Landeshauptstadt Stuttgart
Referat Allgemeine Verwaltung/Kultur und Recht
Gz: AKR
GRDrs 541/2020
Stuttgart,
06/29/2020



Maßnahmenkatalog Nothilfe-Förderfonds Kultur



Beschlußvorlage
Vorlage an
    zur
SitzungsartSitzungstermin
Ausschuss für Kultur und Medien
Verwaltungsausschuss
Beratung
Beschlussfassung
öffentlich
öffentlich
30.06.2020
08.07.2020



Beschlußantrag:

Der Gemeinderat hat auf Grundlage von GRDrs 439/2020 2,92 Millionen EUR für geförderte Kultureinrichtungen der Stadt Stuttgart bereitgestellt, um existenzgefährdende coronabedingte Belastungen, die in der ersten Jahreshälfte entstanden sind, abzumildern. Zusätzlich wurden 80.000 EUR zur Aufstockung des Live Music Fonds beschlossen, sodass insgesamt 160.000 EUR zur Ausschüttung an Live-Musik Spielstätten und Veranstalter*innen zur Verfügung stehen.

1. Die Ausschüttung an geförderte Kulturinstitutionen erfolgt in zwei Tranchen und umfasst in der ersten Tranche ein Volumen von insgesamt 1 Mio. EUR. Der Gemeinderat nimmt die unter Punkt eins der Begründung aufgeführten Zuwendungsempfänger zur Kenntnis. Die Erhöhung des Live Music Fonds um 80.000 EUR wird mit Hilfe einer zweiten Ausschreibungsrunde an Clubs und Veranstalter*innen ausgeschüttet.

2. Angesichts der bis auf weiteres geltenden Abstandsregelungen können viele Stuttgarter Kultureinrichtungen ihrem öffentlichen Auftrag nicht nachkommen. Um das öffentliche Kulturleben Stuttgarts trotz Zuschauerbeschränkungen wieder zu beleben, werden corona-konforme Spielstätten gemeinsam genutzt: Die Landeshauptstadt Stuttgart bezuschusst Spielstätten mit insgesamt bis zu 360.000 EUR zur Subventionierung der Mietkosten von städtisch geförderten Kulturanbietern mit bis zu 2.000 EUR/Veranstaltung.

3. Analog zur Aufstockung des Live Musik Fonds werden weitere 80.000 EUR aus dem Nothilfe-Förderfonds für ein dreimonatiges Stipendium von 21 freischaffenden Künstlerinnen und Künstlern Stuttgarts zur Verfügung gestellt. Freiberuflich produzierende Kunst- und Kulturschaffende gehören, ebenso wie Live-Musik Veranstaltende, zu den mit am stärksten von der Corona-Krise betroffenen Berufsgruppe. Sie müssen ihr Profil und damit Strategien hinsichtlich (Ko-)Produktion, Vermittlung und Zielgruppen neu ausrichten.

4. Bei geförderten Kulturinstitutionen werden gemäß Ziffer vier der Begründung während der Corona-Krise Zahlungen von Ausfallhonoraren als zuwendungsfähige Kosten anerkannt.

5. Die Aufwendungen in Höhe von 1,52 Mio. EUR werden im Teilergebnishaushalt 2020 THH 410 – Kulturamt, Amtsbereich 4102811 – Kulturförderung, Kontengruppe 43100 – Zuweisungen und Zuschüsse für laufende Zwecke gedeckt. Die Mittelbereitstellung (insgesamt 3,0 Mio. EUR) erfolgt im Nachtragshaushalt 2020.


Begründung:


1. Nothilfe Förderfonds der Stadt Stuttgart

Das Antragsvolumen für den Nothilfe Förderfonds beläuft sich auf 4,8 Millionen EUR von 45 Antragstellern.
In einer ersten Tranche schüttet das Kulturamt eine Mio. EUR für die dringlichsten Fälle aus: vier geförderte Kultureinrichtungen erhalten das beantragte Volumen (1), in den anderen 16 Fällen reduziert sich die Förderung, da andere öffentliche Zuwendungsgeber vorhanden sind (2) bzw. vorhandene Rücklagen eingesetzt werden können (3). Alle Förderungen werden als Fehlbedarfsfinanzierung gewährt und zusammen mit dem Jahresabschluss geprüft.

