Protokoll: Verwaltungsausschuss des Gemeinderats der Landeshauptstadt StuttgartNiederschrift Nr.
TOP:
589
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VerhandlungDrucksache:
1368/2019
GZ:
OB
Sitzungstermin: 20.11.2019
Sitzungsart: öffentlich
Vorsitz: OB Kuhn
Berichterstattung:-
Protokollführung: Herr Häbe
Betreff: Silvesterveranstaltung auf dem Schlossplatz

Beratungsunterlage ist die Vorlage des Herrn Oberbürgermeisters vom 18.11.2019, GRDrs 1368/2019, mit folgendem

Beschlussantrag:

1. Der Durchführung einer Veranstaltung in der Silvesternacht 31.12.2019/ 01.01.2020 auf dem Schlossplatz mit voraussichtlichen Aufwendungen von 513.500 EUR wird zugestimmt.

2. Die in.Stuttgart Veranstaltungsgesellschaft mbH & Co. KG wird mit der Organisation und Durchführung der Veranstaltung beauftragt.

3. In Höhe der voraussichtlichen Aufwendungen von 513.500 EUR wird 2019 im Teilergebnishaushalt 200, Kontengruppe 43100 Zuweisungen und Zuschüsse für lfd. Zwecke, eine überplanmäßige Mittelbewilligung zugelassen.

Die Beratungsunterlage ist dem Originalprotokoll sowie dem Protokollexemplar für die Hauptaktei beigefügt.


In seiner Einführung trägt OB Kuhn vor, die Gefährdungslage insbesondere am Schlossplatz werde in der Silvesternacht von der Polizei noch nicht als hohe Sicherheitsbedrohung angesehen, aber die Situation unter Kontrolle zu halten, werde laut Polizei schwieriger. Wenn jemand am Silvesterabend den Schlossplatz besuche, wisse er, wovon die Rede sei. Ein Verbot im gesamten Stuttgarter Kessel oder im City-Innenbereich sei rechtlich nicht möglich. Das hier relevante Sprengstoffgesetz des Bundes gebe ein solches Verbot nicht her. Zur Entspannung der Situation, und dies sei mit der Polizei abgesprochen, könne eine Veranstaltung vorgesehen werden, in deren Bereich ein Feuerwerkskörperverbot erlassen werde. Die Polizei sehe sich in der Lage, eine solche Veranstaltung abzusichern. Beispielsweise soll verhindert werden, dass von außen Feuerwerkskörper in die Veranstaltung hinein abgefeuert werden.

Eine solche städtische Silvesterveranstaltung, organisiert von in.Stuttgart, werde vorgeschlagen. Wie bei Jazz Open solle der Bereich abgesperrt werden, und es sollen Einlasskontrollen stattfinden. Dies sieht der Vorsitzende als wichtiges Signal in puncto Sicherheit an. Ein Feuerwerkskörperverbot wie in der Tübinger Innenstadt sei in Stuttgart nicht möglich. In Tübingen werde ein solches Verbot durch den Brandschutz angesichts der vielen Fachwerkhäuser begründet. Für analoge Verbote in Städten wie Stuttgart müsse das Bundesgesetz geändert werden. Dies könne, wenn gewollt, reklamiert werden.

StRin Nuber-Schöllhammer (90/GRÜNE), StR Rockenbauch (Die FrAKTION LINKE SÖS PIRATEN Tierschutzpartei), StR Körner (SPD), StR Dr. Oechsner (FDP) und StR Walter (PULS) äußern sich zustimmend zu der Vorlage.

Demgegenüber spricht StR Kotz (CDU) von einer nicht sinnvollen Veranstaltung. Grundsätzlich werde von der CDU-Gemeinderatsfraktion ein Feuerwerksverbot als falsch angesehen. Silvesterfeuerwerke stellten eine Tradition dar. Unbestritten habe es in den letzten Jahren am Schlossplatz eine ungute Gefährdungslage gegeben. Er könne sich aber nicht vorstellen, dass durch eine solche Veranstaltung junge Erwachsene beispielsweise aus der Region sich anders als seither verhalten. Letztlich würden diese auf andere Flächen ausweichen/verdrängt. Daher gehe er nicht davon aus, dass die Veranstaltung vollumfänglich zu den gewünschten Auswirkungen führe. Entweder werde die Veranstaltung, vielleicht auch witterungsbedingt, schlecht besucht, oder sie werde gut besucht. Im letzten Fall seien dann aber Engpässe bei der Essens- und Getränkeversorgung zu erwarten, da lediglich vier Stände dafür vorgesehen seien. Zusammenfassend erklärt er, es liege kein sinniges Konzept vor, die Vorbereitungszeit sei zu kurz, und vor diesem Hintergrund würden die beantragten Finanzmittel als nicht angemessen angesehen. Für denkbar erachtet er, im nächsten Jahr Überlegungen für bessere Lösungsansätze zu entwickeln.

Da es sich um etwas Neues handelt, geht StR Rockenbauch von gewissen Umsetzungsschwierigkeiten aus. Des Weiteren nimmt er an, dass sich die Qualität zukünftig durch eine längerfristige Planung sowie durch Erfahrungswerte steigern lässt. Mit dem Geplanten werde man auch den aktuellen Klima-/Luftreinhalteerfordernissen gerecht.

