Protokoll: Verwaltungsausschuss des Gemeinderats der Landeshauptstadt StuttgartNiederschrift Nr.
TOP:
127/HH
10
VerhandlungDrucksache:
176/2023
GZ:
WFB 9011-05
Sitzungstermin: 29.03.2023
Sitzungsart: öffentlich
Vorsitz: BM Fuhrmann
Berichterstattung:der Vorsitzende
Protokollführung: Herr Häbe fr
Betreff: Nachtragshaushaltssatzung mit Nachtragshaushaltsplan 2023 und fortgeschriebener Finanzplanung bis 2026

Vorgang: Verwaltungsausschuss vom 15.03.2023, öffentlich, Nr. 97
Ergebnis: Einbringung


Beratungsunterlage ist die Vorlage des Referats Wirtschaft, Finanzen und Beteiligungen vom 13.03.2023, GRDrs 176/2023, mit folgendem

Beschlussantrag:

1. Der Nachtragshaushaltssatzung für das Haushaltsjahr 2023 mit Nachtragshaushaltsplan und der fortgeschriebenen Finanzplanung bis 2026 wird gemäß Anlagen 1, 2, 3 und 4 zugestimmt.

2. Der Anbringung der neuen Deckungsvermerke gemäß Anlage 5 wird zugestimmt.


Der Antrag Nr. 19/2023 vom 31.01.2023 (PULS, SPD) liegt den Sitzungsteilnehmenden vor. Er ist dem Originalprotokoll sowie dem Protokollexemplar für die Hauptaktei beigefügt.


BM Fuhrmann verweist auf seine Darstellung der Eckdaten des Nachtragshaushaltes im Rahmen der Vorlagen-Einbringung in der Sitzung des Verwaltungsausschusses am 15.03.2023 (siehe Rubrik Vorgang).

Anschließend wiederholt er Themen des LBBW-Vorstandsvorsitzenden, Herrn Neske, zum heutigen TOP 1 "LBBW Hauptversammlung", öffentliche NNr. 119 (Turbulentes Jahr 2022, auch das Jahr 2023 verläuft turbulent, große Unsicherheiten/Schwankungen, große Fragestellungen für Unternehmen, strategische Neuausrichtung der Wirtschaft, Transformation). Diese Themen bewegten auch die städtische Finanzverwaltung, da sich diese auf die Haupteinnahmequelle des Stadthaushaltes, die Gewerbesteuer, auswirkten.

Im Jahr 2020 habe sich der Gewerbesteueransatz auf 600 Mio. Euro belaufen. Die pandemiebedingte Unsicherheit bei den Unternehmen habe zu umfangreichen Stundungs-/Änderungsanträgen bei der Gewerbesteuer geführt. Deshalb sei damals dieser Ansatz im Nachtrag auf 250 Mio. Euro gesenkt worden. Das Ergebnis habe sich dann auf 447 Mio. Euro belaufen. Hilfreich sei gewesen, dass seitens des Bundes Gewerbesteuerausfälle finanziert worden seien.

Auf 590 Mio. Euro sei der Ansatz im Jahr 2021 festgesetzt worden (Reduzierung im Nachtrag auf 350 Mio. Euro). Festgestellt habe man im Verlauf des Jahres 2021, dass sich die Gewerbesteuer positiv entwickle. Das Ergebnis in Höhe von 733 Mio. Euro sei nicht vorhersehbar gewesen. Im Doppelhaushalt 2022/2023 seien die Ansätze jeweils auf 650 Mio. Euro erfolgt. Da für 2022 der positive Trend des Vorjahres übernommen wurde, sei im damaligen Nachtrag der Ansatz auf 770 Mio. Euro erhöht worden; das Gewerbesteuer-Rekordergebnis des Jahres 2017 habe sich auf 773 Mio. Euro belaufen. Aktuell werde bekanntlich ein Ansatz von 1 Mrd. Euro vorgeschlagen. Diese Entwicklung sei natürlich sehr erfreulich, aber, und ich stimme mit den Aussagen von Herrn Neske überein, diese Zahlen zeigten die Unplanbarkeit/Unsicherheit in der aktuellen Zeit.

