Landeshauptstadt Stuttgart
Oberbürgermeister
Gz: OB 4544-00
GRDrs 243/2021
Stuttgart,
06/22/2021


Fortentwicklung und neue Bedarfe der Stuttgarter Ordnungspartnerschaft gegen häusliche Gewalt (STOP) in den Bereichen Intervention und Prävention



Mitteilungsvorlage zum Haushaltsplan 2022/2023


Vorlage anzurSitzungsartSitzungstermin
Beirat für Gleichstellungsfragen
Verwaltungsausschuss
Sozial- und Gesundheitsausschuss
Jugendhilfeausschuss
Kenntnisnahme
Kenntnisnahme
Kenntnisnahme
Kenntnisnahme
öffentlich
öffentlich
öffentlich
öffentlich
23.06.2021
30.06.2021
12.07.2021
19.07.2021

Bericht:

Die Stuttgarter Ordnungspartnerschaft definiert häusliche Gewalt als Gewalt in Ehen und in Partnerschaften. Dabei geht es um Gewalt zwischen erwachsenen Personen, die in einer Beziehung stehen oder gestanden haben. Jede vierte Frau in Deutschland hat schon einmal körperliche Gewalt bzw. Übergriffe durch ihren (Ex-)Partner erlebt. Aber auch Beziehungsgewalt gegen Männer wird zunehmend in der Öffentlichkeit wahrgenommen und die bekannt gewordenen Fälle steigen an.

Seit 2001 gibt es die Stuttgarter Ordnungspartnerschaft gegen häusliche Gewalt (STOP), die in den letzten 20 Jahren kontinuierlich von OB-ICG um notwendige Innovationen weiterentwickelt wurde. Häuslicher Gewalt als Beziehungsgewalt konnte so immer effizienter und umfassender begegnet werden (siehe GRDrs) GRDrs 1165/2002 Ansiedlung der Koordination STOP nach Projektende, GRDrs 735/2003 Gewährleistung von STOP im Regelbetrieb, GRDrs 353/2005 Fortgang von STOP in der Koordinationsstruktur, GRDrs 509/2007 Fortgang von STOP, GRDrs 1204/2007 Fortgang von STOP, GRDrs 309/2009 Unterstützung von Gewalt betroffene Frauen und deren Kinder, GRDrs 518/2011 Fair-Streit-Training Häusliche Gewalt – Konzeption und erste Erfahrungen, GRDrs 584/2012 Koordination der Stuttgarter Ordnungspartnerschaft gegen häusliche Gewalt (STOP) und Leitung/Koordination Präventionsprojekt, GRDrs 341/2013 Täterarbeit im Rahmen der Stuttgarter Ordnungspartnerschaft gegen häusliche Gewalt (STOP), GRDrs 587/2013 Evaluation des „Fair-Streit-Training“ (FST) als neuem Interventionsmodul im Rahmen von STOP, GRDrs 103/2015 Hinschauen – Erkennen – Handeln: Wir alle können etwas tun! Präventionsprojekt gegen häusliche Gewalt / Partnergewalt, GRDrs 498/2015 Männliche Opfer bei häuslicher Gewalt, GRDrs 656/2015 Innovativer Fortgang der Stuttgarter Ordnungspartnerschaft gegen häusliche Gewalt / Beziehungsgewalt, GRDrs 218/2016 Prävention für Kinder und Jugendlichen bei häuslicher Gewalt: Schulung von Fachkräften, GRDrs 530/2017 Fortentwicklung von STOP und Anpassung der städtischen Förderung für die FrauenInterventionsstelle (FIS des Vereins Frauen helfen Frauen e. V. und die Täterarbeit bei der Fachberatungsstelle Gewaltprävention (ehem. MIS), GRDrs 963/2018 Prävention für Kinder und Jugendliche bei häuslicher Gewalt „Hinschauen – Erkennen – Handeln“ im Rahmen von STOP, GRDrs 448/2019 Weiterentwicklung und Erweiterung von STOP: Intervention, Prävention und Öffentlichkeitsarbeit unter dem Dach der Stuttgarter Ordnungspartnerschaft gegen häusliche Gewalt
. Exemplarisch aufzuführen sind zusätzliche Schwerpunkte wie Kinderschutz, Migrations- bzw. Fluchthintergrund bei Tätern und Opfern, Täterinnenarbeit, männliche Opfer bei häuslicher Gewalt, Fair-Streit-Training, Paarberatung u. a.

