Landeshauptstadt Stuttgart
Referat Kultur/Bildung und Sport
Gz: KBS
GRDrs 702/2013
Stuttgart,
07/02/2013


Inklusion
Zwischenbericht zum Schulversuch, zur Schulgesetzänderung und zu Maßnahmen der Stadt Stuttgart




Mitteilungsvorlage


Vorlage anzurSitzungsartSitzungstermin
Schulbeirat
Verwaltungsausschuss
Beratung
Beratung
öffentlich
öffentlich
16.07.2013
17.07.2013

Kurzfassung des Berichts:
Ausführlicher Bericht siehe Anlage 1

Mit der GRDrs 442/2010 „Schulische Bildung von jungen Menschen mit Behinderungen, Beteiligung an der Umsetzung der Empfehlungen des Expertenrats des Kultusministeriums im Rahmen eines Schulversuchs“ hat die Landeshauptstadt Stuttgart zugestimmt, sich in den Schuljahren 2010/2011 und 2011/2012 an einem Schulversuch zur Umsetzung der Empfehlungen des Expertenrates des Kultusministeriums zur schulischen Bildung von jungen Menschen mit Behinderung zu beteiligen. Stuttgart ist hier eine von fünf Schwerpunktregionen (Freiburg, Mannheim, Konstanz, Biberach), die die Umsetzung der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen auf schulische Teilhabe erproben.

Mit den GRDrs 215/2011 und 50/2012 wurde zuletzt über den Schulversuch berichtet. Nun steht ein neuer Zwischenbericht zum aktuellen Stand an:

Änderung des Schulgesetzes

Der ursprünglich für zwei Jahre angesetzte Schulversuch des Landes Baden-Württemberg, wurde aufgrund der Verschiebung der Schulgesetzänderung durch das Kultusministeriums um ein weiteres Jahr verlängert. Die Schulgesetzänderung wurde nunmehr zum Schuljahr 2014/2015 angekündigt. Die Inhalte sind aktuell noch nicht bekannt. Es wird davon ausgegangen, dass im Schulgesetz vor allem möglichst gerichtsfeste Regelungen zur Aufhebung der Sonderschulpflicht, zur Umwandlung der Sonderschulen in Sonderpädagogische Bildungs- und Beratungszentren sowie zur Wahlfreiheit der Eltern über den Bildungsort getroffen werden. Ob zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der neuen Schulgesetzregelung auch schon alle Ausführungsbestimmungen für die Umsetzung in der Praxis und zur Übernahme der zusätzlichen Kosten (Konnexität) vorliegen, ist derzeit nicht absehbar.


Schulversuchsverlauf/Daten und Fakten

Der Zwischenbericht ist daher eine Fortschreibung der sich im Schulversuchsverlauf ergebenden Erkenntnisse. Danach steigt die Zahl der Schüler/innen, die in Regelschulen inklusiv beschult werden weiter sprunghaft an. Noch immer liegt vergleichsweise der Schwerpunkt in der Grundschule. Der vorgegebene zeitliche Rahmen des Schulversuchs wird daher nicht ermöglichen, die weitere Entwicklung in weiterführenden Schulen schlüssig aufzeigen können. Es ist jedoch davon auszugehen, dass sich dort der Trend in der Schullaufbahn fortsetzen wird. Als Erkenntnis ist aber auch festzuhalten, dass sich bislang dennoch die Schülerzahlen in den einzelnen Sonderschulen nicht wesentlich verringern.

