Landeshauptstadt Stuttgart
Referat Allgemeine Verwaltung und Krankenhäuser
Gz: AK
GRDrs 1174/2015
Stuttgart,
11/06/2015



Haushalt 2016/2017

Unterlage für die 1. Lesung des Verwaltungsausschuss zur nichtöffentlichen Behandlung am 09.11.2015



Der Focus-Aktionsplan Inklusion - Prioritäten der Bearbeitung oder weiteres Zuwarten?

Beantwortung / Stellungnahme

Der Antrag 570/2015 SPD sieht u.a. vor, dass zu den Haushaltsplanberatungen Berichte vorgelegt werden. Zu Punkten 3 und 4 wird wie folgt Stellung genommen:

Zu Pkt.3 - Welche Überlegungen gibt es, bei der Stadt die Zahl der Arbeitsplätze für Menschen mit Handicap zu erhöhen und auch Teilzeitausbildung in der Verwaltung und den Eigenbetrieben zu ermöglichen? (Stadt als Vorbild) -

Die Schwerbehindertenquote bei der Landeshauptstadt beträgt derzeit 6,13% (Verwaltung 6,85%). Darunter sind einige Menschen mit wesentlicher Behinderung. Die große Mehrzahl der Schwerbehinderten erbringt auf ihrem Arbeitsplatz trotz ihrer Behinderung die volle Leistung.

Zum Stellenplan 2014 wurden insgesamt 5 Stellen für Inklusion und für einen Stellenpool zum Ausgleich von Leistungsminderungen geschaffen. Zwei Stellen wurden für die Inklusion vorbehalten. Die verbleibenden 3 Stellen werden für Beschäftigte mit dauerhaften Leistungseinschränkungen zur Verfügung stehen. Diese Beschäftigten (darunter auch Beschäftigte mit wesentlichen Behinderungen) können wegen ihrer gesundheitlichen Situation nicht oder nicht mehr uneingeschränkt an ihrem bisherigen Arbeitsplatz eingesetzt werden. Durch das Instrument wird verhindert, dass Beschäftigte mit entstehender wesentlicher Behinderung wegen der damit verbundenen Leistungseinschränkungen ihren Arbeitsplatz verlieren oder ins Abseits geraten. Es wird damit auch verhindert, dass für die Kolleginnen und Kollegen Mehrbelastungen aus dem Einsatz von Beschäftigten mit Leistungsminderung entstehen. Im Hinblick auf die in erster Linie zu erfüllende Fürsorgepflicht gegenüber den Beschäftigten, sieht die Verwaltung hier den ersten und prioritären inklusiven Ansatzpunkt.


Außerdem führt das Jobcenter mit Förderung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales das Projekt „Barrierefrei in Erwerbstätigkeit in Stuttgart“ durch. Ein Teilprojekt befasst sich mit der Typisierung behinderungsgerechter Arbeitsplätze auch bei der Stadt Stuttgart selbst. In Kooperation mit dem Haupt- und Personalamt wird dabei geprüft, wo und wie Arbeitsplätze so eingerichtet und gestaltet werden können, dass Menschen mit wesentlichen Behinderungen dort leidensgerecht und ohne Leistungseinschränkung eingesetzt werden können.

Die Stadtverwaltung Stuttgart bietet derzeit in zwei Ausbildungsberufen Ausbildung in Teilzeit an und schreibt dies auch auf ihrer Homepage so aus. Ziel ist es, im Rahmen der Möglichkeiten, dies auch sukzessive auf weitere Ausbildungen anzuwenden. Ein ausführlicher Bericht zur Ausbildung, insbesondere in Bezug auf eine Ausweitung von Plätzen, ist im Personalbeirat am 01.12.2015 vorgesehen.


Zu Pkt. 4 - Welche Überlegungen gibt es, bei städtischen Ausschreibungen in der Angebotsbewertung Bonuspunkte für die Anbieter einzuführen, die vermehrt Menschen mit Handicap beschäftigen? -

Die Bestimmungen der EG-Vergaberichtlinien zu sozialen und umweltbezogenen Kriterien werden in Deutschland durch § 97 Absatz 4 Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen mit folgendem Wortlaut umgesetzt: „Aufträge werden an fachkundige, leistungsfähige sowie gesetzestreue und zuverlässige Unternehmen vergeben. Für die Auftragsausführung können zusätzliche Anforderungen an Auftragnehmer gestellt werden, die insbesondere soziale, umweltbezogene oder innovative Aspekte betreffen, wenn sie im sachlichen Zusammenhang mit dem Auftragsgegenstand stehen und sich aus der Leistungsbeschreibung ergeben (…)“.

Daraus ergibt sich, dass zwar eine ausschließliche Vergabe bzw. Bevorzugung von Unternehmen, die vermehrt Menschen mit Handicap beschäftigen, vergaberechtlich nicht möglich ist, soziale Kriterien aber durchaus im Rahmen einer Vergabe berücksichtigt werden können, sofern der Wettbewerb dabei nicht eingeschränkt wird.

Entsprechendes kann im Rahmen der Ausschreibung als Wertungskriterium in die Auswahl des Vertragspartners mit einfließen. Der Anbieter, der Menschen mit Handicap beschäftigt, erhält beispielsweise zusätzliche Punkte bei der Bewertung. Diese Punkte können vergeben werden, wenn der Anbieter als Einziger dieses Kriterium erfüllt. Wenn mehrere Anbieter dieses Kriterium erfüllen, besteht die Möglichkeit, einer differenzierten Punktevergabe, bei der der Anbieter mit der höchsten Beschäftigungsquote von Menschen mit Handicap die meisten Punkte erhält. Ein Anbieter, der dieses Kriterium nicht erfüllt, bekommt hingegen keine Punkte. Einzige Einschränkung ist, dass der Preis grundsätzlich mit mindestens 30 Prozent bei der Vergabeentscheidung zu werten ist.

Im Unterschwellenbereich unterliegen Justizvollzugsanstalten und Anstalten für behinderte Menschen als öffentliche Einrichtung nicht dem Vergaberecht. Eine Direktvergabe wäre hier möglich.





Vorliegende Anträge/Anfragen

570/2015 II Nr. 3 u. 4 SPD




Werner Wölfle
Bürgermeister