Protokoll: Verwaltungsausschuss des Gemeinderats der Landeshauptstadt StuttgartNiederschrift Nr.
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VerhandlungDrucksache:
GZ:
Sitzungstermin: 02.12.2020
Sitzungsart: öffentlich
Vorsitz: BM Dr. Maier
Berichterstattung:Frau Koller (AföO)
Protokollführung: Frau Klemm
Betreff: "Situation Bürgerbüros",
- Antrag Nr. 467/2020 vom 09.11.2020 (FDP)
"Schließung von Bürgerbüros in Coronazeiten"
- Antrag Nr. 468/2020 vom 10.11.2020 (CDU)

Die im Betreff genannten Anträge sind dem Originalprotokoll sowie dem Protokoll-exemplar für die Hauptaktei beigefügt.

Die zu diesem Tagesordnungspunkt gezeigte Präsentation ist dem Protokoll als Dateianhang hinterlegt. Aus Datenschutzgründen wird sie nicht im Internet veröffentlicht. Dem Originalprotokoll und dem Protokollexemplar für die Hauptaktei ist sie in Papierform angehängt.

BM Dr. Maier fasst einleitend zusammen, die ersten Ergebnisse der Organisationsuntersuchung seien umgesetzt oder befänden sich in der Umsetzung. Die Umsetzung der Digitalisierung hänge nicht nur mit Corona, sondern auch mit Bundes- und Landesvorgaben zusammen. Es sei daher nicht alles wie gewünscht umsetzbar (z. B. Online-Ausweis). Die Engpässe in den Bürgerbüros lägen auch an der Personalsituation. Es seien ausreichend Stellen geschaffen worden, die aber mangels entsprechender Bewerbungen nicht besetzt werden könnten.

Der Vortrag von Frau Koller zu der Präsentation ist nachstehend im überarbeiteten Wortlaut wiedergegeben:

Frau Koller:
"Es liegen zwei Anträge vor, ein etwas umfangreicherer zur Situation der Bürgerbüros nach Abschluss der Organisationsuntersuchung und ein speziellerer zu der Frage, wie die Öffnung oder Schließung in den nächsten Wochen vorgesehen ist. Ich beginne mit dem Antrag der FDP mit der generellen Frage, wie der Stand der Umsetzung drei Jahre nach Abschluss der Organisationsuntersuchung ist.

Es wurden damals eine ganze Reihe von wichtigen Maßnahmen beschlossen. Sehr wichtig war, die Organisation auf bessere Füße zu stellen. U. a. wurden erfolgreich ein weiteres Sachgebiet eingerichtet und zusätzliche Grundsatzsachbearbeiter-Stellen geschaffen.

Bei dem ebenfalls wichtigen Punkt der Digitalisierung sind wir auf einem guten Weg, der aber noch lange nicht abgeschlossen ist. Wir haben die aktuelle Situation genutzt, noch mal sehr für die Leistungen zu werben, die inzwischen auch online angeboten werden. Ehrlicherweise sage ich dazu, die Nutzung dieser Möglichkeiten ist nicht für jedermann gleichermaßen einfach und oft mit Medienbrüchen verbunden. Man kann sich an-, ab- und ummelden, diese Adressänderungen aber dann online nicht im Ausweis abbilden (weder auf dem Chip noch mit einem ausgedruckten Kleber). Für diese Dinge muss man nach wie vor zum Amt. Das ist natürlich nicht die ideale Lösung. Aber es ist doch für viele ein Mittel, erst einmal den Pflichten nachzukommen und zu gegebener Zeit die notwendigen Dinge zu ergänzen. Manches lässt sich digital auch abschließend erledigen.

Wir richten im Moment ein digitales Bürgerbüro ein. Dort sollen online eingespeiste Prozesse weitgehend online bearbeitet werden. Wir haben dafür die Möglichkeit bekommen, bis zu vier Stellen aus dem Bereich der Verkehrsüberwachung zu nutzen. Die Verkehrsüberwachung hat permanent das Problem, dass nicht alle Stellen besetzt sind, insofern stehen da immer gewisse Ressourcen zur Verfügung. Es ist trotzdem nicht selbstverständlich, dass man diese für andere Bereiche nutzen kann. Im Moment sind wir mit 1,5 Stellen an den Start gegangen. Das zeigt, dass wir ein hohes Potenzial an noch nicht genutzten Online-Vorgängen haben, für die man werben muss.

Ein weiteres, ganz wichtiges Thema in der Organisationsuntersuchung war das Einarbeitungs- und Ausbildungsbürgerbüro. Das ist leider im Moment noch in der Warteschleife und kann erst umgesetzt werden, wenn wir die neuen Räume in der Torstraße beziehen. Dieses Herzstück wird voraussichtlich erst 2022 zum Laufen kommen.

