Landeshauptstadt Stuttgart
Referat Allgemeine Verwaltung/Kultur und Recht
Gz: AKR
GRDrs 870/2022
Stuttgart,
01/30/2023



Programm für Kunst im öffentlichen Raum



Beschlußvorlage
Vorlage an
    zur
SitzungsartSitzungstermin
Ausschuss für Kultur und Medien
Verwaltungsausschuss
Beratung
Beschlussfassung
öffentlich
öffentlich
07.02.2023
08.02.2023



Beschlußantrag:

1. Das in Anlage 1 abgedruckte „Programm für Kunst im öffentlichen Raum“ der Stadt Stuttgart wird beschlossen. 2. Die in Anlage 2 abgedruckte „Richtlinie zur Förderung von interdisziplinären Kunstprojekten im öffentlichen Raum“ wird beschlossen. Diese Richtlinie tritt zum 01.03.2023 in Kraft und wird erstmals für den Förderzeitraum ab dem 01.03.2023 angewandt. Zugleich tritt die bisherige „3/31 Richtlinie zur Förderung von Kulturprojekten im öffentlichen Raum“ außer Kraft.



Begründung:


Hintergrund

Stuttgart hat eine reiche Tradition und lange Geschichte der Kunst im öffentlichen Raum. Sie begann im 19. Jahrhundert mit dem Schillerdenkmal am gleichnamigen Platz und entwickelte sich im Laufe des 20. Jahrhunderts zu einer einmaligen Sammlung von über 455 Kunstwerken in öffentlichen Raum u.a. mit Werken von Horst Antes, Alexander Calder über Alfred Hrdlicka, Thomas Lenk Otto Herbert Hajek und Ülkü Süngün. Die kommunal gesetzte zeitgenössische Kunst im öffentlichen Raum hatte ihre Höhepunkte in den 70er und 80er-Jahren, in denen die öffentliche Hand massiv im Kunstbereich investierte. Das ersatzlose Auslaufen des entsprechenden Förderprogramms im Jahre 1996 hat eine Lücke im öffentlichen Raum entstehen lassen.

Neben permanenten Kunstwerken umfasst eine zeitgenössische Kunst im öffentlichen Raum heute vor allem temporäre, interdisziplinäre Kunstformen aller Sparten, Formate, Arbeitsweisen und Medien des aktuellen Kunstdiskurses. Diese ist offen für experimentelle Ausdrucksweisen und setzt sich mit dem Ort auseinander. Kunst im öffentlichen Raum ist heute ein wichtiges Element des urbanen Lebens, das gesellschaftliche und stadtplanerische Entwicklungsprozesse der Stadt anstoßen und begleiten kann. Sie gestaltet Kommunikations- und Reflexionsräume für die Stadtgesellschaft und schafft damit Zugänge zur Kunst.

Um eine Strategie für einen zeitgemäßen Umgang mit Kunst im öffentlichen Raum in Stuttgart zu entwickeln und das Thema damit langfristig fest im kulturellen Leben der Stadt zu verankern, hat der Gemeinderat der Stadt Stuttgart im Rahmen der Haushaltsplanberatungen Ende 2021 die partizipative Entwicklung und Umsetzung eines neuen Programms für Kunst im öffentlichen Raum beschlossen.

Für diese Aufgabe stehen für den Zeitraum von 2022 – 2025 Mittel in Höhe von jährlich 1 Mio. EUR zur Verfügung sowie die bereits seit 2018 verstetigen Mittel in Höhe von 100.000 EUR für den Innovationsfonds Kultur im öffentlichen Raum. Für die Umsetzung wurde der neue Fachbereich Kunst im öffentlichen Raum innerhalb der Abteilung Kulturförderung des Kulturamts der Stadt Stuttgart gegründet. Nach Abzug der Personalkosten (2,5 Stellen) stehen für das Programm rund 900.000 EUR pro Jahr zur Verfügung.


Entwicklungsprozess und Bereiche des Programms

Gemeinsam mit rund 100 Vertreter*innen der Stuttgarter Kunst und Kulturszene, der Stadtverwaltung der Politik sowie Fachexpert*innen wurde in einem neunmonatigen partizipativen Strategie- und Entwicklungsprozess das Programm erarbeitet. Zentral war dabei die öffentliche Beteiligungsveranstaltung am 23.06.2022 im Kunstverein Wagenhalle (vgl. Anlage 3).

Das Ergebnis dieses Prozesses ist ein umfassendes Programm für Kunst im öffentlichen Raum für Stuttgart (vgl. Anlage 1).

Das Programm unterstützt und fördert interdisziplinäre Kunstprojekte sowie die beiden Festivals CURRENT – KUNST UND URBANER RAUM der Art Public Space – Culture Matters gUG und das von Studio Vierkant initiierte PFFFESTIVAL. Die Projektförderung ist in einer neu entwickelten „Richtlinie zur Förderung von interdisziplinären Kunstprojekten im öffentlichen Raum“ beschrieben (vgl. Anlage 2).

Das Programm setzt sich zudem für die Vernetzung, Vermittlung und Sichtbarmachung der Kunst im öffentlichen Raum ein. Ein weiterer Bereich ist der Erhalt und die Pflege der Kunstobjekte im öffentlichen Raum. Das Programm soll von einem beratenden Gremium begleitet werden. Aufgaben und mögliche Zusammensetzung sind im Konzeptpapier des Programms festgehalten. Die Einberufung erfolgt 2023.

