Protokoll: Verwaltungsausschuss des Gemeinderats der Landeshauptstadt StuttgartNiederschrift Nr.
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VerhandlungDrucksache:
GZ:
Sitzungstermin: 26.04.2023
Sitzungsart: öffentlich
Vorsitz: OB Dr. Nopper
Berichterstattung:die Herren Krenz (Deutsche Bahn); Dr. Rothenstein (S-Bahn Stuttgart), Dr. Wurmthaler (Verband Region Stuttgart)
Protokollführung: Frau Schmidt as
Betreff: "S-Bahn-Verkehr wieder verlässlich auf Kurs bringen"
- Antrag Nr. 67/2023 vom 13.03.2023 (CDU)

Der im Betreff genannte Antrag ist dem Originalprotokoll sowie dem Protokollexemplar für die Hauptaktei beigefügt.

Die zu diesem Tagesordnungspunkt gezeigte Präsentation ist dem Protokoll als Dateianhang hinterlegt. Aus Datenschutzgründen wird sie nicht im Internet veröffentlicht. Dem Originalprotokoll ist sie in Papierform angehängt.


OB Dr. Nopper begrüßt zunächst die Herren Krenz (Konzernbevollmächtigter der
Deutschen Bahn für Baden-Württemberg), Dr. Rothenstein (Vorsitzender der
Geschäftsführung der S-Bahn Stuttgart) und Dr. Wurmthaler (Leitender Direktor Verband Region Stuttgart) und erklärt, die S-Bahn habe mit den wochenlangen Streckensperrungen eine ganz bittere Pille verabreicht bekommen, über die im März umfassend berichtet worden sei (siehe STA Nr. 95/2023). Nach der berechtigten Kritik wolle er heute jedoch den Blick nach vorne richten und erfahren, was Deutsche Bahn und Verband in Richtung vorbeugende Instandhaltung, Störungsmanagement und Ersatzverkehre, Investitionen in neue Fahrzeuge und Personalgewinnung in Zukunft tun würden.


Herr Dr. Wurmthaler gibt eine einführende Einschätzung aus Sicht des Verbandes
Region Stuttgart und schickt voraus, dass die S-Bahn Stuttgart vor enormen Herausforderungen stehe, wozu folgende vier Punkte gehörten: 1. Fachkräftemangel, 2. Einsatz der neuen Fahrzeuge (verbunden mit Redesign, Einführung von ETCS und Instandsetzung der beim Einsatz auf der Panoramastrecke kaputtgegangenen Räder), 3. beachtliche Zahl an Infrastrukturstörungen (insbesondere im Bereich der Leit- und Sicherungstechnik) und 4. eine Vielzahl an - oftmals auch unvorhergesehenen - Baustellen. Als Aufgabenträger könne er die Verärgerung bei den Fahrgästen sehr gut nachvollziehen, da die Qualität der S-Bahn derzeit nicht dem entspreche, was sich der Aufgabenträger wünsche und was er bestellt habe. Für die Fahrgäste sei es unerheblich, wer die Verantwortung trage, aber für den Aufgabenträger müsse klar differenziert werden. Wenn nicht ausreichend Lokführerinnen und Lokführer zur Verfügung ständen, liege dies im Verantwortungsbereich des Vertragspartners S-Bahn Stuttgart, und wenn Fahrzeuge nicht in dem Rahmen zur Verfügung ständen, wie vom Aufgabenträger bestellt und finanziert, lägen die Verantwortlichkeiten nicht allein bei DB Regio, sondern auch beim Fahrzeughersteller. Diesbezüglich habe der Verkehrsausschuss der Regionalversammlung in seiner Sitzung im März 2023 gegenüber dem Verantwortlichen von Alstom klar zum Ausdruck gebracht, Verbesserungen mit höchster Geschwindigkeit umzusetzen. Im Bereich der Infrastruktur und von Mängeln in der Durchführung der Baustellen lägen die Themen nicht beim Vertragspartner DB Regio, sondern DB Regio sei ebenfalls wie die Fahrgäste Leidtragende, denn dadurch entständen zusätzliche Erschwernisse für den Fahrbetrieb der S-Bahn. Weitere unvorhergesehene Ereignisse wie Streiks hätten mit dazu beigetragen, dass heute von DB Netz kein Verantwortlicher Rede und Antwort stehen könne, es sei aber zugesichert worden, dass dies im Ausschuss nachgeholt werden solle, um Fragen zur Infrastruktur zu beantworten. Eventuell könne Herr Krenz zur Kurzfristigkeit der Baustellen eine Einschätzung geben. Am Ende seines Vortrages dankt Herr Dr. Wurmthaler der Landeshauptstadt Stuttgart und dem Verkehrsunternehmen SSB für den großen Einsatz, Einschränkungen abzufedern. Er wolle aber auch nicht den Ärger verkennen, auf den die S-Bahn aufgrund der kurzfristig kommunizierten Baustellen zu reagieren habe. Trotz allem anerkenne er mit großem Respekt die Leistung in der Koordination der Ersatzverkehre, denn es sei nicht alltäglich, in so kurzer Zeit 80 Busse und rund 250 Fahrer auf die Beine zu stellen. Dieses Angebot könne zwar nicht die S-Bahn und den Regionalverkehr ersetzen, aber es werde versucht, im Rahmen des Bestmöglichen Unbill für die Fahrgäste abzumildern. An dieser Stelle ergänzt OB
Dr. Nopper, es werde eine Linie U21 ab Fellbach eingeführt und gemeinsam mit der U1 werde die Stadtbahn dann alle fünf Minuten verkehren. Herr Dr. Wurmthaler verweist abschließend auf den Jahresbericht der S-Bahn Stuttgart 2022 unter dem Titel "Weiter voran. Auch in schwierigen Zeiten", der auf der Webseite der Region Stuttgart heruntergeladen werden könne (www.region-stuttgart.org/de/informationen-downloads/publikationen/). S-Bahn-Verkehr und ÖPNV seien alternativlos für eine gute Mobilität in einer Landeshauptstadt und in der Region, weshalb er versichern wolle, dass durch zahlreiche Verbesserungen ein guter Baustein geliefert werde; die Weichen für einen modernen Knoten in Stuttgart und somit eine gute Voraussetzung für den ÖPNV seien gestellt.

