Protokoll: Verwaltungsausschuss des Gemeinderats der Landeshauptstadt StuttgartNiederschrift Nr.
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VerhandlungDrucksache:
300/2019 Ergänzung
GZ:
JB
Sitzungstermin: 22.05.2019
Sitzungsart: öffentlich
Vorsitz: BMin Fezer
Berichterstattung:-
Protokollführung: Herr Häbe
Betreff: Antrag des Jugendhilfeausschusses nach § 71 Abs. 3, Satz 2, 2. Halbsatz SGB VIII vom 18.03.2019 zur Förderung von Kindertageseinrichtungen in freier Trägerschaft

Vorgang: Verwaltungsausschuss vom 10.04.2019, öffentlich, Nr. 188
Ergebnis: Beratung der GRDrs 300/2019

Verwaltungsausschuss vom 08.05.2019, öffentlich, Nr. 240
Ergebnis: Vertagung der GRDrs 300/2019 Ergänzung (aus zeitl. Gründen)


Beratungsunterlage ist die Mitteilungsvorlage des Referats Jugend und Bildung vom 25.04.2019, GRDrs 300/2019 Ergänzung. Sie ist dem Originalprotokoll sowie dem Protokollexemplar für die Hauptaktei beigefügt.

Der Antrag Nr. 169/2019 "Planungssicherheit für freie Träger - weiteren Ausbau von Kitaplätzen sichern" vom 07.05.2019 (CDU, 90/GRÜNE) ist dem Originalprotokoll sowie dem Protokollexemplar für die Hauptaktei beigefügt.


Einführend verweist BMin Fezer auf die GRDrs 300/2019 Ergänzung. Zudem geht sie auf den gemeinsamen Antrag Nr. 169/2019 der Gemeinderatsfraktionen von CDU und Bündnis 90/DIE GRÜNEN ein, der neben der Erhöhung der Förderung der Fachpersonalkosten eine Erhöhung der Förderung der Beköstigungskosten zum Inhalt hat.

Über allem steht für StRin Ripsam (CDU) der weitere Ausbau der Kindertagesbetreuung. Sie betont, in Zukunft sollte wieder ein partnerschaftliches Miteinander zwischen den Trägern und der Stadt Stuttgart bestehen. Dieses Verhältnis habe im Verlauf der Diskussion über die unterjährige Erhöhung der Fachpersonalkostenförderung gelitten. Man müsse sich wieder auf die Regeln besinnen, die in der Vergangenheit gute Tradition gewesen seien. Dies würde nicht zuletzt auch der Gleichbehandlung von Trägern in anderen Bereichen guttun. Im Jugendhilfeausschuss (JHA) am 18.03.2019, öffentl. NNr. 25, habe sich die CDU-Gemeinderatsfraktion gegen eine Erhöhung der Fachpersonalkosten von 90 auf 92,5 % ausgesprochen, da man damals davon ausgegangen sei, dass dafür nicht die erforderlichen finanziellen Ressourcen zur Verfügung stehen. In gewisser Weise bedeute die Stellungnahme der Verwaltung zu dem Antrag Nr. 135/2019 von CDU und 90/GRÜNE (s. Anlage 1 der GRDrs 300/2019 Ergänzung) einen gewissen Paradigmenwechsel für zukünftige Etatberatungen. Dort lege die Verwaltung dar, dass entsprechende finanzielle Ressourcen vorhanden seien (freie, nicht mit Maßnahmen hinterlegte FAG-Mittel). Diese FAG-Mittel könnten ja dann vielleicht in künftigen Etatberatungen als Grundlage für die Finanzierung weiterer, bislang nicht finanzierbarer Maßnahmen dienen. Danach begründet die Stadträtin die beantragte Erhöhung der Förderung der Beköstigungskosten. Sie geht davon aus, dass sich auch verwaltungstechnisch der neue Essenskostenzuschuss ab dem neuen Kindergartenjahr am einfachsten einführen lässt.