Stuttgartspezifischer Ansatz in der Schulentwicklungsplanung

In der GRDrs 50/2012 hat die Verwaltung die vier zentralen Angebotsbausteine für die Berücksichtigung der räumlichen Auswirkungen in der Schulentwicklungsplanung aufgezeigt. Derzeit haben die Eltern, bei deren Kind ein sonderpädagogischer Bildungsanspruch festgestellt wurde, vor allem eine Wahlmöglichkeit zwischen den Bausteinen Sonderschule bzw. künftig sonderpädagogisches Bildungs- und Beratungszentrum mit optimaler sonderpädagogischer Ausstattung (personell, räumlich und ausstattungsbezogen) und einer sonderpädagogisch wenig optimal ausgestatteten Regelschule im Wege des Bausteins Einzel- oder Gruppeninklusion. Der Baustein Außenklasse, der für die Eltern oft ein Kompromiss darstellt, weil hier zumindest die personelle Ausstattung gesichert ist, kann derzeit an den betreffenden Schulen nur „vorläufig“ genehmigt werden, weil sich im Rahmen der Schulentwicklungsplanung noch sehr viele Veränderungen in der Schullandschaft ergeben.

Als spezifischer Stuttgarter Lösungsansatz strebt die Verwaltung mit dem Baustein Schulischer Standortverbund in vier bis sechs Schulzentren mit möglichst vielen Schularten (Campus) konzentriert die Umsetzung von guten baulichen Lösungen mit optimierten Raumverhältnissen an. Vor allem für die besonders ressourcenintensiven Gruppen von körperlich bzw. geistig behinderten Schüler/innen kann so mittelfristig nach Umsetzung der baulichen Lösungen ein qualitativ hochwertiges Alternativangebot für eine inklusive Beschulung gemacht werden. Hier können auch dauerhaft die Außenklassen als „Sonderpädagogischer Stützpunkt“ untergebracht werden, so dass immer auf sonderpädagogische Fachkenntnisse in räumlicher Nähe zurückgegriffen werden kann und Schüler/innen, bei denen sich u. U. die Inklusion als nicht förderlich erweisen sollte, nicht auch noch den Schulstandort wechseln müssten. Ein erster solcher Modellstandort für inklusive Beschulung soll im Campus Eichendorff-/Elly-Heuss-Knapp-Gymnasium eingerichtet werden.

Inklusion in sozialpädagogischen Bildungsangeboten in Ganztagsschulen

Ein weiterer Schwerpunkt nimmt in dem Bericht die Suche nach inklusiven Lösungen für die sozialpädagogischen Bildungsangebote in Ganztagsschulen ein. Auch für die Ganztagsschulen steht eine Schulgesetzänderung an. Damit ist noch nicht abzusehen, wie das Land dabei mit dem Thema Inklusion vor allem im vorgegebenen ganztägigen Zeitrahmen umgeht und wie die Verantwortung auf die beteiligten Partner verteilt wird. Schon jetzt taucht diese Problemstellung in den inklusiven Schulangeboten auf. Es müssen daher auch hier zunächst Erfahrungen mit individuellen, auf die besonderen Bedürfnisse der Schüler/innen zugeschnittenen Lösungen gemacht werden, um diese dann bei der möglichen Festlegung von Standards nutzen zu können.


Auswirkungen für die Stadt

Der bisherige Schulversuch zur Schwerpunktregion Stuttgart reicht nicht aus, um die finanziellen Aspekte der einzelnen Themenbereiche für das Schulverwaltungsamt darzustellen. Durch die Verschiebung der Schulgesetzänderung zum Schuljahr 2014/2015 und die damit verbundene Verlängerung des Schulversuchs, können innerhalb des Doppelhaushalts 14/15 finanzwirksame Entscheidungen fallen. Bisher sind diese für das Schulverwaltungsamt ebenfalls noch nicht abschließend absehbar.


Beteiligte Stellen

Referat WFB hat Kenntnis genommen.


Vorliegende Anträge/Anfragen

keine
keine




Dr. Susanne Eisenmann
Bürgermeisterin





Ausführlicher Bericht

Ausführlicher Bericht


1. Entwicklungen zum Schulversuch: Vernetzung des Schulverwaltungsamtes, Statistische Darstellung und Kostentableau

Vernetzung des Schulverwaltungsamtes
Im Rahmen des Schulversuchs wurde federführend durch das Staatliche Schulamt
Stuttgart eine Projektstruktur, bestehend aus Projektlenkung, Projektgruppe und Projektbeirat eingerichtet. Vertreter des Schulverwaltungsamtes treffen sich in regelmäßigen Abständen mit Vertretern des Staatlichen Schulamtes, des Jugendamtes, des Sozialamtes und des Gesundheitsamtes in den oben genannten Gruppen, um sich über die aktuellsten Belange zum Thema Inklusion in der Schwerpunktregion und mögliche Lösungsansätze auszutauschen.

