Protokoll:
Verwaltungsausschuss
des Gemeinderats der Landeshauptstadt Stuttgart
Niederschrift Nr.
TOP:
414
24
Verhandlung
Drucksache:
GZ:
Sitzungstermin:
05.10.2016
Sitzungsart:
öffentlich
Vorsitz:
EBM Föll
Berichterstattung:
der Vorsitzende
Protokollführung:
Herr Häbe
fr
Betreff:
Aufstellung eines Nachtragshaushalts
- mündlicher Antrag von Herrn StR Körner (SPD)
vom 20.07.2016
Vorgang: Verwaltungsausschuss vom 20.07.2016, öffentlich, Nr. 254
Ergebnis: Kenntnisnahme des Zwischenberichts zur Finanzlage 2016 / Zurückstellung des im Betreff genannten mündlichen Antrags
EBM
Föll
trägt vor, er habe dem Verwaltungsausschuss beim Finanzzwischenbericht (siehe Rubrik Vorgang) dargelegt, dass für die Landeshauptstadt für das Jahr 2016 nach dem baden-württembergischen Gemeindehaushaltsrecht kein Nachtragshaushalt erstellt werden müsse. Die Veränderungen, über die die Verwaltung berichtet habe, könnten ohne Nachtragshaushalt formal zulässig vorgenommen werden. Die Finanzverwaltung habe bislang die Linie vertreten, einen Nachtragshaushalt immer nur dann aufzustellen, wenn dies das Gemeindehaushaltsrecht erfordere. Der Gemeinderat müsse sich hier auf die Einschätzung der Finanzverwaltung verlassen. Sollte eine nicht korrekte Einschätzung vorgenommen werden, wäre dies für die Finanzverwaltung problematisch. Auch nach heutigem Stand sei ein Nachtragshaushalt für das Jahr 2016 nicht notwendig. Aus heutiger Sicht werde für das Jahr 2017 ebenfalls kein Nachtragshaushalt benötigt, wobei sich aber für 2017 noch Veränderungen ergeben könnten. An dieser Stelle führt der Erste Bürgermeister beispielhaft Entscheidungen des Gemeinderates, die Entwicklung bei der LBBW und die Entwicklungen auf Landesseite bei der Frage eines Eingriffs des Landes in die kommunale Finanzmasse an. Zum letzten Punkt weist er darauf hin, dass der Ausgang der Verhandlungen der Kommunalen Spitzenverbände mit der Landesregierung noch offen ist. Sollte für 2017 ein Nachtragshaushalt notwendig werden, würde der Gemeinderat informiert.
Anschließend trägt StR
Körner
vor, die SPD-Gemeinderatsfraktion sehe einen Nachtragsetat als sinnvoll an, da sich seit der Verabschiedung des Doppelhaushalts 2016/2017 im Dezember 2015 sehr Vieles sehr stark verändert habe. Beispielhaft wolle er zwei Punkte anführen. Erstens beliefen sich, ausgehend von einer konstanten Liquiditätsreserve, die freien liquiden Mittel zum 31.12.2015 nicht auf 117 Mio. €, wie Ende 2015 angenommen, sondern auf 357 Mio. € (Anstieg 243 Mio. €). Zweitens gebe es beim Klinikum Stuttgart (KS) laut Finanzbericht 2016 gegenüber dem Haushaltsansatz eine erhebliche Verschlechterung in Höhe von 21,4 Mio. €.
Je weiter sich die Realität von den Haushaltsansätzen entferne, so die Meinung seiner Fraktion, desto irrelevanter stellten sich die Haushaltsbeschlüsse des Gemeinderates dar. Angesichts der dargestellten großen Abweichungen vom Haushaltsplan sei er der Meinung, obwohl der Vorsitzende sicherlich die Rechtslage korrekt beschreibe, dass nicht zuletzt aus Gründen des politischen Selbstverständnisses des Gemeinderates, zeitnah ein Nachtragshaushalt auf den Weg gebracht werden sollte.