Seit Ende 2020 wird die Stuttgarter Ordnungspartnerschaft gegen häusliche Gewalt (STOP) auf der gesetzlichen Grundlage des Übereinkommens des Europarates zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und gegen häusliche Gewalt (Istanbul-Konvention, 2018) um die Handlungsfelder Prävention und Öffentlichkeitsarbeit erweitert (siehe GRDrs 448/2019). Unter dem STOP-Dach wird nun neben der strategischen Leitung, Weiterentwicklung und Koordination des gut etablierten STOP-Interventions-verfahrens der strukturelle Auf- und Ausbau des STOP-Präventionsverfahrens auf Grundlage einer zielgruppenspezifischen Planung erarbeitet und vorangetrieben, Maßnahmen gebündelt und diese aufeinander abgestimmt.

In den nächsten Jahren stehen nun unter dem STOP-Dach im Bereich Prävention neue, umfangreiche Arbeitsschwerpunkte sowie neue Handlungsfelder an. Weiterhin sind aufgrund starker Fallzahlsteigerungen im Bereich Intervention finanzielle Anpassungen der Förderungen für bereits bestehende Beratungsangebote bei häuslicher Gewalt erforderlich. Diese neuen Bedarfe werden im Folgenden dargestellt:

1. Dauerhaftes Regelangebot von bereits aufgebauten Präventionsstrukturen bei häuslicher Gewalt durch finanzielle Förderung von Personalressourcen bei der Fraueninterventionsstelle FIS (0,6 VK) des Vereins Frauen helfen Frauen e. V. sowie bei der Fachberatungsstelle häusliche Gewalt / Gewaltprävention (0,6 VK) der Sozialberatung Stuttgart e. V. auf der Grundlage der gesetzlichen Verpflichtung des Übereinkommens des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und gegen häusliche Gewalt, Istanbul-Konvention des Europarats vom 1.02.2018

2. Anpassung der städtischen Förderung für das Arbeitsfeld „Gewaltschutz für Männer“ bei der Beratungsstelle männliche Opfer häuslicher Gewalt (0,6 VK) der Sozialberatung Stuttgart e. V.

3. Anpassung der städtischen Förderung für das Arbeitsfeld „Beratung und Training von gewaltausübenden Menschen in Fällen häuslicher Gewalt“ bei der Fachberatungsstelle häusliche Gewalt / Gewaltprävention der Sozialberatung Stuttgart e. V.

4. Anmietung eigener Räume (60 qm) für die Fraueninterventionsstelle (FIS) von Frauen helfen Frauen e. V. - Änderung der Flächen, Miet- und Mietnebenkosten sowie Reinigungskosten


1. Dauerhaftes Regelangebot von bereits aufgebauten Präventionsstrukturen bei häuslicher Gewalt durch finanzielle Förderung von Personalressourcen

Im Kapitel III Prävention der Istanbul-Konvention werden in sechs Artikeln Präventionsmaßnahmen in klar definierten Themenbereichen vorgegeben, wie z. B. Bildung an Schulen und Aus- und Fortbildung von Angehörigen bestimmter Berufsgruppen, u.a. in den Bereichen Schule, Sozialarbeit und Gesundheit.
Diese geforderten Maßnahmen decken sich passgenau mit den bereits erarbeiteten Angeboten des von OB-ICG entwickelten Präventionsprojektes „Hinschauen – Erkennen – Handeln – Wir alle können etwas tun!“ (GRDrs 218/2016, 963/2018), das von der Robert Bosch Stiftung finanziert wurde. Von 2013 bis 2018 wurde im Gender-Team (weibliche und männlicher Trainer*in) sehr erfolgreich an der Zielsetzung gearbeitet, Jugendliche über häusliche Gewalt aufzuklären und sie zu befähigen, Konflikte gewaltfrei zu lösen, um die Wahrscheinlichkeit zu erhöhen, dass sie in ihren späteren eigenen Partnerschaften keine Gewalt ausüben oder erdulden. Neben der direkten Arbeit mit Jugendlichen wurden auch Multiplikator*innen und Fachkräfte zum Thema häusliche Gewalt sensibilisiert und geschult.