Das Vorgeschlagene bezeichnet StR Körner als nicht ganz günstig, aber als einen Versuch, um den Schlossplatz in der Silvesternacht wieder für "normale Menschen" angstfrei begehbar zu machen. Es gehe, und damit stimmt er mit dem Vorsitzenden überein, bezogen auf den Schlossplatz nicht um die Feinstaubproblematik. Außer Frage stehe für die SPD-Gemeinderatsfraktion, dass private Feuerwerke weiterhin stattfinden könnten. Die Resultate der Veranstaltung müssten abgewartet werden.

Für StR Dr. Oechsner geht es nicht um Tradition oder Feinstaub, sondern darum, wie die Stadt mit einer Gefährdungsbeurteilung umgeht und welche Möglichkeiten es gibt, den Schlossplatz in der Silvesternacht angesichts der Entwicklungen der vergangenen Jahre wieder sicherer zu machen. Dafür sei der von der Verwaltung erarbeitete Vorschlag gut.

Die Presseberichterstattung in den vergangenen Tagen hat StR Schrade (FW) den Eindruck vermittelt, dass die geplante Veranstaltung ein Stück weit aus der Not geboren ist. Aufgabe der Stadt sei es nicht, eine solche Veranstaltung mit rund einer halben Million Euro durchzuführen. Seines Erachtens könnten diese Mittel an anderer Stelle besser und nachhaltiger eingesetzt werden. Befürchtet wird von ihm ebenfalls, dass Probleme, wie sie in den vergangenen Jahren auf dem Schlossplatz aufgetreten sind, in andere Bereiche der Innenstadt verdrängt werden. Das geplante Programm werde zudem nicht als "unbedingt massentauglich" bewertet.

Von StR Walter wird das Fehlen einer gesetzlichen Grundlage für eine größere Feuerwerkskörperverbotszone bedauert. Die EU-Grenzwerte für Feinstaub würden an Silvester massiv überschritten, und die Stadt habe nicht die Möglichkeit, dem entgegenzuwirken. Die Erfahrungen der letzten Jahre zeigten, dass es in der Silvesternacht auf dem Schlossplatz eine suboptimale Situation gebe. Vor diesem Hintergrund und mangels anderer Lösungsansätze sollte das Geplante getestet werden.

Die Diskussion, so der Vorsitzende, habe mit mehreren Treffen mit der Polizei über die Sicherheitslage begonnen. Dabei habe die Polizei dargestellt, dass die Sicherheitslage zwar schwierig sei, sie diese aber im Griff habe. Ebenfalls stelle sich die Polizei zu einer Veranstaltung wie die vorgeschlagene positiv, da sie im Zuge ihres Veranstaltungsschutzes das Umfeld so kontrollieren kann, dass von außen keine Feuerwerkskörper in die Veranstaltung hinein geworfen/abgefeuert werden könnten. Dieser Spielraum ergebe sich durch den bundesgesetzlichen Rahmen. Stadtpolitik funktioniere nicht so, dass alles, was nicht gelingen könne, angeführt werde, um dann im Falle eines Falles dem Oberbürgermeister die Schuld zu geben. Mit dem Verwaltungsvorschlag werde - gut abgesprochen mit der Polizei - Neuland betreten. Das eine oder andere könne sich dabei als schwierig erweisen.

Gegenüber StR Kotz erklärt der Oberbürgermeister weiter, die in.Stuttgart werde durch ihre große Erfahrung mit Veranstaltungen in der Lage sein, bspw. "leichte Alkoholika", darunter verstehe er Sekt, ohne große Warteschlagen entstehen zu lassen, auszuschenken.

Von Frau Koller (AföO) erhält StR Kotz die Information, dass die Wendemöglichkeiten für Busse und Taxis wie bei anderen Großveranstaltungen im Planiebereich vorgezogen werden sollen.

Aus anderen Städten, die Erfahrungen mit solchen Veranstaltungen haben, ist StR Kotz bekannt, dass die Programmvorbereitungen 12 Monate andauern. Ausgehend davon, dass mangels Beschluss bisher keine Künstler verpflichtet werden konnten, befürchtet er, dass Top-Künstler kaum mehr verpflichtet werden können. OB Kuhn kündigt einen Auftritt des Comedians Dodokay (Dominik Kuhn) an.

Für StRin Nuber-Schöllhammer muss die Umzäunung so gestaltet werden, dass sich die Menschen eingeladen fühlen. Ein Zaun, so StR Kotz, sei für ihn nie einladend. Laut OB Kuhn soll eine Umzäunung wie bei Jazz Open eingesetzt werden. Dies sei keine große Barriere, aber es werde deutlich gemacht, dass der Veranstaltungsbereich nur durch die dafür vorgesehenen kontrollierten Bereiche betreten werden kann. An StR Kotz gewandt präzisiert Frau Koller, ein Sichtschutz sei nicht vorgesehen. Außenstehende sollen die Möglichkeit haben, die innen stattfindende Show mitzuerleben. Die Detailabstimmung laufe derzeit.

Von StR Kotz wird zudem nachgefragt, ob in den Eingangsbereichen Alkoholtests vorgesehen sind und wie der Bezirksbeirat Mitte einbezogen werden soll.

Abschließend stellt OB Kuhn fest:

Der Verwaltungsausschuss beschließt bei 10 Ja- und 6 Gegenstimmen mehrheitlich wie beantragt.
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