Die SPD-Gemeinderatsfraktion schlage also vor, dass die Verwaltung einen solchen Nachtragsetat für das Jahr 2016 vorlegt. In diesem müsste auf formell richtigem Wege auch die Korrektur der Globalen Minderausgabe 2017 (GMA) in Höhe von 29 Mio. €, für die es einen Sachbeschluss gebe, aufgenommen werden. Zudem sollte eine Reduzierung der Nettokreditaufnahme für 2016 vorgenommen werden. Seines Erachtens sollten auch die deutlich erhöhten freien liquiden Mittel, es gehe um 243 Mio. €, für eine interne Rücklagenzweckbildung für den Abriss des Verkehrsbauwerks Friedrichswahl im Stadtbezirk Zuffenhausen in Höhe von 30 Mio. € genutzt werden. Dieser Stadtbezirk sei durch den Verkehr extrem belastet. In der Gemeindehaushaltsverordnung (GemHVO), geändert im April 2016, stehe in § 23 zu Rücklagen: innerhalb der Ergebnisrücklagen können Beträge, die von der Gemeinde für bestimmte Zwecke vorgesehen sind, als Davon-Positionen ausgewiesen werden. Eine solche interne Zweckbindung sei also rechtlich sehr wohl möglich. Die von EBM Föll in der Sitzung des Verwaltungsausschusses am 20.07.2016 gemachten Äußerungen hätten die Möglichkeit der internen Zweckbildung außen vor gelassen.
Anschließend erklärt StR
Kotz
(CDU), ein starker Gemeinderat entscheide, wie mit veränderten finanziellen Rahmenbedingungen umzugehen ist. Er ist sich sicher, dass die positiven Ergebnisse des Jahresabschlusses 2015 zu Veränderungen führen, die nicht 1 : 1 den Vorstellungen der Verwaltung entsprechen. Ob sich aber aus Entscheidungen des Gemeinderates ein Nachtragshaushalt ergebe, oder ob dem Willen des Hauptorgans durch Haushaltsvollzug Rechnung getragen werden könne, sei ihm letztlich gleich. Dies habe die Verwaltung zu klären. Lieber sei ihm, ohne Nachtragshaushalt auszukommen, da diese Variante wohl mit geringerem bürokratischem Aufwand für Verwaltung und Gemeinderat auskomme.
StRin
Deparnay-Grunenberg
(90/GRÜNE) bedankt sich bei StR Körner für dessen Ausführungen. Es sei durchaus richtig nachzufragen, über welche Instrumentarien der Gemeinderat verfüge, um seine politischen Ziele zu erreichen. Die fünf letzten Doppelhaushaltspläne hätten gezeigt, dass das Orientieren des Gemeinderates an den konservativen Haushaltsansätzen der Verwaltung zu Liquiditätsüberschüssen führe. Viele notwendige Dinge seien dadurch nicht realisiert worden. Nun wolle der Gemeinderat korrigierend wirken. Dazu gebe es bei den Fraktionen bereits ähnliche Ideen (z. B. GMA, Luftreinhaltung). Hierzu werde mit den anderen Fraktionen ein Dialog geführt. Die Vor- und Nachteile eines Nachtragshaushaltes seien ihr noch nicht klargeworden.
Daran anknüpfend führt StR
Körner
aus, der Vorteil von Beschlüssen im Rahmen der Beratungen eines Nachtragshaushalts sei, dass der Gemeinderat einen Überblick über den Gesamtetat habe. Dies sei ein finanzpolitischer Grund für ein solches Vorgehen. Zudem gebe es Gründe, weshalb Verfahren, wie Haushaltsberatungen und Nachtragsetats, geschaffen worden seien. Einer dieser Gründe sei, dass die Demokratie davon lebe, Dinge zusammenhängend zu diskutieren und zu entscheiden.
Für StR
Rockenbauch
(SÖS-LINKE-PluS) ist es eine Selbstverständlichkeit, dass der Gemeinderat im Verlauf eines Doppelhaushaltes die Möglichkeit haben muss, im Rahmen einer Gesamtabwägung nachzusteuern. Dies erlaube ein Nachtragshaushalt.
