Landeshauptstadt Stuttgart
Referat Sicherheit und Ordnung
Gz: RSO
GRDrs 1006/2011
Stuttgart,
11/28/2011



Haushalt 2012/2013 Stellenplan

Unterlage für die 2. Lesung des Verwaltungsausschuss zur nichtöffentlichen Behandlung am 05.12.2011



Haushalt 2012/2013 - Genehmigungen/Gestattungen für Feste und Veranstaltungen von Vereinen, kirchlichen Organisationen
und Veranstaltungen behördlich begleiten: Personalengpässe beim Amt für öffentliche Ordnung.


Beantwortung / Stellungnahme


Die Beantwortung des Antrags der CDU-Gemeinderatsfraktion kann nur unter Einbeziehung des Antrags 563 /2011 und der Beantwortung der Anfrage Nr. 362/2011 der SPD-Gemeinderatsfraktion erfolgen.

1. Bedeutung von Veranstaltungen für den Standort Stuttgart


Ein gut organisiertes, erfolgreiches und vor allem vielfältiges Veranstaltungsangebots ist für den Ruf der Stadt Stuttgart von besonderer Bedeutung. Die Bandbreite reicht von besonderen Fußballereignissen (einschließlich sog. „Public-Viewings“) über Open-Air-Konzerte in der Innenstadt und auf dem Cannstatter Wasen bis hin zum Cannstatter Volksfest, dem Frühlingsfest, besonderen Kultur- und Sportereignissen in der Hanns-Martin-Schleyer-Halle, der Porsche Arena u. a. Außerdem ist Stuttgart als Landeshauptstadt regelmäßig Gastgeber für überregionale, oft bundesweit bedeutende Veranstaltungen wie dem Fest zur Deutschen Einheit 2013, dem Landesfeuerwehrtag 2013 oder dem Deutschen Evangelischen Kirchentag 2015.

Dazu gibt es ein ebenso vielfältiges Angebot an Veranstaltungen jeglicher Größenordung, die mit ehrenamtlichem Engagement organisiert und durchgeführt werden.

Das Amt für öffentliche Ordnung koordiniert die Zusammenarbeit einschließlich der fachtechnischen Zuarbeit der beteiligten Ämter und des Polizeipräsidium Stuttgart und erteilt die Gesamtgenehmigung einer Veranstaltung. Für die Genehmigung von ehrenamtlichen „kleinen“ Veranstaltungen wurde beim Amt für öffentliche Ordnung im Jahre 2002 ein Bürgerservice Veranstaltungen eingerichtet, der durch eine zusätzliche und systematisch angelegte Beratung und Koordinierung eine Verbesserung und Optimierung des Antragsverfahrens für die Genehmigung im öffentlichen Verkehrsraum gewährleistet, Genehmigungen bündelt und den Handlungsbedarf seitens des Veranstalters auf das Notwendige reduziert.

Es ist und bleibt das Ziel der Stadtverwaltung vor allem der Mitarbeiter/-innen des Baurechtsamts, der Branddirektion und des Amts für öffentliche Ordnung, verlässlicher Partner und Berater der Veranstalter zu sein. Die Verwaltung hat die Rückmeldungen verschiedener Veranstalter, aber auch die vorliegende Anfrage zum Anlass genommen, den Eindruck, die Bearbeitungs- und Beratungsqualität vor allem beim Amt für öffentliche Ordnung erreiche nicht mehr die bisher gewohnte Qualität, zu überprüfen.

2. Entwicklung des Aufgabenvolumens

Der Attraktivität der Landeshauptstadt Stuttgart für Veranstaltungen entspricht eine sich ständig wandelnde „Event-Kultur“, die zunehmende Belegung des öffentlichen Raums mit steigenden Veranstaltungszahlen, die Schaffung neuer und komplexer Veranstaltungsräume, eine stetig steigende Zahl an Veranstaltungsörtlichkeiten sowie eine vermehrte Durchführung von Veranstaltungen in sog. „Off-locations“, also Räumlichkeiten, die nicht für den Veranstaltungsbetrieb geschaffen sind. Diese Umstände wirken sich ganz erheblich in zusätzlichem Arbeitsaufwand für die Mitarbeiter aus.