Herr Dr. Rothenstein berichtet sinngemäß der beigefügten Präsentation. Ergänzende Anmerkungen sind nachfolgend in zusammengefasster Form mit Verweis auf die jeweilige Folie wiedergegeben. Im Rahmen seiner Ausführungen zu den Fahrzeugen (Folie 2) erklärt er, diese sollten bis 2025 mit ETCS ausgestattet werden. Um dies zu gewährleisten, müssten derzeit Fahrzeuge für die Entwicklung der Prototypen und das Zulassungsverfahren abgestellt werden. Die Auslieferung der dank der Unterstützung des Verbandes Region Stuttgart 58 neu bestellten Fahrzeuge sei leider nicht zeitgerecht erfolgt. Darüber hinaus wiesen diese Fahrzeuge einen deutlich erhöhten Schadstand auf und seien derzeit nicht einsatzfähig. Nach einem Blick auf die Situation bei Baustellen und Personal richtet er den Fokus auf die Pünktlichkeit der S-Bahn (Folie 3), die mit 93 % nicht zufriedenstellend sei und auch nicht das vertraglich vereinbarte Niveau von 97 % erreiche. Als Gründe für den Anstieg bei den Verspätungsminuten nennt er insbesondere Fahrzeugstörungen und zahlreiche Baustellen (Folie 4). Bei den Zugausfällen der S-Bahn im Jahr 2022 (Folie 5) seien neben Corona (284.000 Zkm, dunkelblauer Balken) ebenfalls Baustellen als Treiber festzustellen (über 700.000 Zkm, hellblauer Balken). In seinen weiteren Ausführungen stellt Herr Dr. Rothenstein die aktuelle Situation bei den Neufahrzeugen der BR 430 dar (Folie 6) und lenkt dann den Blick auf die Kuppelbarkeit von alten und neuen Fahrzeugen (Folie 7), die kein technisches, sondern ein rechtliches Problem sei. Er betont außerdem, dass das Niveau des Krankenstandes bei den Triebführerinnen und Triebführern nach Corona weiterhin deutlich erhöht sei (Folien 8 und 9). Um die Situation zu verbessern, werde intensiv an der Rekrutierung neuer Mitarbeiter*innen gearbeitet (Folien 10 bis 12) und die Fahrgastinformation ausgebaut (Folien 13 und 14). Er betont, die Pünktlichkeit der S-Bahn hänge auch von der Situation außerhalb des S-Bahn-Netzes ab, da unpünktlich in Mischverkehrsstrecken einfahrende Züge anderer Anbieter auch Auswirkungen auf die S-Bahn generierten
(Folie 15). Mit hoher Geschwindigkeit arbeite die DB Netz AG mit Hochdruck an der Modernisierung der Infrastruktur (Digitaler Knoten Stuttgart, Folie 16), was insbesondere für die S-Bahn von hoher Bedeutung sei. Die neue Leit- und Sicherungstechnik führe dazu, auch bei der Infrastruktur eine deutliche höhere Performance mit deutlich weniger Störungen und zusätzlichen Fahrzeitpuffern zu erzielen. Insofern sei er froh über das Pilotprojekt des digitalen Knotens in Stuttgart. Bis dieser Zustand erreicht werde, müsse allerdings mit einer weiteren Zunahme der Baustellen gerechnet werden (Folie 17), wozu auch die erneute Stammstreckensperrung im Sommer 2023 gehöre (Folie 18). Entgegen der vergangenen Jahre werde in diesem Jahr das Konzept des Schienenersatzverkehrs dergestalt geändert, dass zwischen Hauptbahnhof und Böblingen ein Regionalverkehrs-Pendelzug im Halbstundentakt eingesetzt werde. Die S-Bahn werde nicht über die Panorama-Bahn fahren, da die DB Netz es entgegen der Zusage nicht schaffe, die Gleise vor der Sommerpause zu erneuern; dies werde erst im Herbst erfolgen. Der Schienenversatzverkehr (SEV) zwischen Hauptbahnhof und Vaihingen werde in diesem Jahr durchgehend erfolgen; darüber hinaus werde ein SEV zwischen Hauptbahnhof und West-Bahnhof eingerichtet (Folie 19). Bei den Kommunikationsmaßnahmen (Folie 21) werde in diesem Jahr eine neue Internetseite angeboten (stammstrecke.info, Folie 23), auf der umfangreiche Informationen abgerufen werden könnten.


