probleme feststellbar seien und somit auch kein Bedarf an einer Änderung der Anforderungen bestünde. Mit Landtagsdrucksache 15/339 vom 28.7.2011 hat das Land unter Berücksichtigung der bereits angewandten Qualitätssicherungsmaßnahmen und der aktuellen Verfahrensweise der Stadt- und Landkreise festgestellt, dass eine Handreichung entbehrlich ist, weil sich die Stadt- und Landkreise an die bestehenden Handlungsempfehlungen bei der Vergabe der Beförderungsleistungen halten und diese die wesentlichen Mindeststandards abbilden. Diese in der Landtagsdrucksache enthaltenen Mindeststandards hat die Stadt Stuttgart bereits in den letzten Ausschreibungen der Besonderen Schülerverkehre berücksichtigt.

Es ist aber wichtig, dass diese strukturellen Zusammenhänge bei den weiteren Diskussionen und Entscheidungen mit berücksichtigt werden, um gravierende Nachteile für die Landeshauptstadt Stuttgart zu vermeiden.

Bereits umgesetzte Verbesserungen:

Im Rahmen der Haushaltsberatungen 2012/13 wurde vom Gemeinderat der Wegfall der Anforderung eines Attests für Begleitpersonen bzw. der Einsatz von Begleitpersonen für alle Transporte von geistig-, körper- und schwerstmehrfach behinderten Kindern sowie von Begleitpersonen für alle Transporte zu Sonderschulkindergärten beschlossen und die Mehrkosten von 275.000 Euro finanziert, vgl. GRDrs 299 und 971/2011. Dies wird seit Schuljahresbeginn 2012/2013 so praktiziert.

Zwischenzeitlich wurden weitergehende Verbesserungen bezüglich der Mitnahme von Hilfsmitteln und durch die zeitliche Orientierung für die Dauer der Touren an einer Stunde (anstelle von bislang 1,5 Stunden) umgesetzt, was die Zahl der Touren deutlich erhöht hat.


2. Finanzielle Situation im Doppelhaushalt 2012/2013

2012 hat das Land erstmals nach ca. 15 Jahren die Mittel für Schülerbeförderung im FAG um 20 Mio. Euro aufgestockt, von denen die Stadt anteilig rd. 750.000 Euro erhält. Diese Mittel werden aber bereits durch die breitere Aufteilung der Touren (mehr Begleitpersonen, Zeitverkürzung) sowie durch den Schulversuch Schwerpunktregion (inklusive Beschulung von Kindern in Regelschulen) aufgezehrt.

Die aktuelle Situation stellt sich wie folgt dar:

Doppelhaushalt
2012/2013
Ansatz 2012
Voraussichtliche Ausgaben 2012
Doppelhaushalt
2012/2013
Ansatz 2013
Ausgaben allgemeine Schülerbeförderung insgesamt
ohne Sonderleistungen (Stuttgarter Schüler-Bonus)
10.386.400 €
10.649.600 €
10.699.700 €
davon Ausgaben für Sondertransporte behinderter Kinder (inkl. Sondermittel für Begleitpersonen*)
- städtische Sonderschulen
3.394.600 €
3.232.500 €
3.506.500 €
- private Sonderschulen
2.235.800 €
2.518.000 €
2.307.200 €
Einnahmen insgesamt
Landeszuschuss nach dem FAG
7.100.300 €
7.100.300 €
7.100.300 €
davon
- erhöhter FAG-Zuschuss ab 2012
747.400 €
747.400 €
747.400 €
Verbleibender
Zuschussbedarf durch die Stadt
3.286.100€
3.549.300 €
3.599.300 €

*) Im Haushaltsansatz 2012 sind die vom Gemeinderat beschlossenen Ausgabemittel für den Einsatz von Begleitpersonen in anteiliger Höhe von 91.700 Euro für 2012 (ab SJ 2012/13) sowie in voller Höhe von 275.000 Euro für 2013 enthalten.

Die Unterdeckung ist weiterhin steigend mit aktuell rd. 3,5 Mio. Euro. Es wird deutlich, dass bereits im Jahr 2012 unter den bestehenden Rahmenbedingungen die bereitgestellten Mittel kaum ausreichen, um die absehbaren Kosten zu decken. Es wird 2012 jedoch noch mit einer Sonderzahlung für Integrationsfälle durch das Sozialamt gerechnet, die zur Deckung des Fehlbetrags eingesetzt werden kann.


