Landeshauptstadt Stuttgart
Oberbürgermeister
Gz: OBM
GRDrs 1050/2018
Stuttgart,
03/26/2019



Rahmenkonzeption Ladeinfrastruktur für E-Mobilität im öffentlichen Raum



Beschlußvorlage
Vorlage an
    zur
SitzungsartSitzungstermin
Ausschuss für Umwelt und Technik
Verwaltungsausschuss
Beschlussfassung
Beschlussfassung
öffentlich
öffentlich
02.04.2019
10.04.2019



Beschlußantrag:

1. Von der untenstehenden Rahmenkonzeption wird zustimmend Kenntnis genommen.



2. Die als Anlage angehängte „Richtlinie zur Erteilung von straßenrechtlichen Gestattungen für die Errichtung von Ladeinfrastruktur im öffentlichen Raum“ wird beschlossen und Grundlage des zukünftigen Verwaltungshandelns. Auf Grundlage dieser Richtlinie werden die einzelnen Gestattungsverträge geschlossen.



3. Die Verwaltung wird ermächtigt, ein erstes Interessenbekundungsverfahren für bis zu 20 Schnelllade-Standorte im öffentlichen Straßenraum durchzuführen. In einem zweiten Interessenbekundungsverfahren können innerhalb der nächsten drei Jahre bis zu 10 weitere Schnelllade-Standorte im öffentlichen Straßenraum ausgewiesen werden.



4. Die Verwaltung wird ermächtigt, auf der Basis dieser Richtlinie maximal 300 zusätzliche Standorte im öffentlichen Straßenraum für Normalladestationen mit je zwei Ladepunkten zu genehmigen.



5. Die bestehenden rund 200 Ladestationsstandorte im öffentlichen Straßenraum, die der Projektförderung entstammen, sollen weiterhin als Standorte für Ladeinfrastruktur zur Verfügung gestellt werden. Hierzu werden die bestehenden Gestattungen, welche erstmalig mit Wirkung zum 31. Dezember 2020 und einer Kündigungsfrist von drei Monaten zum Quartalsende gekündigt werden können, überprüft und in geeigneter Form auf Basis der angehängten Richtlinie gestaltet.




Begründung:


A Hintergrund und Ziele

Zwischen 2012 und 2018 wurden in den Förderprojekten ALIS (Aufbau Ladeinfrastruktur Stuttgart und Region), LIS (Ladeinfrastruktur Stuttgart und Region) und LIS 2.0 pilothaft Ladesäulen im Stadtgebiet Stuttgart aufgestellt und getestet. Dies wurde unterstützt durch Fördermittel des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur und des Ministeriums für Verkehr und Infrastruktur Baden-Württemberg. Konsortialpartner, Gestattungsnehmer und alleiniger Betreiber der Ladepunkte in diesen Projekten ist die EnBW. Heute sind durch die genannten Förderprojekte rund 200 öffentliche AC-Ladesäulen (mit jeweils zwei Ladepunkten) und vier öffentlich zugängliche DC-Schnellladestationen im gesamten Stadtgebiet in Betrieb.

Die Landeshauptstadt Stuttgart war mit diesen Projekten bundesweit Vorreiter beim Aufbau von Ladeinfrastruktur. Zwischenzeitlich wurden im Bereich öffentlich zugänglicher Ladeinfrastruktur wichtige technische, regulatorische und rechtliche Entwicklungen vollzogen, und neue Marktakteure sind hinzugekommen. Auch die bundesweite Förderlandschaft hat sich stark gewandelt. Stuttgart steht bezüglich der Anzahl der Ladepunkte pro Einwohner noch immer im bundesweiten Vergleich an der Spitze der Großstädte. Allerdings wird der Vorsprung geringer und das Thema Elektromobilität nimmt mittlerweile in den Strategien aller großen deutschen Städte breiten Raum ein.

Auf die erfolgreichen Pilot- und Aufbauprojekte soll daher nun als logischer nächster Schritt eine Gesamtstrategie für den weiteren Ausbau folgen. Ziel ist,

· das Netz der Ladeinfrastruktur bedarfsgerecht weiter auszubauen,

· die Anzahl der Normalladepunkte flächendeckend nachzuverdichten,

· ein über das Stadtgebiet verteiltes Netz von Schnellladepunkten aufzubauen,

· ein transparentes und diskriminierungsfreies Genehmigungsverfahren für
Investoren zu schaffen.

Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur veröffentlicht laufend Förderaufrufe auf Grundlage der „Förderrichtlinie Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge in Deutschland“. Private Investoren werden finanziell beim Aufbau und Betrieb von Ladesäulen unterstützt. Auch Förderung des Landes Baden-Württemberg kommt in bestimmten Fällen in Frage.

Die Förderregularien sind der Verwaltung der Landeshauptstadt Stuttgart bekannt und finden in der vorliegenden Konzeption Berücksichtigung. In den bundesweit zur Anwendung kommenden Förderregularien bleibt jedoch offen, wie die möglichen Investoren an Flächen für die Aufstellung von Ladepunkten gelangen. Es bleibt den jeweiligen Kommunen überlassen zu definieren, nach welchem Verfahren Investoren unter Wahrung der wettbewerbsrechtlichen Bestimmungen Flächen im öffentlichen Straßenraum zur Verfügung gestellt werden. Daher wird die Landeshauptstadt Stuttgart ein allgemein gültiges Verfahren beschließen, wie und in welchem Umfang Ladesäulen im öffentlichen Straßenraum genehmigt werden können, und welche rechtlichen und organisatorischen Schritte dafür notwendig sind. Sie orientiert sich dabei an den Lösungswegen, die andere Großstädte für die gleiche Problematik gewählt haben, und berücksichtigt die Stuttgarter Besonderheiten und die spezielle Ausgangslage durch die hohe Anzahl bestehender Ladepunkte.


B. Begriffserläuterung: Normal- und Schnellladen, AC und DC-Ladesäulen

Die folgenden Abschnitte unterscheiden zwei unterschiedliche Verfahrenswege für so genannte „Normalladepunkte“ und „Schnellladepunkte“. Zum besseren Verständnis ist eine kurze Begriffserläuterung notwendig.

Je nach Lademodus werden Ladesäulen in Normallader und in Schnelllader unterteilt. Normallader werden auch AC-Ladestationen genannt, da sie mit Wechselstrom (engl.: Alternating Current) betrieben werden. Schnelllader werden oft als DC-Ladestationen bezeichnet, da Sie in der Regel mit Gleichstrom (engl.: Direct Current) betrieben werden. Rechtlich definiert sind die Begriffe in der Verordnung über technische Mindestanforderungen an den sicheren und interoperablen Aufbau und Betrieb von öffentlich zugänglichen Ladepunkten für Elektromobile (Ladesäulenverordnung - LSV). Demnach

· ist ein Normalladepunkt ein Ladepunkt, an dem Strom mit einer Ladeleistung von höchstens 22 Kilowatt an ein Elektromobil übertragen werden kann.


· ist ein Schnellladepunkt ein Ladepunkt, an dem Strom mit einer Ladeleistung von mehr als 22 Kilowatt an ein Elektromobil übertragen werden kann.

An Normalladesäulen sind im Regelfall und nach heutigem technischen Standard zwei Anschlusspunkte links und rechts vorhanden, die gleichzeitig betrieben werden können. Sie verwenden mindestens Fahrzeugkupplungen des Typ 2, oft auch noch Schutzkontakt-Steckdosen.

An Schnellladesäulen sind bis zu drei Anschlusspunkte vorhanden, von denen je nach Typ bis zu zwei Anschlüsse gleichzeitig verwendet werden können. Sie verwenden beim Gleichstromladen mindestens Fahrzeugkupplungen des Typs Combo 2 (CCS), oft auch zusätzlich des Typs CHAdeMO.

Wenn im Folgenden von „Standorten“ die Rede ist, sind damit die einzelnen Aufstellorte gemeint. Dies entspricht folglich jeweils der zweifachen Anzahl an Stellplätzen und Ladepunkten.

Die Landeshauptstadt Stuttgart wird über die Vorgaben der Ladesäulenverordnung und anderer bundesweiter Vorgaben hinaus keine speziellen Steckertypen oder Mindestausstattungen vorschreiben. Für die Akzeptanz der Elektromobilität ist entscheidend, dass die regionalen Unterschiede und Besonderheiten möglichst gering sind, und umgekehrt der Grad der Standardisierung möglichst hoch ist.


