Protokoll: Verwaltungsausschuss des Gemeinderats der Landeshauptstadt StuttgartNiederschrift Nr.
TOP:
438
3
VerhandlungDrucksache:
808/2016
GZ:
OBM
Sitzungstermin: 19.10.2016
Sitzungsart: öffentlich
Vorsitz: EBM Föll
Berichterstattung:der Vorsitzende
Protokollführung: Herr Häbe
Betreff: Gesamtstädtische Koordination und Steuerung sowie Wissensmanagement in Bezug auf die Aktivitäten zur Luftreinhaltung, vor allem des Feinstaubalarms

Vorgang: Ausschuss für Umwelt und Technik vom 18.10.2016, öffentlich, Nr. 484

Ergebnis: Verweisung ohne Votum an den Verwaltungsausschuss


Beratungsunterlage ist die Vorlage des Herrn Oberbürgermeisters vom 10.10.2016, GRDrs 808/2016, mit folgendem

Beschlussantrag:

1. Der Gemeinderat stimmt der erweiterten Aufgabenwahrnehmung der Abteilung Mobilität im Referat Strategische Planung und Nachhaltige Mobilität im Bereich der Themenfelder Luftreinhaltung im Allgemeinen sowie Feinstaubalarm im Besonderen zu.

2. Vom zusätzlichen vordringlichen Personalbedarf in Höhe von 1,0 Stellen in Besoldungsgruppe A 11 (Sachbearbeiter/in) wird Kenntnis genommen. Die Entscheidung über die Stellenschaffung ist im Vorgriff auf den Stellenplan 2018 zu treffen. Die Stelle wird mit einem KW-Vermerk 01/2021 versehen.


Dieser Tagesordnungspunkt wird gemeinsam mit dem heutigen TOP 3a "Ausbau der Aufbereitung von Verkehrsdaten, verkehrlichen Wirkungsanalysen und Prognose-meldungen in der Integrierten Verkehrsleitzentrale (IVLZ)", NNr. 439, aufgerufen. Die Aussprache ist nachstehend wiedergegeben.


EBM Föll trägt in seiner Einführung vor, der Ausschuss für Umwelt und Technik habe in seiner gestrigen Sitzung beide Tagesordnungspunkte an den Verwaltungsausschuss verwiesen mit der Bitte, das Verfahren für den kleinen Stellenplan noch einmal zu erläutern.

Den Ablauf des kleinen Stellenplanverfahrens habe der Gemeinderat mit der GRDrs 623/2012 festgelegt. Auf der Grundlage der Anlage 2 dieser Vorlage sei von der Verwaltung eine Geschäftsanweisung mit Datum 18.10.2012 gefertigt worden. Dort sei geregelt, wie mit Stellenbedarfen, die während der Geltungsdauer eines Doppelhaushalts entstehen, umzugehen sei.

Diese Regelung enthalte im Wesentlichen folgende Einzelpunkte. Zunächst einmal sei die Schaffung von Stellen im Vorgriff auf den nächsten Doppelhaushalt im sogenannten kleinen Stellenplanverfahren nur in besonderen Ausnahmen zulässig. Gelten würden die Kriterien für Stellenschaffungen im normalen Stellenplanverfahren. Darüber hinaus müssten, auch wegen der finanziellen Auswirkungen, die diese Stellenschaffungen im kleinen Stellenplanverfahren haben, ein vordringlicher und unabweisbarer Bedarf gegeben und die Finanzierung sichergestellt sein.

Im Gegensatz zum normalen Stellenplanverfahren seien von den Ämtern respektive Referaten keine Anträge auf Schaffung von Stellen einzureichen, sondern es sei vielmehr eine Beschlussvorlage in den Verwaltungsausschuss einzubringen, die einen Sachbeschluss mit dem notwendigen Stellenplanbedarf zum Inhalt habe. Eine reine Behandlung im Fachausschuss genüge nicht. Damit solle ein Überblick durch den Verwaltungsausschuss sichergestellt werden. Diese Vorlagen bedürften der Mitzeichnung der Referate AKR und WFB. Aus den im Verwaltungsausschuss beschlossenen Vorlagen erstelle das Referat AKR eine Sammelvorlage, in der der vordringliche und unabweisbare Stellenbedarf im Vorgriff auf den Stellenplan 2018 zusammengefasst sei. Diese Vorlage werde dem Gemeinderat zur Beschlussfassung vorgelegt.