Kultureinrichtung
Nothilfe beantragt
Förderung gewährt
Grund
Reduzierung
Theaterhaus
625.000 €
417.000 €
2
Schauspielbühnen (AS + Komödie)
250.000 €
187.500 €
2
Varieté
153.216 €
115.000 €
3
Kunstverein Wagenhallen Verwaltung gGmbH
87.000 €
87.000 €
1
Filmbüro Baden-Württemberg, Indisches Filmfestival
49.000 €
36.750 €
2
Rosenau
56.000 €
26.800 €
2
Württembergischer Kunstverein
27.750 €
18.593 €
2
JES
25.000 €
17.000 €
2
Ensemble Materialtheater
20.000 €
16.460 €
3
Stuttgarter Künstlerhaus
13.300 €
13.300 €
1
Theater Tredeschin
17.500 €
11.915 €
2
Theater Atelier
10.000 €
10.000 €
1
Theater in der Badewanne
10.850 €
9.765 €
2
Aktion Bildungsinformation
53.000 €
7.420 €
entsprechend Zuschussberechnung
Stuttgarter Hymnus-Chorknaben
10.000 €
7.247 €
2
Ausdrucksreich
7.950 €
6.000 €
3
Theater am Faden
5.000 €
4.250 €
2
Jazz-Initiative Stuttgart
6.360 €
4.000 €
2
Eurythmeum
10.000 €
2.000 €
2 und 3
Stuttgarter Choristen
2.000 €
2.000 €
1
Summe: 20
1.000.000 €
Darüber hinaus liegen Anträge von weiteren Einrichtungen vor, die derzeit noch geprüft werden. Hierzu zählen die Volkshochschule Stuttgart (vhs), Vereine aus dem Bereich der Laienmusik, Il Gusto Barocco, das Literaturhaus, O-Team und das Deutsch-Türkisches Forum. Eine Handvoll Antragssteller erhalten keine Förderung aus dem Nothilfe Förderfonds aufgrund auskömmlicher Rücklagensituation oder bereits gewährten Investitionskostenzuschüssen. Die Verwaltung prüft derzeit, ob der vhs ein Sonderzuschuss außerhalb des Nothilfefonds gewährt werden kann (siehe dazu auch Antrag 249/2020 „Gibt es ein Management für die VHS“ der Gemeinderatsfraktionen CDU und Freie Wähler sowie Antrag 255/2020 „Der vhs aus der Corona-Kirse helfen…“der Gemeinderatsfraktionen B`90/DIE GRÜNEN, SPD, FDP und PULS).

Die Ausschreibung und Abwicklung des in diesem Jahr neu eingerichteten Live-Music-Fonds wurde aufgrund der Corona-Pandemie zeitlich verkürzt. In der ersten Vergaberunde des Live Music Fonds Stuttgart Ende Mai hatten 22 Veranstalter*innen eine Förderung erhalten. Durch die Aufstockung des Förderfonds auf insgesamt 160.000 EUR wird mit einer zweiten Ausschreibungsrunde weiteren Clubs und Veranstalter*innen die Chance gegeben, Gelder gemäß Förderrichtlinien zu beantragen. Diejenigen, die auch in der ersten Runde Gelder beantragt hatten, müssen keine weiteren Unterlagen einreichen.


2. Gemeinsame Nutzung corona-konformer Spielstätten im Sommer

Für viele Stuttgarter Kultureinrichtungen gilt: eine Wiederöffnung unter geltenden Sicherheits- und Hygieneregelungen ist teurer als der bisherige komplette Shutdown. Auditorien können nur mit bis zu 25 – 30 % Auslastung genutzt werden. Eine Auswertung der Anzahl geförderter Veranstaltungen im Jahr 2019 weist für die Monate Juli, August und September insgesamt 600 Konzerte und Programme im Bereich Darstellende Kunst auf. 300 davon fanden im Juli 2019 statt. Demgegenüber sind für Juli 2020 im gleichen monatlichen Veranstaltungsmagazin nur 81 Programme aufgeführt.

In Gesprächen mit verschiedenen Veranstaltungsstätten wurden Möglichkeiten für Stuttgarter Kulturschaffende eruiert, corona-konforme Räume gemeinsam zu nutzen und Synergien zu schaffen. Es zeigt sich, dass oft die Mietkosten pro Veranstaltung für kleinere Veranstalter zu hoch sind, während für größere Veranstalter die vorgegebene maximale Besucherkapazität nicht ausreicht, um wirtschaftlich arbeiten zu können.