3. Neue Kriterien in der anstehenden Ausschreibung ab dem Schuljahr 2013/2014

In der Anlage 1 zur GRDrs 299/2011 hatte die Verwaltung aufgezeigt, welche Qualitätsverbesserungen in der nun anstehenden neuen Ausschreibung dieser „Besonderen Schülerverkehre“ für die Schuljahre ab 2013/14 berücksichtigt werden sollen. Dementsprechend wurden die Ausschreibungsunterlagen für die nächste Ausschreibung der „Besonderen Schülerverkehre“ mittlerweile überarbeitet und vor allem folgende wesentlichen Kriterien neu aufgenommen:

· Nachweis einer Ersthelferausbildung (Erste-Hilfe-Kurs 2 x 8 Stunden)
Es darf nur Fahr- und Begleitpersonal eingesetzt werden, das über eine entsprechende Ersthelferausbildung (Erste-Hilfe-Kurs 2 x 8 Stunden) verfügt. Dies wird als Grundvoraussetzung in den Ausschreibungsunterlagen fest verankert. Der Nachweis ist alle drei Jahre aufzufrischen. Dies übersteigt den üblichen Standard, nachdem Fahrer, die nur den Kurs „Sofortmaßnahmen am Unfallort“ absolviert haben, die Schülerbeförderung durchführen könnten.

· Pflicht zu weiterführenden speziellen Schulungen für Fahrer und Begleitpersonen bezüglich der spezifischen Anforderungen der behinderten Kinder für Fahrer und Begleitpersonen nach einheitlichen Kriterien
· Verbesserung des Standards im Fahrzeugpark – z. B. das Vorhandensein von Klimaanlagen und das Alter der Fahrzeuge wird abgefragt und bei den Zuschlagskriterien positiv gewertet
Hierzu wird auf die Ausführungen der GRDrs. 299/2011 verwiesen. Verschiedentlich wird eine 100%ige Ausstattung mit Klimaanlagen gefordert, da zumindest in ca. 3 Monaten sehr heiße Temperaturen herrschen können.

Bei der Ausschreibung der Bäderbusse vor drei Jahren hat das Schulverwaltungsamt sehr schlechte Erfahrungen gemacht, als dies generell vorgegeben wurde. Die Folge war, dass nur zwei sehr teure Angebote abgegebenen wurden und aufgrund der Verdoppelung der Preisangebote die Ausschreibung aufgehoben werden musste. Das muss bei den Sonderschultransporten dringend vermieden werden.


Eine Umfrage bei den aktuell beauftragten Beförderungsunternehmen hat ergeben, dass die eingesetzten Fahrzeuge in einem Umfang von 20% bis 100% mit Klimaanlagen ausgestattet sind. Eine generelle Forderung nach Ausstattung der Fahrzeuge mit Klimaanlagen als Pflichtmerkmal könnte deshalb wiederum dazu führen, dass bewährte Anbieter, die eine 100 %ige Ausstattung mit Klimaanlagen noch nicht erfüllen können, kein Angebot mehr abgeben oder bei der Ausschreibung nicht zum Zuge kommen, weil sie aufgrund der Erneuerung im Fahrzeugpark die Kosten deutlich anheben müssen.

Daher empfiehlt die Verwaltung ein schrittweises Vorgehen, indem diese Ausstattung bei der Ausschreibung abgefragt und der Umfang vorhandener Klimaanlagen als Qualitätskriterium positiv gewertet wird. Die Verwaltung geht davon aus, dass die Beförderungsunternehmen ihre Fahrzeuge nach und nach weiter mit Klimaanlagen ausstatten. Bei bereits gut ausgestatteten Unternehmen kann sich dies auf den Angebotspreis auswirken, was nun bei der Wertung berücksichtigt werden kann. Außerdem erhält die Verwaltung so bei der Auswertung einen guten Überblick über den bereits vorhandenen Standard und die Auswirkungen auf die Preise, stellt aber gleichzeitig sicher, dass dennoch Angebote in ausreichendem Umfang abgegeben werden.

· Pflicht zur Vorlage eines „erweiterten“ polizeilichen Führungszeugnisses für alle Fahrer und Begleitpersonen durch den Fahrdienst
Zukünftig wird bei den Ausschreibungskriterien von allen Fahrern und Begleitpersonen das erst vor ca. zwei Jahren neu definierte „erweiterte“ polizeiliche Führungszeugnis verlangt.

