Landeshauptstadt Stuttgart
Referat Soziales/Jugend und Gesundheit
Gz: SJG
GRDrs 1159/2015
Stuttgart,
11/04/2015



Haushalt 2016/2017

Unterlage für die 1. Lesung des Verwaltungsausschuss zur nichtöffentlichen Behandlung am 13.11.2015



Einkommensgrenzen der Bonuscard endlich anpassen
- Zunehmende Altersarmut


Beantwortung / Stellungnahme

In den letzten Jahren verschlechterte sich die personelle Einkommensverteilung in Deutschland. Von diesen Einkommensungleichheiten sind vor allem ältere Menschen, alleinerziehende Frauen und Haushalte mit Migrationshintergrund betroffen. Auswirkungen gibt es in allen Lebensbereichen, vor allem aber ist das dadurch ausgelöste Armutsrisiko beachtlich.

Am Jahresende 2013 bezogen in Deutschland rund 499.000 Personen ab 65 Jahren Leistungen der Grundsicherung nach dem 4. Kapitel des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII). Diese Zahl stieg im Vergleich zum Vorjahr um 7,4 % (Quelle: Statistisches Bundesamt, Berlin, 2014).

Im Jahr 2013 bezogen in der Landeshauptstadt Stuttgart 4.536 Einwohnerinnen und Einwohner Leistungen der Grundsicherung; im Jahr 2012 waren es 4.267 Einwohnerinnen und Einwohner. Dies bedeutet gegenüber dem Vorjahr eine Steigerung um 6,9 % (vgl. Sozialdatenatlas der Landeshauptstadt Stuttgart 2013 und eigene Berechnungen des Sozialamts).

Verschiedene Gründe sprechen für einen künftigen Anstieg der Armut im Alter. Unterbrochene Erwerbsbiografien und prekäre Beschäftigungsverhältnisse nehmen zu und haben Auswirkungen auf das verfügbare Einkommen im Alter. Armut im Alter geht für die Betroffenen mit Einschränkungen in nahezu allen Lebensbereichen einher.

Zur Milderung von Altersarmut leistet die Landeshauptstadt Stuttgart u. a. mit der Bonuscard, der Förderung der Begegnungsstätten für Ältere und der Initiierung von Quartiersprojekten einen wirksamen Beitrag. Die Maßnahmen unterstützen armutsgefährdete ältere Menschen finanziell bzw. fördern deren Teilhabe am Leben in der Gesellschaft.


Die Sozialverwaltung plant in Begegnungsstätten für Ältere mit dem Modul „Aufsuchende Arbeit“ die Inklusion von älteren Menschen mit persönlichen und/oder sozialen Schwierigkeiten (vgl. GRDrs 225/2015 „Weiterentwicklung der Arbeit der Begegnungsstätten für Ältere in der Landeshauptstadt Stuttgart“). Über dieses Modul sollen vor allem Menschen mit geringem Einkommen erreicht werden.

Um weitere Maßnahmen zur Milderung von Altersarmut zu entwickeln, kann ein Beteiligungsprozess durch das Sozialamt initiiert werden, an dem Beratungsdienste für ältere Menschen (Bürgerservice Leben im Alter, Gerontopsychiatrische Dienste), Begegnungsstätten, andere soziale Dienstleister und Betroffene mitwirken. Die Stadtteile, die einen höheren Anteil von Grundsicherungsempfängern aufweisen, sind über den Sozialdaten-atlas und das Sozialmonitoring bereits identifiziert und können in den Beteiligungsprozess mit einbezogen werden. Bereits mit dem Alterssurvey 2012 haben das Sozialamt und das Gesundheitsamt einen erfolgreichen Beteiligungsprozess, auch im Hinblick auf Altersarmut, für ältere Menschen durchgeführt. Der Alterssurvey 2012 macht deutlich, dass die Befragten, die mit einem Einkommen auf Grundsicherungsniveau leben, in allen Lebensbereichen eingeschränkter sind, als die nicht armutsgefährdeten Stuttgarterinnen und Stuttgarter. Besonders für die Bereiche Wohnen, soziale Netzwerke, Altersvorsorge und Gesundheit wird dies sichtbar.

Das Jugendamt führte im Jahr 2008 im Rahmen der Arbeitsgruppe „Stuttgarter Netze für alle Kinder“ einen Beteiligungsprozess durch, aus dem Maßnahmenvorschläge abgeleitet wurden, u. a. Anpassung der Einkommensgrenze für die Bonuscard-Bezieher/-innen und Gebührenbefreiung für Kindertagesbetreuung für Kinder aus Familien mit Bonuscard-Berechtigung (vgl. GRDrs 700/2009 „Stuttgarter Netze für alle Kinder“).

Für die Optimierung der Wirkung der Bonuscard ist eine Nutzerbefragung der Bonuscard-Berechtigten ab 50 Jahren sinnvoll (z. B. Informationskampagnen in Begegnungsstätten für Ältere, Tafelläden). Maßnahmen könnten abgeleitet werden, um die Hemmschwelle bei den älteren Menschen (Stichwort: „verschämte Altersarmut“), die eine Berechtigung für die Bonuscard haben, diese aber noch nicht in Anspruch nehmen, zu überwinden.

Finanzielle Mittel für die Durchführung eines Beteiligungsprozesses und die Nutzerbefragung der Bonuscard-Berechtigten ab 50 Jahren sind in Höhe von 15.000 EUR erforderlich.



Vorliegende Anträge/Anfragen

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574/2015, Ziffer 3 (SPD)




Isabel Fezer
Bürgermeisterin




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