Der Erfolg des Projektes lag in seiner umfassenden Vernetzungsarbeit. Die dabei aufgebauten Strukturen, Kooperationen und Kontakte können nun unmittelbar für die nachhaltige, stadtweite Verankerung der Präventionsangebote genutzt werden, wenn die personellen Ressourcen zur Verfügung gestellt werden.

Die Fraueninterventionsstelle (FIS) von Frauen helfen Frauen e. V. und die Fachberatungsstelle Gewaltprävention der Sozialberatung Stuttgart e. V. haben am 24.02.2021 einen gemeinsamen Haushaltsantrag gestellt (Anlage 1) und sollen nun die erfolgreich von OB-ICG aufgebauten Strukturen im Themenfeld Prävention von häuslicher Gewalt bei Kinder und Jugendliche im Regelbetrieb weiterführen und weiterentwickeln. Neben der Sensibilisierung und Schulung von Fachkräften und Multiplikator*innen des sozialen Umfeldes und der direkten Arbeit mit den Jugendlichen ist vorgesehen, auch neue, zeitgemäße Themenfelder, wie z. B. digitale Gewalt, in das Präventionskonzept mit aufzunehmen und neu zu konzipieren. Durch die Corona-Pandemie muss davon ausgegangen werden, dass sich durch den veränderten Alltag mit Homeoffice und Homeschooling auch der Bedarf an digitalen Angeboten und Zugängen deutlich und nachhaltig erhöhen und somit eine Anpassung der Maßnahmen erforderlich sein wird.

Dieses neue Angebot soll unter dem Dach der Stuttgarter Ordnungspartnerschaft im neuen Arbeitsfeld „STOP-Prävention“ verortet werden. So ist die strategische Ausrichtung und der fachliche Austausch durch OB-ICG, Jugendamt, Sozialamt, Kinderschutz-Zentrum u.a. gegeben, kann kontinuierlich begleitet und an neue Entwicklungen und Bedarfe angepasst werden.
Geplant ist, jährlich etwa 100 Fachkräfte und 200 Schüler*innen direkt zu erreichen, neue Themen, wie z.B. digitale Gewalt im Kontext häusliche Gewalt, aufzunehmen und methodisch umzusetzen sowie das digitale Angebot neu zu konzipieren und aufzubauen. Einmal jährlich soll eine Öffentlichkeitsveranstaltung für die Bürgergesellschaft angeboten werden.

Für die Fortführung und Weiterentwicklung des erfolgreich erprobten Präventionsangebots für Kinder und Jugendliche und um es in der Fläche verbreiten und nachhaltig implementieren zu können, bedarf es einer dauerhaften Stellenerweiterung von jeweils 0,6 VK sowohl für die Fraueninterventionsstelle (FIS) von Frauen helfen Frauen e. V. als auch für die Fachberatungsstelle häusliche Gewalt / Gewaltprävention der Sozialberatung Stuttgart e. V.

Das Angebot „Fachberatungsstelle häusliche Gewalt / Gewaltprävention“ der Sozialberatung Stuttgart e. V. wird seit 01.01.2018 im Umfang von 2,35 Stellen in Form einer Personalkostenpauschale für Fachkräfte der Fachberatungsstellen der Wohnungsnotfallhilfe gefördert (vgl. GRDrs 530/2017). Für die beantragte 0,6 Fachkraftstelle für Prävention errechnet sich, jeweils ausgehend von einer TVöD-Steigerung im Jahr 2022 in Höhe von 1,35 %, und im Jahr 2023 von 2 %, ein Zuschussbedarf von 52.000 EUR für das Jahr 2022 und von 53.000 EUR ab dem Jahr 2023.