Für die Lernortfindung jedes einzelnen inklusiven Schülers finden seit dem Jahr 2011 zudem sogenannte Vorgespräche zur Bildungswegekonferenz für die einzelnen Stadtbezirke statt. Diese vom Staatlichen Schulamt eingeführten Vorgespräche behandeln die Inklusionsanträge von Schüler/-innen mit Behinderung für das jeweils kommende Schuljahr. Vertreter aller oben angeführten Ämter, die Schulleitungen der allgemeinen Schulen aus dem betroffenen Stadtbezirk und die Schulleitungen der zuständigen Sonderschulen versuchen gemeinsam für jede/-n inklusive/-n Schüler/-in eine möglichst wohnortnahe und gute (meist gruppenorientierte) Lösung für eine inklusive Beschulung zu finden. Diese dient den daraufhin stattfindenden Bildungswegekonferenzen als Grundlage, wenn betroffene Eltern gemeinsam mit Vertretern der zuständigen Schulen und ggf. der Ämter über den entgültigen Lernort für ihr Kind entscheiden.


Statistische Darstellung: Entwicklung der schulischen Inklusion
Seit Beginn des Schulversuches in der Schwerpunktregion Stuttgart, weist die inklusive Beschulung von Schülern/-innen mit sonderpädagogischen Förderbedarf folgende Ent-wicklungen auf:

Einschulung
Grundschule
(Kl. 2-4)
Übertritte
Sekundarstufe
Sekundar-
stufe
Inklusive
Schüler
gesamt
SJ 11/ 12
21
39
keine Angaben
27
87
SJ 12/ 13
59
140
19
32
250

(Basierend auf der GRDrs 215/2011, der Amtlichen Schulstatistik für das Schuljahr 2012/ 2013 und den Ergebnissen der Bildungswegekonferenzen für das Schuljahr 2012/ 2013.)

Vergleicht man das Schuljahr 2011/ 2012 mit dem darauf folgenden Schuljahr 2012/ 2013, sind die Zahlen der inklusiv beschulten Schüler/-innen im Gegensatz zum ersten Jahr des Schulversuches fast um das Dreifache angestiegen.

Das Staatliche Schulamt Stuttgart geht im kommenden Schuljahr 2013/ 2014 von insgesamt rund 500 inklusiven Schülerinnen und Schülern in der Schwerpunktregion aus. Diese Zahl beinhaltet sowohl aktuelle inklusive Schüler/-innen aus dem laufenden Schuljahr 2012/ 2013 als auch die rund 270 neuen Inklusionsschüler/-innen. Bei rund 20 bisher inklusiv beschulten Schüler/-innen kann der sonderpädagogische Bildungsanspruch, aufgrund ihrer positiven Entwicklung durch die inklusive Beschulungsform zum Schuljahr 2013/14, aufgehoben werden. Diese Schülerschaft kann künftig eine allgemeine Schule ohne intensive und kontinuierliche sonderpädagogische Unterstützung im Unterricht besuchen. Vereinzelt gibt es auch inklusive Schüler/-innen, welche direkt an die Sonderschule oder in eine Außenklasse wechseln, da sich herausgestellt hat, dass die inklusive Beschulung an einer allgemeinen Schule (beispielsweise aufgrund räumlicher Bedingungen, nicht ausreichender Barrierefreiheit, großer Schülergruppen oder auch zu geringer Ressourcen) ihrem aktuellen Bildungsanspruch nicht ausreichend gerecht wird.

Vor dem Hintergrund dieser Zahlen werden zum Schuljahr 2013/ 2014 an rund 60 allgemeinen Schulen inklusive Angebote stattfinden (vgl. Schuljahr 2012/ 2013 = 43 Schulen). Dort finden mittlerweile jeweils Mehrfachangebote statt, d.h. eine inklusive Beschulung wird nicht nur in einer, sondern in mehreren Schulklassen angeboten.

