Landeshauptstadt Stuttgart
Referat Jugend und Bildung
Gz: JB
GRDrs 496/2023
Stuttgart,
06/15/2023


Fachkräftegewinnung in der Schulkindbetreuung



Mitteilungsvorlage zum Haushaltsplan 2024/2025


Vorlage anzurSitzungsartSitzungstermin
Verwaltungsausschuss
Schulbeirat
Kenntnisnahme
Kenntnisnahme
öffentlich
öffentlich
21.06.2023
18.07.2023

Bericht:

Mit dem Ganztagsförderungsgesetz (GaföG) soll der Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für Grundschulkinder bundesweit ab dem Jahr 2026 eingeführt werden. §24 Abs. 4 SGB VIII sieht vor, dass zunächst die Kinder der 1. Klasse einen individuellen Anspruch auf ganztägige Betreuung haben, der jahrgangsweise erweitert wird. Der Rechtsanspruch soll 8 Stunden Betreuungszeit an fünf Wochentagen und eine Betreuung in den Schulferien umfassen, wobei die Unterrichtszeiten auf die 8 täglichen Betreuungsstunden angerechnet werden. In den Ferien kann die Betreuungseinrichtung bis zu vier Wochen geschlossen bleiben. Der Rechtsanspruch kann sowohl in Einrichtungen der Jugendhilfe als auch in Schulen, insbesondere in Ganztagsschulen, gedeckt werden.

In Stuttgart hat der Gemeinderat Jahr 2011 den flächendeckenden Ausbau von Ganztagsgrundschulen beschlossen (GRDrs.199/2011). Dieser Beschluss sieht auch vor, parallel zum Aufbau von Ganztagsschulen alternative Ganztagsbetreuungen, wie Hortplätze und Plätze in der flexiblen Nachmittagsbetreuung, abzubauen.

In Folge dieses Beschlusses haben sich in Stuttgart bislang 45 von 69 öffentlichen Grundschulen zu Ganztagsgrundschulen weiterentwickelt. In 12 weiteren Schulen wird das Übergangsmodell „Schülerhaus“ als Vorstufe zur Ganztagsschule angeboten. Einzelne Schulen bieten noch flexible Nachmittagsbetreuung an und in manchen Stadtteilen gibt es noch Plätze in Schülerhorten oder auf Jugendfarmen.

In Folge dieser Weiterentwicklung kann Stuttgart bereits heute allen Familien, die dies wünschen, einen ganztägigen Platz anbieten. Lücken gibt es – neben den Betreuungsangeboten im weiterführenden Bereich, die jedoch nicht dem Rechtsanspruch unterliegen - noch bei den Grundstufen der SBBZ-L. Des Weiteren sind eventuelle zusätzliche Bedarfe für die Bildung inklusiv beschulter Schülerinnen und Schüler noch nicht fest im Stuttgarter Konzept verankert. Hinzu kommt die Schließzeit in den Ferien, die aufgrund der neuesten Tarifabschlüsse im Sozial- und Erziehungsdienst 26 Tage betragen wird und bis zur Einführung des Rechtsanspruches wieder auf 4 Wochen zurückgefahren werden muss.
Insgesamt wurde in Stuttgart vorausschauend geplant und umgesetzt. Deshalb kann der Rechtsanspruch – von den beschriebenen Ausnahmen abgesehen – schon heute erfüllt werden. Dennoch steht Stuttgart gemeinsam mit allen anderen Städten und Gemeinden vor einer gravierenden Herausforderung: Trotz eines dem Hortniveau angeglichenen Personalschlüssels in Ganztagsschulen fehlt bereits heute sehr viel (Fach-) Personal an den Schulen bei allen Trägern. Viel dazu beigetragen haben die Belastungen durch die Coronapandemie. In dieser Zeit mussten die Schüler in Kohorten unterrichtet und betreut werden, so dass die Umsetzung eines guten rhythmisierten Ganztagskonzepts nur noch sehr eingeschränkt möglich war. Das hat – neben der Unzufriedenheit vieler Eltern - dazu geführt, dass sich zahlreiche Betreuungskräfte umorientiert haben. Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken, hat das Schulverwaltungsamt im November 2021 eine Arbeitsgruppe mit den Trägern der Ganztagsschulen und Schülerhäuser gegründet und Handlungsfelder herausgearbeitet, um Personal zu halten und neu zu gewinnen. Im Hinblick auf den kommenden Rechtsanspruch war den Teilnehmern dabei wichtig, dass die gute Qualität der Stuttgarter Ganztagsschulen gehalten und weiterentwickelt werden kann, unabhängig davon, welche Vorgaben von Bund und Land kommen werden.
Weitere mögliche Maßnahmen werden in GRDrs. 358/2022 sowie im dazu aufgelegten Positionspapier der LIGA der freien Wohlfahrtsverbände beschrieben.

