Landeshauptstadt Stuttgart
Referat Jugend und Bildung
Gz: JB
GRDrs 575/2021
Stuttgart,
07/02/2021



well.come.back – Schulstart 2021/22 mit neuem Elan zur Stärkung der Klassengemeinschaften



Beschlußvorlage
Vorlage an
    zur
SitzungsartSitzungstermin
Schulbeirat
Verwaltungsausschuss
Kenntnisnahme
Beschlussfassung
öffentlich
öffentlich
13.07.2021
14.07.2021



Beschlußantrag:

1.) Vom Konzept „well.come.back“ wird zustimmend Kenntnis genommen.

2.) Die Abteilung Stuttgarter Bildungspartnerschaft wird mit der Umsetzung des Konzepts - im engen Schulterschluss mit den städtischen und außerstädtischen Partnern - beauftragt.

3.) Die Finanzierung der Konzeptumsetzung erfolgt in geteilter Verantwortung zwischen Stiftungen bzw. Unternehmen und der Landeshauptstadt Stuttgart. Der städtische Anteil im Jahr 2021 in Höhe von 120.000 EUR wird im THH 810 Bürgermeisteramt, Amtsbereich 8107080 - Abteilung Stuttgarter Bildungspartnerschaft, Kontengruppe 440 - Sonstige ordentliche Aufwendungen gedeckt.


Kurzfassung der Begründung:
Ausführliche Begründung siehe Anlage 1

Ausgangslage:
Seit März 2020 bestimmt die Corona-Pandemie das Geschehen in Deutschland. Mit der ersten Welle der Pandemie wurden ebenso notwendige wie weitreichende Einschränkungen des öffentlichen Lebens unserer offenen Gesellschaft vorgenommen. Auch wenn zwischenzeitliche Lockerungen insbesondere zwischen der ersten und zweiten Welle möglich waren, so blieb es dennoch bei Einschränkungen. Von diesen Einschränkungen waren und sind in besonderem Maße auch Kinder und Jugendliche betroffen. Die notwendigen Kontaktbeschränkungen haben auch soziale Prozesse, die für Kinder und Jugendliche besonders wichtig sind, vielfach verhindert.

Betretungsverbote an Schulen, Jugendhäusern, Spielplätzen und Vereinsgeländen haben den Alltag der Kinder und Jugendlichen sehr verändert. Wechselunterricht und Fernunterricht – häufig beschränkt auf die Kernfächer – haben nicht nur die Lernprozesse sehr verändert, sondern auch die soziale Interaktion der Schüler*innen stark beeinflusst. Auch wenn die Kommunikation dank digitaler Medien zwischen Lehrkräften, Pädagogischen Fachkräften, Eltern und Kinder bzw. Jugendlichen für einen Großteil der Schüler*innen weiterhin möglich war, so ging doch der direkte Kontakt, der insbesondere zwischen den Kindern und Jugendlichen von großer Wichtigkeit ist, häufig verloren. Neue Freundschaften konnten kaum oder gar nicht geknüpft werden. Zur Identitätsbildung notwendige Abgrenzungen und Gruppenbildungen fehlten. Symptomatisch ist die Aussage einer Schülerin bereits während des ersten Lockdowns: „Ich freue mich auf meine Klassenkameraden - selbst auf die Doofen.“

Neben der partiellen und temporären sozialen Einschränkung ist ein weiteres Phänomen bedeutsam: Die jeweiligen pädagogischen Akteure waren häufig und in starkem Maße auf sich selbst gestellt. Einerseits haben die Betretungs- und Kooperationsverbote an Schulen und in pädagogischen Institutionen die Pandemie gebremst, andererseits haben sie zugleich häufig verhindert, dass Schulpädagogik und Sozialpädagogik ineinandergreifen können. Sehr deutlich wurde die Vereinzelung der Professionen durch das Verbot außerschulischer Veranstaltungen. Seit März 2020 waren Ausflüge, Praktika und Schullandheime untersagt.

Mit großem Engagement haben Lehrer*innen, pädagogische Fachkräfte und Schüler*innen in den vergangenen Monaten Fern- und Wechselunterricht gestaltet. Sie haben dadurch einen wichtigen gesellschaftlichen Beitrag zur Bewältigung der Pandemie geleistet. Die Folgen der Pandemie, insbesondere die psychosozialen Auswirkungen, werden dennoch aber im Schulalltag sicher noch lange spürbar sein.