Die Mehrzahl der inklusiven Schülerschaft ist auch zum kommenden Schuljahr aus dem Bereich Förderschule vertreten. Außerdem wird an den Schülerzahlen erkennbar, dass an Grundschulen weiterhin mehr Schüler/-innen mit sonderpädagogischen Bildungsanspruch inklusiv beschult werden als an weiterführenden Schulen.

Durch die Schwerpunktregion Stuttgart und die schulische Inklusion können ebenfalls Veränderungen der Schülerzahlen an den Förder- und sonstigen Sonderschulen verzeichnet werden. Die angeführte tabellarische Darstellung soll den Veränderungsprozess an diesen Schulen aufzeigen. Da die inklusiven Schüler/-innen in der amtlichen Schulstatistik bisher immer noch in die Schülerzahlen der jeweiligen Stammschule, d.h. an der Förder- oder Sonderschule, mit einfließen, müssen diese jeweils von der Gesamtschülerzahl abgezogen werden. Daraus wird ersichtlich, dass die tatsächlichen Schüleranzahlen sowohl an den Förderschulen als auch an sonstigen Sonderschulen aufgrund der Schwerpunktregion insgesamt rückläufig sind, aber nicht im erwarteten Umfang, weil die Zahl der Schule mit festgestelltem sozialpädagogischen Bildungsanspruch insgesamt steigt.

Förderschüler*
gesamt
inklusive
Förderschüler*
Förderschüler* an Stammschule
Schuljahr
2011/ 2012
740
45
695
Schuljahr
2012/ 2013
776
134
642
Sonderschüler**
gesamt
inklusive
Sonderschüler**
Sonderschüler** an
Stammschule
Schuljahr
2011/ 2012
974
42
932
Schuljahr
2012/ 2013
1026
116
910

(Basierend auf den Amtlichen Schulstatistiken Schuljahr 2011/ 2012 und 2012/ 2013 sowie internen Schülerlisten über inklusive Schüler für die Schuljahre 2011/ 2012 und 2012/ 2013 vom Staatlichen Schulamt Stuttgart.)

* Förderschüler sind Schüler/-innen mit einer Lernschwäche, diese besuchen die Förderschule.

** Sonderschüler sind Schülern/-innen der Schulen für Geistigbehinderte, der Schule für Körperbehinderte Stuttgart, der Schule für Sehbehinderte, der Schule für Sprachbehinderte, der Schule für Erziehungshilfe, der Schule für Hörgeschädigte, der Schule für Kranke.
Kostentableau
Im Rahmen des Schulversuchs Schwerpunktregion und zur Erfassung der Mehrkosten durch die Inklusion, mussten alle beteiligten Ämter für das Schuljahr 2011/2102 ein
Kostentableau je inklusive/-n Schüler/-in ausfüllen. Dieses konnte für diejenigen Schüler/-innen, bei denen dafür eine datenschutzrechtlichen Erklärung vorlag, die Mehrkostensituation in einzelnen Themenfeldern aufzeigen. Das Kostentableau bietet jedoch eine mangelnde Aussagekraft: Inklusive Schüler/-innen ohne Einverständniserklärung wiesen ebenfalls zusätzliche Kosten auf, diese konnten aber nicht im Kostentablau festgehalten werden. Aufgrund dieser Tatsache und der weiterhin steigenden Anzahl an inklusiven Schüler/-innen, bietet das bisherige Kostentableau keine verlässliche Kostenprognose und ist somit als Momentaufnahme zu bewerten.