C. Ausbaustrategie Normal- und Schnellladen

1. Planungs- und Errichtungszeitraum

Die Rahmenkonzeption Ladeinfrastruktur soll formal für unbestimmte Zeit gelten. Da das Feld der Elektromobilität im Hinblick auf Markt- und Technologieentwicklung in raschem Wandel begriffen ist, und somit Nachfrage und Nutzerverhalten schlecht prognostizierbarer sind, wird die Umsetzung zunächst auf knapp drei Jahre angelegt (Frühjahr 2019 bis Ende 2021). Eine Evaluierung zum Ende dieses Zeitraums ist beabsichtigt. Gegebenenfalls wird ein Nachverdichtungsprozess mit weiteren genehmigungsfähigen Standorten stattfinden. Der Gemeinderat wird hierzu ggf. erneut befasst werden.



Somit ergibt sich folgender Zeitplan:

2012 – 2018: Projektförderung
2019 – 2021: Startphase Regelförderung / Nachverdichtung
Ab 2022: Weitere Nachverdichtung

Bis auf weiteres zurückgestellt sind dabei die Planungen neuer Standorte innerhalb des City-Rings. Hier sind die laufenden Diskussionen über die Zukunft der Stadtentwicklung im Bereich des „City-Rings“ (Stichwort „Lebenswerte Stadt“) zu beachten und entsprechende Konzepte und Entscheidungen abzuwarten. Dies steht einer weiteren Förderung der Elektromobilität nicht grundsätzlich entgegen. Innerhalb des City-Rings lassen sich Ladepunkte auch in geeigneter Form außerhalb des öffentlichen Straßenraumes verwirklichen, z. Bsp. in Parkhäusern. Ein Positivbeispiel hierfür sind die jüngst in Betrieb genommenen vier öffentlich zugänglichen Ladepunkte im Eichstraßenareal (Rathausgarage).

2. Fahrzeugbestand und prognostizierter Bedarf

Derzeit sind insgesamt 3.920 Elektrofahrzeuge in Stuttgart gemeldet (Stand: 28.02.2019). Davon sind 2.109 reine Batterieelektrofahrzeuge, 1.785 von außen aufladbare Hybridelektrofahrzeuge (Plug-In-Hybride) und 26 Baustellenfahrzeuge. Die beiden erstgenannten Fahrzeuggruppen kommen als Nutzer der Ladeinfrastruktur in Frage und sind zahlenmäßig in den vergangenen Jahren stark angestiegen. Zum Vergleich: zum 30.11.2015 waren in beiden Gruppen zusammen nur 1.153 Fahrzeuge gemeldet. Von einem weiterhin starken Anstieg in den kommenden Jahren ist auszugehen. Dies insbesondere auch vor dem Hintergrund, dass im Jahr 2019 der Markteintritt einiger attraktiver und in Großserie gefertigter Fahrzeuge auch deutscher Hersteller erfolgen soll.

Die 26 derzeit gemeldeten Brennstoffzellenfahrzeuge können bezüglich der Betrachtungen zur Ladeinfrastruktur dagegen außen vor bleiben. Für diese wird in einem parallel laufenden Prozess ein Standort für eine Wasserstofftankstelle entwickelt.

3. Anzahl der Standorte für Normalladen

Im Rahmen der erwähnten Förderprojekte ALIS / LIS wurde im Dezember 2014 durch das Schweizer Beratungsunternehmen Protoscar die Studie „Masterplan Stuttgart 2020 – Ladeinfrastruktur für Elektroautos“ erstellt. Darin werden verschiedene Szenarien eines Fahrzeughochlaufs mit der jeweils benötigten Anzahl von Ladesäulen in Stuttgart vorgestellt. Im Lichte der tatsächlichen Entwicklung des Fahrzeugbestands erscheinen die darin getroffenen Annahmen nach wie vor plausibel. Das in der Studie entworfene mittlere Hochlaufszenario prognostiziert, dass im Jahr 2020 ca. 500 AC-Ladesäulen (mit je zwei Ladenpunkten) im öffentlichen Raum benötigt werden.

Um die Planzahl von 500 AC-Ladesäulen in Stuttgart zu erreichen, müssten zusätzlich zu den schon bestehenden 200 Ladesäulen in Zukunft noch 300 Ladesäulen neu aufgebaut und betrieben werden. Diese Zahl wird dem Genehmigungsverfahren zu Grunde gelegt.