In einer gemeinsamen Verantwortung für die Kinder und Jugendlichen in der Stadt, wollen das Staatliche Schulamt Stuttgart und die Landeshauptstadt Stuttgart, im Zusammenwirken mit Stuttgarter Stiftungen, das Wiederankommen der Schüler*innen an den Schulen im neuen Schuljahr unterstützen.

Mit dem Beginn des Präsenzunterrichts ist die Anforderung verbunden, nach den langen Phasen des Fern- und Wechselunterrichts, die Klassen- und Schulgemeinschaften wiederaufzubauen. Klassengemeinschaften sind bedeutsame Ressourcen für das lebensweltliche und psychische Wohlbefinden der Kinder- und Jugendlichen. Gleichzeitig ist eine funktionierende Klassengemeinschaft eine wichtige Voraussetzung für Unterricht und Lernen. Wenn sich die Schüler*innen an der Schule und der Klasse wohlfühlen, haben sie auch Freude an Unterricht und Motivation, um den Lernstoff aufzuholen. Hierfür soll mit dem Konzept well.come.back und mit den „Stuttgarter Klassentagen“, Zeit und Raum an den Schulen gegeben werden.

Das Angebot richtet sich an die öffentlichen, allgemeinbildenden Schulen in Stuttgart.


Zielsetzung:
Während der dritten Welle im Frühjahr 2021 kamen Vertreter*innen aus der Praxis von Seiten der Schulleitungen und der Schulsozialarbeit auf die Verwaltung zu. Ihr Anliegen war, dass neben dem Schließen von Lernlücken auch ein Fokus auf die sozioemotionale Unterstützung der Kinder und Jugendlichen gelegt werden muss.

Unter Federführung der Abteilung Stuttgarter Bildungspartnerschaft wurde zu einem Runden Tisch mit Beteiligung des Staatlichen Schulamtes, der geschäftsführenden Schulleitungen (der allgemeinbildenden Schulen), der Jugendhilfeplanung und Trägervertreter*innen der Schulsozialarbeit sowie Stiftungsvertreter*innen eingeladen, um gemeinsam ein Konzept zur Unterstützung für die Stuttgarter Schüler*innen zu erarbeiten und einen Impuls für die damals schon absehbare Öffnung zu setzen.

Getragen wurde die Kooperation durch drei Ziele:

Konzept:
Getragen von diesen drei Zielen ist im Rahmen des Runden Tisches ein Konzept entstanden, das den Start in das kommende Schuljahr begleiten soll. Angesichts der aktuellen Öffnungen kommt es zum richtigen Zeitpunkt. Die Kooperation der verschiedenen Bereiche kommt in dem Konzept insofern zum Ausdruck, als sich alle Akteure mit ihren Fähigkeiten und Möglichkeiten einbringen. Auch die Finanzierung ist geteilt – weit mehr als die Hälfte der Mittel wird von den Stiftungen bzw. Unternehmen aufgebracht.

Das Konzept enthält drei Phasen - sie gliedern sich in den Titel des Konzepts „well.come.back“

PhaseGegenstand
„well“Stuttgarter Klassentage – Dialog zur sozialen und emotionalen Unterstützung der Schüler*innen (siehe Anlage): Der Klassentag soll eine offene Begegnung zwischen den einzelnen Schüler*innen untereinander sowie mit den Bezugspersonen der Klasse (Klassenlehrerin, Schulsozialarbeit, Erzieher*in o. a.) ermöglichen. Der Klassentag beinhaltet zum einen den „Tapetenwechsel“ und zum anderen verfolgt er den persönlichen Austausch mit den jungen Menschen rückblickend und vor allem mit Blick nach vorn - frei nach dem Motto „Für Euch und mal anders“

Bei den Klassentagen stehen die Bedürfnisse, Fragen und Wünsche der Kinder und Jugendlichen im Zentrum. Es geht darum, was die Kinder und Jugendlichen brauchen, damit es ihnen wieder gut gehen kann.

Die Lehrkräfte und die Fachkräfte des Ganztags bzw. der Schulsozialarbeit nehmen sich Zeit, die Leistungen der Schüler*innen während des Fernunterrichts anzuerkennen, den Schüler*innen zuzuhören und im Dialog gemeinsame Perspektiven für den Start ins neue Schuljahr zu entwickeln. Beziehungen können dadurch neu aufgenommen und Fragen gemeinsam geklärt werden. Unterschwellige Konflikte oder Ängste können so sichtbar und bearbeitbar gemacht werden. Die Lehrkräfte und pädagogischen Fachkräfte erhalten mit einem solchen Klassentag Einblick in die Situation der Klassengemeinschaft und können Wünsche und Bedarfe der Schüler*innen wahrnehmen.

