Landeshauptstadt Stuttgart
Technisches Referat
Gz: T
GRDrs 1237/2015
Stuttgart,
11/25/2015



Haushalt 2016/2017

Unterlage für die 2. Lesung des Verwaltungsausschuss zur nichtöffentlichen Behandlung am 07.12.2015



"Toilette für alle"; Öffentliche Toilettenanlagen

Beantwortung / Stellungnahme

1. Toilette für alle

Was ist eine „Toilette für alle“? Es gibt viele Menschen, denen die bestehenden Behinderten-WCs nicht ausreichen. Zu dieser Gruppe gehören Personen mit schweren und mehrfachen Behinderungen (sog. Komplexe Behinderung), aber teilweise auch alte Menschen. Für diesen Personenkreis sind "Toiletten für alle" gedacht, die dank Personen-Lifter und medizinischer Liege auch für Menschen mit Komplexer Behinderung benutzbar sind.

Die Einrichtung einer „Toilette für alle“ an zentraler Stelle im Stadtgebiet - ggf. auch integriert in eine bestehende öffentliche Toilettenanlage - wurde im Rahmen des Beteiligungsprozesses zur Erarbeitung des Stuttgarter Fokus-Aktionsplans zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention als dringend notwendige Maßnahme eingebracht. Von der Verwaltung wurde diese Forderung als relativ zügig umsetzbare Maßnahme aufgenommen (vgl. GRDrs 415/2015).

Zu 439/2015, Pkt. a:
Eine solche Einrichtung ist aus Sicht der Verwaltung in einer personell betreuten Anlage zweckmäßig. Die Installation ist technisch sehr hochwertig und sollte deshalb nicht in unbeaufsichtigten Toilettenanlagen zur Anwendung kommen (Vandalismus). Auch aus Gründen der Hygiene (Reinigung nach jeder Benutzung) sollte die Anlage personell betreut sein. Ein möglicher Standort wäre die Toilettenanlage in der Arnulf-Klett-Passage. Hier wäre die Möglichkeit der Erweiterung der bestehenden Anlage gegeben, so dass der erhöhte Platzbedarf für eine zusätzliche „Toilette für alle“ verwirklicht werden könnte. In diesem Zusammenhang müsste dann die komplette Anlage umgebaut und saniert werden. Insgesamt fallen hierfür Kosten in Höhe von ca. 300.000 € an. Es empfiehlt sich, in diesem Zusammenhang von einer rollierenden personellen Betreuung (Personal pendelt zwischen mehreren Anlagen täglich) auf eine ständige personelle Betreuung vor Ort (7 Tage pro Woche zumindest über 16 Stunden/Tag) zu wechseln. Hierfür fallen zusätzlich Personalkosten in Höhe von ca. 165.000 €/Jahr an.



Zur Umsetzung müsste das Leistungsentgelt um die aus der Investition resultierenden Kapitalkosten sowie um die lfd. zusätzlichen Personalkosten erhöht werden. Aufgrund dieser Maßnahme müssten im Bereich Öffentliche Toiletten 3,25 zusätzliche Stellen geschaffen werden. In Summe wäre das Leistungsentgelt durch diese Maßnahme um 200.000 € pro Jahr zu erhöhen.

Zu 439/2015, Pkt. b:
Das Hochbauamt hat die Umsetzung einer „Toilette für alle“ im Projekt Areal Eichstraße geprüft und eine Umsetzung wäre möglich. Die Toilette für Menschen mit Behinderungen kann im erdgeschossigen Zugangsbereich zur Tiefgarage anstelle der bisher geplanten konventionellen, öffentlichen Toilettenanlage abgebildet werden. Die Toilette steht dann nur Behinderten, insbesondere mit schweren und mehrfachen Behinderungen, zur Verfügung. Eine öffentliche Toilette für die Allgemeinheit kann zusätzlich nicht mehr untergebracht werden und würde somit künftig an diesem Standort nicht mehr zur Verfügung stehen.

Nach Abstimmung mit der „Stiftung Leben pur“ und dem AWS könnte der Zugang, wie bereits in der LHS für behindertengerechte Toiletten üblich, über den an Berechtigte verteilten EURO-Schlüssel geregelt werden.

Die baulichen Mehraufwendungen gegenüber der bisherigen Planung betragen inkl. Nebenkosten ca. 35.000 €.

Zu 439/2015, Pkt. c:
Lt. Schulverwaltungsamt wurden in der Vorlage GRDrs 494/2015 für einen 1. Bauabschnitt im Treffpunkt Rotebühlplatz zur Verbesserung der Behindertengerechtigkeit 200.000 € für bisher nicht näher spezifizierte Maßnahmen aus dem umfangreichen Begehungsprotokoll der damaligen Behindertenbeauftragten, Frau Marx, vom 26.03.13 angemeldet sowie weitere 53.000 € für die Automatisierung der Eingangstüren. Diese Kosten wurden nicht im Entwurf des DHH 2016/17 aufgenommen.