Der zeitliche Ablauf für das kleine Stellenplanverfahren sei so, dass in der heutigen Verwaltungsausschusssitzung die letzte Möglichkeit für Sachbeschlüsse sei. Deswegen stünden heute neben den Tagesordnungspunkten 3 und 3a auch weitere Vorlagen mit entsprechenden Sachbeschlüssen auf der Tagesordnung. Am 22.11.2016 befasse sich der Personalbeirat mit der Sammelvorlage, am 21.12.2016 stehe die Vorberatung im Verwaltungsausschuss und am 22.12.2016 die Beschlussfassung im Gemeinderat an. Insgesamt umfasse die Vorlage mit entsprechenden Sachbeschlüssen rund 70,5 Stel-len mit einem zusätzlichen Finanzbedarf von 725.000 €, wobei natürlich die haushaltsneutralen Stellen abgezogen seien. Enthalten seien dabei bereits beschlossene Stellen (z. B. Welcome-Center, Übernahme NetCom, Schulsekretariate, Urlaubsausgleich für Springkräfte).

Über dieses kleine Stellenplanverfahren hinaus gebe es vier weitere Themen, zu denen die Verwaltung dem Gemeinderat noch Vorlagen vorlegen müsse. Zum einen sei dies das Jobcenter. Der Geschäftsplan 2017 des Jobcenters werde im Dezember im Sozial- und Gesundheitsausschuss und im Gemeinderat behandelt. Dann gebe es das Thema Baurechtsamt, wozu der Gemeinderat einen entsprechenden Beschluss in den Haushaltsberatungen gefasst habe. Damit würden im November der Reform- und Strukturausschuss und der Verwaltungsausschuss sowie im Dezember der Gemeinderat befasst. Weiter gehe es im Dezember noch um die Umsetzung der dritten Stufe des Parkraummanagements. Auch dort seien gegebenenfalls ein Stellenbedarf bzw. Verschiebungen auf der Zeitachse, die von den Grundsatzbeschlüssen abwichen, notwendig. Der vierte Punkt sei der Stellenbedarf im Flüchtlingsbereich mit den Schwerpunkten Sozialamt und Amt für öffentliche Ordnung. Dort werde über Stellenermächtigungen außerhalb des Stellenplans agiert.

Zu den Tagesordnungspunkten 3 und 3a sei die Verwaltung zu der Auffassung gelangt, dass die hier genannten 2 Stellen den strengen Ausnahmeregelungen entsprechen, nämlich dass es einen vordringlichen und unabweisbaren Bedarf gebe. Das gemeinsame Ziel des Gemeinderats sei ja, so habe die Verwaltung zumindest die Diskussion immer verstanden, mit den beiden Stellen - einmal im Bereich S/OB-Mobil und zum anderen in der Integrierten Verkehrsleitzentrale (IVLZ) - sicherzustellen, dass die freiwilligen Maßnahmen im Kontext mit Feinstaubalarm auch tatsächlich zum Erfolg der Feinstaubalarme führten, um in Zukunft keine verpflichtenden Maßnahmen ergreifen zu müssen. Deshalb habe die Verwaltung für diese beiden Stellen den unabweisbaren und vordringlichen Bedarf festgestellt, und es werde darum gebeten, den erforderlichen Sachbeschluss zu fassen.

Die StRe Kotz (CDU), Winter (90/GRÜNE) und StRin von Stein (FW) bedanken sich beim Vorsitzenden für diesen Bericht.

Nach Einschätzung von StR Kotz wird am 22.12.2016 der Gemeinderat bei der Behandlung des kleinen Stellenplans eine Mischung der Verwaltungs- und Gemeinderatsvorschläge beschließen. Damit werde das städtische Personal für das Jahr 2017 gut aufgestellt sein. Unterstrichen wird vom Vorsitzenden, dem Gemeinderat sei es unbenommen, in diesem Kontext eigene Initiativen zu starten. Die Beschlusslage des Jahres 2012 schränke dies nicht ein, sondern damals sei eine Handlungsanweisung für die Verwaltung beschlossen worden, an die sich die Verwaltung selbstverständlich halte.

Für die CDU-Gemeinderatsfraktion bringt StR Kotz die Erwartung zum Ausdruck, dass die beschlossene Konzepterstellung für ein Bauberatungsamt noch erarbeitet wird. Diesbezüglich erinnert EBM Föll daran, dass eine kostenneutrale Lösung Teil der Beschlusslage ist. Daran werde gearbeitet. Ein Bericht dazu werde die Verwaltung im Reform- und Strukturausschuss am 16.11.2016 abgeben.

