Landeshauptstadt Stuttgart
Referat Soziales und gesellschaftliche Integration
Gz:
GRDrs 360/2023
Stuttgart,
04/27/2023



Durchführung von Schlichtungsverfahren gem. § 15a SGB II durch das Jobcenter Stuttgart - Einrichtung einer Ermächtigung zur Einstellung von Personal



Beschlußvorlage
Vorlage an
    zur
SitzungsartSitzungstermin
Sozial- und Gesundheitsausschuss
Verwaltungsausschuss
Gemeinderat
Vorberatung
Vorberatung
Beschlussfassung
öffentlich
öffentlich
öffentlich
08.05.2023
10.05.2023
11.05.2023



Beschlußantrag:

1. Das Jobcenter Stuttgart wird ab 01.07.2023 das neue Schlichtungsverfahren gem. § 15a SGB II (Bürgergeld-Gesetz) mit eigenem Personal durchführen.

2. Vom zusätzlichen unabweisbaren Personalbedarf im Umfang von 1,0 VZÄ in EG 11 TVöD für die Durchführung des neuen Schlichtungsverfahrens gem. § 15a SGB II (Bürgergeld-Gesetz) wird Kenntnis genommen. Die Verwaltung wird ermächtigt, beim Jobcenter Personal außerhalb des Stellenplans zur Etablierung und Durchführung des Schlichtungsverfahrens gemäß § 15a SGB II ab 01.07.2023 bis 31.12.2023 im Umfang von 1,0 VZÄ in EG 11 TVöD einzustellen. Das Personal darf unbefristet eingestellt werden.

3. Für den Fall, dass wider Erwarten keine Spitzabrechnung der Personalkosten möglich ist, wird die Verwaltung ermächtigt, erforderlichenfalls den überplanmäßigen Mittelbedarf aus der Deckungsreserve Personal im Teilhaushalt 900-Allgemeine Finanzwirtschaft, Amtsbereich 9006120-Sonstige allgemeine Finanzwirtschaft, Kontengruppe 440-Sonstige ordentliche Aufwendungen zu decken.


Begründung:


Ausgangslage

Mit dem Zwölften Gesetz zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze – Einführung eines Bürgergeldes (Bürgergeld-Gesetz), das zum 01.01. bzw. zum 01.07.2023 in Kraft tritt, sind ab 01.07.2023 etliche Änderungen in der Beratung von Leistungsberechtigten verbunden.

Bisher wurde auf der Grundlage einer Potenzialanalyse der leistungsberechtigten Person eine Eingliederungsvereinbarung zwischen Jobcenter und leistungsberechtigter Person erstellt, die festgelegt hat,

· welche Leistungen zur Eingliederung in Ausbildung oder Arbeit sie erhält,
· welche Bemühungen sie in welcher Häufigkeit zur Eingliederung in Arbeit mindestens unternehmen soll und in welcher Form diese Bemühungen nachzuweisen sind,
· wie Leistungen anderer Leistungsträger in den Eingliederungsprozess einbezogen werden und
· bestimmt, in welche Tätigkeiten oder Tätigkeitsbereiche die leistungsberechtigte Person vermittelt werden soll.

Ab 01.07.2023 wird die Eingliederungsvereinbarung durch den Kooperationsplan abgelöst, der nach der Potenzialanalyse Eingliederungsziel und die wesentlichen Schritte zur Eingliederung enthält, insbesondere

· welche Leistungen zur Eingliederung in Ausbildung oder Arbeit in Betracht kommen,
· welche erforderlichen Eigenbemühungen erwerbsfähige Leistungsberechtigte mindestens unternehmen und nachweisen,
· eine vorgesehene Teilnahme an einem Integrationskurs oder an einer Maßnahme der berufsbezogenen Deutschsprachförderung,
· wie Leistungen anderer Leistungsträger in den Eingliederungsprozess einbezogen werden,
· in welche Ausbildung, Tätigkeiten oder Tätigkeitsbereiche die erwerbsfähige leistungsberechtigte Person vermittelt werden soll und
· ob ein möglicher Bedarf für Leistungen zur beruflichen oder medizinischen Rehabilitation mit dem Ziel einer entsprechenden Antragstellung in Betracht kommt.


Schlichtungsverfahren gem. § 15 SGB II ab 01.07.2023

Auch wenn die Inhalte von Eingliederungsvereinbarung und Kooperationsplan sich ähneln, enthält der Kooperationsplan im Gegensatz zur Eingliederungsvereinbarung keine Rechtsfolgenbelehrung, die Aufschluss darüber gibt, welche Konsequenzen die Nichteinhaltung der Vereinbarung hat. Der Verzicht auf die Rechtsfolgenbelehrung sowohl in der Einladung zum Kooperationsplan wie auch im Kooperationsplan selbst unterstreicht die vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Leistungsberechtigten und persönlichen Ansprechpartner*innen.