Zu beachten ist dabei, dass sowohl die Protoscar-Studie als auch die Nationale Plattform Elektromobilität (das Beratungsgremium der Bundesregierung, welches seit dem 01. Januar 2019 als „Nationale Plattform Zukunft der Mobilität“ weitergeführt wird) von der Annahme ausgehen, dass nur 15 % der Ladevorgänge an einem öffentlich zugänglichen Aufstellort stattfinden. Als „öffentlich zugänglicher Aufstellort“ gelten die Ladepunkte im öffentlichen Straßenraum, aber auch auf Autobahnraststätten, bei Einkaufszentren etc. Die Masse von 85 % der Ladevorgänge wird typischerweise an einem privaten Aufstellort stattfinden. Als „privater Aufstellort“ gelten Stellplätze am Eigenheim, in und an Wohnanlagen, auf Firmenparkplätzen, Behördenparkplätzen etc. Das bedeutet: die insgesamt vorgesehenen 1.000 Normalladepunkte im öffentlichen Straßenraum bilden nur 15 % des Gesamtbedarfes ab, ein zusätzlicher Ausbau auf privaten Flächen ist parallel erforderlich. Dieser Ausbau auf privaten Flächen wird durch die Landeshauptstadt Stuttgart in geeigneter Form ebenfalls unterstützt, zum Beispiel durch die Teilnahme als assoziierter Partner in Förderanträgen großer Forschungsinstitute und Arbeitgeber im Stadtgebiet, die das Ziel haben Ladeinfrastruktur im halb- und nichtöffentlichen Bereich zu errichten.

4. Verortung der Standorte für Normalladen

Die neu aufzubauenden 300 AC-Ladesäulen sollen möglichst bedarfsgerecht auf das Stuttgarter Stadtgebiet verteilt werden. Im Schnitt werden rund zwei neue Standorte auf die 152 Stuttgarter Stadtteile entfallen. Dabei wurde die Planzahl „Ladestandorte pro Stadtteil“ über die absolute Einwohnerzahl (ab 18 Jahre) im jeweiligen Stadtteil ermittelt. Die Anzahl der Ladestandorte richtet sich demnach grob nach der Wohndichte in einem Stadtteil.

Für das Laden am Arbeitsplatz wird ebenfalls Ladeinfrastruktur benötigt. Allerdings können hierfür auch die jeweiligen Arbeitgeber Lademöglichkeiten auf privaten Flächen schaffen. Deshalb wurde korrigierend die Anzahl der Beschäftigten in einem Stadtteil mit in die Berechnung einbezogen, aber nur zu 25 % gewichtet. So wurde die Planzahl einzelner Stadtteile mit geringer Einwohnerdichte bei gleichzeitiger hoher Beschäftigungsdichte (z.B. Hospitalviertel, Gewerbegebiete Weilimdorf, Vaihingen) oder von Stadtteilen mit außergewöhnlich stark frequentierten Tourismusdestinationen angepasst. Auch Merkmale wie Denkmalschutz, Parkraumbewirtschaftung und besondere Zonen (Lebenswerte Stadt, Stadtteile mit wenig öffentlichem Straßenraum etc.) spielten eine Rolle bei der Verteilung der genehmigungsfähigen Standorte auf die Stadtteile.

Eine genaue Übersicht über die Planzahlen der Ladestandorte in den einzelnen Stadtteilen findet sich in Anlage 1.

Für eine optische Darstellung der möglichen Ladestandorte wurde durch das Stadtmessungsamt eine Anwendung entwickelt, die die heute schon bestehenden und die noch aufzubauenden Ladepunkte in einem Stadtteil auf einer digitalen Karte anzeigt. Die Anwendung wird für die Landeshauptstadt Stuttgart als Planungstool und für die interessierten Investoren als Übersicht über noch freie Investitionsorte online verfügbar sein. Auch Stadträte, Bezirksbeiräte und interessierte Bürger werden die Darstellung nutzen können, um einen Überblick über den Ausbau der Ladeinfrastruktur im öffentlichen Raum zu erhalten.

5. Anzahl der Standorte für Schnellladen

Um den regionsweiten Bedarf an Schnellladesäulen zu ermitteln, wurde vom Verband Region Stuttgart beim Karlsruher Institut für Technologie (KIT) ein „Regionaler Masterplan Schnellladeinfrastruktur“ in Auftrag gegeben. Der flächendeckende Ausbau von Schnellladesäulen sollte in der Region Stuttgart so geplant werden, dass jede zukünftige Schnellladesäule von jedem Standort aus in fünf Minuten erreicht werden kann. Um dieses Ziel umzusetzen, würden in Stuttgart 23 Schnellladesäulen gebraucht. Bei bisher 4 bestehenden öffentlich zugänglichen Schnellladestandorten (von denen sich lediglich einer auf städtischen Flächen befindet) müssten aktuell noch rund 20 Schnellladestationen neu aufgebaut werden. Gegebenenfalls könnten bei steigender Nachfrage zu einem späteren Zeitpunkt weitere Standorte ausgewiesen werden. Daher wird die Stadtverwaltung zusätzlich bis zu 10 weitere Schnellladestandorte untersuchen, die später realisiert werden können.