Eine weitere sinnvolle Idee der Organisationsuntersuchung war, auch auf Sachbearbeiter-Ebene Springerstellen zu schaffen. Es wurden insgesamt fünf solche Stellen geschaffen, von denen im Moment nur noch eine und nur bis Januar besetzt ist. Das Dilemma ist, dass diese Stellen nicht anders bewertet sind als die "normalen" Sachbearbeiter-Stellen und daher nicht besonders attraktiv sind. Mit dem Haupt- und Personalamt finden darüber Gespräche statt, wie man bessere Anreize schaffen kann. Es ist schlecht, wenn man einerseits eine gute Maßnahme hat und diese andererseits verpufft, weil sich keine Mitarbeiter finden.

Zu den Fragen: Wie ist die Situation in den einzelnen Bürgerbüros? Wie sieht es aus mit coronabedingten Schließungen? Am 15.07.2020 haben wir fast alle Bürgerbüros wieder für Laufkunden geöffnet. Und parallel dazu können in den großen Bürgerbüros auch online Termine gebucht werden. Sehr erfreulich ist, dass wir die Feststellung gemacht haben, dass unsere Besucher die AHA-Regeln beherzigen. In einigen Bürgerbüros brauchen wir allerdings Sicherheitspersonal zur Zugangssteuerung, weil man beispielsweise von der Straße aus nicht sieht, wie die Wartesituation z. B. im 1. OG ist. Die unterschiedlichen Gegebenheiten machen es schwierig, überall die gleichen Bedingungen anzubieten.

Deshalb haben wir auch immer noch in einigen kleineren Bürgerbüros mangels Online-Ausstattung Terminvergabe nur händisch. Es ist aufwendig, wenn Sie mit jedem, der einen Termin haben möchte, zur Abstimmung ein Telefongespräch oder einen E-Mail-Verkehr führen. Bei einer persönlichen Vorsprache hätten Sie in der Zeit den Vorgang erledigt. An dem System wollen wir auf keinen Fall festhalten. Wir überlegen in zwei Richtungen. Einerseits auch dort wieder für Laufkunden zu öffnen, wenn die Corona-Pandemie abgeflaut ist, oder zu versuchen, den Online-Terminservice einzuführen. Andererseits hat die Terminvergabe in den kleinen Bürgerbüros das Handicap, dass bei Personalausfall sofort eine Aushilfe gestellt werden muss, damit der Terminkunde nicht vor verschlossener Tür steht. Das haben wir in der Vergangenheit auch garantiert, zum Teil sehr zum Nachteil der größeren Bürgerbüros. Im Extremfall musste z. B. das große Bürgerbüro Süd geschlossen werden, um ein kleines Bürgerbüro offen zu halten. Die jetzige Situation wollen wir auf jeden Fall nach der Corona-Situation ändern.

Wir haben aufgrund der Corona-Situation außerdem jetzt auch den flexiblen Personaleinsatz insoweit eingestellt, dass die Leitungsspringer nicht mehr automatisch durchs ganze Stadtgebiet fahren, um den Service sicherzustellen, sondern wir schließen in diesen Fällen kurzfristig, wenn vor Ort keine Leitung vorhanden ist. Dadurch haben wir spontane Schließungen. Das wird sich nicht ändern lassen, bis sich die Corona-Situation verbessert hat.

Wie Sie wissen, gab es schon immer Schließungen. In der Regel deshalb, weil Leitungsstellen verwaist waren und es in den größeren Bürgerbüros keine Stellvertreter gibt. Es hört sich vielleicht zunächst einmal viel an - 50 Tage, dieses Jahr jetzt schon 60 Tage. Wenn Sie es aber hochrechnen auf die Gesamtzahl der Öffnungstage bei 21 Bürgerbüros, dann sind Sie wieder in einem ganz niedrigen Bereich von unter 2 %. Da ist unser Angebot nach wie vor hervorragend. Es gibt bundesweit meiner Kenntnis nach kaum eine Stadt, die so viele Außenstellen mit einem so breiten Dienstleistungsangebot hat. Das heißt, der Bürger muss zwar im Zweifel dann tatsächlich von Obertürkheim nach Untertürkheim oder umgekehrt, aber das halte ich für durchaus zumutbar. In vielen Fällen lässt sich eine Angelegenheit auch anders lösen, oder man lässt sich irgendwo einen Online-Termin geben.