Im Jahr 2023 setze sich wie dargestellt die positive Entwicklung fort. Würde es allerdings diese Verbesserung um 300 Mio. Euro im Bereich der Gewerbesteuer nicht geben, müsste man sich angesichts extrem gestiegener Aufwendungen nicht mit einem Minus von 70,3 Mio. Euro, sondern mit einem Minus-Ergebnis in der Größenordnung von über 400 Mio. Euro auseinandersetzen.

Weiter thematisiert BM Fuhrmann den Umgang mit zukünftigen Herausforderungen. Die Finanzverwaltung habe beispielhaft folgende bereits veranschlagte Mittelbedarfe sowie Mehrkosten für bis zum Jahr 2027 anstehende Projekte/Ausgaben zusammengefasst:

- Klimaneutrale Sanierung
- Campus Feuerbach
- Rosensteintunnel
- Feuerwache 3
- Bildungshaus Neckarpark
- Haus für Film und Medien
- Pauschale für Preissteigerungen und Bauherrenrisiken

Hinzu kämen noch viele große Posten, welche aus der Mitte des Gemeinderates immer wieder thematisiert würden (z. B. Erhöhung Bauunterhaltung Verwaltungsgebäude, Kita-Ausbau, Fortführung Schulsanierungsprogramm, Zielbeschluss Radwegepauschale, Mehrkosten von Bauvorhaben in den Bereichen Kultur und Feuerwehr). Dies müsse zukünftig alles berücksichtigt werden.

Zudem gebe es Bedarfe, bei denen der letztendliche Mittelabfluss noch unbekannt sei (z. B. Aufsiedlung Rosenstein mindestens 1 Mrd. Euro, eher 1,5 Mrd. Euro, Konzerthaus, weitere Sanierungen und Neubauten im Schulbereich, Frontoffice-Hub, Feuerwache 3, Löwentorbrücke, Rosensteinbrücke, Digitalisierung).

Großprojekte wie die Opernsanierung, Lebenswerte Innenstadt, Umgestaltung B14 und die Brückenbauwerksunterhaltung seien weitere anstehende Herausforderungen.

Obwohl die Zahlen noch nicht bis ins Detail berechenbar sind, werde hier von einem Gesamtvolumen von ca. 6,5 Mrd. Euro gesprochen. Diese Herausforderungen müssten im Auge behalten werden. Unumgänglich sei, über Prioritäten zu sprechen. Selbst wenn Jahresüberschüsse erzielt würden, die für Investitionen wichtig seien, könnten diese Summen nicht erreicht werden. Dies deutlich zu machen, sei mit Blick auf die kommenden Etatberatungen 2024/2025 wichtig.

Aufgerufen werde neben dem Beschlussantrag der GRDrs 176/2023 der Antrag Nr. 19/2023.

Für die einführenden Informationen des Vorsitzenden und für die Arbeit der Stadtkämmerei bedanken sich StRin Rühle (90/GRÜNE), StR Kotz (CDU), StR Conzelmann (SPD), StRin Tiarks (Die FrAKTION LINKE SÖS PIRATEN Tierschutzpartei) und StRin Hübsch (PULS).

Im Verlauf der Aussprache wird von StRin Rühle und StR Kotz ebenfalls die größere Volatilität im Vergleich zur Vergangenheit angesprochen. Für StR Conzelmann hat der LBBW-Vorstandsvorsitzende unter dem heutigen TOP 1 "nicht so ganz dunkle Wolken" für die Zukunft prognostiziert. Von daher könne bei städtischen Prognosen durchaus mehr Optimismus an den Tag gelegt werden. Dem pflichten StRin Tiarks und StRin Hübsch bei.

Eine konservative Herangehensweise bei der Festsetzung von Ansätzen sowie das Hinterfragen von Aufgaben dergestalt, ob diese zwingend seitens der Stadt wahrgenommen werden müssen, befürwortet StR Kotz. Betont wird jedoch von ihm, dass es seine Fraktion als unproblematisch ansehen würde, wenn in einem Haushalt die prognostizierten Gewerbesteuer-Einnahmen unterschritten werden. Entsprechend äußert sich StR Conzelmann.

