Landeshauptstadt Stuttgart
Referat Wirtschaft/Finanzen und Beteiligungen
Gz: WFB
GRDrs 1039/2013
Stuttgart,
11/05/2013


Auswirkung der Vergnügungssteuer im Sexgewerbe



Mitteilungsvorlage


Vorlage anzurSitzungsartSitzungstermin
VerwaltungsausschussKenntnisnahmeöffentlich20.11.2013

Bericht:


Mit Antrag Nr. 271/2013 hat die Fraktion Bündnis 90 / DIE GRÜNEN Fragen zur Entwicklung der Vergnügungssteuer im Bereich des Sexgewerbes gestellt und beantragt, dass hierzu nach der Sommerpause im Verwaltungsausschuss berichtet wird.

Fragen 1 und 2
Wie haben sich die Einnahmen der Vergnügungssteuer aus dem Bereich des Sexgewerbes entwickelt?
Wie viele SteuerzahlerInnen gibt es in diesem Bereich in Stuttgart?

Nach § 1 Abs. 2 Ziffern 5 - 9 der Vergnügungssteuersatzung unterlagen bislang schon das Halten von Kabinen und Geräten sowie die Vorführung von Sex- und Porno-Filmen/-Videos und das Veranstalten von Sexdarbietungen (Live-Auftritte) in Nachtlokalen, Bars oder ähnlichen Betrieben der Vergnügungssteuer. Mit Wirkung zum 01.01.2012 unterliegt auch „das gezielte Einräumen der Gelegenheit zu sexuellen Vergnügungen in Bordellen, Laufhäusern, Bars, Sauna- FKK- und Swingerclubs und ähnlichen Einrichtungen sowie in Wohnungen (z.B. Terminwohnungen)“ (neue Ziffer 10) der Steuerpflicht.

Beim Halten von Kabinen und Geräten sowie der Vorführung der o.g. Filme bzw. Videos ist derjenige Steuerschuldner, dem die Erträge zufließen. Bei den anderen Steuertatbeständen liegt die Steuerpflicht beim Veranstalter. Darüber hinaus haftet in beiden Fällen der Besitzer der Räumlichkeiten für die Entrichtung der Steuer.

Das Steueraufkommen für die in § 1 Abs. 2 Ziffern 5 - 9 genannten Tatbestände belief sich 2012 bei 16 Steuerpflichtigen auf rd. 150.000 Euro. Das Aufkommen für den in Ziffer 10 erwähnten Tatbestand setzt sich wie folgt zusammen:

EinrichtungsartSteuerpfl.Fläche/qmEinnahmen
Bordelle, Laufhäuser, Absteigen, Bars, Saunen,
Dominastudios, Swingerclubs, Massagestudios
644.427 qm531.000 Euro
Terminwohnungen 672.239 qm269.000 Euro
Summe: 1316.666 qm800.000 Euro


Es ist anzumerken, dass im Laufe der Jahre eine ganze Reihe größerer Kommunen eine sog. Bordellsteuer eingeführt haben. Nach Kenntnis der Verwaltung sind dies u.a. die Städte Köln, Bonn, Dortmund, Duisburg, Mainz und Gelsenkirchen. Das Steueraufkommen von Köln, Dortmund und Duisburg beläuft sich auf rd. 800.000 Euro/a (Köln) bzw. auf jeweils etwa 600.000 Euro/a. In Baden-Württemberg wird von den Stadtkreisen Freiburg i.Br., Ulm und Pforzheim sowie von 15 Großen Kreisstädten (davon sechs Städte in der Region Stuttgart) eine sog. Bordellsteuer erhoben.

Frage 3
Wie erfolgt die Erfassung der Steuerpflichtigen und wen belastet letztlich die Besteuerung?

Die Erfassung der Steuerpflichtigen zu dem in § 1 Abs. 2 Ziffer 10 der Vergnügungssteuersatzung geregelten Tatbestand erfolgt in der Regel durch Auswertung entsprechender Internetportale und Anzeigen in Zeitschriften, durch polizeiliche Hinweise und Gewerbeanzeigen beim Amt für öffentliche Ordnung (z.B. bei gewerblicher Zimmervermietung und Massagestudios) und im Einzelfall auch durch Hinweise aus der Bevölkerung.

Die Steuerpflichtigen werden zunächst aufgefordert, für die Räumlichkeiten, in denen die Dienstleistung angeboten wird, einen maßstabgetreuen Plan vorzulegen und die Aufnahme der vergnügungssteuerpflichtigen Tätigkeit sowie den bzw. die Besitzer/in der Räumlichkeiten mitzuteilen. Sofern der bzw. die Steuerpflichtige den Anforderungen nicht nachkommt, wird eine Steuerschätzung angedroht. Bleibt auch die Androhung erfolglos, erfolgt eine Außendienstkontrolle bzw. wird die Vergnügungssteuer im Einzelfall durch einen Schätzungsbescheid festgesetzt.

