Protokoll: Verwaltungsausschuss des Gemeinderats der Landeshauptstadt StuttgartNiederschrift Nr.
TOP:
385
9
VerhandlungDrucksache:
671/2014
GZ:
AK 0501-04
Sitzungstermin: 03.12.2014
Sitzungsart: öffentlich
Vorsitz: BM Wölfle
Berichterstattung:der Vorsitzende
Protokollführung: Herr Häbe fr
Betreff: Neu gefasstes Landespersonalvertretungsgesetz,
Nachbesetzungen für zusätzliche Freistellungen von Personalratsmitgliedern

Vorgang:

Verwaltungsausschuss vom 05.11.2014, öffentlich, Nr. 344
Ergebnis: Vorberatung

Verwaltungsausschuss vom 19.11.2014, öffentlich, Nr. 357
Ergebnis: Zurückstellung

Beratungsunterlage ist die Vorlage des Referats Allgemeine Verwaltung und Krankenhäuser vom 29.10.2014, GRDrs 671/2014, mit folgendem

Beschlussantrag:

1.1 Dem Vorschlag der Verwaltung zur vollständigen Nachbesetzung von Freistellungen von Mitgliedern des Gesamtpersonalrats wird zugestimmt.

1.2 Von dem damit verbundenen vordringlichen Personalbedarf in Höhe von insgesamt 3,0 Stellen (davon je eine Stelle in Entgeltgruppe 12, 10 und 8) wird Kenntnis genommen. Die Entscheidung über die Stellenschaffungen ist im Vorgriff auf den Stellenplan 2016 zu treffen.


2.1 Nachbesetzungen für freigestellte Mitglieder der örtlichen Personalräte können vorgenommen werden, soweit die in Anspruch genommenen Freistellungen den Umfang nicht überschreiten, der sich bei Anwendung der Freistellungsbestimmungen des Landespersonalvertretungsgesetzes (LPVG) in der bis zum 10.12.2013 geltenden Fassung ergeben hätte (siehe Anlage 2, Spalte 1).

2.2 Darüber hinaus können keine weiteren Nachbesetzungen für freigestellte Mitglieder der örtlichen Personalräte vorgenommen werden.

2.3 Die Nachbesetzungen nach Nr. 2.1 sind vorrangig auf die Freistellungen für Personalräte zu verteilen, die in Bereichen tätig sind, für die ein Dienstplan besteht oder für die durch Gesetz, Vertrag oder Gemeinderatsbeschluss verbindliche Personalbemessungsgrundsätze vorgegeben wurden, sofern durch die Freistellung die Mindestpersonalausstattung unterschritten wurde. Etwas anders gilt nur, wenn dies durch die Besonderheiten des Einzelfalls, insbesondere zur Vermeidung unbilliger Härten, gerechtfertigt ist.

3. Ausfallende Arbeitszeiten für nicht freigestellte Mitglieder der örtlichen Personalräte oder des Gesamtpersonalrats sind (wie bisher) ohne personellen Ausgleich zu bewältigen.

4. Im Hinblick auf die Einheitlichkeit der Verwaltung wird vorgeschlagen, mit den Nachbesetzungen für freigestellte Personalräte der Eigenbetriebe analog zu verfahren.


Wie die GRDrs 671/2014 sind auch folgende weiteren Unterlagen dem Protokoll des Verwaltungsausschusses vom 05.11.2014 beigefügt (NNr 344):

- Stellungnahme des Gesamtpersonalrates vom 30.10.2014 zur GRDrs 671/2014
- Antrag Nr. 320/2014 der SPD-Gemeinderatsfraktion vom 03.11.2014
- Antrag Nr. 325/2014 der Fraktionsgemeinschaft SÖS-LINKE-PluS v. 04.11.2014

Nach einer kurzen Einführung von BM Wölfle stimmt StRin Ripsam (CDU) für ihre Fraktion dem Beschlussantrag zu. Ihres Erachtens kann es nicht hingenommen werden, dass seitens der Landesregierung Gesetze verabschiedet werden, die nur durch zusätzliche kommunale Stellenschaffungen umgesetzt werden können. Für StR Pätzold (90/GRÜNE) steht außer Frage, dass sich durch Freistellungen insbesondere bei den Ämtern Lücken ergeben. Seine Fraktion folge der Verwaltungsvorlage, allerdings, um eine gewisse Kompensation zu erreichen, mit folgender Ergänzung:

Zu den Aufgabenbereichen Kategorie 1 (Arbeiten nach Dienstplan und/oder es existieren gesetzliche oder vertragliche Personalschlüssel) und zu den Aufgabenbereichen der Kategorie 2 (es existieren vom Gemeinderat beschlossene Personalschlüssel)

Er bittet darzustellen, wie sich diese Modifikation des Beschussantrags in der Zeit bis 2018 umsetzen lässt. Laut Vorlage, so anschließend StR Körner (SPD), gehe es bei der Kategorie 3 um 8,65 Vollzeitstellen und bei den Kategorien 1 und 2 um zusammen 2,95 Stellen. Für die SPD-Gemeinderatsfraktion plädiert er dafür, dass 11,6 Stellen nachbesetzt werden (komplette Nachbesetzung). Dabei gehe es beispielsweise um 4 Stellen beim Jugendamt, aber auch um Stellen beim Amt für öffentliche Ordnung; in der gestrigen Sitzung des Personalbeirats seien die Fraktionen über die dramatische Situation beim Amt für öffentliche Ordnung informiert worden. Der Verwaltungsvorschlag, lediglich GPR-Freistellungen nachzubesetzen und bei den 11,6 Stellen der örtlichen Personalräte von Nachbesetzungen abzusehen, führe zu einem massiven Unfrieden in der Verwaltung, da dies zulasten derjenigen Personen geht, die bisher mit nun freigestellten Personen zusammengearbeitet haben. In der Konsequenz würden Personen, die sich überlegen, bei Personalratswahlen zu kandidieren, unter Druck gesetzt, damit sie von solchen Überlegungen Abstand nehmen. Mit diesem Verfahren werde die Mitbestimmung "geschleift". Gesetze, die auf Bundes- oder Landesebene verabschiedet werden, seien nicht immer erfreulich, aber sie gehörten beachtet. Es gehe hier auch um eine grundsätzliche Frage. Schließlich sei die Mitbestimmung glücklicherweise im Grundgesetz fest verankert. Und wenn die Nachbesetzung freigestellter Personalräte infrage gestellt wird, stelle man auch diese Mitbestimmung infrage. Vollständige Nachbesetzungen von freigestellten Personalräten würden die Städte Freiburg, Heilbronn, Reutlingen, Düsseldorf, Köln und Nürnberg vornehmen. Er bezieht sich dabei auf eine den Ratsmitgliedern vorliegende Städteumfrage und fährt fort, Stuttgart sei bei den abgefragten Städten die einzige Stadt, die diese Gesetzesänderung zum Anlass nimmt, die bisher bewährte Praxis zu ändern. Dieses stelle für die gesamte Belegschaft, aber auch für die Gesellschaft, ein falsches Signal dar. Zudem sei dieser Schritt nicht mit der grundsätzlich politischen Linie der Stadt, dass eher mehr Beteiligung gewollt wird, zu vereinbaren.

Mit Nachdruck betont anschließend der Vorsitzende, zu keiner Zeit habe die Verwaltung daran Zweifel gelassen, dass die Freistellung, so wie es das Gesetz vorsieht, gewährt wird. Natürlich ergebe sich aus dem Verwaltungsvorschlag eine Arbeitsverdichtung. Diese Position des Vorsitzenden stützt StR Kotz (CDU) im Verlauf der Diskussion.

Zu einer vollständigen Umsetzung der verbesserten Mitbestimmung gehört für StR Rockenbauch (SÖS-LINKE-PluS) die Nachbesetzung von freigestellten Stellen. Diese Nachbesetzung müsse gewährleistet werden. Den Antrag Nr. 325/2014 hält er aufrecht.



Gegenüber StRin von Stein (FW) wird von BM Wölfle angemerkt, in der erfolgten Diskussion sei eine Überlegung, das Thema "Veränderung der Dienststellen" gewesen. Dieses stehe heute aber nicht zur Debatte. Ein solcher Schritt könne frühestens zur nächsten Personalratswahl anstehen. Danach erklärt StRin von Stein, das Gesetz ziele auf eine Stärkung der Mitbestimmung ab. Sie stehe dem zwar kritisch gegenüber, aber es handle sich nun einmal um eine gesetzliche Regelung, der die Stadt im Grunde genommen nachkommen sollte.