Das Angebot „FIS“ von Frauen helfen Frauen e. V. wird seit 01.01.2018 im Umfang von 1,5 Stellen gefördert (vgl. GRDrs 530/2017). Für die beantragte 0,6 Fachkraftstelle für Prävention errechnet sich, jeweils ausgehend von einer TVöD-Steigerung im Jahr 2022 in Höhe von 1,35 % und im Jahr 2023 von 2 %, ein Zuschussbedarf von 48.000 EUR für das Jahr 2022 und von 49.000 EUR ab dem Jahr 2023.

Die Kosten für dieses Angebot werden aufgrund der GRDrs 503/2011 zu 100 % gefördert unter der Maßgabe, dass Verwaltungspersonalkosten nicht berücksichtigt werden können, da diese Kosten bei der Kalkulation der Tagessätze des Frauenhauses in voller Höhe eingeflossen sind.

Tatsächlich liegt der Berechnung des Tagessatzes des Autonomen Frauenhauses ein Stellenschlüssel für Verwaltung von 1:40 zugrunde, so dass über diesen Schlüssel keine Verwaltungspersonalkostenanteile des Trägers für das Angebot „FIS“ refinanziert werden. Aufgrund der angespannten und unsicheren Finanzsituation der LHS wird die Berücksichtigung der Verwaltungskostenpauschale i. R. der Förderung der Jahre 2022/2023 nicht befürwortet. Entsprechend der Entwicklung der städtischen Finanzen kann ggf. zum Doppelhaushalt 2024/2025 über die Berücksichtigung dieser Kosten entschieden werden.


2. Anpassung der städtischen Förderung für das Arbeitsfeld „Gewaltschutz für Männer“ bei der Beratungsstelle männliche Opfer häuslicher Gewalt der Sozialberatung Stuttgart e. V.

Durch die steigenden Fallzahlen hat OB-ICG ab 2014 die Zielgruppe Männer als Betroffene von häuslicher Gewalt zunehmend in den Fokus genommen. Da hier dringender Beratungsbedarf vorlag, finanzierte OB-ICG 2014 und 2015 das Projekt „Gewaltschutz für Männer“ der Sozialberatung Stuttgart mit dem Ziel, ein Angebot zu konzipieren und Erfahrungen zu sammeln. Nach erfolgreichem Projektverlauf erhält die Beratungsstelle männliche Opfer häuslicher Gewalt der Sozialberatung Stuttgart e. V. seit den Haushaltsplanberatungen 2016/2017 eine finanzielle Förderung für 0,5 VK zur Weiterführung der Beratung von betroffenen Männern als Regelangebot (GRDrs 498/2015 Männliche Opfer bei häuslicher Gewalt).

Seitdem hat sich das Arbeitsgebiet „Gewaltschutz für Männer“ weiterentwickelt, eine Onlineberatung kam hinzu und seit 2020 aufgrund der Corona-Pandemie auch die Möglichkeit der Videoberatung, um niederschwellig und schnell Hilfe und Unterstützung anzubieten. Männer als Opfer von häuslicher Gewalt bekommen zunehmend in der Öffentlichkeit eine größere Aufmerksamkeit für ihre Situation, was vielen Männern Mut gibt, sich ihrer Situation zu stellen und Hilfe und Unterstützung zu suchen.

Dies zeigt sich in den massiv steigenden Fallzahlen und noch stärker steigenden Beratungskontakten, mit denen sich die Beratungsstelle konfrontiert sieht (siehe Tabelle 1).
2016 waren es noch 36 Fälle, 2019 bereits 65 und im Pandemiejahr 2020 meldeten sich 100 Männer, dies entspricht einer Steigerung von 177% von 2016 bis 2020. Noch dramatischer ist der Anstieg der Beratungskontakte. Waren es 2016 noch 82 Beratungskontakte bei 36 Fällen, so stiegen die Beratungskontakte auf 404 bei 100 Fällen. Dies entspricht einer Zunahme von 392 % und bedeutet, dass betroffene Männer zunehmend mehr Unterstützung und Hilfestellung bei der Klärung ihrer persönlichen Situation benötigen. Im Jahr 2020 waren von den 100 Fällen 43 % betroffene Väter, die Hilfe suchten. Es ist daher davon auszugehen, dass die Komplexität der Fälle eher zunehmen wird, da auch die Kooperation mit Jugendämtern und Familiengerichten an Bedeutung gewinnen wird.