Alle Schulklassen der Stuttgarter Schulen wurden durch ein gemeinsames Schreiben von Herrn Schenk, Leiter des Staatlichen Schulamtes, und Frau Fezer, Bürgermeisterin für Jugend und Bildung, angeregt und bestärkt, sich vor und/oder nach den Sommerferien, Zeit und Raum zu nehmen, um mit den Schüler*innen ins Gespräch zu gehen. Dabei können folgende Punkte thematisiert werden:
- was während der Pandemie vermisst wurde,

- welche Befürchtungen aus den Lockdowns für die Zukunft erwachsen,
- welche Wünsche für das neue Schuljahr und insbesondere den Start bestehen,
- was die Klasse braucht, um in ihrer Gemeinschaft gestärkt und das Miteinander wieder aufbauen zu können.


Bei diesem ersten Schritt werden Materialien und Methoden bereitgestellt, sodass die Umsetzung möglichst niederschwellig im Klassenverbund erfolgen kann.
„come“Der zweite Schritt lässt den Ruf „KOMMT, ES GIBT EIS!“ erschallen. Als Symbol der Wertschätzung und der Anerkennung für das letzte Jahr, geben die Stiftungen bzw. Unternehmen – als Vertreter der gesamten Stadtgesellschaft - allen Schüler*innen der Stuttgarter Schulen ein Eis aus. Mit dem Eis wird auch ein Dank für Zurückhaltung und Entbehrung während langer Monate ausgesprochen werden.
In der Woche, rund um den Weltkindertag am 20. September rollen Eislaster auf die Schulhöfe und für die Klassen können in ausgewählten Supermärkten Gutscheine eingelöst werden.
„back“Der zweite Schritt ist zugleich auch Auftakt für den dritten Schritt: Für jede Klasse soll ein Angebot zu Stärkung der Klassengemeinschaft, zum sozialen Lernen, zum Auftanken der Ressourcen oder zum neuen Durchstarten ins neue Schuljahr zur Verfügung stehen.

Die Lehr- und pädagogischen Fachkräften sollen, neben ihren vielen Herausforderungen die zum Schuljahresbeginn zu bewältigen sind, Aktionen, wie Ausflüge im Klassenverbund, niederschwellig realisieren können. Die Auswahl aus ca. 2.000 Angeboten für ca. 2.000 Klassen der Stuttgarter Schulen, soll auf die Bedarfe ausgerichtet sein, die bei den Klassentagen erarbeitet wurden. Die Angebote sollen pädagogische Reflexion und gemeinsames Erleben enthalten.


Die Angebote sollen auch dazu dienen, die Kooperationen zwischen den Bildungsakteuren wieder zu beleben. Die Vielfalt der Angebote spiegelt die Vielfalt der Stadtgesellschaft wieder. Denkbar ist…
- der gemeinsame Besuch in einem Klettergarten, bei dem Vertrauen in sich selbst und die anderen geübt werden,
- das Erkunden einer Streuobstwiese, auf der Äpfel geerntet und gepresst werden können, sodass der selbst hergestellte Saft getrunken werden kann,
- das gemeinsame Bestreiten einer Olympiade, bei der die unterschiedlichen Talente der Klasse zum Einsatz kommen,
- eine gemeinsame Wanderung durch Wald und Reben, als sichtbares Zeichen, gemeinsam auf dem Weg zu sein

- Sportaktivitäten, Kulturangebote, etc.

Die Angebote gehen dabei über das übliche Maß der Kooperation hinaus und bedürfen deshalb einer eigenständigen Finanzierung. Honorarkräfte für Aktionen, Eintrittsgelder, Finanzierung von Begleitpersonen für Aktivitäten außerhalb des Schulgeländes oder Fahrtkosten sind hier beispielsweise zu nennen.

Die unterschiedlichen Angebote werden auf der digitalen Plattform „Schul-Booster“ der Stuttgarter Kinderstiftung nach Kategorien sortiert eingestellt und können von den Klassenlehrer*innen der allgemeinbildenden Stuttgarter Schulen kostenfrei ab dem 20.09.2021 gebucht werden. Die Umsetzung der Angebote wird sich auf das ganze erste Schulhalbjahr 2021/22 erstrecken. Angefragt werden Akteure aus den Bereichen Natur, Kultur, Soziales, Technik, Sport und dem Kreativbereich.