Ein Mietkostenzuschuss in Höhe von bis zu 2.000 EUR/Veranstaltung für Stuttgarts gemeinnützige Kulturanbieter soll diese befähigen, ihren öffentlichen Auftrag umsetzen zu können und Kultur wieder erlebbar zu machen. Je nach Spielstätten und benötigter Technik variieren die Kosten pro Veranstaltung zwischen 1.000 und 4.200 EUR. Die Umsetzung des Mietkostenzuschusses erfolgt durch eine einmalige Zuwendung an die Spielstätten. Diese übermitteln bis zum 15. Juli ihre Disposition (inklusive vereinbarter Mietkostenhöhe) für die Monate Juli, August und September an das Kulturamt. Grundsätzlich zuwendungsfähig sind Veranstaltungen von Anbietern, die von der Landeshauptstadt Stuttgart gefördert werden. Somit können grundsätzlich auch Aufführungen gastspielender Gruppen oder Einzelkünstler*innen bezuschusst werden, soweit diese von einer geförderten Stuttgarter Kultureinrichtung ins Programm aufgenommen wurden. Nach Prüfung der zuwendungsfähigen Veranstaltungen und einer angemessenen Aufteilung erhalten die Spielstätten entsprechende Zuschüsse in einer Höhe von insgesamt bis zu 360.000 EUR, die mit den zu erhebenden Mietkosten gegenzurechnen sind. Die Kulturanbieter werden über die Zuschüsse informiert. Eine Übersicht möglicherweise geeigneter Spielstätten wird im Ausschuss für Kultur und Medien am 30. Juni präsentiert.

Die Stadt Stuttgart schließt bzw. ergänzt mit dem Mietkostenzuschuss eine Lücke in existierenden Hilfsprogrammen: Das „NEUSTART“-Förderprogramm des BKM bezuschusst Corona-bedingte Investitionen in Kultureinrichtungen. „Kultur Sommer 2020“ des Landes Baden-Württemberg, über dessen zweite Ausschüttung am 10. Juli 2020 entschieden wird, fördert Gagen und Honorare bei Engagements von Künstler*innen. Von den in der ersten Tranche ausgeschütteten 1 Mil. EUR fließen insgesamt 174.00 EUR an fünf Stuttgarter Kultureinrichtungen. Das Förderprogramm ist mit 2,5 Mil. EUR dotiert.

Veranstaltungen die in den, soweit vorhanden, eigenen Spielstätten unter geltenden Corona-Auflagen durchgeführt werden können, werden nicht bezuschusst. Diese werden bereits durch den institutionellen Zuschuss der Stadt Stuttgart mitfinanziert.


3. Stipendium „10qm / Corona Katalyse“ für Freischaffende Künstlerinnen und Künstler

Analog zur Aufstockung des Live Musik Fonds werden weitere 80.000 EUR aus dem Nothilfe Förderfonds für freischaffende Künstlerinnen und Künstler Stuttgarts zur Verfügung gestellt. Leidtragende der Corona-Krise sind neben den Kulturinstitutionen vor allem die Kunst- und Kulturschaffenden, die als Freiberufler produzieren. Gastauftritte, Tourneen, Biennalen, Festivals sind abgesagt, im besten Fall verschoben. Abgesehen von den ausbleibenden Gagen liegt auch das Netzwerk weitgehend brach, der Austausch mit anderen Künstler*innen lässt sich nur bedingt in den virtuellen Raum überführen. Die Kalender wurden während des Veranstaltungsverbots leergefegt, da aber größere Folgeaufträge oft noch ausbleiben, droht sich die Leere zu verstetigen.

Was wird mit dem Kulturbetrieb? Wie bleibt künstlerische Produktion trotz Abstand mit dem Publikum in Kontakt? Wie kann zeitgenössische Kunst ohne Beteiligung bleibende Erfahrungen vermitteln, wie ein zum Sitzen verdammtes Publikum vom Hocker reißen? Um diesen und ähnlichen Fragen nachzugehen, lanciert das Kulturamt der Stadt Stuttgart das Künstler*innen-Stipendium “10qm / Corona Katalyse“. Insgesamt 21 Künstler*innen erhalten für eine Dauer von drei Monaten je 1.200 EUR monatlich. Damit können Konsequenzen der COVID-19 Pandemie für die eigene künstlerische Tätigkeit konstruktiv reflektiert und im Dialog mit dem Kulturamt, Kooperationsmöglichkeiten und zukunftsfähige Anreizeffekte der Kulturförderung entwickelt werden. Die Fachjury des Förderfonds „Entwicklungstreiber“ wählt in Zusammenarbeit mit dem Kulturamt die Stipendiat*innen aus. Bestandteil einer gewährten Förderung sind zwei Arbeitstreffen im Förderzeitraum, die den Austausch über das Vorgehen ermöglichen.