Die steigenden Anforderungen an Sicherheitsstandards, den Lärmschutz und die Berücksichtigung von Auswirkungen auf den öffentlichen und den Individualverkehr erschweren den Rückgriff auf standardisierte Vorgänge weitgehend und erfordern immer mehr eine individuelle und ganzheitliche Betrachtung dichter Veranstaltungsräume. Dieser Trend ist seit Jahren erkennbar und verstärkt sich zunehmend, weil selbst die Genehmigungen von Hallenveranstaltungen durch immer aufwändigere Inszenierungen und komplexe zusätzliche Einbauten nicht mehr schematisiert bearbeitet werden können.

Der Bürgerservice Veranstaltungen wiederum hat sich seit dieser Zeit durch verschiedene Entwicklungen von der reinen Betreuung Ehrenamtlicher erfolgreich zu einer allgemeinen Auskunfts-, Verteil-, Antragsannahme- und Genehmigungsstelle für alle möglichen Aktivitäten im öffentlichen Verkehrsraum entwickelt. Das Ziel Antragstellern möglichst eine Anlaufstelle anzubieten wurde insofern erreicht und führte auch zu sehr positiven Rückmeldungen. Mit der Verbesserung der inhaltlichen Qualität und des Services sind allerdings auch die Erwartungen der Antragsteller, Ehrenamtlicher wie Hauptberuflicher, insbesondere bei der Beratungstätigkeit, drastisch gestiegen.

Gleichzeitig hat das Aufgabenumfeld „Veranstaltungen“ auch in diesem Bereich wesentliche Ausweitungen erfahren:
3. Fallzahlenentwicklung der vergangenen zehn Jahre:

Wie die Ausführungen unter Punkt 2 belegen, ist eine reine Fallzahlenbetrachtung nicht geeignet, die Anforderungen an die Genehmigungen von Veranstaltungen ausreichend abzubilden, wobei aber auch diese deutliche Zuwächse aufweisen.


Veranstaltungen mit erhöhtem Gefährdungsprofil

Jahr2000200320062007200820092010
Anzahl423501514558658695885

Diese Veranstaltungen werden beim Amt für öffentliche Ordnung insbesondere bei der Dienststelle Allgemeine Sicherheits- und Ordnungsangelegenheiten von 3 Sachbearbeiter/-innen, und anteilsmäßig vom Sachgebietsleiter und dem Dienststellenleiter bearbeitet. Die Stellenausstattung besteht seit 2000 unverändert.

Bei diesen Veranstaltungen mit einem erhöhtem Gefährdungsprofil führen die gestiegenen und für die Verwaltung nicht disponiblen Sicherheitsanforderungen nicht zuletzt seit den Ereignissen in Duisburg unter dem Aspekt der Haftung sowohl für die Veranstalter als auch für die Projektsachbearbeitung selbst zu einem erheblichen Arbeitsmehraufwand. So hat sich das Erfordernis, etwa bei Open-Air-Veranstaltungen o. a. Ordner- und Sanitätsdienstkonzepte zu erstellen, erst in den letzten 10 Jahren zu regelmäßigen Bestandteilen des Genehmigungsverfahrens entwickelt. Der Verdichtung der Veranstaltungsräume, wie z.B. im Neckarpark entspricht ein höherer „Veranstaltungsumsatz“; dies bedingt zwangsläufig einen zusätzlichen, sehr erheblichen Koordinierungsaufwand der Genehmigungsbehörde, um den Interessen für Veranstalter soweit wie möglich Rechnung zu tragen. Beispielsweise müssen Entfluchtungs- und Parkierungskonzepte synchronisiert und aufeinander abgestimmt werden. Darüber hinaus ist mit der gegebenen Personallage die qualifizierte konzeptionelle Begleitung bei der Entwicklung neuer Veranstaltungsörtlichkeiten und –räume und die damit verbundene Fachberatung der Veranstalter, so wie sie von diesen regelmäßig gefordert wird, nicht realisierbar.

Andere Veranstaltungen

2003
2004
2005
2006
2007
2008
2009
2010
Treffen von Anordnungen aus Anlass von Veranstaltungen
(Straßenfeste,Radrennen, etc.)
588
493
557
571
624
533
595
629
Davon (Ausnahme-) Genehmigungen von Großveranstaltungen
27
18
23
31
48
61
103
122


Diese Veranstaltungen werden beim „Bürgerservice Veranstaltungen“ innerhalb der Straßenverkehrsbehörde bearbeitet. Die Personalausstattung wurde 2006 von 4 auf 5 Mitarbeiter/innen aufgestockt. Im Unterschied zu den Veranstaltungen mit erhöhtem Gefährdungspotential nehmen die Mitarbeiter dabei auch noch in erheblichem Umfang Aufgaben nach der StVO wahr. So wird die gesamte Verkehrsregelung einer Veranstaltung mit abgewickelt (z. B. Stuttgart-Lauf). Nachstehend weitere Beispiele:



2003
2004
2005
2006
2007
2008
2009
2010
Werbeaktion
39
93
113
96
153
139
113
135
Werbeaktion vor Laden
14
22
17
20
49
41
39
37
Infostände
133
297
285
299
302
285
234
256
Film- u. Drehgenehmigungen
53
87
127
82
132
84
143
191
Verkaufsstände
65
154
106
108
140
107
109
111

Die gestiegene Beanspruchung der Verwaltung durch die immer höheren Erwartungen der „Festlesmacher“ bei der Bearbeitung ihrer Anträge ist schon eingangs beschrieben. Allein schon die obige, rein quantitative Betrachtung der Fallzahlenentwicklung mit ihrer steigenden Tendenz auf allen Gebieten über die Jahre belegt die Vollbelastung der Mitarbeiter/-innen dieses Aufgabenbereichs. Der Trend ist ungebrochen.


4. Ergänzend ist zu den Anträgen der CDU- und der SPD-Gemeinderatsfraktion im Einzelnen noch Folgendes auszuführen:

Antrag Nr. 502/2011 CDU: zu Frage 3

Im Bürgerservice Veranstaltungen werden für Veranstaltungen Antragsfristen u.a. für die erforderliche Beteiligung von anderen Behörden von zwei bis drei Monaten von der Antragstellung bis zur Durchführung der Veranstaltung vorgegeben. Der Antragsteller wird wie oben beschrieben bei erstmaliger Antragstellung bzw. großen Veränderungen frühzeitig über Neuerungen/Anpassungen umfassend informiert. Durch die Bündelung der Genehmigungsunterlagen, insbesondere der verkehrsrechtlichen Anordnung werden die Genehmigungen in der Regel spätestens zwei Wochen vor der Veranstaltung durch den Bürgerservice Veranstaltungen versandt, um eine umfassende Information des Veranstalters zur Genehmigung zu erreichen und deren Umsetzung zu ermöglichen. Voraussetzung ist die Einhaltung der Antragsfristen mit Einreichung aller erforderlichen Unterlagen und keine kurzfristigen grundlegenden Änderungswünsche durch den Veranstalter selbst.

Antrag Nr. 502/2011 CDU: zu Frage 5

Die Genehmigungsbearbeitung und -abwicklung von Veranstaltungen und Werbeaktionen auf öffentlichen Flächen wurde im Jahr 2011 aktuell überarbeitet. Diese für die Veranstalter positiven Änderungen führten zu keiner signifikanten Arbeitserleichterung für die Verwaltung. Eine weitere Vereinfachung der Verfahren ist aufgrund der rechtlichen und sachlichen Prüfschritte und Beteiligungen von Fachämtern nicht möglich. Die vielfältigen Ausprägungen der Veranstaltungen entziehen sich zudem oftmals standardisierten Verfahren. Weiter reduzierte Bearbeitungszeiten sind nicht möglich.

Antrag Nr. 502/2011 CDU: zur Frage 6

Der Bürgerservice Veranstaltungen beteiligt bei allen Veranstaltungen auf öffentlicher Fläche die Bezirksämter im Rahmen des Anhörungsverfahrens.


Antrag Nr. 362/2011 SPD zu Frage 3

Die Zahl der Veranstaltungsstätten lässt sich nicht genau beziffern, da eine Vielzahl von Veranstaltungen in sog. „Off-Locations“ stattfinden. In den letzten zehn Jahren hat sich aber bereits die Zahl der reinen Veranstaltungsstätten erhöht. So kamen zum Beispiel die PorscheArena und das Carl-Benz-Center, das Römerkastell und die SCHARRena hinzu. Ein stärkerer Anstieg ist jedoch bei den Mischnutzungen von Einrichtungen, z. B. Museumsräume als Veranstaltungsstätten, und bei den Veranstaltungen in Gebäuden, Einrichtungen und auf Plätzen zu verzeichnen, die sonst anderen Zwecken dienen. Gerade bei den beiden letztgenannten Nutzungsräumen, also den gemischt genutzten baulichen Anlagen und den „Off-Locations“ sind oft umfassende und aufwändige Prüfungen und Besprechungen notwendig, um eine Veranstaltung dort zu ermöglichen.


Antrag Nr. 563/2011 SPD: zu I.

