Protokoll: Verwaltungsausschuss des Gemeinderats der Landeshauptstadt StuttgartNiederschrift Nr.
TOP:
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VerhandlungDrucksache:
1098/2020
GZ:
WFB
Sitzungstermin: 16.12.2020
Sitzungsart: öffentlich
Vorsitz: BM Fuhrmann
Berichterstattung:-
Protokollführung: Frau Stahn
Betreff: Liquiditätshilfen für die Messegesellschaften

Vorgang: Ausschuss für Wirtschaft und Wohnen vom 11.12.2020, nicht öffentlich, Nr. 168

Ergebnis: Einbringung


Beratungsunterlage ist die Vorlage des Referats Wirtschaft, Finanzen und Beteiligungen vom 08.12.2020, GRDrs 1098/2020, mit folgendem

Beschlussantrag:

1. Der Gemeinderat nimmt den Bericht zur finanziellen Situation der Messegesellschaften sowie die Ausführungen zur Unterstützung der Projektgesellschaft Neue Messe GmbH & Co. KG (ProNM) und der Landesmesse Stuttgart GmbH (LMS) zur Kenntnis.

2. Den Gesellschafterzuschüssen an die ProNM in Höhe von bis zu 10 Mio. EUR jeweils in den Jahren 2021 und 2022 wird zugestimmt.

3. Die benötigten Mittel werden im Nachtragshaushalt 2021 sowie bei der Aufstellung des Doppelhaushaltes 2022/23 der LHS berücksichtigt.

4. Die Landeshauptstadt Stuttgart übernimmt eine modifizierte Ausfallbürgschaft in Höhe von 50 % für das Bankdarlehen in Höhe von bis zu 33 Mio. EUR, das die LMS aufnehmen wird (städt. Bürgschaft also insgesamt max. 16,5 Mio. EUR).
5. Für die Bürgschaftsübernahme erhält die LHS von der LMS eine jährliche Avalprovision, deren Höhe von der abschließenden Begutachtung der Wirtschaftsprüfer im Hinblick auf die beihilferechtliche Zulässigkeit abhängt. Sie liegt nach derzeitiger Einschätzung bei 5,2 % p.a. Auf eine zusätzliche einmalige Bürgschaftsgebühr wird verzichtet.

6. Die Vertreter der LHS in den Gesellschafterversammlungen der LMS und der ProNM werden ermächtigt, Beschlussfassungen entsprechend den Beschlussanträgen 1 bis 5 zuzustimmen.


BM Fuhrmann begrüßt die Geschäftsführer der Messegesellschaften Landesmesse Stuttgart GmbH (LMS) die Herren Bleinroth und Lohnert sowie Herrn Glawa, Mitglied der Geschäftsleitung.

Einleitend greift BM Fuhrmann punktuell die GRDrs 1098/2020 auf, die den Sachverhalt darstellt, und erklärt die im Beschlussantrag dargelegten Finanzierungshilfen (Zuschüsse, Bürgschaften) für die Projektgesellschaft Neue Messe GmbH & Co. KG (ProNM) und LMS. Die LMS, erinnert BM Fuhrmann, musste den Betrieb komplett stilllegen; anderweitige Beschäftigungen (z. B. Vermietung von Flächen) seien nicht ins Gewicht gefallen. Dadurch seien beide Gesellschaften in erhebliche Schwierigkeiten geraten. Die Landeshauptstadt Stuttgart (LHS) habe in enger Abstimmung mit dem Land Baden-Württemberg (BW) eine Lösung gefunden, um beiden Gesellschaften zu helfen. BM Fuhrmann schildert die Lage: Die LMS benötige einen Kapitalzufluss von 33 Mio. Euro. Dabei seien auch insolvenzrechtliche, gesellschafts- und beihilferechtliche Aspekte zu beachten. Dieses Geld solle mittels Fremddarlehen über eine Bank finanziert werden. Die Bürgschaften hierfür müssten von den Gesellschaftern getragen werden: 50 % von der LHS und 50 % vom Land BW. Die ProNM benötige 40 Mio. € für die Jahre 2021 und 2022, d. h. 20 Mio. € von der LHS, aufgeteilt in 10 Mio. € in 2021 (per Nachtragshaushalt 2021) und 10 Mio. € in 2022 (vorgesehen für Doppelhaushalt 2022/2023). Die ProNM werde ab 2023 wahrscheinlich weiteren Kapitalbedarf haben in Höhe von rund 50 Mio. €. Das werde aber in einer 2. Stufe beschlossen. Momentan gehe es nur um die 20 Mio. Euro Anteil der Stadt Stuttgart. Das Land habe beschlossen, sich entsprechend seines Anteils an der ProNM zu beteiligen und habe auch der Ausfallbürgschaft für die LMS zugestimmt.

Die StRe Winter (90/GRÜNE), Kotz (CDU) und Körner (SPD) signalisieren Zustimmung zum Beschlussantrag.