Weitere Informationen zum Sachstand liefert Herr Krenz, der den von Herrn
Dr. Wurmthaler angekündigten Bericht eines Vertreters von DB Netz im Verwaltungsausschuss für Mai bestätigt. Zu diesem Zeitpunkt erfolge dann die weitere Diskussion der Infrastruktur, der Stammstrecke und der für DB Netz spezifischen Themen. Er wolle heute nun die Gelegenheit nutzen, um über den digitalen Knoten Stuttgart zu sprechen. In der Tat sei die Information über den Mehraufwand bezüglich der Kabeltiefbauarbeiten überraschend gekommen; dieser erhebliche Mehraufwand für die Digitalisierung habe sich im zweiten Halbjahr 2022 herausgestellt. Er erklärt, die S-Bahn verliere die Signale, nicht jedoch der Güterverkehr, für den die Vorgabe laute, über einen bestimmten Übergangszeitraum eine Doppelausrüstung bereitzuhalten. Dies habe dazu geführt, dass die bereits angemeldeten Sperrpausen als nicht mehr ausreichend erachtet worden seien. Allgemein sei die Infrastruktur in der Metropolregion sehr eng gestaltet, weshalb die Arbeiten unter rollendem Rad nicht möglich seien. Er entschuldigt sich ausdrücklich für die Beschwernisse, gleichzeitig habe man sich die Planungen nicht leicht gemacht. Das Projekt des digitalen Knotens in Stuttgart sei ein Pilotprojekt, wofür keine Blaupause existiere und mit Überraschungen zu rechnen sei. Da in der öffentlichen Wahrnehmung Stuttgart 21 und der digitale Knoten miteinander vermischt würden, wolle er an dieser Stelle betonen, dass der digitale Knoten erst später (2020) Eingang in das Projekt gefunden habe. Bis zu diesem Zeitpunkt sei lediglich der Fernverkehr für ETCS vorgesehen gewesen, nicht jedoch der Regionalverkehr. Auch um Kapazität auf der Stammstrecke zu schaffen (10-Minuten-Takt), habe man gemeinsam entschieden, den digitalen Knoten Stuttgart umzusetzen. Er dankt in dieser Ausnahmesituation allen Beteiligten, die gemeinsam Lösungen erarbeiteten und bittet um Verständnis, dass nicht sofort für alle Bauphasen ein Fahrplan- und Ersatzkonzept erstellt werden könne. Es handle sich dabei um eine sehr große Herausforderung in Organisation und Ausführung. Die Bauphasen 1 und 2 liefen im Übrigen sehr gut, was ihn für alle weiteren Phasen zuversichtlich mache. Aufgrund der Kurzfristigkeit werde das Konzept aus einer Hand geliefert und die Fahrgäste würden über eine einmalige finanzielle Kompensation entschädigt. Insgesamt hätten die Abstimmungen sehr gut funktioniert, man habe gemeinsam an einem Strang gezogen, was einen positiven Effekt generiert habe. Am 24.04.2023 sei nun die Presseinformation für den Zeitraum ab dem 12.05.2023 veröffentlicht worden, wozu er auch einen Dank an die Umlandkommunen aussprechen wolle, die intensiven Einsatz gezeigt hätten. Er sei zuversichtlich, dass für die schwierige Phase zwischen 12.05. und 29.07. eine gute Lösung gefunden worden sei.