In folgenden Bereichen waren jedoch Mehrkosten im Schulbereich zu verzeichnen:

a) Sächliche / bauliche Ressourcen / Kostenfragen
b) Ganztägige Schulangebote

Die inklusiven Schulangebote haben im Schuljahr 2011/2012 insgesamt Mehrkosten in Höhe von rund 132.000,00 Euro gefordert. Diese Mehrkosten wurden überwiegend in den Bereichen Schülerbeförderung, Ausstattung, Mobiliar, Lehr- und Lernmittel, Verlässliche Grundschule und bauliche Maßnahmen erfasst. Beim Schülertransport wurden hierbei die höchsten Mehrkosten verzeichnet. In den weiteren Bereichen sind ebenfalls Mehrkosten entstanden, z.B. Mehraufwand in der Verwaltung oder Mehraufwand bei der Erstellung der Amtlichen Schulstatistik. Diese konnten zum damaligen Schuljahr 2011/2012 noch nicht beziffert werden. Es wird davon ausgegangen, dass der Mehraufwand künftig in diesen bisher nicht erfassten Bereichen aufgrund der Weiterentwicklung inklusiver Angebotsstrukturen entstehen wird.

2. Schulentwicklungsplanung: Möglichkeiten der Inklusion in der Schwerpunktregion Stuttgart Mit GRDrs 50/2012 hat die Verwaltung auf Basis einer umfassenden Bestandsanalyse der sonderpädagogischen Angebotsstrukturen in Stuttgart erste grundlegende Überlegungen zur entsprechenden Weiterentwicklung der Schullandschaft vorgelegt. Ausgehend von der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen sowie die Empfehlungen des Expertenrats zur schulischen Bildung junger Menschen mit Behinderung wurde das Ziel einer möglichst wohnortnahen Angebotsvielfalt definiert, um den unterschiedlichen Ansprüchen der Kinder und Jugendlichen sowie der verstärkten Bedeutung des Elternwahlrechts Rechnung zu tragen. Dies wird sowohl eine inhaltliche und strukturelle Weiterentwicklung des bestehenden Sonderschulwesens als auch den Aufbau inklusiver Schulstandorte beinhalten. Hierfür konnten vier zentrale Angebotsbausteine identifiziert werden, die es im Rahmen der weiteren Schulentwicklungsplanung zu konkretisieren und umzusetzen gilt:

a) Wohnortnahe Einzel-/Gruppeninklusion
Im Rahmen des bisherigen Schulversuchs stand die Einrichtung gruppenbezogener inklusiver Angebote an möglichst wohnortnahen allgemeinen Schulen im Zentrum der Planungen. Ziel des federführenden Staatlichen Schulamts ist es hierbei, den Eltern von Kindern mit sonderpädagogischem Bildungsanspruch ein möglichst passgenaues Angebot als Alternative zu einer entsprechenden Sonderschule machen zu können. Auf Grund bestehender baulicher und räumlicher Gegebenheiten sowie begrenzter personeller Ressourcen seitens des Landes sind die Angebote in der Regel nachfrageorientiert und unterliegen keiner langfristigen Standortplanung.



b) Sonderpädagogisches Bildungs- und Beratungszentrum
Die bisherigen Sonderschulen sollen sich mittelfristig zu so genannten sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentren weiterentwickeln, an denen jedoch auch weiterhin eine gezielte Förderung von Schülerinnen und Schülern entsprechend des jeweiligen sonderpädagogischen Schwerpunkts ermöglicht wird. Diese Standorte werden im Rahmen einer langfristigen Schulstruktur eine wichtige Rolle bei der Bündelung fachrichtungsspezifischer sonderpädagogischer Kompetenzen spielen.

c) Außenklasse
Das Konzept der Außenklasse erfreut sich in den letzten Jahren bei Eltern sowie Schülerinnen und Schülern auch vor dem Hintergrund des Themas Inklusion einer wachsenden Beliebtheit. Dabei werden einzelne Klassen einer Sonderschule am Standort einer allgemeinen Schule beschult, was eine weit reichende Kooperation der Außenklasse mit der allgemeinen Schule vor Ort ermöglicht. Im Schuljahr 2012/2013 gibt es zwölf solcher Außenklassen an acht allgemeinen Schulen.

