Landeshauptstadt Stuttgart
Referat Soziales und gesellschaftliche Integration
Gz: SI
GRDrs 1037/2021
Stuttgart,
12/03/2021



Haushalt 2022/2023

Unterlage für die 2. Lesung des Verwaltungsausschuss zur nichtöffentlichen Behandlung am 06.12.2021



Haushalt 2022/2023 Städtische Förderung zum Bau von Pflegeheimen, um die Kosten für unsere älteren Stuttgarter*innen zu senken

Beantwortung / Stellungnahme

Zu 1. Zusätzliche Ausgabeermächtigungen von 5 Mio. Euro p.a. von 2022 - 2031 für Zuschüsse beim Bau neuer Pflegeheimplätze.

Angesichts der steigenden Knappheit an Pflegeplätzen in der Landeshauptstadt Stuttgart würden weitere finanzielle Ressourcen zur notwendigen Bereitstellung zusätzlicher Flächen und einer verbesserten Pflegeinfrastruktur beitragen können.

Die Sozialverwaltung hat im Rahmen der Prüfung des Antrags den Kommunalverband für Jugend und Soziales (KVJS), Referat Pflegesatzverhandlungen, um eine gutachterliche Stellungnahme gebeten. Der KVJS kommt in seiner Stellungnahme zu folgendem Ergebnis:

„Da es sich unserer Einschätzung nach bei der vorgesehenen Förderung nicht um eine öffentliche Förderung gemäß § 9 SGB XI (nach Landesrecht vorgesehene Förderung) handeln würde, würde die Einrichtung im Kontext einer Investitionskostenverhandlung nicht den Status einer geförderten Einrichtung erlangen. In der Konsequenz könnten derartige, nicht nach Landesrecht geförderte Einrichtungen, gem. § 82 Abs. 4 SGB XI ihre betriebsnotwendigen Investitionsaufwendungen den Pflegebedürftigen ohne Zustimmung der zuständigen Landesbehörde gesondert berechnen. Die gesonderte Berechnung ist der zuständigen Landesbehörde (KVJS) lediglich mitzuteilen. Auf die Ausgestaltung insbesondere der Entgelthöhe hat die zuständige Landesbehörde keine Einflussmöglichkeiten. Daher kann eine Berücksichtigung von Zuschüssen oder Fördermitteln nicht eingefordert werden. Es kann somit nicht sichergestellt werden, dass alle Bewohner einer Pflegeinrichtung entsprechend finanziell entlastet werden.

Lediglich im Rahmen der Verhandlungen über eine Vereinbarung nach § 75 SGB XII in Verbindung mit § 82 Abs. 4 SGB XI (Investitionskostensatz für Sozialhilfeempfänger) könnten und werden die von Seiten der Landeshauptstadt geflossenen Fördergelder berücksichtigt. Diese Vereinbarung gilt allerdings ausschließlich für Sozialhilfeempfänger und hat keine rechtliche Ausstrahlungswirkung für Selbstzahler.“

Aufgrund der rechtlichen Rahmenbedingungen bleibt festzuhalten, dass sich eine Förderung, wie im Haushaltsantrag dargestellt, kostensenkend bei den Investitionskostenverhandlungen für Stuttgarter Pflegeheimbewohner*innen im Sozialhilfebezug auswirken würde, nicht jedoch bei Selbstzahler*innen.

In der Konsequenz würde eine solche Förderung aufgrund der aktuellen rechtlichen Grundlage die Transferleistungen der Sozialhilfeträger (Pflichtleistung) für die Bewohner*innen der geförderten Einrichtung vermindern, da der Eigenanteil in diesen Fällen von den kostentragenden Sozialämtern übernommen wird. Ein unmittelbarer Mehrwert für die Pflegeheimbewohner*innen im Leistungsbezug entstünde nicht. Vielmehr wäre durch die kostenmindernde Wirkung auf den Transferhaushalt des Sozialamts ein geringerer Soziallastenausgleich des Bundes zu erwarten.

Die mit dem Gesetz zur Weiterentwicklung der Gesundheitsversorgung (GVWG) beschlossene Entlastung vollstationär Pflegebedürftiger durch nach Abhängigkeit der Pflegedauer gestaffelte Leistungszuschläge ist ein erster Schritt, um die Bewohner*innen von Pflegeeinrichtungen finanziell zu entlasten. Allerdings wurde in diesem Zusammenhang die Entlastung der Bewohner*innen von ambulant betreuten Pflegewohngemeinschaften nicht mitgedacht.

In Baden-Württemberg wurde im Jahr 2010 letztmalig ein Pflegeheimförderprogramm auf der Grundlage des Landespflegegesetzes aufgelegt. Damit diese strukturelle Aufgabe wieder erfüllt wird, setzt sich die Sozialverwaltung dafür ein, dass eine Landesförderung für den Bau von Pflegeheimen aufgenommen wird.