Die Stadträtinnen und Stadträte Sauer (CDU), Rühle (90/GRÜNE), Meergans (SPD), Pantisano (Die FrAKTION LINKE SÖS PIRATEN Tierschutzpartei), Serwani (FDP) und Ebel (AfD) danken für die Berichterstattung.

Als Antragsteller regt StR Sauer eine fortlaufende Berichterstattung nicht nur im Gemeinderat, sondern auch in den Kreistagen an, denn ein großes Problem sei in den letzten Wochen die fehlende Transparenz und Information der politischen Gremien und der Fahrgäste gewesen. Er wolle in diesem Zusammenhang von einer "Überrumpelung" sprechen. Es müsse dafür gesorgt werden, dass der ÖPNV von noch mehr Menschen genutzt werde, wozu die S-Bahn zwingend gehöre. Derzeit werde die Angebotsseite von Stadt, Land und Bund mit vielerlei Dingen verbessert, um die Talsohle nach Corona zu durchschreiten. Den Vorschlag, einen Vertreter von DB Netz in einer der nächsten Sitzungen des Ausschusses einzuladen, begrüßt StR Sauer, denn die Hauptprobleme, v. a. auf der Stammstrecke, rührten aus seiner Sicht von der Infrastruktur. Er verweist auf zwei Punkte des Antrages, nämlich die Sanierungsmaßnahmen während der Stammstreckensperrungen in den Jahren 2023 und 2024 und einen Überblick zu den wichtigsten Baustellen mit Ersatzkonzepten von 2023 bis 2025 sowie das Störfallkonzept nach Inbetriebnahme von S21, wozu heute keine Informationen erfolgt seien. Dass heute eine neue Ersatzverkehrskonzeption für die Stammstreckensperrung 2023 bis 2025 vorgelegt worden sei und die SSB mit der neuen U21 unterstütze, begrüßt der Stadtrat. Die fünfjährige Stammstreckensperrung sei eine Zumutung für die Fahrgäste, weshalb er wissen wolle, was dort geschehe. Seine Fraktion schlage dazu vor, die Arbeiten dort ein Jahr früher abzuschließen, um nicht aufgrund einer gleichzeitig gesperrten Panoramastrecke einen Verkehrskollaps zu generieren. An Herrn Dr. Rothenstein richtet er die Bitte, die Stammstreckensperrung 2025 zu verhindern und dies DB Netz in Vorbereitung der nächsten Berichterstattung zur Prüfung entsprechend mitzuteilen. Eventuell bestehe auch die Möglichkeit, in den beiden Jahren zuvor die Sperrung auf andere Ferienzeiten zu verlagern. Wenn dies nicht gelingen sollte, sei es wichtig, die Panoramastrecke in den Sommerferien 2025 offen zu halten, um Ersatzzüge verkehren zu lassen. Aufgrund ausgebliebener Investitionen in die Instandhaltung der Infrastruktur, die seit 1978 bzw. 1985 nonstop in Betrieb sei, müsse als zweiter Vorschlag ein anderes, grundständiges Sanierungskonzept auf Dauer eingerichtet werden, das nichts mit dem digitalen Knoten zu tun habe. Als Beispiele nennt er mobile Sanierungstrupps zur kurzfristigen Behebung lokaler Streckenprobleme, regelmäßige Instandhaltungsintervalle einzelner Streckenabschnitte und kurzfristige Sperrungen zur Reparatur etwa in den Nachtstunden. Er verweist auf die Maßnahmen der SSB, bei der die verschiedenen Anlagen hinsichtlich ihrer Nutzungsdauer klassifiziert seien und systematisch grunderneuert würden. Zusätzlich würden sämtliche Anlagenteile regelmäßig gewartet, inspiziert und instandgesetzt, wofür v. a. die nächtlichen Betriebspausen zwischen 1 und 4 Uhr genutzt würden. Um langfristige Lieferzeiten zu verhindern, müsse zu diesem Konzept auch die Materialbevorratung besonders vom Verschleiß betroffener Ersatzteile gehören. Abschließend regt er an, zukünftig regelmäßige Berichterstattungen vorzusehen, wenn zum Beispiel weitere Streckensperrungen (Vaihingen - Messe, Vaihingen - Böblingen) anständen.