Nachteil jedoch ist, dass die Standorte baulich und häufig auch räumlich nur bedingt den Anforderungen entsprechen. Hinzu kommt die Unsicherheit aus der laufenden Schulentwicklungsplanung über die Zukunft des Standorts, so dass dies immer nur vorübergehende Lösungen darstellen.

d) Schulischer Standortverbund
Ein schulischer Standortverbund stellt einen strukturellen Verbund eng benachbarter Schulen dar, der sowohl personell als auch räumlich und sächlich in besonderem Maße auf die Bedürfnisse junger Menschen mit Behinderung ausgerichtet wird. In einem solchen Verbund sind verschiedene Schularten von der Grundschule bis zum Gymnasium vertreten, um einen reibungslosen Übergang zu gewährleisten. Analog zu der im Rahmen der Schulentwicklungsplanung beabsichtigten Stärkung schulischer Campusmodelle soll die Weiterentwicklung bestehender Schulstrukturen zu schulischen Standortverbünden einen zusätzlichen Angebotsbaustein im Rahmen der Einrichtung inklusiver Schulstrukturen darstellen. Auch hier sollen die Synergieeffekte räumlich benachbarter Schulen genutzt und auf diese Weise ein regional flächendeckendes Ergänzungsangebot in Stuttgart entstehen. Gleichzeitig soll es möglich sein, durch eine Bündelung personeller und sächlicher Ressourcen der Sonderpädagogik ein qualitativ hochwertiges inklusives Angebot entwickeln zu können. Dies könnte beispielsweise auch durch eine dauerhafte Ansiedlung von Außenklassen in einem solchen Standortverbund bewirkt werden.

Mit GRDrs 298/2013 wurde das gemeinsam mit den Schulgemeinden erarbeitete Raumprogramm eines ersten schulischen Standortverbunds am Standort Eichendorffschule/Elly-Heuss-Knapp-Gymnasium vorgelegt. Besondere Bedeutung haben dabei Räume zur individuellen Förderung, zum Rückzug und für einen inklusiven Ganztagsbereich. Die Räumlichkeiten sind speziell für Schüler/-innen mit geistiger und körperlicher Behinderung geeignet, individuelle Bedürfnisse können dort berücksichtigt werden. Diese Standortverbünde können nicht überall entstehen, weshalb es nur eine bestimmte Anzahl solcher Zentren geben kann. Derzeit gibt es bereits aktuelle Planungen für 3 große Standorte: Eichendorffschule/Elly-Heuss-Knapp-Gymnasium, Campus Vaihingen und Campus Zuffenhausen-Rot. An diesen sollte die Chance genutzt werden einen Campus zu entwickeln.





3. Inklusion in sozialpädagogischen Angeboten in der Ganztagesschule

Inklusive Modelle für Schulkinder enden nicht mit dem Schlussgong für den Unterricht. Vor und nach dem Unterricht melden zahlreiche betroffene Familien Bedarf an Betreuung an und erwarten, dass die Angebote, die in den Schulen vorgehalten werden, auch ihren Kindern zur Verfügung stehen.

Die derzeitige Praxis zeigt, dass inklusive Beschulung zwar für viele, aber nicht für alle Schüler die beste Variante ist. Deshalb entscheidet sich ein Teil der betroffenen Familien nach wie vor für eine speziell ausgerichtete und ausgestattete Sonder- oder Förderschule. Diese Schulen sind angesichts abnehmender Schülerzahlen auf der Suche nach Möglichkeiten, ihren Standort zu erhalten. Das Angebot von Betreuung nach Unterrichtsende ist ein solcher Standortfaktor.

Problemanalyse
Insbesondere Förderschulen haben dabei bisher sehr eng mit Schülerhorten zusammengearbeitet. Diese werden jedoch im Zuge der Neukonzeption „Betreuung von Grunschul-kindern“ mittel- bis langfristig aufgegeben und durch Bildungs- und Betreuungsangebote an den Schulen (Schülerhaus und Ganztagesschule) ersetzt. Förderschulen können sich im Grundschulbereich zu Ganztagesschulen weiterentwickeln, wenn eine Kooperation mit einer benachbarten Partnerschule besteht. Eine Situation, für die Lösungen gefunden werden müssen.