Zu der letzten Folie, wir haben durchaus immer wieder einen Stellenzuwachs bekommen in den letzten Jahren, nach wie vor aber eine hohe Belastung durch Krankheitstage und Fluktuation, die über dem städtischen Durchschnitt liegen. Hier ist zu sehen, dass wir für die Mitarbeiter innerhalb des Fachbereichs Bürgerservice eigene Aufstiegsmöglichkeiten anbieten vom Sachbearbeiter zum Stellvertreter oder zum Leitungsspringer und dann zur Leitung. Der ganze Nachzug erfolgt jedoch immer nur intern. Wenn ich eine Führungsfunktion besetze, habe ich sofort die nächste nicht besetzte Stelle. Es dauert seine Zeit, bis alles nachgezogen ist. Nichtsdestotrotz würden wir uns wünschen und sind mit dem Haupt- und Personalamt im Gespräch, dass man insbesondere die Funktion der Stellvertreter in den größeren Bürgerbüros installiert, um die Kapazität der Leitungsspringer wieder besser für die kleineren Bürgerbüros zu nutzen. Es ist also nicht unbedingt ein Problem der Stellenmenge und Kapazität, sondern der Nachschärfung der Qualität der einzelnen Funktionen."

In der sich anschließenden Aussprache regt StRin Yüksel (FDP) an, Berichte wie den von Frau Koller künftig im Vorfeld an die Stadträt*innen zu verteilen.

StR Adler (Die FrAKTION LINKE SÖS PIRATEN Tierschutzpartei) bittet um Zurverfügungstellung der heutigen Präsentation.

Von StRin Yüksel wird erklärt, ihre Fraktion wünsche sich einen Schwerpunkt der Arbeit des neuen Ordnungsbürgermeisters in der reibungslosen Sicherstellung der gesetzlichen Pflichtaufgaben der Verwaltung gegenüber ihren Bürger*innen. In den Bürgerbüros und anderen Behörden der Stadt wolle ihre Fraktion spürbare Verbesserungen sehen, vor allem nachdem seit längerer Zeit entsprechende Ergebnisse der Organisationsuntersuchung vorlägen und der Gemeinderat Mittel und Stellen bewilligt habe. Positiv hebt sie gegenüber EBM Dr. Mayer die erreichten Fortschritte in der Digitalisierung hervor.

Zu den geplanten und nicht realisierten Winterschließungen der Bürgerbüros Botnang, Hedelfingen, Münster und Stammheim erklärt Frau Koller gegenüber StRin Yüksel und StR Sauer (CDU), das Konzept sei vor der zweiten Corona-Welle (Mitte Oktober) noch in der internen Abstimmung gewesen und hätte den Bürger*innen und Mitarbeitenden bessere Planbarkeit der Termine bieten sollen. BM Dr. Maier erläutert hierzu, man habe sich zur Rücknahme der Winterschließungen und damit auch zur Rücknahme der zeitweisen Versetzung von Mitarbeitenden der betroffenen Bürgerbüros entschlossen, um eine Vermischung der einzelnen Teams in der Pandemie zu vermeiden. Die von Frau Koller dargestellten 2 % Schließtage im Jahr seien akzeptabel, zumal es ja für die Bürger*innen Ausweichmöglichkeiten bei den Bürgerbüros im Falle einer Schließung gebe. Somit stünden die Dienstleistungen immer zur Verfügung.

EBM Dr. Mayer sagt gegenüber StRin Yüksel, StR Sauer und StR Adler eine rasche Abstimmung mit der Liegenschaftsverwaltung bezüglich einer Interimslösung für das Ausbildungs- und Einarbeitungsbüro bis zur Fertigstellung der Räumlichkeiten in der Torstraße vor 2022 zu. Eine Realisierung erst fünf Jahre nach Haushaltsbeschluss sei nicht akzeptabel, so die StRe Sauer und Adler.

An die StRe Sauer, Adler und Körner (SPD) gewandt, sagt EBM Dr. Mayer zum Thema "Springerstellen" kurzfristig eine Verwaltungsvorlage an den Gemeinderat zur Ermächtigung einer übertariflichen Arbeitsmarktzulage zu. BM Dr. Maier bestätigt dies. Damit soll die Attraktivität dieser Aufgaben erhöht und die Stellenbesetzung vereinfacht werden. Es sei Aufgabe des Rates, so StR Adler, eine rasche finanzielle Lösung auf den Weg zu bringen. Frau Koller erläutert, die Besetzung der 2018 geschaffenen Springerstellen sei aufgrund des nun erheblich dynamischeren Marktes schwieriger geworden. Nichtmonetäre Anreize seien zum damaligen Zeitpunkt noch attraktiver gewesen als heute.

BM Dr. Maier nimmt den Hinweis von StRin von Stein (FW) mit, die PC-Arbeitsplätze in den Bürgerbüros so zu standardisieren, dass Springkräfte ohne Verzögerung effizient arbeiten können.

Abschließend fasst BM Dr. Maier zusammen, man nehme die angesprochenen strukturellen Probleme als Aufgabe mit. Das "Digitale Bürgerbüro" werde so vorangebracht, dass es von den Bürger*innen akzeptiert und genutzt werden könne und zu Erleichterungen im strukturellen täglichen Betrieb führe.

Abschließend stellt BM Dr. Maier fest:

Der Verwaltungsausschuss hat von dem Bericht Kenntnis genommen.
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