Zu bedenken gibt StR Dr. Oechsner (FDP), dass von einem Defizit von 70,3 Mio. Euro ausgegangen wird. Die Unterstützung für das Klinikum Stuttgart (KS) empfindet er als ärgerlich. Zwar werde das KS zu Recht unterstützt, aber in der vorgesehenen Größenordnung, nahezu 50 Mio. Euro, sei dies keine städtische Aufgabe. Die Finanzierung der Krankenhäuser gehöre in die Zuständigkeit des Gesundheitswesens.

Weiter kritisiert er, dass die von seiner Fraktion seit Jahren geforderte massive Erhöhung der Infrastrukturrücklagen nicht erfolgt. Hier gehöre im kommenden Haushalt nachgeschärft und "Nice-to-have-Dinge" überdacht. So seien beispielsweise Brückenunterhaltungen unabdingbar. Er und StRin von Stein (FW) signalisieren ihre Zustimmung zum Beschlussantrag.

Auf die auf der Vorlagenseite 3 dargestellten wesentlichen Veränderungen im Ergebnishaushalt weist StR Ebel (AfD) hin. Bei den zu erwartenden Mehrbedarfen hebt er die Mehraufwendungen für die Unterbringung geflüchteter Menschen hervor.

StR Dr. Oechsner wünscht sich Zahlen darüber, wie sich das prognostizierte Gewerbesteueraufkommen nach Global Playern, Mittelständlern und Kleinunternehmen aufteilt. StRin von Stein, die diesen Wunsch unterstützt, thematisiert die Abhängigkeit der Stadt vom Gewerbesteueraufkommen. Dies zeige, dass die LHS erfolgreich wirtschaftende Unternehmen benötige. Angesichts des hohen Steueraufkommens aus dem Bereich der Automobilproduktion sollte überlegt werden, und entsprechend hat sich StR Kotz geäußert, ob absolute Autofeindlichkeit angebracht ist, oder ob nicht das Ziel beibehalten werden sollte, den Wirtschaftsstandort Stuttgart attraktiv zu halten. Analog äußert sich StR Ebel.

Das bei Informationen zum Gewerbesteueraufkommen das Steuergeheimnis beachtet werden muss, betont BM Fuhrmann. Versucht werde, die gewünschten Zahlen steuergeheimniskonform zu liefern.

StRin Tiarks vermisst, dass heute seitens des Vorsitzenden die Anträge (alle mit dem Datum 10.10.2022):

- Nr. 314/2022, "Änderungsantrag Nachtragshaushalt - Mieterhöhungen bei der SWSG wieder abschaffen - Fonds 'Sozialer Zusammenhalt'"
- Nr. 315/2022, "Änderungsantrag Nachtragshaushalt - Krisenzuschuss für die Bewohner*innen in den Einrichtungen des ELW - Fonds 'Sozialer Zusammenhalt'"
- Nr. 317/2022, "Änderungsantrag Nachtragshaushalt - Guthaben der FamilienCard verdoppeln - Fonds 'Sozialer Zusammenhalt'"
- Nr. 318/2022, "Änderungsantrag Nachtragshaushalt - Gebührenfrei Kita (0 - 6 Jahre) für Kinder von Erzieher*innen und Pflegefachpersonal - Fonds 'Sozialer Zusammenhalt'"
- Nr. 319/2022, "Änderungsantrag Nachtragshaushalt - Frei fahren für Pflege- und Erziehungspersonal - Fonds 'Sozialer Zusammenhalt'"
- Nr. 320/2022, "Änderungsantrag zum Nachtragshaushalt - Inhaber*innen der Bonuscard fahren kostenlos im ÖPNV - Fonds 'Sozialer Zusammenhalt'"

nicht aufgerufen worden sind. Zurückgezogen wird von ihr der Antrag Nr. 321/2022.

