Landeshauptstadt Stuttgart
Oberbürgermeister
Gz: S/OB
GRDrs 1165/2017
Stuttgart,
10/26/2017



Haushalt 2018

Unterlage für die 1. Lesung des Verwaltungsausschuss zur nichtöffentlichen Behandlung am 06.11.2017



Modal Split erheben - verkehrspolitischen Blindflug beenden

Beantwortung / Stellungnahme

Die Erhebung eines aktuellen Modal Split wird ausdrücklich begrüßt. Eine direkte Finanzierung durch die Landeshauptstadt Stuttgart wird allerdings abgelehnt.

Das Datenmaterial des aktuellen Modal Split stammt aus dem Jahre 2009/2010. Dieser Modal Split ist auch Grundlage des Verkehrsentwicklungskonzeptes der Landeshauptstadt Stuttgart (VEK 2030). Datenbasis ist das Verkehrsmodell des Verband Region Stuttgart (VRS), dass insbesondere den überregionalen Verkehr erfasst und abbildet. Ergänzend dazu hat die Stuttgarter Straßenbahnen AG (SSB) seinerzeit mit eigenen Mittel die Stichprobe der dazugehörigen Haushaltsbefragung in der Landeshauptstadt Stuttgart verdichtet, sodass Aussagen zum Modal Split für die Landeshauptstadt Stuttgart vergleichsweise valide waren. Der VRS nutzt das Verkehrsmodell primär als Grundlage für die Bewertung überörtlich bedeutsamer Infrastrukturplanungen in Zusammenhang mit der Fortschreibung des Regionalverkehrsplans. Angesichts der Umsetzungszeiträume solcher Planungen von 10 und mehr Jahren ist es nachvollziehbar und verständlich, dass der VRS diese Datenbasis nicht jährlich fortschreibt.

Auch beabsichtigt der VRS auf Sicht gesehen nicht, eine Datenerhebung im vergleichbaren Umfang durchzuführen. Dies erfolgt aus Sicht des VRS erst wieder zur erneuten Fortschreibung des Regionalverkehrsplanes (die aktuelle Fassung befindet sich derzeit in der Anhörungsphase). Bis dahin wird der vorhandene Modal Split den weiteren Planungen zugrunde gelegt.

Dieser Umstand ist Anlass für Überlegungen des Verkehrs- und Tarifverbund Stuttgart (VVS) und der Stuttgarter Straßenbahn AG (SSB), für eigene planerische Zwecke ggf. eine Fortschreibung der regionalen Datenbasis in Gänze oder für den Kernbereich der Region vornehmen zu lassen. Während das Verkehrssegment ÖPNV über vorhandene Fahrgasterhebungen vergleichsweise einfach fortzuschreiben wäre und der motorisierte Individualverkehr mit Hilfe von Belastungsdaten von automatischen Zählstellen oder manuellen Erhebungen aktualisiert werden könnte, würde dies bei den anderen Verkehrsarten zwingend die Durchführung von Haushaltsbefragungen voraussetzen. Dies verteuert eine Datenaktualisierung erheblich und würde auch den Zeitbedarf deutlich vergrößern. Selbst bei optimalen Abläufen würden Resultate kaum vor 2020 vorliegen. Sofern die Ergebnisse eines erneuerten Verkehrsmodells mit denen der vorhandenen Version vergleichbar sein sollen, besteht jedoch hinsichtlich der methodischen Vorgehensweise kaum ein Spielraum.

Bei SSB und VVS steht die Diskussion über ein solches Projekt, auch mit den Verbundpartnern, noch ganz am Anfang. Zweifellos könnte ein direktes finanzielles Engagement der Landeshauptstadt Stuttgart die Entscheidung für eine Datenaktualisierung erleichtern. Bei einer umfassenden Fortschreibung des regionalen Verkehrsmodells einschließlich einer Haushaltsbefragung wäre im Endeffekt aber wohl mit Gesamtkosten in Millionenhöhe zu rechnen.