· Pflicht zur Vorhaltung eines Personalpools von mindestens 10%
Es hat sich gezeigt, dass bei den Beförderungsunternehmen eine große Personalfluktuation stattfindet. In der Vergangenheit gab es immer wieder Probleme, Touren aufgrund Personalmangels ordnungsgemäß durchführen zu können. Um dies künftig zu verhindern und die Transportverlässlichkeit besser sicherzustellen, wird die Vorhaltung eines Personalpools für Springkräfte von mindestens 10% bei den Beförderungsunternehmen vorgegeben. Alternativ wurde auch die Festlegung einer Vertragsstrafe geprüft. Hierzu hat aber das Rechtsamt Bedenken angebracht.

· Verbesserung der Kontinuität
Mit jeder neuen Ausschreibung stehen in den Schulen Veränderungen für die Schülerbeförderung an. In der Anfangszeit sind die Unregelmäßigkeiten erfahrungsgemäß immer sehr hoch, weil sich alle neuen Partner erst zusammenfinden müssen. Um diese Risiken so gering wie möglich zu halten, wird für die neue Ausschreibung eine Laufzeit von vier Jahren – also bis einschließlich Schuljahr 2016/2017 – angesetzt. Damit werden die Vorgaben der VOL voll ausgeschöpft. · Aufnahme von Preisgleitklauseln für Kraftstoff- und Personalkosten
Die Verwaltung geht davon aus, dass damit in der neuen Ausschreibung unter Berücksichtigung der Vorgaben der Vergabeordnung alle wesentlichen Punkte für eine weitere spürbare Qualitätsverbesserung in der Schülerbeförderung berücksichtigt werden. Damit liegt die Landeshauptstadt Stuttgart deutlich über dem vom Landesbehindertenbeauftragten genannten Mindeststandard.

Aufgrund dieser Standardverbesserungen muss mit Mehrkosten gerechnet werden. Die finanziellen Auswirkungen können jedoch erst nach Vorliegen und Auswertung der Angebote beziffert werden. Angenommen, die Mehrkosten liegen bei vorsichtig geschätzt rd. 25 %, so muss mit Mehrausgaben von rd. 1,5 Mio. Euro jährlich gerechnet werden. Zur Vergabe – angestrebt wird Mai 2013 – wird eine erneute Vorlage vorbereitet, in der dann die finanziellen Folgen detailliert aufgezeigt werden und die ggf. notwendige Mittelaufstockung erfolgen muss.

Die Vergabe muss rechtzeitig vor Ablauf des Schuljahres 2012/2013 erfolgen, um die Transporte im darauf folgenden Schuljahr sicherstellen zu können. Vor allem da oft der Träger wechselt und – wie beim letzten Mal – auch neue Firmen zum Zuge kommen können, müssen diese eingewiesen werden und möglichst frühzeitig (ca. 6 Wochen vor den Schulferien) zusammen mit den Schulen die organisatorischen Vorbereitungen für das neue Schuljahr beginnen können. Auch die Schulungen von Fahrpersonal und Begleitpersonen müssen rechtzeitig erfolgen. Die Schulleitungen sind während der Ferien nicht erreichbar, so dass die meisten Touren bereits davor geplant sein müssen, wenn zum Schuljahresbeginn die Schülerbeförderung reibungslos laufen soll.

In Anlage 1 ist darüber hinaus in einer Übersicht dargestellt, ob und ggf. wie auf alle dem Schulverwaltungsamt vorliegenden Forderungen der Eltern, Schulen, Fahrdienste und Politik zu Standarderhöhungen reagiert wurde bzw. wird.


4. Vermeidung von Dumpingpreisen

Da es in diesem Bereich keine tariflichen Mindestlöhne gibt, können diese auch nicht in der Ausschreibung vorgegeben werden.
Der Ansatz der Abfrage von Lohnkosten für Fahr- und Begleitpersonal als Wertungskriterium scheidet aus vergaberechtlichen Gründen aus und würde auch dem Grundsatz widersprechen, den Zuschlag dem wirtschaftlich günstigsten Angebot zu erteilen.

Eine Prüfung der Höhe der Entlohnung durch die Vergabestelle kann im Vergabeverfahren (allenfalls im Rahmen der Prüfung der Auskömmlichkeit des Angebots) stattfinden. Die Prüfung der Auskömmlichkeit eines Angebots bedeutet in diesem Zusammenhang, dass die Vergabestelle verpflichtet ist zu prüfen, ob die Angebotspreise der Bieter angemessen sind.