Inklusive Betreuung in den verschiedenen Betreuungsangeboten in Schulen kommt seit einigen Jahren in der Praxis vor, ohne dass im Vorfeld Rahmenbedingungen festgelegt oder Unterstützungsmöglichkeiten angeboten wurden. Sofern Probleme auftauchten, haben die Beteiligten nach Lösungen im Einzelfall gesucht.

Selbst das Betreuungsangebot der Verlässlichen Grundschule mit dem niedrigsten Standard an Personal und räumlicher Ausstattung wird – mangels Alternativen – von den betroffenen Familien/Eltern in Anspruch genommen. Im günstigsten Fall stimmt die Schule dies im Vorfeld mit dem Schulverwaltungsamt und den betroffenen Betreuungskräften ab, so dass besondere Vereinbarungen und Maßnahmen getroffen werden können. In vielen Fällen erfolgt aber lediglich eine Anmeldung im Betreuungszimmer ohne weitere Hinweise durch die Eltern. Die daraus resultierenden Probleme müssen im Nachhinein gelöst werden und führen im Extremfall zur Vertragskündigung.

Da das Land auch die Aufnahme der Ganztagsschule ins Schulgesetz plant, ist derzeit noch nicht zu erkennen, in welcher Form hier das Thema Inklusion vor allem in dem vom Land vorgegebenen verpflichtenden Zeitrahmen eingebunden wird und wie sich dann dort die Verantwortlichkeiten und finanziellen Folgen verteilen.

Durch den immensen Anstieg inklusiver Schulangebote drängt diese Problemstellung gleichsam. Derzeit können nur auf den Einzelfall bezogene Hilfestellungen angeboten und Erfahrungswerte gesammelt werden. Auf dieser Grundlage müssen dann Wege und Rahmbedingungen geschaffen werden, wie Träger von Ganztagesschulangeboten und/oder Betreuerinnen der Verlässlichen Grundschule auf das besondere Klientel vorbereitet werden und welche Standards für die räumliche und personelle Ausstattungen hier gelten sollen.




Bildungswegekonferenz
Aus Sicht der Stadt ist der Fokus von vornherein auf den gewünschten Zeitrahmen zu legen, in dem sich das betroffene Kind in der Schule aufhalten soll (Halbtag- oder Ganztagsschule). Eltern benötigen Beratung nicht nur über die Qualität des inklusiven Unterrichts, sondern auch über die Möglichkeiten einer qualitativ hochwertigen Betreuung vor und nach dem Unterricht.

Sobald Eltern Betreuungsbedarf geltend machen, ist eine sehr enge Abstimmung mit dem Träger der Betreuungsangebote notwendig einschließlich der Feststellung, welche zusätzlichen Ressourcen in jedem Einzelfall bereitgestellt werden müssen. Dementsprechend muss künftig der Betreuungsbedarf der einzelnen Schüler/-innen bereits in den Inklusionsanträgen gezielt abgefragt und in den Vorgesprächen zur Bildungswegekonferenz mit den dort beteiligten Schulen und Ämtern bei der Lernortfindung berücksichtig werden.

Integrationsbegleitung
Diese Begleitung ist bisher lediglich auf den Bereich des Unterrichts begrenzt und wird über die Eingliederungshilfe beim Sozialamt genehmigt (sogenannte Assistenzkräfte). Über Stiftungsmittel stehen bei festgestelltem Förderbedarf maximal 308,00 € / Monat für die Betreuung zur Verfügung. Diese Mittel müssen von betroffenen Eltern selbst beantragt werden.

Ist kein Förderbedarf festgestellt, gibt es keine Mittel für den Betreuungsbereich. Bei den Bildungswegekonferenzen muss daher die Forderung aufgestellt werden:
Ganztagesschule findet an 4 Wochentagen an 7 oder 8 Stunden statt. Den nicht durch Unterricht abgedeckten Teil erbringen Jugendhilfeträger als bildungs- und freizeitpädagogische Angebote. Für den gesamten Bereich der Ganztagesschule, nicht nur für den Unterrichtsteil, müssen sowohl Lehrerkontingente als auch Integrationsbegleitung zur Verfügung gestellt werden.