Angesichts des mit Haushaltsplanberatungen einhergehenden Aufwandes werden die in der Landeshauptstadt üblichen Doppelhaushaltsplanberatungen von StRin
von Stein
(FW) begrüßt. Eine zurückhaltende Position nimmt sie zu den angekündigten Überlegungen für die Umsetzung von Wunschprojekten ein. Ablehnend äußert sie sich zu einem Nachtragshaushalt 2016.
Angesichts der Größenordnung des Jahresüberschusses erachtet StR
Prof. Dr. Maier
(AfD) zwar einen Nachtragshaushalt nicht für erforderlich, aber die Verwaltung und der Gemeinderat sollten seiner Auffassung nach schon gemeinsam überlegen, welche dringlichen, seither zurückgestellten Maßnahmen eine Umsetzungschance erhalten sollen. Sinngemäß äußert sich StR
Dr. Oechsner
(FDP). Er plädiert dafür, Arbeiten für nicht notwendige Verfahren zu vermeiden und warnt davor, für Maßnahmen Mittel zu binden, die ohnehin auf absehbare Zeit nicht umgesetzt werden können.
Im weiteren Verlauf unterstreicht EBM
Föll
, entscheidend sei, dass der Gemeinderat mit dem Finanzzwischenbericht im Juli Kenntnis von den aktuellen finanziellen Veränderungen erhalten habe. Sollte der Ausschuss die Verwaltung mit der Aufstellung eines Nachtragshaushaltes für das Jahr 2016 beauftragen, würde die Verwaltung in einen solchen Nachtrag die Inhalte des Finanzzwischenberichtes aufnehmen. Vor einer Entscheidung für einen Nachtragshaushalt 2017 müsse die weitere Entwicklung abgewartet werden. Für ihn ist eine inhaltliche Transparenz bedeutender als eine formale Vorgehensweise. Dem entspreche die Verwaltung, und sollte es zu gravierenden Ereignissen kommen, werde der Rat auch außerhalb des Finanzzwischenberichtes informiert.
Bereits besprochen sei, die GMA für 2017 auszusetzen. Die verbesserte Finanzlage sollte dazu genutzt werden, auch ab 2018 keine GMA erwirtschaften zu müssen. Zur Einschätzung der Finanzlage müsse abgewartet werden, was das Land bei der Kommunalen Finanzmasse tatsächlich unternehme. Bei dem, was hier ab 2017 im Raum stehe, gehe es um erhebliche Auswirkungen für die Stadt. In einer Zeit, in der auch das Land gute Steuereinnahmen verzeichne, gebe es für einen solchen Eingriff keinen Begründung.
Für das KS werde dem Gemeinderat ein Nachtragswirtschaftsplan, einschließlich der für den Stadthaushalt notwendigen Beschlüsse, vorgelegt. Auch dies lasse sich ohne Nachtragshaushalt bewerkstelligen.
Ergebnis und Rücklagen sollten nicht verwechselt werden. Rücklagen seien ein Thema der Ergebnisverwendung. Rücklagen würden nicht im Haushalt, sondern im Abschluss gebildet. Die von StR Körner angesprochene Veränderung im Gemeindehaushaltsrecht gebe es, allerdings nur in bestimmten Grenzen. Für eine Rücklage für das Verkehrsbauwerk Friedrichswahl fehle es an der für eine Rücklagenbildung erforderlichen Konkretisierung.
Danach stellt StRin
Deparnay-Grunenberg
klar, dass eine ablehnende Haltung ihrer Fraktion zu einem Nachtragshaushaltsplanes nicht im Zusammenhang mit Gesprächen über die Umsetzung dringlicher Projekte zu sehen ist.
Abschließend stellt EBM
Föll
, einer Bitte von StR Körner folgend, zu dessen mündlichem Antrag fest:
Der Verwaltungsausschuss
lehnt
es bei 5 Ja-Stimmen und 12 Gegenstimmen
ab
, die Verwaltung zu beauftragen,
einen Nachtragshaushaltsplan für das Jahr 2016 zu erstellen
.
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