Angemessenheit der Angebotspreise ergibt sich aus der Kalkulation des Bieters. Der Bieter ist laut der städtischen Vergabeunterlagen verpflichtet, seine Kalkulation mit dem Angebot vorzulegen. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat in dieser Hinsicht mit Urteil vom 29. März 2012 (RS.C-599/10) entschieden, dass öffentliche Auftraggeber bei einem Angebot, das einen ungewöhnlich niedrigen Preis aufweist, verpflichtet sind, den Bieter schriftlich aufzufordern, dieses Angebot zu erläutern. Von einem Bieter geforderte Erklärungen müssen in sich schlüssig, nachvollziehbar und anhand geeigneter Belege objektiv überprüfbar sein. Bei der Auskömmlichkeitsprüfung kommt der Vergabestelle ein Ermessensspielraum zu, weil es sich um eine Prognoseentscheidung handelt. Dieser Spielraum muss stets in vergaberechtlich zulässiger Weise ausgefüllt werden. Das bedeutet, dass die Entscheidung im jeweiligen Einzelfall sorgfältig und – gerade für den Fall eines möglichen Nachprüfungsverfahrens – nachvollziehbar begründet werden muss.

Wird festgestellt, dass der Preis nicht auskömmlich ist, so scheiden diese Angebote aus und erhalten keinen Zuschlag.

Weiter ist in den Vergabeunterlagen durch Einfügen einer sogenannten "Preisgleitklausel" sichergestellt, dass auch bei gesetzlichen Änderungen (z.B. Einführung eines Tariftreuegesetzes) die Bieter verpflichtet und berechtigt sind, die Preise entsprechend anzupassen.

5. Problematik der Medikamentenabgabe

Die Frage, ob der Fahrer und die Begleitperson auch Notfallmedikamente geben müssen, wurde bereits früher in Zusammenarbeit mit dem Gesundheitsamt und dem Rechtsamt erörtert und aufgrund rechtlicher Bedenken abgelehnt. In solchen Fällen ist von der Begleitperson unverzüglich ein Notruf abzusetzen. Die Ausschreibung sieht vor, dass „das Fahrzeug jederzeit telefonisch oder per Funk erreichbar ist“ (s. 2.2.16 der Ausschreibung).

§ 5 Absatz 1 der Schülerbeförderungssatzung der Stadt Stuttgart definiert die Aufgaben der Begleitperson während der Beförderung. Somit sind Medikamentengabe, Absaugen, usw. klar ausgeschlossen. Falls Fahrer oder Begleitpersonen dies dennoch übernehmen, dann auf freiwilliger Basis und in einer direkten Vereinbarung mit den Eltern. So wird das beispielsweise auch durch den Landschaftsverband Rheinland sowie den Landschaftsverband Westfalen Lippe gehandhabt.

Das bedeutet aber nicht, dass Kinder, bei denen aufgrund der Erkrankung jederzeit eine medizinische Versorgung (z.B. Absaugung, Spritzen und Medikamentenabgabe) sichergestellt werden muss, nicht transportiert werden können. Die Kostenübernahme für über die Vorgaben der Schülerbeförderungssatzung hinausgehende Leistungen (z.B. für die Begleitung durch eine ausgebildete Krankenschwester) muss jedoch auf Antrag der Eltern bei der dafür zuständigen Kranken- bzw. Pflegeversicherung oder über die Eingliederungshilfe beim Sozialamt sichergestellt werden.

6. Weiterentwicklung des begonnenen Qualitätsmanagements bei der Schülerbeförderung (Sonderschulen und Sonderschulkindergärten) im Schulverwaltungsamt

Bedingt durch die zunehmend öffentlich diskutierten Beschwerden zu Schülerbeförderungsleitungen wurde im Jahre 2010 im Schulverwaltungsamt mit dem vorhanden Personalbestand begonnen, ein Qualitätsmanagement aufzubauen. Dieses konzentrierte sich vor allem auf die Schule für Körperbehinderte und beinhaltet insbesondere die Organisation von unangemeldeten Kontrollen beim Tourenablauf, das Führen der Beschwerdelisten und den Aufbau der Kontakte zu den Ansprechpartnern in der Schule für die Schülerbeförderungen.