Die Veränderung des LPVG bewertet StR Klingler (FDP) auch für die Verwaltung positiv. Seitens der Personalräte erfolgten immer wieder gute Anregungen. Das Gesetz sollte die Stadt umsetzen. Wenn freigestellte Stellen nicht nachbesetzt werden, befürchtet er ebenfalls Unfrieden bei künftigen Personalratswahlen, indem Kandidatinnen/Kandidaten unter Druck gesetzt werden. Von daher unterstützt er eine Nachbesetzung aller freigestellten Stellen. Angesichts der größeren Zahl freigestellter Personalräte erachtet er zudem Überlegungen für zusätzliche Bürostellen als notwendig.

Die Konsequenzen des Landesgesetzes, so StR Prof. Dr. Maier (AfD), würden durch den Beschlussantrag auf die Beschäftigten abgewälzt. Andererseits dürften solche Gesetze nicht ohne Weiteres akzeptiert werden. Dies wäre eine Einladung an die Bundes- und Landesgesetzgeber, immer neue Lasten auf die Kommunen zu übertragen. Er stimme von daher eher StRin Ripsam zu, der Landesregierung zu signalisieren, dass in diesem Stil nicht weiter vorgegangen werden kann. Daher stimmt er dem Verwaltungsvorschlag zu.

Durch den Vorsitzenden des Gesamtpersonalrates, Herrn Freitag, wird vorgetragen, die Personalvertretung sei über die Vorlage der Verwaltung äußerst enttäuscht. Diskutiert werde bei einer Freistellung von 11,6 Stellen über ein Promille der städtischen Beschäftigten. Laut Vorlage könne sich die Stadt die Nachbesetzung dieser Stellen nicht leisten. In Wahrheit wolle man sich dieses jedoch trotz entspannter Finanzlage nicht leisten. In punkto Freistellung müsse das vom Gesetzgeber Gewollte so umgesetzt, dass diejenigen, die sich freistellen lassen, keinem indirekten Druck durch Beschäftigte, die dann zusätzlich belastet werden, ausgesetzt werden. Wenn Partizipation mit Arbeitsverdichtung einhergeht, handle es sich um eine unmissverständliche Botschaft für das Personal. Diese Art von Demotivation könne mit keinem Anreizsystem aufgefangen werden. Offensichtlich seien es die Beschäftigten nicht wert, bei der Partizipation gleich wie die Bürgerschaft behandelt zu werden. Politisch sei diese Vorlage eigentlich unnötig, denn seit dem Jahr 2000 seien die Ämter ermächtigt, im Rahmen der Freistellung Nachbesetzungen vorzunehmen. Diese Ermächtigung gelte bis zum heutigen Tag. Die Voraussetzung für eine geräuschlose Nachbesetzung sei also vorhanden. So vorzugehen werde aber nicht gewollt. Das Angestrebte werde als mittelbare Behinderung der Personalratsarbeit betrachtet. Durch den Vorschlag der Bündnis 90/DIE GRÜNEN-Gemeinderatsfraktion werde das Geplante etwas nivelliert, aber letztlich werde am Grundsatz, dass Partizipation zulasten derjenigen geht, die davon profitieren sollen, nichts geändert. Der Personalrat gehe davon aus, dass diese Thematik im Rahmen der kommenden Etatberatungen im Sinne dessen, dass Nachbesetzungen umfassend erfolgen, doch noch erledigt wird.


Des Weiteren weist Herr Freitag darauf hin, dass Personalratsarbeit auch einer inneren Organisation bedarf. Auf die Gesamtstadt bezogen hätten Personalräte insgesamt drei zusätzliche Bürokraftstellen beantragt. Diese Anträge seien alle, ohne dass sie überhaupt bis zum Gemeinderat vordrangen, abgelehnt worden, obwohl diese Stellen für die Arbeitsfähigkeit der Personalvertretungen unabdingbar sind. Zum Ende der Aussprache weist Herr Freitag nochmals auf die heutige Beratung zum Tagesordnungspunkt 3 "Bericht der Stadtkämmerei zum Jahresabschluss 2013 …", heutige öffentliche NNr 384 hin. Dort hat er im Zusammenhang mit der Inanspruchnahme der Deckungsreserve die Vermutung geäußert, dass bei der Position Mehrkosten infolge der Tarifsteigerung ein zu hoher Betrag angesetzt wurde.