Umsetzung:
Die Umsetzung des Konzepts „well.come.back“ wird durch unterschiedliche Akteure umgesetzt, verantwortet und finanziert. Nur so lässt sich die große Anzahl der Angebote für die ca. 2.000 Klassen kurzfristig realisieren.

Von Seiten der Kommune übernimmt die Abteilung JB-BiP die Federführung und nimmt im Gesamtprojekt eine steuernde Funktion ein.

Die Einzelposten der Finanzierung müssen zum Teil noch erschlossen werden. Voraussetzung für die erfolgreiche Akquise ist hier die feste Zusage der kommunalen Mittel.

Die folgende Übersicht zeigt die Aufteilung der Arbeitspakete, die jeweilige Zuständigkeit sowie die Aufteilung der Kosten.

PhaseArbeitspaket und ZuständigkeitKosten und Finanzierung
Erarbeitung des Konzepts
(seit Frühjahr 2021)
Beteiligte: Staatliches Schulamt, Geschäftsführende Schulleitungen (GS, Sek 1, SBBZ), Jugendamt, eva, Caritas, Stjg, GES, Vector-Stiftung, Bürgerstiftung, Stuttgarter Kinderstiftung.
Moderation: Abteilung JB-BiP
Keine direkten Kosten
„well“Durchführung der Klassentage: Klassenlehrkräfte unter Beteiligung pädagogischer Fachkräfte an den Schulen.

Dimension: ca. 2.000 Klassen

Fachliche und methodische Unterstützung wird den Schulen zur Verfügung gestellt
Keine direkten Kosten
„come“Organisation der Eisaktion: Vector-Stiftung
(Eislaster und Gutscheine bei Supermärkten)


Kalkulation: 46.000 Schüler*innen, je 3 EUR
140.000,- EUR
trägt Vector-Stiftung

(Zusage liegt vor)
„back“Erstellung, Programmierung, Pflege und Moderation der digitalen Plattform, sowie ein Beratungssupport für die Klassenlehrer*innen: Bürgerstiftung/ Stuttgarter Kinderstiftung

Akquise und Begleitung der Angebote:
Abteilung JB-BiP


Dimension: ca. 2.000 Angebote,
davon ca. 400 bereits finanzierte Angebote
Kalkulation: 46.000 Schüler*innen, je 5 EUR bzw. 125 EUR pro Klasse
60.000,- EUR
tragen die Stiftungen

(Zusage liegt vor)



120.000,- trägt JB-BiP


Angestrebt wird, dass weitere 60.000,- über Stiftungen und Unternehmen eingeworben werden.

In der Übersicht der Kosten wird deutlich, wie das Projekt aus unterschiedlichen Bereichen getragen wird. Nach der aktuellen Planung teilen sich die Gesamtkosten in der Weise auf, dass im Umfang von ca. 28 Prozent zusätzliche kommunale Mittel erforderlich sind, die bei JB-BiP verfügbar sind.


Sollten weitere Mittel akquiriert werden als bislang geplant, führt dies dazu, dass entweder höherwertige Angebote einbezogen werden oder der städtische Anteil an der Finanzierung sinkt.

Sollten - anders als erwartet - nicht in ausreichendem Maße Mittel für die Umsetzung der Angebote zur Verfügung stehen, wird der Kreis der begünstigten Klassen eingeschränkt. Beispielsweise könnten die 1. Klassen und die Abschlussklassen aus der Förderung herausgenommen werden. Grundsätzlich gilt, dass nur die Verpflichtungen eingegangen und Versprechen getätigt werden, wofür die erforderlichen Mittel bereits gesichert zur Verfügung stehen.

Über die Umsetzung des Konzepts „well.come.back“ wird im ersten Halbjahr 2022 ein Bericht im Rahmen einer Mitteilungsvorlage vorgelegt.


Finanzielle Auswirkungen

Der Aufwand in Höhe von 120.000,- EUR für das Vorhaben ist im Jahr 2021 über den THH 810 – Bürgermeisteramt, Amtsbereich 8107080 – Abteilung Stuttgarter Bildungspartnerschaft, Kontengruppe 440 – sonstige ordentliche Aufwendungen gedeckt.


Beteiligte Stellen

Die Referate AKR und WFB haben mitgezeichnet.




Isabel Fezer
Bürgermeisterin


Anlagen

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