Im Rahmen der Beratung des Nachtragshaushaltes 2022, Mitte Oktober 2022, seien diese Anträge ihrer Fraktionsgemeinschaft auf den Nachtragshaushalt 2023 verschoben worden. Diese Anträge, über die heute abgestimmt werden müsse, rufe sie auf. Dies sei bei der Einbringung der GRDrs 176/2023 so besprochen worden. Nachdem sich zeigt, dass Fraktionen sich auf diese Anträge nicht vorbereitet haben, schlägt sie vor, die Anträge in der morgigen Sitzung des Gemeinderates aufzurufen und zur Abstimmung zu stellen. Nachdem laut BM Fuhrmann die Fraktionsgemeinschaft Die FrAKTION LINKE SÖS PIRATEN Tierschutzpartei bei der Vorlagen-Einbringung die heute angesprochenen Anträge im Rahmen der Vorlageneinbringung nicht aufgerufen hat, wird von StR Urbat (Die FrAKTION LINKE SÖS PIRATEN Tierschutzpartei) angemerkt, da bei der Vorlageneinbringung eine Diskussion "abgewürgt wurde", habe er diese Anträge nicht angesprochen.

Laut BM Fuhrmann sind die von StRin Tiarks erwähnten Anträge zur Behandlung in den kommenden regulären Etatberatungen vorgemerkt.

Der Antrag Nr. 19/2023 wird durch StR Conzelmann und StRin Hübsch begründet. Nach Angaben der Stadträtin belaufen sich die Kosten für die beantragten Zulagen auf 5,8 Mio. Euro/Jahr. Ihre Unterstützung dieses Antrages artikulieren StRin Rühle und StRin Tiarks.

Dagegen merkt StR Kotz an, dieser Antrag gehöre nicht im Rahmen des Nachtragshaushaltes, sondern in den kommenden Beratungen zum Doppelhaushaltsplan-Entwurf 2024/2025 diskutiert. Daher werde die CDU-Gemeinderatsfraktion heute diesen Antrag ablehnen. Entsprechend äußern sich StR Dr. Oechsner und StRin von Stein. Zwar beinhalte der Antrag, so StR Dr. Oechsner, ein absolut richtiges Anliegen, aber so kurz vor den Etatberatungen und während eines laufenden Tarifkonfliktes einzugreifen, wäre der falsche Weg. EBM Dr. Mayer merkt bezogen auf diesen Antrag zum Verfahren an, in der letzten Zeit habe der Rat einige Zulagen beschlossen. Jedes Mal habe es dafür singuläre Gründe gegeben. Wöchentlich erhalte er Zulagenwünsche aus den unterschiedlichsten Verwaltungsbereichen. Mittlerweile zeige sich, dass die seitherige Systematik zusehends erodiere. Die Verwaltung müsse mit dem Gemeinderat darüber reden, wie man mit solchen Zulagen insgesamt umgehen könne (Personenkreis, Dimension, Kosten, rechtliche Voraussetzungen, Belastungen durch den kommenden Tarifabschluss). Da augenblicklich Zulagen an die verbeamtete Mitarbeiterschaft nicht möglich seien, habe er beim Land, beim Innenminister und beim Finanzminister, nachgefragt, ob es Möglichkeiten gebe, dies zu ändern. Eine Antwort stehe noch aus. Vor diesem Hintergrund sollte diese Thematik in den Etatberatungen besprochen werden. Dann könnte im Gesamtbild der Bedarfe entschieden werden. Weiter weist er auf den Beschluss hin, der gesamten Mitarbeiterschaft das 49 Euro-Deutschlandticket kostenlos und steuerfrei zur Verfügung zu stellen. Sollte heute der Antrag Nr. 19/2023 beschlossen werden, für die Intention des Antrages gebe es ja durchaus gute Gründe, werde es immer schwieriger, anderen Bereichen zu erklären, weshalb bei ihnen nicht entsprechend vorgegangen wird. Dies unterstützt BM Fuhrmann.

Dennoch besteht StR Conzelmann für die beiden antragstellenden Fraktionen darauf, heute über den Antrag abzustimmen. Dann, so die Bitte von Herrn Langemack (StKäm), sollte die Antragsziffer 5 "die Verlängerung des bestehenden Tarif+ zunächst bis zum 31.12.2025" allerdings ausgeklammert werden. Dieser Antrag gehöre eindeutig zum Doppelhaushalt 2024/2025, und es gebe derzeit noch keine Informationen über die finanziellen Auswirkungen. Dieser Bitte folgen die Antragsteller durch StRin Hübsch.

Am Ende der Aussprache kündigt BM Fuhrmann an, die von StRin Tiarks angesprochenen Anträge in der morgigen Sitzung des Gemeinderates aufzurufen.


Abschließend stellt BM Fuhrmann fest:
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