Tab 1.: Fallzahlen und Beratungskontakte der Beratungsstelle Gewaltschutz für Männer 2016 - 2020


Die beinahe Verdreifachung der Fälle seit dem Start der Regelfinanzierung in 2016 macht eine Anpassung der Förderung im Hinblick auf den dringenden Bedarf der Beratungsstelle zwingend notwendig, um das Angebot für von Gewalt betroffene Männer weiterhin vollumfänglich anbieten zu können. Es ist davon auszugehen, dass mit zunehmendem Bekanntheitsgrad des Angebotes die Fallzahlen noch weiter steigen werden.

Derzeit stehen für das Arbeitsgebiet „Gewaltschutz für Männer“ der Beratungsstelle für männliche Opfer häuslicher Gewalt der Sozialberatung Stuttgart e. V. 0,5 VK zur Verfügung.

Mit Antrag vom 22.03.2021 hat die Sozialberatung Stuttgart e. V. eine weitere dauerhafte 0,6 VK beantragt (Anlage 2).

Für die beantragte zusätzliche 0,6 Fachkraftstelle errechnet sich, jeweils ausgehend von einer TVöD-Steigerung im Jahr 2022 in Höhe von 1,35 % und im Jahr 2023 von 2 % ein Zuschussbedarf von 52.000 EUR für das Jahr 2022 und von 53.000 EUR ab dem Jahr 2023.


3. Anpassung der städtischen Förderung für das Arbeitsfeld „Beratung und Training von gewaltausübenden Menschen in Fällen häuslicher Gewalt“ bei der Fachberatungsstelle häusliche Gewalt / Gewaltprävention der Sozialberatung Stuttgart e. V.

Ein wichtiger, zentraler Interventionspartner für den Erfolg der Stuttgarter Ordnungspartnerschaft gegen häusliche Gewalt (STOP) ist die Täter*innenberatung der Fachberatungsstelle häusliche Gewalt / Gewaltprävention der Sozialberatung Stuttgart e. V. Ziel der Beratungen des Arbeitsfelds „Beratung und Training von gewaltausübenden Menschen in Fällen häuslicher Gewalt“ ist es, weitere Gewalthandlungen der Täter*innen zu verhindern und ihnen einen Weg aus der Gewaltspirale aufzuzeigen.

Bereits seit 2002 nahm die Anlaufstelle für Täter* und Täterinnen* ihre Beratungstätigkeit auf. Sie begleitet und unterstützt seitdem Männer* und Frauen* ab 18 Jahren, die Gewalt in ihrer Beziehung ausgeübt haben oder ausüben. Die professionellen Beratungsgespräche und Trainingsmaßnahmen bieten Tätern* und Täterinnen* die Möglichkeit, ein gewaltfreies Leben zu führen und Verantwortung für die Tat zu übernehmen.

Die Fachberatungsstelle häusliche Gewalt / Gewaltprävention erhielt bei den Haushaltsplanberatungen 2018/2019 eine Erhöhung der Personalkapazität um 0,5 VK auf insgesamt 2,35 VK. Davon entfielen 0,2 VK auf gestiegene Beratungsfälle und 0,3 VK auf das neue Paarberatungsangebot, das gemeinsam mit den Frauenberatungsstellen bei häuslicher Gewalt angeboten wird. (GRDrs 530/2017)

Mit Antrag vom 22.03.2021 hat die Sozialberatung Stuttgart e. V. eine weitere dauerhafte 0,6 VK beantragt (Antrag Anlage 3).

Diese 0,6 VK teilen sich auf in
3.1. Arbeitsgebiet „Beratung und Training von gewaltausübenden Menschen in Fällen
häuslicher Gewalt“ (0,4 VK)

Seit der letzten Anpassung der Personalkapazitäten bei den Haushaltsplanberatungen 2018/2019 aufgrund von gestiegenen Beratungsfällen sind die Beratungsfälle erneut von 177 Fälle im Jahr 2018 auf 216 Fälle in 2020 gestiegen, das entspricht einer Steigerung von 22 % in den letzten 2 Jahren.