Alternativ dazu wäre denkbar, dass sich die Landeshauptstadt Stuttgart künftig an bundesweit durchgeführten Mobilitätserhebungen mit einer lokalen Verdichtung der Stichprobe der zugehörigen Befragungen beteiligt. Damit wären Ergebnisse für die gesamtstädtische Mobilität kostengünstiger zu erhalten. Zur Auswahl stehen hier die Erhebungen „Mobilität in Deutschland“ (MiD) oder „Mobilität in Städten“ (SrV). Erhebungen im Rahmen der SrV werden alle 5 Jahre durchgeführt, wobei die nächste Erhebungswelle für 2018 terminiert ist. Um daran teilzunehmen, hätte die Landeshauptstadt allerdings bereits im Jahr 2016 Interesse bekunden müssen. Die letzte Erhebung nach dem MiD-Schema hat in diesem Jahr stattgefunden. Die SSB hat dabei eine Aufstockung der Befragungsstichprobe um 500 Haushalte in der Landeshauptstadt Stuttgart finanziert, Ergebnisse daraus werden voraussichtlich in 2018 vorliegen. Neben einem Basisbericht zur Mobilität in Stuttgart werden vertiefte Zusatzauswertungen für die Themen ÖPNV, Radverkehr, Multimodalität und Einpendler erstellt. Die Ergebnisse können aufgrund der Stichprobengröße nach etwa fünf „Stadtregionen“ räumlich differenziert dargestellt werden. Der Turnus der MiD-Erhebungen ist jedoch relativ unstetig, vor 2017 fand die letzte Erhebung in 2008 statt (seinerzeit ohne Stuttgarter Beteiligung). Zum Termin des nächsten Erhebungsprojekts gibt es noch keine Aussagen.

Aussagen zur Veränderung des Modal Split sind strenggenommen nur zwischen zwei Erhebungen gleicher Methodik zulässig. Unterschiedliche (Teil-) Erhebungen können daher aufgrund der fehlenden Vergleichbarkeit der Ausgangs- und Ergebnisdaten nicht zu einem aktuellen/neuen Modal Split zusammengebaut werden. Daraus einen Rückschluss auf die Veränderung des gesamten Modal Split zu ziehen ist daher äußerst schwierig und mitunter äußerst fragwürdig.

Unabhängig vom Modal Split aus externen Datenbasen führt das Statistische Amt der Landeshauptstadt Stuttgart alle zwei Jahre eine repräsentative Haushaltsbefragung zum Thema Verkehr und Mobilität durch. Die Ergebnisse der Befragung 2017 liegen zwischenzeitlich vor und wurden entsprechend veröffentlicht. Auch aus diesen Haushaltsbefragungen lassen sich im Vergleich zu den Vorerhebungen mögliche Mobilitätsverlagerungen und Verhaltensänderungen ablesen. Bei dieser Form der Datengewinnung ist die Landeshauptstadt Stuttgart zudem von Terminplanungen Dritter nicht abhängig.

Die Fortschreibung und Pflege des regionalen Verkehrsmodells liegt in der Zuständigkeit des VRS. Für die Erhebung der dem aktuellen Modal Split zugrundeliegenden Daten wurden seinerzeit vom VRS rund 300.000 € aufgewendet.

Von Seiten der Stadtverwaltung wird vorgeschlagen, gemeinsam mit SSB und VVS, beim VRS darauf zu drängen, dass dieser in näherer Zukunft eine aktuelle Datenerhebung zur Fortschreibung des regionalen Verkehrsmodells veranlasst, um daraus einen neuen Modal Split für die Landeshauptstadt Stuttgart und die Region ableiten zu können. Die Finanzierung dieser Erhebung bzw. Fortschreibung ist Aufgabe des VRS und soll durch diesen erfolgen.

Fritz Kuhn

Oberbürgermeister



Vorliegende Anträge/Anfragen

892/2017 - Fraktionsgemeinschaft SÖS-LINKE-PluS




Fritz Kuhn



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