4. Zuwendungsfähige Kosten während der Corona-Krise

a) Aufstockung Kurzarbeitergeld bei geförderten Kulturinstitutionen

Die von der Stadt geförderten Kulturinstitutionen wurden vom Kulturamt darauf hingewiesen, dass neben der Prüfung potentieller Kosteneinsparung zur Reduzierung des auflaufenden Defizits durch Einnahmeausfälle, vorrangig staatliche Hilfen, u. a. die Beantragung von Kurzarbeitergeld zu prüfen sind, bevor eine Nothilfe durch die Stadt in Anspruch genommen werden kann.

Die Bundesagentur für Arbeit gewährt in der derzeitigen Corona-Krise Kurzarbeitergeld in Höhe von 60 % bzw. 67 % (für Beschäftigte mit Kindern), ab dem vierten Monat kann unter bestimmten Voraussetzungen eine Aufstockung auf 70 % bzw. 77 % erfolgen. Ab dem vierten Bezugsmonat soll es eine Aufstockung geben, die sich ab dem siebten Monat nochmals erhöht, auf dann 80 % beziehungsweise 87 %.

Da gerade Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter geförderter Kulturbetriebe ohnehin ein vergleichsweise geringes Einkommen haben, ist es ein Anliegen der Institutionen, das von der Bundesagentur gewährte Kurzarbeitergeld für ihre Beschäftigten aufzustocken.

Einige der betroffenen Institutionen erhalten eine institutionelle Förderung durch das Land BW. Dort hat das Finanzministerium grundsätzlich eine Aufstockung des Kurzarbeitergelds genehmigt, wenn der kommunale Zuwendungsgeber eine solche anerkennt und seinerseits unterstützt.

Bei geförderten Institutionen, die durch anderweitige Kosteneinsparungen und/oder Mehreinnahmen aus Spenden und Sponsoring und ohne zusätzliche Zuwendungen (Nothilfe) im Jahr 2020 eine Aufstockung des Kurzarbeitergelds auf 100 % bewältigen können, wird dieses förderseitig toleriert.

Für alle anderen institutionell geförderten Einrichtungen wird eine Aufstockung des Kurzarbeitergelds auf 95 % bzw. 90 %, entsprechend der Regelungen im TV COVID, öffentlicher Dienst VKA-Verdi und gemäß Einigung des Deutschen Bühnenvereins mit den Künstlergewerkschaften unterstützt. Hier gilt zusätzlich im NV Bühne eine besondere soziale Komponente mit Aufstockung auf 100 % für künstlerische Beschäftigte mit geringer Gage.

b) Ausfallhonorare

Da vielen Künstler*innen durch Honorarverluste ein Großteil des regelmäßigen Einkommens weggebrochen ist, wird die Zahlung von Ausfallhonoraren seitens der Stadt Stuttgart bei entsprechender vertraglicher Regelung als zuwendungsfähige Kosten anerkannt. Liegen keine entsprechenden vertraglichen Regelungen vor, richtet sich die Stadt Stuttgart grundsätzlich nach der Handhabung des BKM aus dem April 2020. Wenn ein Engagement bis zum 15. März 2020 vereinbart wurde, „kann ein Ausfallhonorar von bis zu 60 % des Nettoentgelts zuwendungsrechtlich anerkannt werden. Bei Gagen über 1.000 EUR können Künstler*innen max. 40 % des Nettoentgelts erhalten, die Obergrenze des Ausfallhonorars liegt bei 2500 EUR“
.

Finanzielle Auswirkungen


Zuwendungsempfänger / MaßnahmeBetrag
1. Geförderte Kultureinrichtungen sowie
Live-Musik Spielstätten / Aufstockung Live Music Fonds
1.000.000 EUR 80.000 EUR
2. Mietkosten Corona-konformer Spielstätten
360.000 EUR
3. Freiberufliche Künstler*innen / Stipendien
80.000 EUR
vorzuhaltende Nothilfen
1.480.000 EUR



Beteiligte Stellen

Referat WFB

Vorliegende Anträge/Anfragen

keine

Erledigte Anträge/Anfragen

keine



Dr. Fabian Mayer
Erster Bürgermeister


Anlagen

Anlage: Ausschreibung "10qm / Corona Katalyse" Künstler*innen Stipendium 2020

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