Eine Erhöhung der Personalkapazität um 0,4 VK ist jedoch nicht nur aufgrund der Fallzahlerhöhung notwendig, sondern auch aufgrund der zunehmenden Komplexität der Fallkonstellationen, die einen deutlich höheren Klärungsprozess je Einzelfall benötigen.

Aber auch neue Entwicklungen und Anforderungen an das STOP-Hilfesystem, die auf Grundlage der gesetzlichen Verpflichtung der Istanbul-Konvention entstehen, stellen die Beratungsstellen vor neue Herausforderungen in der Kooperations- und Netzwerkarbeit. Der seit 2018 gesetzlich geforderte Fokus auf Hochrisikofälle oder Wiederholungsfälle erfordert eine enge Zusammenarbeit und Schnittstellenkommunikation aller Interventionspartner*innen in zeitaufwendigen Fallkonferenzen. Auch die Teilnahme an Weiterentwicklungsprozessen und Planung neuer Angebotsstrukturen im Bereich häusliche Gewalt, die von OB-ICG initiiert und geleitet werden, ist ebenfalls eine erhebliche Zeitkomponente für die Beratungsstellen. Diese zusätzlichen Zeitressourcen sind jedoch unbedingt notwendig, um auf neu entstehende Bedarfe, wie z.B. Geflüchtete und häusliche Gewalt (siehe 3.2.) reagieren und neue Angebotsformate entwickeln zu können.

3.2. Neues Arbeitsgebiet „Intervention für geflüchtete Menschen in Fällen häuslicher Ge-
walt“ (0,2 VK)

Seit November 2017 finanziert OB-ICG ein Beratungsangebot für Menschen mit Fluchterfahrung und/oder Sprachbarriere in Fällen häuslicher Gewalt durch dolmetschergestützte Beratungsformate der Fachberatungsstelle Gewaltprävention auf Honorarbasis.

Ein großes Hindernis bei der Inanspruchnahme von Beratungsangeboten stellt die Sprachbarriere dar. Landeshauptstadt Stuttgart (2019): 39. Stuttgarter Flüchtlingsbericht, S. 72 Aus diesem Grund entwickelte die Fachberatungsstelle im Auftrag von OB-ICG ein dolmetscher*innengestütztes Interventionsangebot für geflüchtete gewaltausübende Menschen. Das Besondere an diesem Angebot ist die Einführung der Dolmetschenden in die Thematik häusliche Gewalt. Sie werden hierfür geschult sowie in den Beratungskontext Täter*innenarbeit eingeführt, da hier der Übersetzungsprozess eine besondere Sensibilität und Hintergrundwissen erfordert. Die geschulten Dolmetscher*innen verbleiben anschließend in einem Pool und werden je nach Bedarf eingesetzt.

Ohne diese geschulten Dolmetscher*innen ist es für geflüchtete Menschen ohne gute Deutschkenntnisse nicht möglich, die Angebote der Täter*innenberatung in Anspruch zu nehmen.
Aber auch bei anderen zugewanderten Menschen sind deutsche Sprachkenntnisse nicht selbstverständlich. So beträgt z.B. der Anteil der türkischsprachigen Personen, die das muttersprachliche Beratungsangebot bei der Sozialberatung in Anspruch nehmen, und über mittelmäßige bis nicht vorhandene Deutschkenntnisse verfügen, über 40 %. Diese Erfahrung lässt sich auf andere Migrantengruppen übertragen. Auch hier besteht durch die Sprachbarriere ein Bedarf an dolmetscher*innengestützte Beratungsangebote.

Insgesamt wurde in den Jahren 2018 – 2020 in 32 Fällen Menschen in diesem Format beraten. 2018 waren es 12 Personen, 2019 konnten aufgrund von Personalwechsel und daher einhergehenden eingeschränkten Personalressourcen nur 6 Menschen und 2020 wieder 14 Personen beraten werden. Übersetzt wurde in die Sprachen Englisch, Afghanisch, Arabisch, Syrisch, Kroatisch und Farsi. Geplant ist eine Erweiterung des Sprachangebotes, so dass der Bedarf für die dolmetscher*innengestützte Interventionsangebote auf 20 – 30 Fälle pro Jahr geschätzt wird.