Steuerpflichtig sind der Veranstalter bzw. der Betreiber der Bordelle, Laufhäuser, Absteigen und der weiteren Einrichtungsarten, also nicht die Personen, die die Dienstleistung tatsächlich erbringen. Dies gilt auch für die Terminwohnungen, in denen mehrere Personen die Dienstleistung anbieten. Steuerpflichtig ist in diesen Fällen in der Regel der Wohnungsbesitzer, der die Räumlichkeiten dem betreffenden Personenkreis im Wege der Untervermietung zur Verfügung stellt. Nach Einschätzung der Steuerverwaltung ist dies bei etwa 50 Terminwohnungen der Fall. Bei einem kleineren Anteil der Terminwohnungen (etwa 15 bis 20 Wohnungen) besteht Übereinstimmung zwischen Steuerpflicht und Dienstleistung, wird also jene Person zur Vergnügungssteuer veranlagt, die auch die Dienstleistung erbringt. Dies gilt insbesondere für Appartements und kleinere Wohnungen, in denen die Personen wohnen und die Dienstleistung anbieten.

Nach § 5 Abs. 8 Vergnügungssteuersatzung beträgt die Steuer je angefangenen Kalendermonat 10 Euro je Quadratmeter-Fläche. Im Rahmen der Steuerfestsetzung bleiben Flächen für Bad/WC, Küche, Flur und Balkon außer Betracht. Zudem wird der Wohn-/Schlafbereich bei jenen Wohnungen bzw. Appartements, die gleichzeitig auch zum Wohnen dienen, in der Regel und nach Abstimmung vor Ort etwa nur zu einem Drittel (entsprechend den zeitlichen Anteilen zwischen Wohnen und Dienstleistung) in die Besteuerung einbezogen. Dies bedeutet, dass zum Beispiel bei einem Appartement in der A-Straße mit einer Wohnungsfläche von 31 qm nach Abzug der auf die Bereiche Bad/WC, Küche, Flur und Balkon entfallenden Flächen (16,5 qm) die verbleibende Fläche für den Wohn-/Schlafbereich (14,5 qm) zu einem Drittel, also mit rd. 4,5 qm (abgerundet auf 4 qm, weil nur volle qm der Besteuerung unterliegen) besteuert werden. Die Vergnügungssteuer liegt bei diesem Beispiel bei monatlich 40 Euro. Bei anderen Veranlagungen in der B-Straße und in der C-Straße lag bei einer Wohnungsfläche von insgesamt 35 qm bzw. 20 qm die zu besteuernde Fläche bei 6 qm bzw. 3 qm, die monatliche Steuer also bei 60 Euro bzw. 30 Euro.

Die Steuerverwaltung hat keinen Überblick, in welcher Weise die Bordellsteuer von den Steuerpflichtigen an die Personen weitergegeben werden, die die Dienstleistungen anbieten. In entsprechenden Internetanzeigen war verschiedentlich zu lesen, dass aufgrund der Besteuerung eine Preiserhöhung unumgänglich sei, die Vergnügungssteuer also, wie übrigens auch in einem größeren Etablissement in der Nähe von Stuttgart, letztlich über eine Preiserhöhung bzw. Weiterleitung im Ergebnis von den Kunden zu tragen ist. Dies dürfte überwiegend im Bereich der sog. Etablissements der Fall sein. Aufgrund einzelner Hinweise und Rückmeldungen aus dem Bereich der Terminwohnungen, wonach im Blick auf die Konkurrenzsituation die Steuerbelastung nicht über Preiserhöhungen weitergereicht werden kann, kann von einer Weiterleitung an die Kunden bei den Terminwohnungen nicht bzw. nicht immer ausgegangen werden.

Frage 4
Wie hat sich auch aus der Sicht der Polizei die Erhebung der Vergnügungssteuer auf das Sexgewerbe und das Rotlichtmilieu in Stuttgart und auf die Möglichkeiten der Behörden, gegen Zwangsprostitution und illegale Betriebe vorzugehen, ausgewirkt?

Das Polizeipräsidium Stuttgart hat hierzu folgendes mitgeteilt: „Die Erhebung der Vergnügungssteuer hat auf die rechtlichen Vorgaben der Polizei zur Bekämpfung der Zwangsprostitution und dem Vorgehen gegen illegale Betriebe keine Auswirkungen. Über die Erhebung der Vergnügungssteuer wird im Milieu allgemein Klage geführt. Vor allem ältere Prostituierte beanstanden diesen Zustand, da diese generell große Schwierigkeiten haben, ihre Wohnungsmiete und den Lebensunterhalt zu erwirtschaften.“

Der Antrag 271/2013 der Gemeinderatsfraktion Bündnis 90 / DIE GRÜNEN ist mit dieser Vorlage erledigt.

Beteiligte Stellen








Michael Föll
Erster Bürgermeister






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