Für die kommenden Stellenplanberatungen zum Doppelhaushalt 2012/2013 schlägt die Verwaltung bisher nur für den Stellenplan 2013 die befristete Schaffung einer Stelle beim Amt für öffentliche Ordnung vor. Damit soll der Zusatzaufwand, der durch den Evangelischen Kirchentag 2015 beim Amt für öffentliche Ordnung entsteht, abgedeckt werden. Kurzfristig d. h. zum Stellenplan 2012 waren bisher keine Stellenschaffungen vorgesehen.

Die letztmalige Betrachtung des Aufgabengebietes anlässlich des Beginns der vorbereitenden Aufgaben für die Haushaltsplanerstellung hat ergeben, dass diese Aufgabenveränderungen in qualitativer und quantitativer Hinsicht innerhalb des Amts für öffentliche Ordnung mit dem vorhandenen Personalbestand nur defizitär bewältigt werden können. Die Hoffnung war, dieses Defizit intern im Sachgebiet nach der Landtagswahl 2011 durch einen Rückgang der Versammlungen wenigstens teilweise kompensieren zu können. Diese Erwartung erfüllte sich nicht, sondern im Gegenteil die Versammlungszahlen sind gegenüber 2010 nochmals drastisch angestiegen. Verschärft wurde die Lage in diesem Jahr durch die Erkrankung und den Tod des Leiters der zuständigen Dienststelle, der im Bereich der Veranstaltungen insbesondere die grundsätzliche konzeptionelle Arbeit geleistet hat.

Auch der erhöhte Beratungs- und Besprechungsaufwand, der sich nicht zuletzt durch die als Folge der Katastrophe von Duisburg noch einmal erhöhten Anforderungen an Sicherheitskonzepte und Aufplanung von Veranstaltungen ergibt, war zum damaligen Zeitpunkt nicht in vollem Umfang absehbar. Da das Amt für öffentliche Ordnung bereits alle organisatorischen und personellen Reserven aktiviert hat, kann ein ausreichend qualifizierter Verwaltungsvollzug auch als Dienstleistung im Verhältnis zu den Veranstaltern nur durch zusätzliche Stellenschaffungen wieder erreicht bzw. zukunftsfähig sichergestellt werden. Seitens des Referats AK wird das Schaffungskriterium „Arbeitsvermehrung“ anerkannt und der Bedarf für eine weiter Stelle zur Bearbeitung von Großveranstaltungen mit erhöhtem Gefährdungsprofil festgestellt.

Ein weiterer Gesichtspunkt, der Anfang des Jahres noch nicht bekannt war, ist die Entscheidung, die zentrale Feier zum Tag der deutschen Einheit 2013 nach Stuttgart zu vergeben. Die Verwaltung hat unter Berücksichtigung dieser Umstände zu gegebener Zeit zu prüfen, ob deshalb die für 2013 beantragte befristete Stellenschaffung für das Veranstaltungsmanagement beim Amt für öffentliche Ordnung zeitlich vorgezogen werden muss. Damit wäre aber lediglich der zusätzliche Aufwand für diese Feier und den Deutschen Evangelischen Kirchentag abgedeckt.

Unabhängig hiervon hält Referat RSO bei der gegebenen Sachlage jedenfalls grundsätzlich mindestens zwei zusätzliche Stellen für Veranstaltungen mit erhöhtem Gefährdungsprofil für sachgerecht und geboten.


Referat WFB vertritt folgende Auffassung:

„Dem Anstieg im Bereich der Veranstaltungen mit erhöhtem Gefährdungsprofil steht entgegen, dass im Bereich „andere Veranstaltungen“ ein Rückgang der Fallzahlen im Zeitraum 2007-2009, bei gleichzeitiger Aufstockung der Personalausstattung beim „Bürgerservice Veranstaltungen“ von 4 auf 5 Stellen im Jahr 2006, festzustellen ist. Insoweit ist eine Stellenschaffung nicht gerechtfertigt, da in diesem Bereich das Kriterium der Arbeitsvermehrung nicht erfüllt ist. Zunächst sind Verfahrensvereinfachungen/Maßnahmen zur Entbürokratisierung bei der Bearbeitung von Veranstaltungen eingehend zu untersuchen, da Stellenschaffungen nicht als einzige Option zur Entlastung der dargestellten Situation in Betracht zu ziehen sind.“



Vorliegende Anträge/Anfragen

502/2011 CDU, 362/2011 SPD, 563/2011 SPD




Dr. Martin Schairer
Bürgermeister




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