StR Adler (Die FrAKTION LINKE SÖS PIRATEN Tierschutzpartei) möchte die Zustimmung seiner Fraktion an Bedingungen geknüpft sehen. Er ist der Auffassung, die Messe sei kein Betrieb der Daseinsvorsorge, deren Tätigkeit der Gesamtstadt-Gesellschaft zugutekomme. Daher habe man im Ausschuss für Wirtschaft und Wohnen (WA) von der Verwaltung eine Formulierung erbeten, um folgende Bedingungen in der Beschlussvorlage für die Zuschüsse einzubauen: Man habe das Anliegen intern intensiv beraten, versichert BM Fuhrmann, mit dem Ergebnis, dass man eine solche Bezuschussung nicht von einer Bedingung abhängig machen wolle. LMS und ProNM hätten momentan ohnehin viel zurückgefahren. Auch der Masterplan liege momentan auf Eis. Alle Investitionen und Möglichkeiten würden derzeit überarbeitet. Es gebe einen Restrukturierungsplan. Ein Gutachten solle feststellen, wohin sich die Messelandschaft entwickle. Damit stünden auch alle weiteren Investitionen auf dem Prüfstand. Insofern werde man davon absehen, den Kapitalzuschuss von Bedingungen abhängig zu machen.

StR Winter will ebenfalls auf Bedingungen verzichten. Es sei jetzt eine coronabedingte Notfallhilfe nötig. Die Pläne lägen, wie von BM Fuhrmann gesagt, auf Eis. Es sei auch eindeutig, dass es ein gemeinsames Mobilitätskonzept geben müsse. Die Messe sei zwar in der Tat keine Daseinsvorsorge, aber für Stuttgart und das Umland ein bedeutender Frequenzbringer.

StR Kotz erinnert, dass das Messewesen in Deutschland und der Welt immer wieder infrage gestellt wird. Doch das Messewesen inklusive LMS habe immer wieder gezeigt, dass die persönliche Begegnung und der direkte Austausch, das Anfassen von Produkten von den Menschen gewünscht und ein Erfolgsgarant der Messe sei. Deswegen agiere die LMS "im gemeinen Wohl" in der Region Stuttgart und leiste einen guten Beitrag, nicht zuletzt für Arbeitsplätze. Man schaue sich an, was sich durch Corona verändern werde sowie auch die Neuerungen am Messemarkt. Entsprechende Nachjustierungen würden erfolgen. Der Aufsichtsrat, der die Wirtschaftspläne der Messe beschließe, werde dominiert von den Eigentümerstrukturen Land und Kommune. Deswegen könne die Messe keine Bauprojekte umsetzen, ohne dass der Aufsichtsrat dem zustimme. Insofern habe man die Sache in der Hand und lehne den Änderungsantrag der Linksfraktion ab.

Durch StR Körner wird die Arbeit der LMS und ihrer Mitarbeitenden als sehr wichtig und extrem erfolgreich bezeichnet. Das Unternehmen leiste einen Beitrag zum "gemeinen Wohl". Daher sei man bereit, in einer schweren Zeit zu seinen Unternehmen zu stehen und zur Stabilisierung einen Beitrag zu leisten. Zumal die finanzielle Belastung des städtischen Haushalts durch die Fremdfinanzierung und nur teilweise Kapitalzuführung in 2021/2022 und wahrscheinlich in weiterer Zukunft noch zumindest leistbar sei. Um den Pendlerverkehr besser zu managen, wünsche man ein größeres Park & Ride-Parkhaus. Dies könne aber in der gegenwärtigen Situation nicht zu einer Bedingung gemacht werden, um das Unternehmen zu sichern, das Ende 2020 formell in eine Überschuldung gehe und die Liquidität auch darüber hinaus brauche.

StR Adler kann insbesondere die Ausführungen von StR Körner nicht nachvollziehen. Die Messe solle durchaus Unterstützung bekommen, aber eine konditionierte Unterstützung. Und es sei für eine Stadt mit ihrer zentralen Aufgabe der Daseinsvorsorge selbstverständlich, von einem Unternehmen, von dem nicht regelmäßig Rückflüsse in den Stadthaushalt stattfänden, Rückzahlung der Unterstützung zu verlangen ab dem Zeitpunkt, wo wieder Erträge eingefahren würden.

Es entspinnt sich eine kurze Diskussion über den von StR Adler angefragten Formulierungsvorschlag der Verwaltung. Bei der nächsten Sitzung des Gemeinderates, darauf weist BM Fuhrmann hin, werde die Vorlage noch mal Thema sein, und dann könne ein Antrag eingebracht werden. Er werde nun über diese Vorlage abstimmen lassen. Damit sei konkludent klar, dass man diesen Zuschuss nicht von einer Bedingung abhängig mache.

BM Fuhrmann stellt fest:

Der Verwaltungsausschuss stimmt dem Beschlussantrag mehrheitlich bei 1 Gegenstimme und 1 Stimmenthaltung zu.
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