Diese ersten Maßnahmen im Qualitätsmanagement müssen aufgrund der vorliegenden Erkenntnisse weiter strukturiert, intensiviert, ein Controlling aufgebaut und auf die anderen Sonderschulen und Sonderschulkindergärten ausgeweitet werden. Die Qualitätsmerkmale, die neu in der Ausschreibung vorgegeben sind, sind auf ihre Einhaltung hin zu überwachen wie z. B. die Vorlage der „erweiterten“ polizeilichen Führungszeugnisse und die regelmäßigen Schulungen. Hinsichtlich der Qualitätsvorgaben ist es unabdingbar, dass die bisher erfolgten stichpunktmäßigen Kontrollen vor Ort künftig regelmäßig durchgeführt werden. Kontakte zu Schulleitungen, der Staatlichen Schulverwaltungen, den Elternvertretern, etc. müssen intensiviert werden, regelmäßige Fahrdienstbesprechungen sind durchzuführen, um eine gleichbleibende Qualität der Beförderungen zu gewährleisten. Neben einer lückenlosen Dokumentation muss auch sichergestellt werden, dass allen Beschwerden unverzüglich sachgerecht nachgegangen und möglichst Abhilfe geschaffen werden kann.

Dies kann mit dem vorhandenen Personalbestand im Bereich Schülerbeförderung nicht geleistet werden. Zur Evaluation und Supervision der Beförderungen, zum Aufbau eines Netzwerkes mit allen Beteiligten und Vorortkontrollen der Beförderungen ist zur Erfüllung der in Anl. 2 dargestellten Maßnahmen die Schaffung von einer Stelle im Schulverwaltungsamt notwendig. Diese Stelle nimmt koordinierende Tätigkeiten wahr und fungiert als Ansprechpartner zu allen mit den Besonderen Schülerverkehren betroffenen Stellen (Beförderungsunternehmen, Schulleitungen, Eltern und Elternvertreter, Staatliche Schulverwaltung, Gesundheitsamt, Sozialamt – Eingliederungshilfe, etc.). Die Einstellung von Personal ist zum 1. April 2013 notwendig. Damit ist gewährleistet, dass die vorbereitenden Maßnahmen zum Schulungsmanagement und der weitere Ausbau zu einem flächendeckenden Qualitätsmanagement zum neuen Schuljahr 2013/14 erfolgen können.

In einem ersten Schritt kann das Schulverwaltungsamt ab 01.04.13 im Rahmen einer Ermächtigung bis Jahresende 2013 zusätzliches Personal im Umfang von 50% (EG 10) beschäftigen. Zum Stellenplan 2014 wäre dann zu entscheiden, wann auf Basis einer Evaluation zur Wirksamkeit der durchgeführten Qualitätssicherungsmaßnahmen ausreichend belastbare Fakten vorliegen, um einen dauerhaften Personalmehrbedarf für die Intensivierung des Qualitätsmanagements nachvollziehbar begründen zu können.

In Anlage 2 ist das künftige Aufgabenspektrum des Qualitätsmanagements im Vergleich zu den bisher durchgeführten Maßnahmen dargestellt.


7. Einrichtung eines städtischen Schulungsangebots für Fahrer und Begleitpersonen durch das Gesundheitsamt und Qualitätssicherung

Das eingesetzte Fahr- und Begleitpersonal der Beförderungsunternehmen benötigt zur Wahrnehmung seiner Aufgaben Schulungen, die auf die spezifischen Bedürfnisse und Gegebenheiten der behinderten Kinder zugeschnitten sind. Die Kenntnisse müssen einheitlich auf gleichem Qualitätsniveau vermittelt werden und auf die spezifischen Bedürfnisse der zu transportierenden Kinder zugeschnitten sein. Bei derzeit über 200 Touren müssen einschließlich Springkräfte und Fluktuation jährlich ca. 350 bis 400 Personen geschult werden.

Um hier den berechtigten Forderungen wirklich gerecht werden zu können, kann dies am besten durch Mitarbeiter des Gesundheitsamtes gewährleistet werden, da dort die medizinischen Kenntnisse der einzelnen Behinderungen und deren Bedürfnisse verankert sind. Hier sind die Kinder bekannt, da die Eltern hier beraten werden. Das Gesundheitsamt genießt auch das Vertrauen, wenn Rückfragen bei Fachärzten notwendig werden. Der Überwachungsaufwand im Qualitätsmanagement wäre geringer, als bei außerstädtischer Vergabe. Die Synergieeffekte sind hier also besonders hoch. Für die Koordinierung der Schulungen wäre eine enge Abstimmung mit den Schulleitungen und dem Fahrpersonal notwendig. Das Gesundheitsamt wäre dann auch die zentrale Kontaktstelle, wenn sich weitere Fragen bei Schulleitungen oder Fahrpersonal zu den Kindern ergeben würden.