Wie von ihrem Vorredner bereits angesprochen, plädiert auch StRin Rühle für eine offene Kommunikation bei Problemen. Mit Blick auf die Pünktlichkeitswerte der S-Bahn könne nur noch von katastrophalen Zuständen gesprochen werden. Es sei niemandem geholfen, wenn die Bahn auf einen 15-Minuten-Takt gesetzt werde, dann aber 30 Minuten zu spät komme. Die Probleme beim Personal seien nachvollziehbar, weshalb sie die Ausbildungsoffensive begrüße. Äußerst kritisch sieht sie die seit langer Zeit vernachlässigte Infrastruktur, woraus sich nun die entsprechenden Einschränkungen ergäben. Es werde ein langfristiges Konzept benötigt, denn die SSB könne auch nicht alles abfedern. Dringend benötigt werde die Panoramastrecke als zweite Stammstrecke sowie ein Nahverkehrsdreieck, denn die Tangentiallinien seien genauso wichtig. Sie könne sich StR Sauer anschließen und lehne eine Stammstreckensperrung gleichzeitig mit einer nicht befahrbaren Panoramastrecke ab; dies könne den Fahrgästen nicht zugemutet werden. Zum SEV mit den Bussen durchgängig bis Vaihingen stellt sie die Frage nach Busspuren, um einen flüssigen Verkehr zu gewährleisten. Ihr sei außerdem nicht klar, warum ausgerechnet die S-Bahn so massive Probleme auf der Panoramastrecke habe; die Regionalbahnzüge nutzten diese ohne Einschränkung. Abschließend formuliert sie die Bitte, die Barrierefreiheit bei den S-Bahn-Haltestellen zu gewährleisten und für funktionierende Aufzüge zu sorgen.

Dem Wunsch einer anlassbezogenen, regelmäßigeren Berichterstattung im Ausschuss kann sich StRin Meergans anschließen, denn die S-Bahn entfalte eine sehr große Bedeutung für die Stadt; die Mitglieder des Gemeinderates müssten sich entsprechend rechtfertigen. Man trage Verantwortung für die Mobilität der Menschen in der Stadt. Die Stadträtin betont ebenfalls, eine gleichzeitige Sperrung von Stamm- und Panoramastrecke müsse in jedem Fall verhindert werden. Zustimmung äußert sie ausdrücklich zu den Verbesserungen bezüglich der Ersatzverkehre bei der Stammstreckensperrung in den Jahren 2023 und 2024. Kritik übt sie an manchen Inhalten der Berichterstattung, die nur als realitätsfern bezeichnet werden könnten, und nennt als Beispiel die fehlende Möglichkeit der Koppelung von neuen und alten Bahnen. Ihre Fraktion habe zwar ein gewisses Verständnis für die zahlreichen Herausforderungen, sehe aber noch keine Perspektive, wann und wie man diese Situation hinter sich lassen könne. Es würden verbindlichere Aussagen benötigt, auf die man sich berufen und verlassen könne, wann welche Maßnahmen umgesetzt würden. Schwierige Phasen würden besser akzeptiert, wenn sich eine zeitliche Perspektive biete. Sie wünsche sich einen laufenden Austausch mit dem Gemeinderat, um dies zu erreichen.

Vielen Aussagen seiner Vorredner*innen kann sich StR Pantisano anschließen, der dennoch grundlegend vor Augen führen wolle, welche Auswirkungen sich für die Pendler*innen zwischen Waiblingen/Schorndorf mit Reiseziel Innenstadt ergäben. Als
"Geschenk" zur Einführung des Deutschlandtickets sei über vier Monate hier mit massiven Einschränkungen zu rechnen. Er gibt zu bedenken, dass bei nicht funktionierender S-Bahn auf das Auto umgestiegen werde und somit auch der Busersatzverkehr im Stau stehe. Für diesen Zeitraum müsse idealerweise eine durchgehende Busspur von Waiblingen bis zu den Innenstadt-Haltestellen eingerichtet werden, um den Busbetrieb garantieren zu können. Ansonsten verliere man viele Fahrgäste für den Nahverkehr und die klimagerechte Mobilitätswende. Zum Glück gebe es die SSB, die eine weitaus bessere Arbeit mache und von der gelernt werden könne. Darüber hinaus sei eine Erstattung des Deutschlandtickets für einen Monat zu wenig. Eine Fahrpreisminderung müsse über die komplette Zeit von vier Monaten erfolgen, um die Zahl der Fahrgäste zu erhalten.


