Protokoll: Verwaltungsausschuss des Gemeinderats der Landeshauptstadt StuttgartNiederschrift Nr.
TOP:
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VerhandlungDrucksache:
538/2022
GZ:
AKR
Sitzungstermin: 26.10.2022
Sitzungsart: öffentlich
Vorsitz: EBM Dr. Mayer
Berichterstattung:
Protokollführung: Herr Häbe
Betreff: Linden-Museum - Restitution Benin-Bronzen

Beratungsunterlage ist die Vorlage des Referats Allgemeine Verwaltung, Kultur und Recht vom 20.10.2022, GRDrs 538/2022, mit folgendem

Beschlussantrag:

1. Der Restitution von 68 Benin-Bronzen (siehe Anlage 1) nach Nigeria, die sich im Sammlungsbestand des Linden-Museums befinden und deren Herkunft in kolonialem Kontext steht, wird zugestimmt.

2. Die städtischen Vertreter im Verwaltungsrat des Linden-Museums werden gebeten, den Beschluss zu Ziffer 1 umzusetzen.

Die Beratungsunterlage ist dem Originalprotokoll sowie dem Protokollexemplar für die Hauptaktei beigefügt.

Von StR Ebel (AfD) wird erklärt, der Vorlage könne entnommen werden, dass es gelungen sei, die Objekte 120 Jahre lang in Deutschland zu erhalten. Diejenigen, die diese Erhaltung weiter wünschten, dürften eigentlich die Restitution (Rückerstattung geraubter Kulturgüter) nicht unterstützen. Zur Begründung führt er Bürgerkriege, Aufstände dschihadistischer Gruppen in Nigeria sowie die "unrühmliche" Rolle Nigerias bei der Christenverfolgung, Korruption und die Bevölkerungsexplosion an. Da er allerdings wenig oder gar keine Bezüge zur abendländischen Kultur sieht, kündigt er Stimmenthaltung an.

Dieser Erklärung wird mit großem Nachdruck durch StR Roth (90/GRÜNE), StR Sauer (CDU), StRin Meergans (SPD), StR Urbat (Die FrAKTION LINKE SÖS PIRATEN Tierschutzpartei) und StRin Schumann (PULS) widersprochen. Dabei werden folgende Punkte angesprochen:
- Die Objekte wurden 1897 durch Großbritannien geplündert, und das Lindenmuseum hat diese im Jahr 1899 erworben. Unserer Gesellschaft steht es angesichts des begangenen Unrechts gut an, die Bronzen zurückzugeben (StR Roth).
- In Benin-Stadt ist ein eigenes Museum für diese Objekte geplant (StR Roth, StR Sauer).
- Im Lindenmuseum sind die räumlichen und klimatischen Bedingungen für die Bronzen auch nicht perfekt (StR Roth).
- Es handelt sich nachgewiesenermaßen um Raubkunst (StR Sauer).
- Die lange Dauer solcher Restitutionsverfahren ist unbefriedigend (StRin Meergans).
- Wenn man im Besitz geraubter Gegenstände ist, muss deren Rückgabe selbstverständlich sein (StRin Meergans, StRin Schumann).

Als Kulturbürgermeister ergänzt EBM Dr. Mayer, die Argumentation, dass die Länder, die Kunstgegenstände geraubt oder von Räubern erworben haben, nun erklärten, diese Objekte "sind bei uns am sichersten aufgehoben", sei mindestens als problematisch einzustufen. Die Plünderung im Jahr 1897 sei bestens dokumentiert. Es gehe um 1.100 Artefakte in ganz Deutschland. Neben dem Lindenmuseum beteiligten sich an der Restitution ethnologische Museen in Leipzig, Dresden, Köln, Hamburg und Berlin. Zudem würden sich (noch) europäische Partner anschließen. Von den 70 Artefakten des Lindenmuseums sei immer nur ein Teil ausgestellt. Ein nicht unerheblicher Teil der Artefakte werde wie bei anderen Museen im Rahmen einer Leihvereinbarung in Stuttgart verbleiben. Künftig könnten diese Artefakte dann auf einer soliden rechtlichen Grundlage gezeigt werden. Diese wunderbaren, ethnisch wertvollen Schätze würden somit in der Welt sichtbar bleiben.

Abschließend stellt EBM Dr. Mayer fest:

Der Verwaltungsausschuss beschließt einstimmig bei 1 Stimmenthaltung wie
beantragt.

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