Da die freien Träger im Jahr 2017, im Vorfeld der letzten Etatberatungen, keine Erhöhung des Personalkostenzuschusses beantragt haben, zeigt sich StRin Ripsam über deren Vorpreschen überrascht. Diesbezüglich erklärt sie, eine solide, funktionierende Finanzplanung hätte doch den freien Trägern bereits vor 18 Monaten den nun geltend gemachten Finanzierungsbedarf aufzeigen müssen. Die besprochene Maßnahmenliste zu den Etatberatungen 2020/2021 liege bis jetzt noch nicht vor. Sie gehe davon aus, dass diese Liste noch vorgelegt werde. Dann könnte über den Fortgang der Förderung von Kindertageseinrichtungen gesprochen werden. Um der Ausbauverpflichtung nachzukommen (3.000 fehlende Plätze), benötige die Stadt die kleinen und mittleren Träger. Um die Warteliste abzubauen, müsse in den kommenden Haushaltsplanberatungen erneut ein großer Schritt unternommen werden. Es werde sich zeigen, ob ein Ausbau mit den vorhandenen Trägern gelinge, oder ob neue Träger gesucht werden müssten. Ihrer Einschätzung nach ist die Stadt durchaus ein fairer Partner, dabei gibt sie allerdings zu bedenken, dass durch die Fördererhöhung der Fachpersonalkosten (4,2 Mio. €/Jahr) keine zusätzlichen Plätze entstehen; eine Beitragserhöhung solle den Eltern nicht zugemutet werden.

Für StR Lazaridis (90/GRÜNE) ist der Ausbau der Kindertagesstätten die wichtigste bildungspolitische Aufgabe der Landeshauptstadt. Von 2008 bis 2018 sei es gelungen, die Platzzahl für die Altersgruppe der unter 3-Jährigen zu verdoppeln (Erhöhung des Versorgungsgrads von ca. 20 % auf nahezu 45 %). Prognosen besagten jedoch, dass mindestens ein Versorgungsgrad von 62 % erreicht werden müsse. Die Herausforderung sei somit weiterhin sehr groß. Der Anteil der Plätze der freien Träger sei im genannten Zeitraum von ca. 50 % auf über 65 % gestiegen. Unter Berücksichtigung umgewandelter Plätze sei deren Anteil sogar noch etwas höher anzusetzen. Die freien Träger würden als verlässliche Partner benötigt, und bei deren Unterstützung müsse fair vorgegangen werden. Weiter unterstreicht er, auch seine Fraktion habe sich mit den anstehenden Entscheidungen schwergetan, da diese nicht im Lichte des Gesamthaushalts, also nicht im Einklang mit der üblichen Finanzierungssystematik stünden. Zusätzlich hätten die nicht immer eindeutigen Aussagen der Verwaltung den Umgang mit dieser Thematik erschwert. Seines Erachtens hat dies auch etwas zu einem Vertrauensverlust in der Zusammenarbeit mit den freien Trägern geführt. Angesichts der finanziellen Tragweite der heute anstehenden Entscheidungen sei es unabdingbar gewesen, dass sich der Rat die Finanzierung habe exakt darstellen lassen. Für seine Fraktion sei dies die Voraussetzung gewesen, um heute zustimmen zu können; da § 29c FAG nicht gedeckelt sei, könne es durchaus zu Überträgen kommen, die nun in Stuttgart durch einen Verzicht auf Gebührenerhöhungen für Familien und für die freien Träger eingesetzt werden könnten.