Zur Vorbereitung und Durchführung regelmäßiger Schulungen die Schaffung von 0,25 Facharztstellen ab 1. April 2013 beim Gesundheitsamt notwendig. Bei der Berechnung des Aufwands wurden folgende Tätigkeiten berücksichtigt: Unterricht, Vor- und Nachbereitung der Schulungen, Überarbeitung der Konzepte, Beratung der Eltern und Kooperationspartner, Wegezeiten zum Unterrichtsraum sowie telefonische Beratung der Fahrer.

Stimmt diesem Vorgehen der Gemeinderat grundsätzlich zu, kann das Gesundheitsamt zusammen mit dem Schulverwaltungsamt in die Planung und Organisation dieser Schulungen einsteigen und die dafür notwendigen Kosten ermitteln.


Finanzielle Auswirkungen

Die finanzielle Ausgangssituation ist unter 2. dargestellt.

Es muss mit Mehrkosten gerechnet werden. Die finanziellen Folgen der vorgenannten Qualitätserhöhungen können jedoch erst nach Vorliegen der Angebote beziffert werden. Diese werden nach Auswertung der Angebote in der gesonderten Vergabevorlage aufgezeigt. Mit der Entscheidung für die genannten Qualitätserhöhungen in der Ausschreibung sind die Mittel für die dadurch entstehenden Mehrkosten entsprechend der Vergabe ab September 2013 im Haushalt bereitzustellen.

Es wird darauf hingewiesen, dass nach Vorliegen der Angebote wegen der finanziellen Auswirkungen keine rechtmäßige Aufhebung der Ausschreibung und auch keine nachträgliche Veränderung der Standards mehr möglich sind, selbst wenn die Mehrkosten beträchtlich sind.

Die Verwaltung weist auch darauf hin, dass Änderungen in den Qualitätsanforderungen im Rahmen der Gleichbehandlung parallel zur städtischen Ausschreibung auch auf die Privatschulen analog angewandt werden müssen. Desweiteren können – wie bereits geschehen – Probleme im interkommunalen Ausgleich nach dem FAG mit den benachbarten Landkreisen auftreten, wenn diese Landkreise die einseitig von der Stadt Stuttgart erhöhten Qualitätsstandards nicht zur Kostenerstattung anerkennen. Eingeführte und definierte Standards müssen aber einheitlich angewandt werden. Dies kann also dazu führen, dass die Mehrkosten für Kinder aus anderen Landkreisen, die in Stuttgart beschult werden, voll durch den städtischen Haushalt zu finanzieren sind.

Die Sachbearbeiterstelle „Qualitätsmanagement“ für das Schulverwaltungsamt ist mit Aufgaben der Wertigkeit EG 10 beantragt. Bei Bes. Gr. EG 10, 50%, ist mit je einem jährlichen Aufwand von 30.700 Euro und einmaligen pauschalen Arbeitsplatzkosten (Allg. Sachkosten und EDV-Kosten) von je 11.100 Euro auszugehen.

Die Kosten für eine zusätzliche 0,25 Facharztstelle in EG 15 beim Gesundheitsamt betragen jährlich 25.575 Euro.



Beteiligte Stellen

Referat AK hat die Vorlage mitgezeichnet
Referat WFB hat die Vorlage mitgezeichnet
Referat SJG hat die Vorlage mitgezeichnet
Referat R hat die Vorlage mitgezeichnet


Vorliegende Anträge/Anfragen

Antrag der SPD-Gemeinderatsfraktion Nr. 378/2012
Antrag der Fraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN Nr. 423/2012


Erledigte Anträge/Anfragen

Antrag der SPD-Gemeinderatsfraktion Nr. 378/2012
Antrag der Fraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN Nr. 423/2012




Dr. Susanne Eisenmann
Bürgermeisterin


Anlagen

Anlage 1: Übersicht der Qualitätsanforderungen
Anlage 2: Übersicht der durch die Ausweitung des Qualitätsmanagements neu durchzuführenden Maßnahmen:





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