Das Angebot ist aufgrund der Koordination, der Netzwerkarbeit u.a. mit den Trägern der Migrationsarbeit und der Anbindung und Schulung der Dolmetschenden organisatorisch aufwendig. Für die Fachberatungsstelle Gewaltprävention sind zusätzlich 0,2 VK notwendig, da ohne die personelle Förderung des Arbeitsgebietes „Menschen mit Fluchterfahrung und/oder Sprachbarriere bei häuslicher Gewalt“ das Angebot nicht aufrechterhalten werden kann.

Für die beantragten zusätzlichen insgesamt 0,6 Fachkraftstellen errechnet sich, jeweils ausgehend von einer TVöD-Steigerung im Jahr 2022 in Höhe von 1,35 % und im Jahr 2023 von 2 %, ein Zuschussbedarf von 52.000 EUR für das Jahr 2022 und von 53.000 EUR ab dem Jahr 2023.


4. Anmietung eigener Räume (60 qm) für die Fraueninterventionsstelle (FIS) von Frauen helfen Frauen e. V. - Änderung von Flächen, Miet- und Mietnebenkosten sowie Reinigungskosten

Die Fraueninterventionsstelle (FIS) von Frauen helfen Frauen nutzt seit ihrer Gründung im Jahr 2001 die Räumlichkeiten der Beratungsstelle „Beratung & Information für Frauen (BIF)“ von Frauen helfen Frauen e. V. in einem Mehrfamilienhaus in der Römerstraße 30.
Im Laufe der Zeit kamen neue Angebote und weitere Stellenaufstockungen in beiden Beratungsstellen hinzu, sodass sich nun aktuell drei Pädagoginnen (BIF und Projekt für geflüchtete Frauen) und zwei Pädagoginnen (FIS), sowie eine Praktikantin, eine Honorarkraft und eine Therapeutin (Therapieangebot zweimal die Woche) drei Büros teilen. Die Verwaltung belegt zwei Büros. Diese Räume (insg. 119 qm) befinden sich in Wohnungen im ersten und zweiten OG und sind fast alle Durchgangszimmer.
Im EG (99,40 qm) befinden sich zwei Beratungsräume mit Spielecke für Kinder sowie ein Beratungsraum mit Telefon und Internetzugang für Beratungen für Frauen, die z.B. in ein Frauenhaus vermittelt werden, ein Besprechungsraum und ein Gruppenraum. Für die
Mitnutzung dieser Räume erhält die FIS einen Mietkostenzuschuss in Höhe von 5.500 EUR pro Jahr, der auch weiterhin für die Nutzung benötigt wird.

In den beengten Raumverhältnissen der Büros sind telefonische Beratungsgespräche, Mail- und Chatberatungen in einer ungestörten Arbeitsatmosphäre kaum möglich, auch die Einhaltung des Datenschutzes gestaltet sich äußerst schwierig. Die FIS braucht daher dringend eigene Büroräume, um die beengte Arbeitssituation zu verbessern.

Ab April 2022 könnte die FIS in der Römerstrasse 30 im ersten OG eine weitere knapp 60 qm große 2-Zimmer-Wohnung für monatlich 740 EUR anmieten. Dies hätte den großen Vorteil, dass sich weiterhin alle Beratungsstellen von Frauen helfen Frauen e. V. in einem Haus befänden. In die zwei Räume würden die zwei FIS-Pädagoginnen und bei Bewilligung des Präventionsantrages (siehe 1.) eine weitere Fachkraft einziehen und hätten so erstmalig eigene Räume für die Beratungstätigkeit zur Verfügung.