1. Verortung der Standorte für Schnellladen

Die 20 eben erwähnten Schnellladestandorte müssen sich nicht zwingend im öffentlichen Straßenraum befinden. Auch private Flächen kommen in Frage, ermöglichen dann allerdings kein steuerndes Eingreifen der Kommune. Daher wird die Landeshauptstadt Stuttgart geeignete Flächen anbieten, um eine schnelle Realisierung des Ausbaus von Ladeinfrastruktur mit hohen Anschlussleistungen von 50 Kilowatt und mehr zu ermöglichen.

Es handelt sich konzeptbedingt um weit weniger Standorte als für die Normalladeinfrastruktur vorgesehen sind. Es werden allerdings höhere Bedingungen an die Standorte gestellt, insbesondere im Hinblick auf die verfügbare Kapazität im Stromnetz und die Entfernung zum nächsten Knotenpunkt im Verteilnetz (Umspannstation bzw. „Trafohäuschen“). Auch der Flächenbedarf für die Hardware der Ladestation selbst sowie für den notwendigen Messwandlerschrank und ggf. für lokale Batteriespeicherlösungen ist weit größer als bei Normalladeinfrastruktur. Die Schnellladestationen am Landtag Baden-Württemberg und in der Leuschnerstraße 3 (mit Betonfundament und integriertem Messwandlerschrank) sowie in der Schelmenwasenstraße 15 (mit lokalem Batteriespeicher) und der Talstraße 117 sind insofern repräsentativ für den Flächenbedarf und geben eine räumliche Vorstellung von den Anforderungen an die Standorte. Aus den genannten Gründen wird die Landeshauptstadt Stuttgart die Standorte für die Schnelllader stellplatzscharf vorgeben. Investoren können sich anders als bei der Normallade-infrastruktur nicht innerhalb eines Stadtteils einen geeigneten Standort aussuchen, sondern haben die Möglichkeit sich in einem Interessenbekundungsverfahren auf vorab ausgewählte Standorte zu bewerben.

Die möglichen Standorte für die bis zu 20 Schnellladestationen wurden von der Verwaltung bereits identifiziert und vorausgewählt. In der vom KIT entwickelten Studie wurde zunächst lediglich ein Verkehrsmodell zugrunde gelegt. Die so entwickelten grob eingegrenzten Standorte wurden mit dem Netzbetreiber (Stuttgart Netze) im Hinblick auf Verfügbarkeit elektrischer Anschlussleistung diskutiert und weiterentwickelt. Im Dezember 2018 haben umfangreiche Ortsbegehungen stattgefunden, bei denen auch verkehrsplanerische und städtebauliche Aspekte berücksichtigt wurden, so dass nun eine ausreichende Anzahl an realisierbaren Standortoptionen vorliegt, um ein Interessenbekundungsverfahren zu starten.

Die Liste der möglichen Standorte ist bisher noch nicht finalisiert und noch nicht veröffentlicht. Nach dem Grundsatzbeschluss laut obigem Beschlussvorschlag wird die Anhörung in den Bezirksbeiräten stattfinden. Diese sind bei der Errichtung von Ladeinfrastruktur im öffentlichen Straßenraum zu beteiligen.

2. Zusammenfassung: formales Antrags- und Genehmigungsverfahren für den Aufbau von Normal- und Schnellladeinfrastruktur

Für den Aufbau der Normalladestationen und der Schnellladestationen sollen aus sachlichen und rechtlichen Erwägungen zwei in Details unterschiedliche Varianten des Genehmigungsverfahrens angewendet werden.

In beiden Fällen wird zwischen den Investoren als Errichter und Betreiber der Lade-infrastruktur und der Landeshauptstadt Stuttgart ein Gestattungsvertrag geschlossen. Dieser wird zunächst Mindestlaufzeiten von acht Jahren für Normalladeinfrastruktur und von 15 Jahren für Schnellladeinfrastruktur enthalten. Details wie beispielsweise Endschaftsregelungen werden im jeweiligen Gestattungsvertrag festgelegt. In später abgeschlossenen neuen Verträgen soll ggf. eine flexible Anpassung auf Mindestlaufzeiten von sechs Jahren für Normalladeinfrastruktur und 10 Jahre für Schnellladeinfrastruktur ohne erneuten Gremienbeschluss möglich sein, um ggf. auf kürzere Amortisationszeiten reagieren zu können.