StR Ozasek (PULS) konstatiert, die Nerven lägen bei den Pendler*innen, dem Verband Region Stuttgart und bei den Beschäftigten der DB blank und der Imageschaden sei gewaltig. Die S-Bahn befinde sich in der größten Krise seit 1978. Die vom S-Bahn-Gipfel erhofften Wirkungen seien nicht spürbar, und man reibe sich ungläubig die Augen, wenn Juristen und nicht Ingenieure darüber entschieden, ob zwei Zuggattungen koppelbar seien oder nicht. Der viral gegangene Wutausbruch eines Triebwagenführers gebe einen Einblick in das Frustrationsniveau bei denjenigen, die versuchten, das System irgendwie am Laufen zu halten. Man erlebe gravierende Managementfehler, insbesondere den Substanzverzehr bei der Infrastruktur. Laut DB Netz-Chef Dr. Nagl gebe es einen Nachhol-Investitionsbedarf von fast 90 Mrd. Euro im bundesweiten Netz, und es sei eine unglaubliche Herausforderung, dies unter rollendem Rad abzubilden. Es fehle an Transparenz, was zu einem Vertrauensverlust in die DB führe, da die Halbwertszeit vermeintlich verbindlicher Aussagen rapide schwinde. Die steigende Zahl an Baustellen schlage auf den Betrieb der S-Bahn durch, da es aufgrund unzureichender Ausweichstruktur an Resilienz fehle und SEV auf überlastete Straßen geschickt werden müsse. Das Ersatzkonzept halte er insbesondere in der Hauptverkehrszeit für ambitioniert; Stabilität und gelingende Umläufe könne er aktuell noch nicht erkennen. Deswegen seien die Panorama- und Schusterbahn-Trassen so bedeutsam und müssten zügig in der Infrastruktur verbessert werden, um den Gesamtknoten funktionsfähig zu halten. Er halte es für fraglich, ob die marode Panorama-Trasse noch über mehrere Jahre den Ersatzverkehr aufnehmen könne. Einen Dank richtet der Stadtrat an StR Sauer für die Initiative, denn es werde eine ungeschönte Zustandsbeschreibung des regionalen Schienennetzes mit Oberbau, Tunneln, Kunstbauwerken und einem Sanierungsfahrplan benötigt, der für die Nutzer*innen tragbar sei. Angesichts der prognostizierten 89 Mrd. Euro an Sanierungsaufwand sei es mit 22 Mio. Euro an Investitionen im Jahr 2023 aus dem Zusatzprogramm "Infrastrukturerhaltung und Instandhaltung" nicht getan. Der SSB müsse erneut ein Dank ausgesprochen werden, denn es sei gewichtig, was die Kolleginnen und Kollegen "wegstemmten".

Die Äußerungen seines Vorredners aufgreifend erklärt StR Serwani, es werde ein Sanierungsfahrplan benötigt, der auch schon im letzten Jahr aufgestellt worden sei. Bei aller Kritik an der Infrastruktur der S-Bahn wolle er festhalten, dass nun etwas getan werde. Gegenüber StR Sauer führt er aus, mehr als 30 Mal pro Jahr würden montagabends Bauarbeiten an der Stammstrecke durchgeführt, die in den Fahrplan eingetaktet seien. Es sei nicht so, dass die S-Bahn nur nachts repariert werden könne. Anerkannt werden müsse, dass die Bahn nun viel Geld in die Hand nehme, um die Infrastruktur zu verbessern. Herr Krenz habe am 15.03.2023 im Regionalverkehrsausschuss bestätigt, die Infrastruktur in Stuttgart befinde sich in einem desolaten Zustand. Er betont, Stuttgart erhalte einen digitalen Knoten, der einzigartig sei und für den Einschränkungen in Kauf genommen werden müssten. Er wolle sich bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der SSB und der S-Bahn bedanken, den Verkehr auch bei Mehrarbeit weiterhin aufrechtzuerhalten. Bezüglich der langen Sperrung zwischen Bad Cannstatt und Waiblingen verweist er auf die Kritik an der kurzfristigen Information. Im Februar sei bei der Fahrplankonferenz der Region über alle Baustellen informiert worden. Wenn man einen digitalen Knoten in Stuttgart haben wolle, müsse in den "sauren Apfel" gebissen werden. Kritisch sieht er den SEV durch Busse, die auf Strecken mit vielen Baustellen verkehren müssten. Es sei Aufgabe der Stadt, diese Baustellen für diesen Zeitraum auszuräumen. Einen Zehn-Minuten-Takt bei der S-Bahn halte er für zu ambitioniert, da nicht einmal ein 15-Minuten-Takt umgesetzt werden könne. Auch mit ETCS und digitalem Knoten könne dies ohne Zusatzstrecke nicht erreicht werden. Die Panoramastrecke als zweite Stammstrecke werde dringend benötigt, was aber auch bedeute, dass die Stadt gemeinsam mit Region und Land ein Betreiberkonzept aufstellen müsse. Man müsse über eine dauerhafte Nutzung der Panoramastrecke nachdenken, um beispielsweise Züge zwischen Feuerbach und Vaihingen zu führen.