Grundlagen und Handlungsfelder für den Personalbestand in Ganztagsgrundschulen

1. Kurze Zusammenfassung der derzeitigen (Soll-) Personalausstattung in Schülerhäusern und Ganztagsgrundschulen
2. Von den Trägern vorgebrachte Problemstellungen
3. Von den Eltern vorgebrachte Problemstellungen und Bedürfnisse

4. Besondere Bedürfnisse sozial benachteiligter Kinder
5. Beschreibung des selbst entwickelten Fachkräftekatalogs

6. Handlungsfelder zur Personalgewinnung und zur Vermeidung von Fluktuation

6.1 Verkürzung der Bewährungszeit für pädagogisch vorgebildete Kräfte

Für die Gruppe der pädagogisch vorgebildeten Kräfte ohne Fachkraftstatus wurde die Bewährungszeit bis zur Eingruppierung in SuE 8a auf 2 Jahre und die Pflichtfortbildung auf 25 Fortbildungstage verkürzt. Diese Regelung wurde auf Ämterebene vereinbart und wird ab dem Schuljahr 2022/2023 umgesetzt.
Die Träger wünschen sich eine sofortige Eingruppierung dieses Personenkreises in SuE 8a mit der Auflage, 25 Fortbildungstage berufsbegleitend zu absolvieren. Für eine rasche Gewinnung von qualifizierten Kräften wäre dies sehr viel wirksamer. Die Arbeitsgruppe sieht darin keine Benachteiligung ausgebildeter Fachkräfte nach §7 KiTaG. Auch eine Erzieherin ist mit ihrer schwerpunktmäßigen Ausbildung im Bereich 3-6 Jährige nicht per se Fachkraft für die Bildung von Schulkindern, noch weniger eine Kinderpflegerin.

6.2 Entwicklung einer berufsbegleitenden Ausbildung zum Ganztagspädagogen in einem modularen Curriculum mit anschließender adäquater Eingruppierung

Um zu recherchieren, welche Angebote bereits auf dem Markt sind und ggf. mit einer Hochschule eine eigene Ausbildung zu entwickeln, bedarf es sehr umfangreicher konzeptioneller und Netzwerkarbeit. Wichtig ist, keine rein akademische Ausbildung zu etablieren, um z.B. handwerkliche Profile zu berücksichtigen, die für die Kinder, mit denen später gearbeitet wird, einen großen Mehrwert bedeuten.

6.3 Entwicklung eines modularen Aufbaustudiums

Für Ganztagspädagogen oder Personen mit einem bestehenden fachspezifischen Studium sowie Direkteinsteiger mit Hochschulreife in Zusammenarbeit mit dem Land und Hochschulen mit anschließender adäquater Eingruppierung soll ein modulares Aufbaustudium entwickelt werden.
Neben der Konzeptentwicklung muss durch Netzwerk- und politische Arbeit sichergestellt werden, dass die Vorgehensweise beim Studiengang Kindheitspädagogik nicht wiederholt wird. Die Arbeitsgruppe wird deshalb vorrangig Praktiker und mit Curricula erfahrene Personen in die Entwicklungsarbeit einbeziehen. Des Weiteren muss sichergestellt sein, dass ein Studienabschluss als Ganztagspädagoge sich in adäquater Beschäftigung und Bezahlung wiederspiegelt.