Die Haltung der Gemeinderatsfraktionen von CDU und 90/GRÜNE bezeichnet StR Körner (SPD) als skurril. Er geht davon aus, dass deren Handeln, nachdem zunächst von diesen Fraktionen im April ein Mehraufwand von 4,5 Mio. € nicht mitgetragen wurde und nun dieser Betrag durch den Antrag Nr. 169/2019 auf 7 Mio. €/Jahr erhöht wurde, nahezu ausschließlich mit der anstehenden Gemeinderatswahl zu tun hat. Zudem bringt er sein Bedauern darüber zum Ausdruck, dass die genannten Fraktionen, ohne die anderen Fraktionen einzubeziehen, agiert haben. Vor drei Wochen hätten FDP, FW, SÖS-LINKE-PluS sowie die SPD der CDU und 90GRÜNE einen Antragsentwurf mit der Bitte um Rückmeldung zukommen lassen. Im Ergebnis sei dann der Antrag Nr. 169/2019, ohne dass eine Rückmeldung stattgefunden habe, vorgelegt worden. Zwar sei die von StR Lazaridis geäußerte Kritik an der Verwaltung ob der Kommunikation mit den freien Trägern berechtigt, aber selbst hätten die genannten beiden Fraktionen nicht besser agiert. Über das letztlich sich ergebende Ergebnis freue sich natürlich auch die SPD-Gemeinderatsfraktion.

Erfreut zeigt sich zudem StR Rockenbauch (SÖS-LINKE-PluS) hinsichtlich der sich abzeichnenden Beschlüsse. Angesichts der phänomenal guten Haushaltslage hätte sich die Stadt diese Zuschusserhöhungen schon in der Vergangenheit leisten können. Er ist sich sicher, dass diese Mehraufwendungen auch in Zukunft finanziert werden können. Wenn über eine 100%ige Finanzierung der Kindertagesstätten von freien Trägern geredet werde, werde es interessant sein, welche Forderungen dann die Stadt beispielsweise bezüglich Personal und Diskriminierungsfreiheit vorbringen werde.

Für die Gemeinderatsfraktion Freie Wähler hebt StRin von Stein (FW) hervor, die Stadt werde noch lange auf die freien Träger angewiesen sein, auch damit die Eltern zwischen verschiedenen Angeboten auswählen könnten. Die Erhöhung des Personalkostenzuschusses will sie als Signal an die freien Träger verstanden wissen, dass diese die Stadt weiterhin bei der Erfüllung des Rechtsanspruchs auf einen Kitaplatz unterstützen sollen.

Angesichts der gesellschaftlichen Verantwortung, eine qualitativ hochwertige Kinderbetreuung anzubieten, wird von StR Dr. Oechsner (FDP) das heute Vorgesehene als Schritt in die richtige Richtung bezeichnet.

Des Weiteren äußert sich StR Brett (AfD) positiv.

Für die Vorsitzende liegt das nicht einheitliche Auftreten der Verwaltung bei dem zur Beratung stehenden Themenfeld in der Natur der Sache. Die Fachverwaltung habe stets dargestellt, was sie für richtig ansehe. Andererseits habe die Finanzverwaltung betont, dies sei auch von ihr so kommuniziert worden, dass das Gewünschte sich aufgrund der Haushaltssystematik nur schwer darstellen lasse. Diese unterschiedlichen Positionierungen, die sich in der Vorlage wiederfänden, seien legitim.

Dies bekräftigend führt BM Fuhrmann an, der Finanzverwaltung sei es wichtig gewesen zu signalisieren, dass sie mit der unterjährigen Finanzierung und dem Aufbrechen der Haushaltssystematik ein Problem habe. Ihn ängstige etwas, dass es momentan das Gefühl gebe, es könne derzeit alles unterjährig finanziert werden.

Zum Umgang mit den freien Trägern merkt die Vorsitzende an, als die freien Träger aktiv geworden seien, habe man unter Einbeziehung der Stadtkämmerei eine Arbeitsgruppe eingerichtet. Wenn nun dem Antrag Nr. 169/2019 gefolgt werde, entstehe unterjährig ein Mehraufwand in Höhe von 5,1 Mio. €. Dies sei zweifellos ein sehr positives Signal für die freien Träger. Dieses Signal füge sich in eine Konstellation eines in Baden-Württemberg beispielhaften Miteinanders zwischen Stadt und freien Trägern ein.