StRin von Stein (FW) verweist auf die rückläufige Entwicklung beim ÖPNV in Stuttgart. Es sei nicht hilfreich, wenn die nachvollziehbar notwendigen Maßnahmen dermaßen schlecht kommuniziert würden. Als Nutzerin des ÖPNV wolle sie festhalten, es werde nicht zwischen SSB und VVS differenziert. Aus diesem Grunde müsse die Transparenz zu den Maßnahmen deutlich erhöht und der Bezirksbeirat Bad Cannstatt umfassend informiert werden. Sie fordert, die Taktzeiten mittelfristig dergestalt zu planen, dass diese auch eingehalten werden könnten. Zum Glück ständen die Sommerferien zur Verfügung, in denen viele Menschen nicht arbeiteten und die Situation entspannter sei.

Heute seien Maßnahmen vorgestellt worden, so StR Ebel (AfD), wie diese Krise bewältigt werden könne. Die heute anwesenden Berichterstatter hätten Verantwortung übernommen und tätige Reue gezeigt, was er anerkenne. Er vermisse jedoch eine zeitliche Perspektive, wann die S-Bahn wieder in vollem, gewünschtem Einsatz sei.

StR Urbat (Die FrAKTION LINKE SÖS PIRATEN Tierschutzpartei) berichtet über eigene, negative Erfahrungen mit der S-Bahn. Aufgrund immer schlechterer Betriebsqualität seien in den letzten Jahren bereits viele Fahrgäste auf die Straße vertrieben worden. Es könne so nicht weitergehen und es müsse eine klare zeitliche Perspektive formuliert werden. In das bereits fragile System würden massive Belastungen "hineingedrückt", was die Situation weiter erschwere. Er warne davor, ETCS als Heilsbringer zu betrachten, denn es handle sich dabei um ein hochkomplexes Steuerungssystem, das als
Pilotprojekt im Prinzip ungetestet sei. Er habe das Gefühl, dass Chaos den Fahrplan regiere, denn der Zugverkehr sei völlig unberechenbar.


OB Dr. Nopper hält fest, in den vergangenen Wochen sei mehrfach berechtigt Kritik an den Streckensperrungen der Deutschen Bahn geäußert worden. Er betont, die DB solle nochmals über eine bessere Kompensation für die Fahrgäste nachdenken, wolle aber nun den Blick nach vorne und auf mögliche Verbesserungen richten. Dies sei auch die Intention des Antragstellers gewesen.

Auf die Fragen und Stellungnahmen der Ausschussmitglieder geht zunächst Herr Dr. Wurmthaler ein, der sich der Aussage anschließen kann, dass es nicht so bleiben könne wie es sei. Ohne Zweifel könne es jedoch nur durch massive Baumaßnahmen besser werden, die bezogen auf die S-Bahn bis zur Inbetriebnahme der neuen Infrastruktur in Zusammenhang mit S21 erfolgen würden. Das Jahr 2025 sei eine Art
Fokuspunkt, da die S-Bahn mit der Stammstrecke nach der Sommerpause vor S21 in Betrieb gehen werde. Die S-Bahn habe dann neue Zuführungen vom Nordbahnhof und von Bad Cannstatt über neue Gleise. Er betont, die S-Bahn-Struktur stehe dann ausschließlich der S-Bahn zur Verfügung, was eine massive Verbesserung bedeute, die aber nur zum Tragen komme, wenn zuvor die Verschwenkungen vorgenommen werden könnten. Das alte Signalsystem müsse entnommen und das neue System eingebaut werden, um die Vorteile von ETCS hundertprozentig auszunutzen. Es werde derzeit mit Hochdruck an einem Konzept gearbeitet, von Stuttgart aus den Flughafen in einseitiger Fahrt zu erreichen, wenn die Stamm- und Panoramastrecken nicht zur Verfügung ständen. Es müsse Ziel sein, dass der Fahrgaststrom Richtung Fildern nicht ausschließlich auf U5 und U6 verlagert werde.