Von StR Kotz werden die 32 Stellen angesprochen, die in den letzten Haushaltsplanberatungen aufgrund der damals mehrheitlich als nicht ausreichend angesehenen Finanzkraft nicht geschaffen wurden, obwohl sie die Stellenschaffungskriterien erfüllt haben. Angesichts der aktuellen städtischen Finanzlage gehen er, StR Winter und StR Rockenbauch (SÖS-LINKE-PluS) davon aus, dass es aus der Mitte des Gemeinderats noch eine Initiative geben wird, um von diesen Stellen weitere zu realisieren. Diese Stellen, so EBM Föll, erfüllten nicht die Kriterien, die der Gemeinderat für das kleine Stellenplanverfahren vorgegeben habe. Herr Purz (GPR) zeigt sich erfreut, dass diese nicht geschaffenen Stellen nun doch aufgegriffen werden sollen. In diesem Paket würden sich viele von den Ämtern geforderte Stellen befinden, die unmittelbar der Arbeitsentlastung dienen sollen. Er bittet die Verwaltung, eine Übersicht darüber vorzulegen, welche der 32 Stellen noch nicht geschaffen sind.

Die Frage von StR Körner (SPD), ob von der Verwaltung für Stellen für die Wohnungsnotfallhilfe, für Schulhausmeister und für die Signalplanung beim Tiefbauamt ein vordringlicher und unabweisbarer Bedarf gesehen wird und ob dazu noch Sachvorlagen kommen, verneint EBM Föll. Heute stünden die letzten Vorlagen auf der Tagesordnung, die Stellen zum Inhalt haben, bei denen die Verwaltung einen vordringlichen Bedarf sehe (Ausnahmen: Jobcenter, Baurechtsamt, Parkraummanagement, Flüchtlinge). Festgelegt worden sei, und daran halte sich die Verwaltung, dass es sich bei kleinen Stellenplanberatungen nicht um allgemeine Stellenplanberatungen handle. Er wiederholt, dem Gemeinderat sei es unbenommen, eigene Initiativen zu starten.

Laut StR Prof. Dr. Maier (AfD) ist die AfD-Gemeinderatsfraktion nicht grundsätzlich gegen Stellenschaffungen. Allerdings wende man sich gegen die Verteilung der vorgesehenen neuen Stellen. Zu der dabei von ihm angesprochenen Thematik der UMF (unbegleitete minderjährige Flüchtlinge) informiert EBM Föll, im UMF-Bereich habe die Verwaltung eine überschaubare Stellenmehrung vorgeschlagen. Der Vorschlag spiegele allerdings nicht die seitherige Überlastung dieses Bereichs wider, sondern er ziele, basierend auf den Zugangszahlen der letzten 6 Monate, auf den voraussichtlichen zukünftigen Bedarf ab. Diese Stellen dürften im Übrigen auch nur dann besetzt werden, wenn sich eine 80%ige Auslastung ergebe.

Zudem verweist er auf die von ihm zur Ausländerbehörde angekündigte Vorlage. Dort sei gegenwärtig nicht die Anzahl der Stellen das Problem, sondern die Besetzung der 26 offenen Stellen. Die Verwaltung werde für diesen Bereich den Stellenbedarf aufgrund der Fallzahlen erheben, und danach dem Gemeinderat einen entsprechenden Vorschlag unterbreiten.

StR Winter befürwortet im Namen seiner Fraktion die Umsetzung der Beschlussanträge der GRDrsn 808/2016 und 770/2016. Für StR Rockenbauch ist es erforderlich, dass der Gemeinderat bei Stellenschaffungen im Rahmen der kleinen Stellenplanberatungen deutlich nachsteuert. Er kündigt zu TOP 3 Stimmenthaltung und zu TOP 3a Ablehnung an. Weiter betont er, seine Fraktionsgemeinschaft sehe die in den Beschlussanträgen enthaltenen 3 Stellenschaffungen zwar nicht als schädlich, aber nicht als vordringlich und unabweisbar sowie eher als unwirksam an. Dabei kritisiert er die bisher getroffenen Maßnahmen zur Feinstaubbekämpfung, die unterbliebene Erweiterung des Nahverkehrsplans und dass nur die SSB eine Straßenbenutzungsgebühr bezahlt. Die Problematik des Individualverkehrs lasse sich nur mit den sogenannten Push und Pull-Maßnahmen (Maßnahmen, die den Individualverkehr reduzieren/Maßnahmen, die die Autounabhängigkeit fördern) lösen. Unabweisbar wäre für ihn eine Stelle für eine(n) Fußgängerbeauftragte(n). Die IVLZ lehnt er als Einrichtung ab. Die von dort unternommenen Anstrengungen, den Individualverkehr attraktiv zu halten, richteten sich gegen die erforderliche Reduzierung des Individualverkehrs.