Die Bereiche innerhalb des Programms sind nicht statisch, sondern werden prozesshaft weiterentwickelt. Im Austausch mit dem KiöR Netzwerk sollen daher regelmäßig Erfahrungswerte gesammelt und reflektiert, sowie Anpassungen vorgenommen werden. So kann ein an die Bedarfe der Kunst- und Kulturakteur*innen und die Entwicklungen der Stadt angepasstes und damit flexibles, vielfältiges und zukunftsfähiges KiöR Programm für Stuttgart aufgebaut und umgesetzt werden.

Die jährlichen Mittel in Höhe von 900.000 EUR sollen i.d.R. wie folgt verwendet werden:

250.000 EUR Allgemeine Projektförderung
100.000 EUR Kontextbezogene Projektförderung
50.000 EUR Kleine Projektförderung
175.000 EUR Festival CURRENT
100.000 EUR Festival PFFFESTIVAL
150.000 EUR Erhalt und Pflege der Kunstobjekte im Eigentum der LHS
75.000 EUR Vermittlung, Sichtbarmachung, Vernetzung


Empfehlung zu Kunst am Bau

Im Zuge des Entwicklungsprozesses des neuen KiöR Programms stellt sich die Frage nach der Abgrenzung zu Kunst am Bau und einer möglichen Wiederaufnahme eines Kunst am Bau Programms (vgl. Antrag Nr. 1386/2021 PULS-Fraktionsgemeinschaft, Bündnis 90/DIE GRÜNEN-Gemeinderatsfraktion, SPD-Gemeinderatsfraktion, Die FrAKTION LINKE SÖS PIRATEN Tierschutzpartei). Beide Förderansätze leisten einen wesentlichen Beitrag zur Gestaltung des öffentlichen und halb-öffentlichen Raums sowie der Stadtentwicklung und sind fester Bestandteile von Bau- und Stadtkultur. Die Permanenz von Kunst am Bau kann symbolischen Charakter für ganze Orte und Stadtteile entwickeln und zeugen von historisch bedeutsamen Entwicklungen.

Während Kunst im öffentlichen Raum jedoch zur Gestaltung des öffentlichen Raums und bei Stadt- und Quartiersentwicklungen realisiert wird, findet Kunst am Bau ihren Einsatz klassischerweise bei kommunalen Bauvorhaben in städtischer Zuständigkeit. Stuttgart gehörte mit dem Entschluss zur Förderung von Kunst am Bau im Jahr 1949 zu den Pionieren in der neu gegründeten Bundesrepublik Deutschland. 1995 wurden die Mittel für Kunst am Bau Maßnahmen bei der damaligen Haushaltskonsolidierung komplett gestrichen. Kunst am Bau wird im Gegensatz zur Kunst im öffentlichen Raum auch auf privaten Geländen oder in halb- und nichtöffentlichen Räumen umgesetzt. Die Frage nach möglichen Versetzungen, Wiederaufstellungen oder Entfernungen von Kunstwerken im städtischen Besitz an bzw. von städtischen Gebäuden sowie aus dem öffentlichen Raum beschäftigt beide Bereiche gleichermaßen.

Das neu entwickelte KiöR Programm legt seinen Schwerpunkt auf eine zeitgenössische künstlerische Praxis im öffentlichen Raum, die vermehrt aus temporären Interventionen und partizipativen Formaten besteht. Die Mittel des neuen KiöR Programms werden daher vor allem projektbezogen für temporäre performative, aber auch für skulpturale Projekte im öffentlichen Raum verwendet.

Die Förderpraxis des neuen KiöR Programms kann durch die Entwicklung eines Fördermodells Kunst am Bau inhaltlich sinnvoll ergänzt werden, nachhaltig wirken und so das spezifische Profil von Stuttgarts Kunst im öffentlichen Raum prägen. Damit wird Stuttgarts qualitätsvolle Substanz von Kunst am Bau weitergeführt und der kulturelle Anspruch der Stadt auch für kommende Generationen erlebbar. Aufgrund der Komplexität von Kunst am Bau Maßnahmen, bei denen sowohl technische wie auch architektonische, stadtplanerische und künstlerische Gesichtspunkte eine Rolle spielen, sollte ein neues Konzept für Kunst am Bau gemeinsam vom Kulturamt, dem Hochbauamt und dem Amt für Stadtplanung und Wohnen entwickelt werden. Analog zur partizipative Entwicklung und Umsetzung des KiöR-Programms müsste Stuttgarts Kunst am Bau Fördermodell mit ähnlicher Aufgabenstellung und entsprechenden personellen Kapazitäten gestaltet werden.


Finanzielle Auswirkungen

Die Aufwendungen in Höhe von 1,1 Mio. EUR pro Jahr werden im Teilhaushalt des Kulturamts (THH 4102811) gedeckt.



Beteiligte Stellen

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Vorliegende Anträge/Anfragen

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Erledigte Anträge/Anfragen

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Dr. Fabian Mayer
Erster Bürgermeister


Anlagen

Anlage 1: Konzept Programm KiöR Stuttgart
Anlage 2: Richtlinie zur Förderung interdisziplinärer Kunstprojekte im öffentlichen Raum
Anlage 3: Dokumentation der Beteiligungsveranstaltung am 22.06.2022


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