Laut BM Wölfle bedeutet der Vorschlag von StR Pätzold eine Nachbesetzungsquote der freigestellten Stellen von 62,7 %. Dies bedeute 7,275 zusätzliche Vollkräfte (zusätzliche finanzielle Belastung des Haushalts 363.750 €). Auf die Frage von EBM Föll, wie dieser Mehraufwand abgedeckt werden soll, verweist StR Pätzold auf die Deckungsreserve sowie auf noch nicht abgeflossene Mittel bei Stellenbesetzungen. Auf StR Körner eingehend lehnt es StR Pätzold ab, seinen Vorschlag um den Aspekt zu ergänzen, dass bei den nächsten Etatberatungen auch bei der Kategorie 3 eine hundertprozentige Nachbesetzung angestrebt wird.

Sollte der Vorschlag von StR Pätzold eine Mehrheit finden, schlägt BM Wölfle vor, diesen nicht über Stellenschaffungen umzusetzen, sondern wie in der Vergangenheit auch über Ermächtigungen. Die Ermächtigungen würden sich nach dem Vorschlag von StR Pätzold auf das Jahr 2018 begrenzen. Ob in Etatberatungen ein Thema aufgegriffen wird, liege in den Händen der Ratsmitglieder und der Verwaltung. Die Verwaltungsposition werde sich bis zu den nächsten Etatberatungen wohl nicht ändern, der Gemeinderat könne aber natürlich im Gesamtlicht der sonstigen Erwartungshaltungen Themen ansprechen und entscheiden. Zu bedenken gibt er dabei, dass es bei allen Ämtern ähnliche Erwartungshaltungen wie beim Amt für öffentliche Ordnung gibt.


Nachdem sich keine weiteren Wortmeldungen ergeben stellt BM Wölfle fest:


Somit ändern sich die Beschlussantragsziffern 1, 3 und 7 nicht. Die Beschlussantragsziffer 2.1 bleibt ebenfalls unverändert bestehen, die Beschlussantragsziffern 2.2 und 2.3 entfallen jedoch und werden wie folgt ersetzt:

2.2 Für die Nachbesetzung von Freistellungen von Mitgliedern der örtlichen Personalräte, die sich aus den seit dem 11.12.2013 geltenden Freistellungsbestimmungen zusätzlich ergeben, gilt zunächst befristet bis Ende des Jahres 2018 Folgendes:

2.2.1 Über Nr. 2.1 hinaus können Nachbesetzungen für freigestellte Mitglieder der örtlichen Personalräte vorgenommen werden, soweit der bzw. die Freigestellte in Bereichen mit Dienstplan tätig ist oder bei einer nicht erfolgenden Nachbesetzung die sich aus gesetzlichen oder vertraglichen Personalbemessungsgrundsätzen ergebende Mindestpersonalausstattung unterschritten würde (Kategorie 1).

2.2.2 Über Nr. 2.1 und Nr. 2.2.1 hinaus können Nachbesetzungen für freigestellte Mitglieder der örtlichen Personalräte vorgenommen werden, soweit bei einer nicht erfolgenden Nachbesetzung die sich aus vom Gemeinderat festgelegten Personalbemessungsgrundsätzen ergebende Mindestpersonalausstattung unterschritten würde (Kategorie 2).

2.2.3 Die Nachbesetzungsmöglichkeit nach Nr. 2.2 und den Vorgaben nach 2.2.1 und 2.2.2 entfällt, soweit die Nachbesetzungen nach Nr. 2.1 nicht zuerst auf die Freistellungen für Personalräte verteilt wurden, die in Bereichen tätig sind, für die ein Dienstplan besteht oder für die durch Gesetz, Vertrag oder Gemeinderatsbeschluss verbindliche Personalbemessungsgrundsätze vorgegeben wurden und durch die Freistellung die Mindestpersonalausstattung unterschritten wurde. Etwas anderes gilt nur, wenn dies durch die Besonderheiten des Einzelfalls, insbesondere zur Vermeidung unbilliger Härten, gerechtfertigt war. Die Entscheidung hierüber trifft das Referat AK (das Haupt- und Personalamt).

2.2.4 Im Übrigen (Kategorie 3) können Nachbesetzungen im Umfang von 50 % der Freistellung vorgenommen werden.

Zu diesem so modifizierten Beschlussantrag stellt abschließend BM Wölfle fest:

zum Seitenanfang