Dagegen äußern sich StRin von Stein sowie StR Dr. Oechsner (FDP) positiv zu den Beschlussanträgen. Von StR Prof. Dr. Maier wird mitgeteilt, er könne die Unabweisbarkeit der mit der GRDrs 808/2016 vorgeschlagenen Stellenschaffungen nicht erkennen. Er werde sich daher bei TOP 3 der Stimme enthalten. An StR Rockenbauch gerichtet vertritt StR Dr. Oechsner die Auffassung, dass durch eine "Verbotskultur" ein nachhaltiger Umstieg auf den ÖPNV nicht erreicht werden kann.

EBM Föll teilt Herrn Brause (GPR) mit, die mit TOP 3 vorgesehenen Stellenschaffungen seien befristet, da heute noch nicht klar sei, ob die freiwilligen Maßnahmen zum Ziel führten. Wenn in Zukunft verpflichtende Maßnahmen erforderlich werden sollten, müsste man sich anders aufstellen. Die Befristung von Stellen schließe im Einzelfall nicht aus, dass eine Beschäftigung mit einem unbefristeten Vertrag erfolge (z. B. Stelle bezüglich der gesamtstädtischen Koordination).

Für BM Dr. Schairer haben die Kritiker der IVLZ "den Ernst der Lage noch nicht erkannt". Es gehe darum, ob es gelinge, auch im Sinne der Verhältnismäßigkeit, Autofahrer auf freiwilliger Basis dazu zu bewegen, auf Autofahrten zu verzichten, um Fahrverbote zu verhindern. Der Gemeinderat und die Verwaltung dürften sich nicht dem Vorwurf aussetzen, nicht alles getan zu haben, um Fahrverbote zu verhindern. Hinzu komme, und damit wendet er sich an StR Rockenbauch, der Wirtschafts-, der Individualverkehr und auch eine Verkehrsverflüssigung seien Rechtsgüter. Rechtsgüter müssten gegeneinander abgewogen werden. Eine Abwägung, in deren Rahmen nur der Gesundheit Bedeutung zugemessen werde, sei rechtlich kein korrektes Vorgehen. Die gesamte Rechtsordnung gehe davon aus, dass Menschen das Recht auf freie Entfaltung ihrer Persönlichkeit und auf Bewegungsfreiheit haben. Diese Gesichtspunkte würden bei künftigen Gerichtsverfahren zu Fahrverboten eine Rolle spielen. Dann werde u. a. nachgefragt, was in diesem Bereich die öffentliche Hand im Sinne der Verhältnismäßigkeit unternommen hat. Fahrverbote seien grundrechtlich erhebliche Eingriffe. Dies zeige die Sinnhaftigkeit auf, die Stellen zu schaffen.

StR Rockenbauch geht davon aus, dass seitens der Rechtsprechung die Gesundheit deutlich höher bewertet wird als das Recht, sich mit Autos frei zu bewegen. In Städten wie Zürich und Kopenhagen würden im Gegensatz zu Stuttgart wirksame Maßnahmen gegen die Feinstaubproblematik ergriffen. Bedauerlicherweise seien die von ihm seit 2004 geforderten Maßnahmen nicht umgesetzt worden.

Anschließend erinnert der Vorsitzende an weitere bereits getroffene Maßnahmen, die u. a. darauf abzielen, Fahrverbote abzuwenden. Er führt dabei das Maßnahmenpaket Mobilität an (neben Sachmitteln 12,5 zusätzliche Stellen). Ergänzt wird von Herrn Dr. Münter (S/OB), am 25.10.2016 erfolge im Ausschuss für Umwelt und Technik der Zwischenbericht zum Haushaltspaket Mobilität.

EBM Föll hält abschließend fest:

Der Verwaltungsausschuss beschließt die GRDrs 808/2016 bei 14 Ja-Stimmen, 1 Gegenstimme und 2 Stimmenthaltungen mehrheitlich wie beantragt.

Der Verwaltungsausschuss beschließt die GRDrs 770/2016 bei 15 Ja-Stimmen und 2 Gegenstimmen mehrheitlich wie beantragt.
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