Eine Hauptaufgabe auf kommunaler Ebene muss in den kommenden Jahren im weiteren Ausbau von ambulanten Hilfe- und Unterstützungsstrukturen liegen, so dass pflegebedürftige Menschen länger in der eigenen Häuslichkeit versorgt werden können. Eine alternative Verwendung der Förderung von ambulanten Hilfe- und Unterstützungsstrukturen könnte dazu beitragen, das Hilfesystem der stationären Versorgung enorm zu entlasten.

Grundsätzlich ist es eine sinnvolle Option, Mittel für einen Ausbau des städtischen Förderprogramms für selbstverantwortete Wohngemeinschaften für Pflegebedürftige bereitzustellen, etwa für eine Erweiterung des Kreises der Antragsberechtigten um weitere Pflegewohnformen (z. B. trägergestützte Wohngemeinschaften) oder eine Erhöhung der Förderung für die Prozessbegleitung. Dadurch kann der Aufbau von (ambulanten) Pflegewohnformen deutlich erleichtert und beschleunigt werden.

Die Kommunale Pflegekonferenz (unter Leitung von Frau Bürgermeisterin Dr. Sußmann) erarbeitet derzeit Handlungsempfehlungen, die im Jahr 2022 dem Gemeinderat in einer Beschlussvorlage dargestellt werden.

Die Sozialverwaltung legt bis Sommer 2022 dem Gemeinderat eine Gesamtkonzeption „Pflege 2.0“ vor, in der die städtische Förderung einer wohnortnahen ambulanten und stationären Pflegeinfrastruktur dargestellt wird.


Zu 2. Die dafür erforderlichen Mittel von insgesamt 50 Mio. Euro werden aus der Rücklage für die Wohnraumoffensive Stuttgart entnommen.

Die davon-Position Wohnraumoffensive hat zum 31.12.2021 unter Berücksichtigung der im Jahr 2021 geplanten Mittelabflüsse einen voraussichtlichen Bestand von 85.778 TEUR.

Die in den Jahren 2022 bis 2027 ff. geplanten Mittelverwendungen der davon-Position Wohnraumoffensive (vgl. hierzu Anlage 5 zur Finanzplanung 2021 bis 2026) belaufen sich unter Beachtung der Maßnahmen aus der Grüne Liste (Förderprogramm zur Schaffung von Wohnraum zur Miete für das Programmjahr 2022 sowie das Programmjahr 2023 mit einem Finanzierungsbedarf von insgesamt 4.800 TEUR) auf insgesamt 61.334 TEUR.

Die danach verbleibenden Mittel der davon-Position Wohnraumoffensive in Höhe von 24.444 TEUR reichen zur Finanzierung des Antrags nicht aus.

Auch inhaltlich wäre die Verwendung von Mitteln aus der davon-Position Wohnraumoffensive eigentlich nicht möglich, da durch ein solches Förderprogramm weder mehr "Wohnraum" in der Pflege geschaffen noch Mieten billiger würden.

Zu 3. Die Sozialverwaltung entwickelt die erforderlichen Förderkriterien, wenn möglich unter Beteiligung des Forums der Altenhilfeträger.

Die Entwicklung von Förderrichtlinien zur Pflegeheimförderung würde in jedem Fall umfangreiche Vorbereitungen und die Klärung der Frage erfordern, was konkret mit der Förderung erreicht werden soll. Die Konzeption eines Förderprogramms würde vielfältige Aspekte berücksichtigen müssen, z. B. welche baulichen Standards zugrunde gelegt werden müssen, ob steigende Baukosten berücksichtigt werden könnten, ob ein Höchstwert für den Investitionskostensatz gelten müsste und vieles andere mehr.

Aufgrund der Vielzahl der oben aufgeführten offenen Fragen würde die Entwicklung rechtssicherer Förderkriterien einen erhöhten Aufwand verursachen, der von der Verwaltung nicht aus bestehenden Ressourcen geleistet werden könnte.

Alternativ zur Baukostenförderung wäre theoretisch auch eine Subjektförderung möglich mit dem Vorteil einer personenbezogenen und bedarfsorientieren Gewährung von Zuschüssen an finanziell bedürftige Stuttgarter*innen. Bei einer Subjektförderung wären allerdings intensive Einzelfallprüfungen nötig, die nicht ohne entsprechende personelle Ressourcen in der Verwaltung konzeptioniert und durchgeführt werden könnten. Eine Umsetzung wäre daher wohl nicht kurzfristig möglich.



Vorliegende Anträge/Anfragen

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623/2021 SPD




Dr. Alexandra Sußmann
Bürgermeisterin




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