Landeshauptstadt Stuttgart
Oberbürgermeister
Gz: 0605
GRDrs 1252/2017
Stuttgart,
10/27/2017



Haushalt 2018, 2019

Unterlage für die 1. Lesung des Verwaltungsausschuss zur nichtöffentlichen Behandlung am 06.11.2017



Den Tag der Kommunalwahl zum Stuttgart-Tag machen - für die kommunalpolitische Arbeit werben!

Beantwortung / Stellungnahme

Entsprechend dem obengenannten Antrag soll ein Konzept erarbeitet werden, mit dem die Bürger zur Beteiligung an der Kommunalwahl 2019 sowohl als Wählerin und Wähler, aber auch als Kandidatin oder Kandidat aufgefordert werden und mit dem für die kommunalpolitische Arbeit geworben wird. Begründet wird der Antrag damit, dass bei der Kommunalwahl 2014 die Wahlbeteiligung unter 50 % lag und dass das ehrenamtliche Engagement in vielen Bereichen nachlasse.

Zu berücksichtigen ist, dass bei einer eventuellen Kampagne die Neutralität der Stadtverwaltung und des Wahlamtes gewahrt bleibt. Insbesondere muss auch die wahlrechtlich relevante Chancengleichheit der Wahlvorschlagsträger gewahrt werden. Ob und welche Wirkung eine solche Kampagne entfaltet, kann im Voraus nicht abgesehen werden.

Die Wahlbeteiligung an der letzten Gemeinderatswahl 25. Mai 2014 markiert in Stuttgart mit 46,6 Prozent (-2,1 %-Punkte gegenüber 2009) einen Minusrekord. Auch in Baden-Württemberg fiel die Wahlbeteiligung auf das Rekordtief von 49,1 Prozent. Auch zu beachten ist die stark unterschiedliche Wahlbeteiligung in den 23 Stadtbezirken, die vom Schlusslicht Zuffenhausen (36,1 %) bis zum Spitzenplatz von Sillenbuch (57,7 %) reicht.

Interessant ist zudem, dass die Wahlbeteiligung bei der parallel durchgeführten Europawahl in Stuttgart von 52,3 auf 53,2 Prozent anstieg und auch die Beteiligung an der Wahl der Regionalversammlung in Stuttgart auf 52,4 Prozent gestiegen war. Aufgrund der unterschiedlichen Wahlrechtsvoraussetzungen der drei Wahlen ist davon auszugehen, dass es sich bei diesen gegenläufigen Tendenzen zum einen um einen Unionsbürgereffekt handelt (stark unterdurchschnittliche Wahlbeteiligung und kein Wahlrecht bei der Regionalwahl) und zum anderen um den Effekt, der durch die Herabsenkung des Wahlalters entstanden ist, da die Gruppe der Erstwähler mit 41 % auch nur unterdurchschnittlich häufig zur Wahl ging.

Eine Kampagne, die zur Verbesserung der Wahlbeteiligung und der Bereitschaft, sich zur Wahl zu stellen, beitragen soll, muss auf möglichst vielen Kanälen originell, aufmerksamkeitswirksam, prägnant und zeitlich abgestimmt informieren, werben, aufrufen usw. Dies setzt ein Kommunikationskonzept voraus, das die klassische Presse- und Öffentlichkeitsarbeit einschließt, aber darüber hinaus auch andere, unkonventionelle mediale Wege geht. Dafür müssen Inhalte und Botschaften gesammelt sowie zeitgeistig und zielgruppenspezifisch aufbereitet werden. Außerdem ist ein einprägsamer gestalterischer Rahmen zu entwickeln, also eine Gestaltungslinie, die alle Medien umfasst und sofort identifizierbar ist. Zudem muss die Werbung wie auch ein mögliches Kommunalwahlportal im Internet mit ausführlichen Informationen zum Thema Kommunalpolitik und Kommunalwahl konzipiert, gestaltet, koordiniert und gebucht werden. Ggf. gilt es parallel Veranstaltungen zu planen und abzuhalten.

Das Thema betrifft viele Stellen innerhalb der Stadtverwaltung: L/OB-K, das Haupt- und Personalamt, das Statistische Amt, L/OB-PRE usw. Für eine Koordinierte Vorgehensweise wird im Falle einer Beschlussfassung die Einrichtung einer Arbeitsgruppe vorgeschlagen.

Zu beachten sind bei einer Beschlussfassung die Rahmenbedingungen wie etwa die zeitliche Abfolge zwischen der Verabschiedung des Haushalts Mitte Dezember 2017 einerseits und dem Wahltermin im Mai oder Juni 2019 andererseits. Zu beachten sind in dem Zusammenhang vergaberechtliche Vorgaben, die bei einer beantragten Summe von 500.000 € eine europaweite Ausschreibung notwendig macht – was bis zu einem halben Jahr von der Veröffentlichung der Ausschreibung bis zum Zuschlag in Anspruch nimmt. Dem vorgeschaltet ist die Erarbeitung der Ausschreibung samt Leistungskatalog. Ferner sind Fristen aus den Wahlvorschriften zu beachten wie zur Aufstellung von Kandidatinnen und Kandidaten oder zur Zulassung von Wahlvorschlägen, was sich auf die Zeit der werblichen Aktivitäten auswirkt.

Bei der Idee eines Stuttgart-Tages böte sich vielleicht der Marktplatz als Sitz des Rathauses eher an als der Schlossplatz. Der Charakter und das Ziel dieses Stuttgart-Tages wäre noch zu konkretisieren.

Dazu bedarf es verwaltungsintern einer Koordinierung, befristet zu besetzen mit 1,5 zusätzlichen Stellen, und externer Unterstützung beispielsweise durch die Landeszentrale für politische Bildung für die konzeptionellen (Vor-)Arbeiten. Via Ausschreibung und auf Basis einer Leistungsbeschreibung muss für Mediaplanung und Umsetzung der verschiedenen Aktivitäten ein geeigneter Partner gefunden werden, etwa eine PR-Agentur.

Grundsätzlich ist bei der Entscheidung über den Antrag auch zu berücksichtigen, dass im Vorfeld der Kommunalwahl durch die Aktivitäten der Parteien und ihren Plakatierungen die Stadt bereits stark vereinnahmt ist; dass wegen des Neutralitätsgebots Parteien nicht Teil der Kampagne zur Verbesserung der Wahlbeteiligung und der Bereitschaft, sich zur Wahl zu stellen, sein können; dass am Wahltag selbst ein Werbeverbot gilt; dass die Auszählung am Wahlabend bekanntermaßen nur einen Trend ergibt; dass erwartbar auch andere Wahlen am selben Tag wie schon 2014 abgehalten werden.


Vorliegende Anträge/Anfragen

882/2017 SPD, CDU, Freie Wähler, FDP




Fritz Kuhn



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