Das Hochbauamt beziffert die angefragte Maßnahme im Treffpunkt Rotebühlplatz auf ca. 300.000 €, sodass noch weitere 47.000 € zu finanzieren wären. Dies müsste im Zuge der Beschlussfassung zum HH-Antrag 439 c) der CDU-Fraktion zum Doppelhaushalt 2016/2017 bewilligt werden.


Zu 570/2015, Pkt. 3:
Die öffentliche Toilettenanlage U-Haltestelle Schlossplatz würde Platz für den Einbau einer „Toilette für alle“ bieten. Hierzu müssten allerdings Umbauten vorgenommen werden, die mit der SSB AG zunächst abgeklärt werden müssten. Die öffentliche Toilettenanlage gehört der SSB, die gegen eine monatliche Miete lediglich die Räumlichkeiten der LHS zum Betrieb einer öffentlichen Toilettenanlage zur Verfügung gestellt hat. Jegliche Veränderungen an dieser Anlage sind von der SSB zu genehmigen und von der Stadtverwaltung zu finanzieren. Ähnlich verhält es sich mit der öffentlichen Toilette am Charlottenplatz, die sich allerdings für einen Umbau nicht eignet.

Alle Umbauten zur „Toilette für alle“ in vorhandenen öffentlichen Toilettenanlagen würden - außer die Toilette in der Arnulf-Klett-Passage – ganz oder teilweise zu Lasten der sonstigen Nutzer von öffentlichen Toiletten (siehe Areal Eichstraße bzw. Bereiche der Damen- und Herren-WC´ müssen verkleinert werden) gehen.

In die öffentliche Toilettenanlage Stadtstrand Bad Cannstatt/Sailerwasen könnte theoretisch auch eine „Toilette für alle“ integriert werden. Die Verwaltung bittet hier jedoch zu bedenken, dass für Toiletten im Außenbereich grundsätzlich keine personelle Betreuung vorgesehen ist. Mögliche Schäden durch Vandalismus wären von vorne herein einzuplanen.


2. Öffentliche Toilettenanlagen

Zu 919/2015:
Öffentliche Toilettenanlagen sind ein notwendiges Komfortangebot in Stuttgart. Es besteht jedoch keine rechtliche Verpflichtung, eine bestimmte Anzahl bzw. überhaupt öffentliche Toiletten bereitzustellen.

Im Vergleich zu anderen Großstädten hält die Stadtverwaltung mit 70 öffentlichen Anlagen eine stattliche Anzahl an Toiletten vor. Leider hat sich bei diesen Anlagen aufgrund der jahrelangen Maßnahmen zur Haushaltskonsolidierung ein erheblicher Sanierungstau gebildet, der nach Auffassung der Verwaltung vor der Erstellung weiterer Anlagen dringend sukzessive abgebaut werden sollte.

Dennoch gibt es selbstverständlich parallel eine Wunschliste über weitere 8 - 10 Toiletten im Stadtgebiet. Die Frage, ob sich eine gewünschte Toilettenanlage ins Stadtbild einfügt, muss in jedem Einzelfall unter Berücksichtigung der örtlichen Verhältnisse geprüft werden. Relativ gut integrierbar in stadtgestalterischer Hinsicht waren die säulenförmigen Automatiktoiletten der Firma JCDecaux, die gleichzeitig auch als Werbeträger genutzt werden.

Bei Neuplanungen kann jedoch nicht mehr dieses Modell eingesetzt werden, da nach dem Behindertengleichstellungsgesetz sämtlichen Mitbürgern der Zugang zu Toilettenanlagen ermöglicht werden muss. Das heißt, statt der bisher kompakten, nur ca. 2 m² großen Toilette müssen künftig Toiletten mit einer Grundfläche von mindestens 8 m² oder größer aufgestellt werden, um die Rahmenbedingungen der Behindertenfreundlichkeit zu erfüllen. Dies ist in Anbetracht der Stuttgarter Topographie und der häufig beengten Verhältnisse eine schwierige Aufgabe. Zudem läuft der Vertrag über die Automatikanlagen mit JC Decaux Ende 2020 aus. Bis dahin hat das Unternehmen die Aufstellung weiterer Anlagen ohne Werbeverträge verweigert.



















Vorliegende Anträge/Anfragen

289/2015 vom 10.08.2015
291/2015 vom 18.08.2015


439/2015 CDU; 570/2015 Punkt 3 SPD; 919/2015 FDP




Technisches Referat Betriebsleitung AWS






Dirk Thürnau Dr. Thomas Heß
Bürgermeister Geschäftsführer