Von StR Körner wird nachgefragt, ob auch in Zukunft Mehraufwendungen in Höhe von 7 Mio. €/Jahr aus FAG-Mitteln finanziert werden können. Die SPD-Gemeinderatsfrak-tion gehe davon aus, dass ein solcher Mehraufwand und dessen Deckung im Doppelhaushaltsplan-Entwurf 2020/2021 dargestellt werde.

Die Überlegungen der Verwaltung, so diesbezüglich BMin Fezer, gingen dahin, dass eine erhöhte Förderung in den Etatberatungen in die grüne Liste aufgenommen werden sollte. Darüber müsse aber noch eine verwaltungsinterne Abstimmung stattfinden. Es wäre aber natürlich nicht sinnvoll, die heute zur Beschlussfassung stehenden erhöhten Förderungen ab dem Jahr 2020 wieder zu kappen.

BM Fuhrmann warnt davor, weitere Finanzierungen über die freie Liquidität abzudecken. Momentan seien FAG-Mittel vorhanden, aber die Höhe der Restmittel könne er heute nicht beziffern. Diese Information werde er nachreichen.

StR Körner geht davon aus, dass sich die beiden Punkte des Antrags Nr. 169/ 2019 auch auf die Jahre ab 2020 beziehen. Daher müssten die erhöhten Förderungen in der grünen Liste auftauchen. Dazu entgegnet StRin Ripsam, ob die Verwaltung die Inhalte der Antragspunkte in den Haushaltsentwurf aufnehme, sei Sache der Verwaltung; die antragstellenden Fraktionen könnten nicht über die derzeit zur Verfügung stehenden FAG-Mittel hinaus Festlegungen treffen. Es sei nicht möglich, unterjährig Folgekosten zu beschließen. Man werde aber doch nicht die Förderung der freien Träger ab 01.01.2020 wieder kürzen; eine Haushaltssicherung zeichne sich ja nicht ab. Sie geht davon aus, dass die Verwaltung die erhöhten Förderungen in ihren Haushaltsentwurf 2020/2021 aufnimmt und dass in den Etatberatungen gegebenenfalls über eine noch höhere Bezuschussung der Fachpersonalkosten gesprochen wird. Von einer dauerhaften Wirkung der heute sich abzeichnenden Beschlüsse geht StR Lazaridis aus.

Nachdem sich keine weiteren Wortmeldungen ergeben, stellt BMin Fezer fest:

Der Verwaltungsausschuss beschließt einstimmig die Ziffer 1 des Antrags des Jugendhilfeausschusses (s. Anlage 4 der Vorlage, Punkt 1) "Der Gemeinderat wird aufgefordert, rückwirkend ab 01.01.2019 die Förderung der Fachpersonalstellen der freien Träger von Kindertagesstätten von derzeit 90 % auf 92,5 % der Personalkosten zu erhöhen." (Anlage 4 der GRDrs 300/2019 Ergänzung).

Der Verwaltungsausschuss beschließt einstimmig die Ziffer 2 des gemeinsamen Antrags Nr. 169/2019 (CDU, 90/GRÜNE) "Ab dem 01.09.2019 wird die Förderung der Beköstigungskosten dauerhaft auf 1,88 € pro Essen an 225 Tagen/Jahr erhöht - dies entspricht einer 75 %-Förderung."

Zur weiteren Vorgehensweise kündigt BMin Fezer zu den Haushaltsplanberatungen eine Mitteilungsvorlage für die Sitzung des JHA im Juli an. Dort werde zum einen die Haltung der Verwaltung zum künftigen Haushaltsvorschlag unterbreitet. Zum anderen werde die Verwaltung in dieser Vorlage über die Ergebnisse der Projektarbeitsgruppe informieren; die Projektarbeitsgruppe sei zu einem weiter gehenden Vorschlag gekommen, als ihn die Verwaltung voraussichtlich unterbreiten werde. Diesbezüglich befinde man sich noch in der Abstimmung.
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