Ist nun die Erstellung oder Fortschreibung des Kooperationsplanes aufgrund von Meinungsverschiedenheiten zwischen Jobcenter und leistungsberechtigter Person nicht möglich, so soll nach § 15a SBG II auf Verlangen einer oder beider Seiten ein Schlichtungsverfahren eingeleitet werden, in dem ein gemeinsamer Lösungsvorschlag entwickelt wird. Das Schlichtungsverfahren unterstreicht nochmals die Intention des Gesetzes, kooperativ und vertrauensvoll zusammenzuarbeiten.

Die Ausgestaltung des Schlichtungsverfahrens liegt in der Verantwortung der jeweiligen Jobcenter. Das Jobcenter Stuttgart hat sich dafür entschieden, das Schlichtungsverfahren selbst durchzuführen, da Meinungsverschiedenheiten in der Aushandlung von Kooperationsplänen auch Aufschluss über Strukturen im Jobcenter geben können, die für die interne Qualitätssicherung und das Fehlermanagement relevant und wichtig sind. Abläufe und Arbeitsorganisation des Jobcenters sind externen Stellen nicht bekannt, sodass nur eine Schlichtungsstelle im Jobcenter selbst ihre Erkenntnisse weitergeben und damit zur Verbesserung in der Arbeit beitragen kann.

§ 15a SGB II legt auch fest, dass die Schlichtung von einer unbeteiligten und nicht weisungsgebundenen Person durchzuführen ist, sie muss unvoreingenommen in der Lage sein, die Anliegen beider Parteien (also die der persönlichen Ansprechpartner*innen und die der Leistungsberechtigten) anzuhören und Vorschläge zur Schlichtung zu unterbreiten. Aus diesem Grund sind gesonderte Personalressourcen zur Verfügung zu stellen.

Das gesetzlich neu vorgeschriebene Schlichtungsverfahren muss mit Beginn der Aushandlung der Kooperationspläne zum 01.07.2023 eingerichtet werden. Für die Durchführung des Schlichtungsverfahrens durch das Jobcenter stehen im Stellenplan keine Stellen zur Verfügung. Deshalb muss die Verwaltung ermächtigt werden, das für die neuen Aufgaben erforderliche Personal außerhalb des Stellenplans zu beschäftigen.
Der Bedarf für das zusätzliche Personal im Umfang von 1,0 VZÄ besteht über den 31.12.2023 hinaus.

Bundesweit wird mit jährlich 215.000 Fällen gerechnet. Für die Einführungsphase bis Ende 2023 erscheint anhand des errechneten Stuttgarter Anteils an zu erwartenden Schlichtungsfällen zunächst der Einsatz von 1,0 VZÄ angemessen. Über die beantragte Stellenschaffung für den dauerhaft notwendigen Personalbedarf ab dem 01.01.2024 muss der Gemeinderat im Rahmen seiner Beratungen zum Doppelhaushalt 2024/2025 entscheiden.


Unbefristete Stellenbesetzung

Die Ausschreibungen und auch die Arbeitsverträge können unbefristet erfolgen. Stellenbesetzungen gestalten sich in den letzten Jahren aufgrund des Mangels an gut ausgebildeten und geeigneten Fachkräften immer schwieriger. Ausschreibungen von befristeten Funktionen führen selten zu erfolgreichen Einstellungen. Für die Wahrnehmung der in der Vorlage aufgeführten Funktionen qualifizieren abgeschlossene Studiengänge im Bereich der Sozialarbeit, Sozialpädagogik, Sozialwirtschaft, Sozialwissenschaft, Soziologie, Public Management (Bachelor of Arts) bzw. eine abgeschlossene Angestelltenprüfung II. Mitarbeitende mit dieser Qualifizierung können vielfältig in der Stadtverwaltung eingesetzt werden.


Finanzielle Auswirkungen

Bei § 15a SGB II handelt es sich um ein Regelinstrument des SGB II. Das Jobcenter geht nach Rücksprache mit dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales davon aus, dass die oben beschriebenen sachbearbeitenden Aufgaben daher im Rahmen des Verwaltungskostenbudgets gegenüber dem Bund spitz abrechenbar sind. Gemäß Kommunalträger-Abrechnungsverwaltungsvorschrift (KoA-VV) erfolgt die Abrechnung der Personalkosten fachspezifischer Stellen mit dem Bund spitz, für die Personalneben-, Sach- und Gemeinkosten werden Pauschalen zugrunde gelegt. Der Anteil des Bundes an den Kosten beträgt 84,8 Prozent, der kommunale Finanzierungsanteil (KFA) beträgt 15,2 Prozent. Soweit die Stelle mit einem/einer Beschäftigten nach TVöD besetzt wird, übersteigt die Erstattung des Bundes - inklusive aller Pauschalen - den kostenwirksamen Aufwand, der bei der LHS für die Stelle entsteht.



Beteiligte Stellen

Referat AKR und WFB haben die Vorlage mitgezeichnet.

Vorliegende Anträge/Anfragen

---

Erledigte Anträge/Anfragen

---



Dr. Alexandra Sußmann
Bürgermeisterin


Anlagen

---

<Anlagen>



zum Seitenanfang