Angedachte Maßnahmen mit finanziellem Mehraufwand für die Stadt

· Qualifizierung des vorhandenen Personals
Dies ist aus Sicht der Stadt die wichtigste Ressource. Die Einschränkungen und / oder Besonderheiten, auf die sich das vorhandene Betreuungspersonal einstellen muss, sind sehr unterschiedlich und komplex (z.B. von körperlichen Einschränkungen, ADHS). Die Betreuungskräfte müssen zunächst das notwendige Wissen und entsprechendes pädagogisches Werkzeug erhalten, damit es gelingen kann, diese Kinder in den Betreuungsalltag so mit einzubeziehen und zu begleiten, dass sie – wie jedes andere Kind auch – als Gruppenmitglied aufgenommen werden.

Qualifizierung kann durch Fremdschulung geschehen oder – wie in einigen Städten bereits mit Erfolg erprobt, durch speziell geschulte „Inklusionsfachkräfte“, die die jeweilige Einrichtung und die betroffenen Kinder so lange begleiten, bis die Einrichtung die Aufgabe alleine meistern kann.



· Zusätzliches Personal
Besonders im Bereich Verlässliche Grundschule, der mit einem Personalschlüssel von einer Betreuungskraft für bis zu 20 Kinder ausgestattet ist, ist die Betreuung von Kindern mit besonderen Bedürfnissen nicht vorgesehen.

Auch in Schülerhäusern und in den bildungs- und freizeitpädagogischen Angeboten der Ganztagesschulen kann in einzelnen Fällen zusätzliches Personal notwendig sein, um der Aufsichtspflicht nachkommen zu können (z.B. Kinder mit Trisomie 21 und der Tendenz zum Weglaufen oder manche Fälle von ADHS).

· Zusätzliche Sachmittel und Räume
Diese zusätzlichen Ressourcen sind ebenso wie im Unterricht auch in der Nachmittagsbetreuung unabdingbar, um auf die individuellen Bedürfnisse von Schülern/-innen mit und ohne Behinderung sinnvoll eingehen zu können.

· Einrichtung von Modellstandorten
Um inklusive Betreuungssituationen und fehlende Ressourcen erkennen zu können, wäre die Einrichtung von Modellstandorten an allgemeinen Schulen, welche unterschiedliche Betreuungssituationen vorweisen, z.B. in einem Schülerhaus oder einer Ganztagesschule eine mögliche Lösung. An diesen Modellstandorten kann die Evaluation der Ist-Situation stattfinden, damit diese durch die Erhöhung vorhandener Ressourcen verbessert werden kann. Eine solche Evaluation und die damit verbundenen Erkenntnisse können für weitere Standorte richtungsweisend sein.


Maßnahmen ohne finanziellen Mehraufwand für die Stadt
Der neue Fachkräftekatalog (§7 KiTaG) berücksichtigt auch staatlich anerkannte Heilpädagogen, staatliche anerkannte Heilerziehungspfleger, Physiotherapeuten, Krankengymnasten, Ergotherapeuten, Beschäftigungs- und Arbeitstherapeuten, Logopäden, sowie weitere Berufe aus der Gesundheitsbereich mit zusätzlichem Fortbildungserfordernis.
Ein gezielter Personaleinsatz dieser Berufsgruppen kann die Situation in den Einrichtungen wesentlich entspannen. Allerdings ist hier zu beachten, dass sich die Zusammensetzung der Gruppen kontinuierlich ändert, wobei die Zusammensetzung des Betreuungsteams möglichst konstant sein sollte. Der gezielte Einsatz dieser Berufsgruppen führt deshalb voraussichtlich ohne zusätzliche Maßnahmen nicht an allen Standorten zu einer für alle Beteiligten befriedigenden Betreuungssituation.




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