Die Details des Verfahrens zur Antragstellung und Umsetzung sind in der angehängten „Richtlinie für Investoren: Aufstellen einer Ladesäule im öffentlichen Raum“ festgehalten (Anlage 2).


Finanzielle Auswirkungen

a) In Gebieten mit Parkraumbewirtschaftung entfallen schätzungsweise rund 500 EUR pro Stellplatz und Jahr an Gebühreneinnahmen. Unter der Annahme, dass zwischen 100 und 150 der zusätzlichen 320 Ladesäulenstandorte (300 Normalladestationen / 20 Schnellladestationen) in Gebieten mit Parkraumbewirtschaftung liegen könnten, und jeweils zwei Stellplätze betroffen sind, wären dies Einnahmeausfälle von 100.000 EUR bis 150.000 EUR jährlich. Diese Einnahmeausfälle sind durch die Fachämter bei der Aufstellung des Doppelhaushaltes 2020/2021 zu berücksichtigen.

b) Die Landeshauptstadt Stuttgart beabsichtigt, die Errichtung der Ladeinfrastruktur aktiv zu fördern. Auf das Erheben einer Sondernutzungsgebühr wird daher verzichtet. Bis auf Weiteres wird davon ausgegangen, dass die Errichtung der Ladeinfrastruktur überwiegend im öffentlichen Interesse liegt. Ein Verzicht auf die Erhebung von Sondernutzungsgebühren ist in diesem Falle möglich (vgl. § 3 Abs. 2 Ziff. 9 der Satzung über Erlaubnisse und Gebühren für Sondernutzungen an öffentlichen Straßen in Stuttgart). Der Landeshauptstadt Stuttgart entstehen hierfür zunächst keine tatsächlichen Ausgaben. Auch ist die Höhe des Förderbeitrages durch die kostenfreie Bereitstellung der Flächen zum Zeitpunkt nicht exakt bezifferbar. Zum Einen ist im Gebührenverzeichnis für Sondernutzungen das Thema Ladeinfrastruktur nicht gesondert aufgeführt. Zum Anderen hat sich ein einheitlich anerkannter Marktwert in diesem Bereich noch nicht herausgebildet. Sehr grob geschätzt kann von einem Förderbeitrag von rund 500 EUR pro Standort ausgegangen werden, bei 320 Standorten also in Summe rund 160.000 EUR jährlich an nicht erhobenen fiktiven Sondernutzungsgebühren. Die Stadtverwaltung wird den Markt und die Einnahmemöglichkeiten im Bereich öffentlich zugänglicher Ladeinfrastruktur weiter beobachten und die Förderung zu gegebener Zeit überprüfen.

c) Die Verwaltungsgebühren liegen pro Standort in einer vernachlässigbaren Größenordnung. Diese und die Gebühren, die unmittelbar mit der Errichtung der Ladepunkte zusammenhängen (wie die Gebühr für die Ausnahmegenehmigung und die Anordnung der Baumaßnahme) werden seitens der Landeshauptstadt Stuttgart vom Investor voll erhoben. Sie sind als Kosten der Investition in den Ladepunkt bzw. des Netzanschlusses bei Dritten (Bund oder Land) voll oder teilweise förderfähig, ein Verzicht seitens der Landeshauptstadt Stuttgart ist daher nicht geboten und auch nicht notwendig. Dies gilt auch für die Verwaltungsgebühren.

d) Es ist vorgesehen, dass die Landeshauptstadt Stuttgart die technische Durchführung der Beschilderung vor den Aufstellflächen der Ladestationen übernimmt. Pro Standort fallen für die StVO-Beschilderung schätzungsweise Kosten von rund 1.000 EUR an. Diese Kosten sowie die Kosten einer farblichen Kennzeichnung des Stellplatzes mit Piktogramm sollen ebenfalls von den Investoren übernommen werden. Es ergeben sich keine finanziellen Auswirkungen für die Landeshauptstadt Stuttgart.




Beteiligte Stellen

Die Referate AKR, WFB, SOS, StU und T haben mitgezeichnet.




Fritz Kuhn

Anlagen

1. Ergebnisliste Rechenmodell "Anzahl Normalladestationen pro Stadtteil"
2. Richtlinie für Ladepunktbetreiber und Investoren "Aufstellen einer Ladesäule im öffentlichen Raum"


<Anlagen>



zum Seitenanfang