6.4 Anerkennung ausländischer Qualifikationen für die Schulkindbetreuung

Eine formelle Anerkennung ausländischer Qualifikationen durch den KVJS oder die Regierungspräsidien erfolgt für Bereich Schulkindbetreuung derzeit nicht oder es werden enge Kriterien für Kindertagesstätten zugrunde gelegt, die für den Kontext Schule nicht geeignet sind. Da sich bereits jetzt abzeichnet, dass im Zuge des Rechtsanspruchs keine weitergehenden Qualifizierungsanforderungen an das Personal gestellt werden, ist geplant, die Erstellung eines eigenen Kriterienkataloges zur Anerkennung ausländischer Bildungsabschlüsse zu erstellen, um – ausreichende Sprachkenntnisse vorausgesetzt - entsprechend qualifizierte Personen rasch für die Schulkindbetreuung zu gewinnen und angemessen vergüten zu können. Konzeption und Umsetzung ist ohne zusätzliches Personal beim Schulverwaltungsamt nicht möglich.

Darüber hinaus gibt es an der Hedwig-Dohm-Schule in Stuttgart seit dem Schuljahr 2022/2023 eine Anpassungsqualifizierung zum Erwerb von Zusatzqualifikationen. Zielgruppe sind Personen mit einer anerkennungsfähigen beruflichen Qualifikation (z.B. Kinderpflegerin/ Kinderpfleger, Erzieherin/Erzieher) aus dem Ausland, die in einer Kindertageseinrichtung arbeiten oder zukünftig arbeiten wollen und eine Nachqualifizierung (Anpassungslehrgang) benötigen.

Lehrinhalte sind berufsbezogenes Deutsch bis auf Niveau B2 mit abschließender Feststellungsprüfung sowie Nachqualifizierung und Vertiefung pädagogischen Fachwissens entsprechend der Ausbildung für Erzieherinnen und Erzieher in Baden-Württemberg.

Diese Zusatzqualifikation könnte künftig auch mit dem Schwerpunkt „Schulkindbetreuung“ angeboten werden.


6.5 Änderung der Ausbildungsgänge an den Fachschulen mit mehr Fokus auf Schulkinder in Zusammenarbeit mit dem Land und ausgewählten Fachschulen

Erste Gespräche mit der Fachschule Silberburg wurden von AG-Mitarbeitern (Träger) geführt. Zum Schuljahr 2022/2023 sollte dort eine „Schwerpunktklasse Schulkindbetreuung“ gebildet werden, mangels Anmeldungen kam jedoch nur ein Vertiefungsbereich zustande. Um dieses Modell kontinuierlich zu etablieren und in die Fläche zu bringen, ist umfangreiche Multiplikations- und Netzwerkarbeit durch die Träger und das Schulverwaltungsamt notwendig.

6.6 Entwicklung einer trägerübergreifenden Nachqualifikation für Nichtfachkräfte (Seiteneinsteiger), ggf. ebenfalls in Zusammenarbeit mit ausgewählten Fachschulen

Im Rahmen der Neustrukturierung des Schulverwaltungsamtes im Jahr 2007 wurde eine 50%-Stelle für den Bereich Verlässliche Grundschule etabliert, um Fortbildungen zur Steigerung der Qualität speziell für Seiteneiger zu organisieren (GRDrs. 493/2007). Im Zuge der Neukonzeption der Stuttgarter Schulkindbetreuung wurde mit Hilfe dieser Stelle im Jahr 2012 ein modulares Nachqualifizierungskonzept entwickelt (GRDrs. 583/2012) und fortgeführt (GRDrs. 327/2017), damit die Betreuungskräfte in jeder Form von Schulkindbetreuung und in der Ganztagsschule eingesetzt werden können. Die Nachqualifizierung wird seit dieser Zeit neu eingestellten Betreuungskräften des Schulverwaltungsamtes und des Jugendamtes angeboten und ist Voraussetzung für einen unbefristeten Arbeitsvertrag. Dementsprechend ist die Nachfrage bis heute ungebrochen.