Herr Dr. Rothenstein erinnert an das Problem auf der Panoramabahn im vergangenen Jahr, wonach die Fahrzeuge im Pendelverkehr zwischen Hauptbahnhof und Vaihingen und zwischen Vaihingen und Filderstadt eingesetzt worden seien. Dieser intensive Pendeleinsatz in Kombination mit der Infrastruktur habe zu Schäden an den Radsätzen geführt. Anschließend habe die DB Netz nach Vorlage der Gutachten zugesichert, im Bereich Flughafen/Filderstadt und auf der Panoramastrecke die Gleise zu wechseln. Dies erfolge im Bereich Filderstadt im Juni 2023, auf der Panoramabahn erst im
September 2023, weshalb im Sommer mit Regionalverkehrszügen (Doppelstockwagen, sog. Dostos) gefahren werde, die nicht nur als Pendel, sondern auch in anderen Regionen unterwegs sein würden. Dadurch könnten sich die Räder "erholen" und länger eingesetzt werden. Zum Schienenersatzverkehr bestätigt er die Herausforderung, Busse in Stuttgart und in der Region fahren zu lassen; die Situation beim motorisierten Individualverkehr sei bekannt. Zur Einrichtung von Busspuren sei man jedoch auf die Zuarbeit und Kooperation der Partner angewiesen; Stausituationen würden anteilig bei der Fahrplanerstellung berücksichtigt.


Ergänzend erklärt Herr Krenz, Infrastrukturfinanzierung sei Teil der Bundeshaushaltsmittel. Wenn über viele Jahrzehnte die zur Verfügung gestellten Mittel den Bedarf nicht abdeckten, komme es zu einem Rückstau. Die Politik habe dies nun erfreulicherweise erkannt und die Entscheidung, nun endlich Geld in die Infrastruktur zu investieren, sei Teil der Daseinsvorsorge und des Auftrages des Bundeshaushaltes. Um die Metropolregion Stuttgart auf eine gute Absprungbasis zu stellen, werde in den digitalen Knoten und die Bestandsstruktur investiert, was dem geforderten Ziel diene, mehr Menschen in den ÖPNV zu bekommen. Schwierig sei der Weg dorthin nach dem Motto "Wasch mich, aber mach mich nicht nass". Als zeitliche Perspektive nennt er den Dezember 2025 mit der Inbetriebnahme des digitalen Knotens und S21, wodurch qualitative Verbesserungen für die Verkehre kämen. Die S-Bahn hänge an der Pünktlichkeit des Regional-, Fern- und Güterverkehrs, alles hänge mit allem zusammen. Es dürften aber nicht alle Lösungen mit dem Problem behaftet werden, dass es nicht funktionieren werde, denn dies bedeute Stillstand. Man sei sich der Herausforderung bewusst, aber die Maßnahmen nicht umzusetzen, sei auch keine Alternative. Der avisierte Zehn-Minuten-Takt auf der Stammstrecke sei ohne Digitalisierung des Knotens Stuttgart nicht fahrbar und auch die Digitalisierung ohne S21 nicht möglich. Es helfe nicht, den Kopf in den Sand zu stecken und Probleme zu wälzen, sondern das Thema müsse angegangen werden. Die Kritik von StR Pantisano am Eigenlob weist er zurück; er wolle stattdessen eine Lanze brechen für die Kolleginnen und Kollegen der DB, die in einem immensen Aufwand gemeinsam mit den Partnern einen guten SEV auf die Beine gestellt hätten. Dieser habe durch verschiedene Linien eine Entzerrung zum Ziel und mit den Kommunen stehe man in gutem Austausch, um die Strecken nicht durch Baustellen oder Vegetationsschnitte u. Ä. zusätzlich zu belasten. Es müsse nun abgewartet werden, wie sich die Praxis darstelle; der bereits seit Freitag laufende Ersatzverkehr laufe gut und er erwarte Ähnliches für die Zeit ab dem 12.05.; Nachbesserungen seien zu jedem Zeitpunkt möglich.




Nachdem sich keine weiteren Wortmeldungen mehr ergeben, schließt OB Dr. Nopper den Tagesordnungspunkt mit einem Dank für die Berichterstattung ab.


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