Beantragt wird mit Antrag vom 12.04.2021 die Übernahme der Miet-, Mietneben- und Reinigungskosten für die Anmietung eigener Räume für FIS in Höhe von 9.255 EUR im Jahr 2022 (9 Monate) und von 12.340 EUR ab dem Jahr 2023 sowie jährliche Sachkosten von 360 EUR, die Miet-, Mietneben- und Reinigungskosten für einen zusätzlichen Raum für die neue Fachkraft in Höhe von jährlich 3.291 EUR sowie Sachkosten von jährliche 2.500 EUR und einmalig ein Schreibtisch mit Rollcontainer, ein Schreibtischstuhl, zwei Aktenschränke und ein Sideboard in Höhe von 1.350 EUR für die Büromöblierung und 1.500 € für die EDV- und Telefonneueinrichtung. Der restliche Ausstattungsbedarf kann mit dem bereits vorhandenen Büromobiliar gedeckt werden (Anlage 4).





Erforderliche Personal- und Förderressourcen


Träger AngebotZusätzlicher StellenbedarfZusätzlicher Förderbedarf
2022 2023
In EURIn EUR
Frauen helfen
Frauen e. V.
FIS
Prävention für Kinder und Jugendliche bei häuslicher Gewalt

Zusätzliche Büroräume
Sachkosten
Büromöbel
EDV- und Telefonneueinrichtung
0,6 FK


48.000



12.546
2.860
1.350
1.500
49.000



15.631
2.860
0
0
Sozialberatung Stuttgart e. V.Fachberatungsstelle häusliche Gewalt /
Gewaltprävention

Prävention für Kinder und Jugendliche bei häuslicher Gewalt

Beratungsstelle für männliche Opfer häuslicher Gewalt
Arbeitsfeld Gewaltschutz für Männer; Ausweitung des bisherigen Regelangebotes

Fachberatungsstelle häusliche Gewalt /
Gewaltprävention

Arbeitsfeld Beratung und Training für Täter*innen (0,4 VK)
und
Ausweitung des bisherigen Regelangebotes (0,2 VK)
0,6 FK





0,6 FK







0,6 FK
52.000





52.000







52.000



53.000





53.000







53.000





Finanzielle Auswirkungen


Ergebnishaushalt (zusätzliche Aufwendungen und Erträge):
Maßnahme/Kontengr.
2022
TEUR
2023
TEUR
2024
TEUR
2025
TEUR
2026
TEUR
2027 ff.
TEUR
Frauen helfen Frauen e. V.
66
67
67
67
67
Sozialberatung Stuttgart e. V.
156
159
159
159
159
Finanzbedarf
222
226
226
226
226
Für diesen Zweck im Haushalt/Finanzplan bisher bereitgestellte Mittel:
Maßnahme/Kontengr.
2022
TEUR
2023
TEUR
2024
TEUR
2025
TEUR
2026
TEUR
2027 ff.
TEUR
Frauen helfen Frauen e. V. (FIS)
429
437
437
437
437
Sozialberatung Stuttgart e. V.
242
242
242
242
242

Mitzeichnung der beteiligten Stellen

Referat AKR hat am 21.05.2021, Referat JB hat am 1.06.2021, Referat SI am 8.06.2021 mitgezeichnet.
Referat WFB hat am 10.06.2021 Kenntnis genommen, weist aber ausdrücklich darauf hin, dass die 100 %-Förderung für die 0,6 Stelle von Frauen helfen Frauen e. V. entsprechend GRDrs 503/2011 nur unter der Maßgabe erfolgt, dass die Verwaltungskosten nicht berücksichtigt werden. Aus Sicht der Finanzverwaltung besteht kein Anlass, von diesem Beschluss abzuweichen.
Haushalts- und stellenrelevante Beschlüsse können erst im Rahmen der Haushaltsplanberatungen erfolgen.


Vorliegende Anträge/Anfragen

     





Dr. Frank Nopper


Anlagen:

Anlage 1: Gemeinsamer Haushaltsantrag FrauenInterventionsstelle (FIS) und Fachberatungsstelle Häusliche Gewalt / Gewaltprävention
Anlage 2: Antrag der Beratungsstelle männliche Opfer häuslicher Gewalt der Sozialbratung Stuttgart e. V.
Anlage 3: Antrag der Fachberatungsstelle häusliche Gewalt / Gewaltprävention der Sozialberatung Stuttgart e. V.
Anlage 4: Antrag auf Anmietung eigener Büroräume für die Fraueninterventionsstelle (FIS)


<Anlagen>

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