Parallel dazu bietet jeder der vier in der Schulkindbetreuung aktiven freien Träger im Rahmen seiner Möglichkeiten eigene Programme an. Wunsch der Träger ist, die Nachqualifizierung stadtweit zu vereinheitlichen und aus einer Hand anzubieten. Neben einheitlichen Standards wird damit auch der Gefahr begegnet, dass kleinere Träger auf Nachqualifizierung verzichten, ausschließlich (schwer zu akquirierendes) Fachpersonal einstellen und damit Unterbesetzung riskieren. Eventuell kann das Landesprogramm „Direkteinstieg KiTa“ genutzt werden, um trägerübergreifend Seiteneinsteiger zum Zertifikatsabschluss „Schulkindbetreuungskraft“ zu führen. Hierfür muss ein Vertrag mit einer Praktikumsstelle geschlossen werden, welche die Fachkräfte ein Jahr lang zweimal pro Woche halbtags den Schulbesuch freistellt. Die Verwaltung hat hierzu bereits Gespräche mit der Hedwig-Dohm-Schule geführt und könnte ggf. weitere Fachschulen ansprechen. Daneben ist auch der Städtetag aktiv, um die landesweit vorhandenen, qualitativ sehr unterschiedlichen Programme zur Nachqualifizierung von Seiteneinsteigern im Zuge des kommenden Rechtsanspruchs zu vereinheitlichen. Gesprächspartner ist hier in erster Linie der Volkshochschulverband.

6.7 Schaffung von Aufstiegsmöglichkeiten für Fachkräfte in der Schulkindbetreuung, z.B. als Stufenkoordinator-/innen oder bei der Koordination von Inklusionskräften / Schulassistenzen

Bisher bestehen in der Schulkindbetreuung neben den Leitungsstellen keine Möglichkeiten für eine Beschäftigung von Personen mit abgeschlossenem Hochschulstudium, insbesondere Sozialpädagogen. Die Träger sehen hier noch Potential, um einerseits dem Fachkräftemangel zu begegnen, andererseits aber auch die Qualität in Ganztagsgrundschulen weiterhin zu steigern.
Erste konzeptionelle Überlegungen beinhalten folgende Eckpunkte:


6.8 Personal für die Innenverwaltung zur Konzeption und Umsetzung

Für die Konzeption und Umsetzung von Maßnahmen zur Fachkräftegewinnung für Ganztags- und Betreuungsangebote für Grundschulkinder und für die Umsetzung einer trägerübergreifenden Nachqualifizierung, ggf. in Zusammenarbeit mit ausgewählten Fachschulen (Ziffern 6.1, bis 6.6) wurde ein Stellenplanantrag für eine 0,5 Stelle in Besoldungsgruppe A12 für das Team 40-2.41 Päd. Angebotsplanung, Querschnittsthemen, Projekte gestellt. Die Stelle ist für die Wahrnehmung und Erfüllung der Aufgaben dauerhaft erforderlich.

7. Umsetzung der Kinderrechte

Die Verwaltung setzt mit den vorgeschlagenen Qualitätsverbesserungen Art. 3, Art.23,
Art. 28, Art. 29 und Art. 31 der UN-Kinderrechtskonvention um.



Finanzielle Auswirkungen


Ergebnishaushalt (zusätzliche Aufwendungen):
Maßnahme/Kontengr.
2024
TEUR
2025
TEUR
2026
TEUR
2027
TEUR
2028
TEUR
2029 ff.
TEUR
6.7 Einführung von Klassenkoordinatoren in S 12
330
990
990
990
990
Für diesen Zweck im Haushalt/Finanzplan bisher bereitgestellte Mittel:
Maßnahme/Kontengr.
2024
TEUR
2025
TEUR
2026
TEUR
2027
TEUR
2028
TEUR
2029 ff.
TEUR
Sachkosten GTS 44580050
12.835
12.835
12.835
12.835
12.835
Stellenbedarf (Mehrungen und Minderungen):
Beschreibung, Zweck, Aufgabenbereich
Anzahl Stellen zum Stellenplan
2024
2025
später
Konzeption und Netzwerkarbeit für die Handlungsfelder (Z.6) in A12
0,5
Folgekosten (aus oben dargestellten Maßnahmen und evtl. Stellenschaffungen):
Kostengruppe
2024
TEUR
2025
TEUR
2026
TEUR
2027
TEUR
2028
TEUR
2029 ff.
TEUR
Laufende Erlöse
Personalkosten62.40062.40062.40062.40062.400
Sachkosten
Abschreibungen
Kalkulatorische Verzinsung
Summe Folgekosten
62.400
62.400
62.400
62.400
62.400

Mitzeichnung der beteiligten Stellen

Die Referate AKR und WFB haben Kenntnis genommen. Haushalts- und stellenrelevante Beschlüsse können erst im Rahmen der Haushaltsplanberatungen erfolgen.





Isabel Fezer
Bürgermeisterin



Anlagen:


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