Protokoll: Verwaltungsausschuss des Gemeinderats der Landeshauptstadt StuttgartNiederschrift Nr.
TOP:
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29
VerhandlungDrucksache:
-
GZ:
-
Sitzungstermin: 16.07.2014
Sitzungsart: öffentlich
Vorsitz: OB Kuhn
Berichterstattung:der Vorsitzende, EBM Föll, Herr Stammler (VVS)
Protokollführung: Herr Häbe
Betreff: Sozialticket
- Antrag Nr. 182/2014 der Gemeinderatsfraktionen von SPD, Bündnis 90/DIE GRÜNEN, FDP und SÖS und LINKE vom 13.06.2014 -

Der im Betreff genannte Antrag ist dem Originalprotokoll sowie dem Protokollexemplar für die Hauptaktei beigefügt. Dasselbe gilt für den Antrag Nr. 199/2014 der Gemeinderatsfraktionen von SPD, Bündnis 90/DIE GRÜNEN, FDP und SÖS und LINKE vom 14.07.2014 sowie für die Stellungnahme zum Antrag Nr. 182/2014 durch den Herrn Oberbürgermeister vom 14.07.2014.

Die zu diesem Tagesordnungspunkt gezeigten drei Seiten einer längeren Präsentation sind dem Protokoll als Dateianhang hinterlegt. Dem Originalprotokoll und dem Protokollexemplar für die Hauptaktei sind diese Seiten in Papierform angehängt.

Dagegen, dass dieser Tagesordnungspunkt (TOP 29) vorgezogen und als erster Punkt im öffentlichen Sitzungsteil aufgerufen wird, erheben sich keine Einwendungen.

Einführung

OB Kuhn nimmt zunächst Bezug auf heutige Presseberichte zur geplanten VVS-Tariferhöhung. Er führt aus, diese Tariferhöhung betrage durchschnittlich 2,9 %.

Diese Erhöhung der Ticketpreise sei angesichts der Tarifsteigerungen bei den Löhnen und Gehältern sowie der Taktverbesserungen mehr als notwendig. Auf diese beiden entscheidenden Punkte werde in der Berichterstattung nicht ausreichend eingegangen. Dass keine pauschale 2,9%ige Erhöhung erfolgt, gehe auf strukturelle Gründe zurück. Zudem stehe dies im Zusammenhang mit der letzten Tariferhöhung.

Zum Sozialticket fährt er fort, in den Haushaltsplanberatungen sei durch den Gemeinderat der Grundsatzbeschluss zur Einführung eines Sozialtickets gefasst worden. Bei dieser Beschlussfassung habe einer der Finanzierungsvorschläge auf eine Erhöhung der Vergnügungssteuer abgezielt. Die zwischenzeitlich stattgefundene intensive Diskussion sei von Herrn Stammler dankenswerterweise begleitet worden. Eine Beteiligung des VVS am Stuttgarter Sozialticket komme nicht infrage. Unbestritten sei, dass diejenigen, die ein Sozialticket einführen möchten, dieses auch bezuschussen müssten. Nach seinem Hinweis, dass sich in der Diskussion vier mögliche Varianten für ein Sozialticket herauskristallisiert haben, beschreibt er diese analog den Seiten "Ausgabepreise" und "Zuschussbedarf" der Präsentation (s. Dateianhang). Insbesondere weist er darauf hin, dass die genannten Zuschussbedarfe, bei der Variante 4 2,7 Mio. €/Jahr, noch nicht im Stadthaushalt finanziert sind. Dies gehöre besprochen; die für 2015 beantragte Finanzierung durch Haushaltsverbesserungen wie z. B. durch die Ausschüttung des Flughafens (s. Antrag Nr. 199/ 2014, Ziffer 4) sei für weitere Jahre nicht tragfähig. Positiv äußert er sich zur Variante 4, wobei er nochmals auf die Notwendigkeit einer dauerhaft tragfähigen Finanzierung hinweist.

In der Folge werden die Varianten im Detail durch Herrn Stammler erläutert. Er erinnert an die Beratung "Sozialticket - Zwischenbericht", öffentliche NNr. 134, Sitzung des VA am 07.05.2014. Damals sei, um Planungssicherheit zu erhalten, die Idee geboren worden, einen sogenannten Deckel einzuziehen. Diesbezüglich seien wie gewünscht Verhandlungen mit den Partnern erfolgt. Heute könne mitgeteilt werden, dass zu diesem Deckel Einvernehmen erzielt werden konnte. Somit bestehe für die Landeshauptstadt die Sicherheit, dass sich auch bei einer stärkeren Nutzung des Sozialtickets der Zuschussbedarf Stuttgarts nicht erhöht. Nicht gelungen sei es jedoch, einen anderen Referenzpreis als den vom Regierungspräsidium genehmigten VVS-Tarif in Ansatz zu bringen. Somit würden sich die Kosten der Varianten 1 und 3 nicht unterscheiden. Zur Variante 4 informiert er, diese würde generell 50 % des jeweiligen VVS-Tarifpreises bedeuten. Bei entsprechenden Anpassungen müsse dann allerdings auch der städtische Beitrag angepasst werden.


Aussprache

Von den StRen Stopper (90/GRÜNE), Kanzleiter (SPD), Klingler (FDP) und StRin Küstler (SÖS und LINKE) wird mit Nachdruck im Namen ihrer Fraktionen grundsätzlich die Bedeutung eines Sozialtickets hervorgehoben. Die Fraktionen von Bündnis 90/DIE GRÜNEN, SPD, FDP und SÖS und LINKE erinnern dabei an ihren gemeinsamen Haushaltsantrag Nr. 1003/2013.


Den Ausführungen von StR Stopper, dass sich im Laufe der Jahre das Delta zwischen den VVS-Tarifsteigerungen und dem gedeckelten Bonuscard-Zuschuss vergrößert hat, stimmt StR Kotz (CDU) zu. Im Rat, so StR Kotz, gebe es wohl Einvernehmen darüber, dass hier eine Anpassung vorgenommen werden muss. StR Kanzleiter weist darauf hin, dass die am 13.06.2014 mit dem Antrag Nr. 182/2014 bis 27.06.2014 geforderten weiteren Unterlagen seitens der Verwaltung nicht rechtzeitig vorgelegt wurden. Dadurch seien die Fraktionen, die den Antrag Nr. 199/2014 unterzeichnet haben, gezwungen worden, selbst Informationen zu erheben, um dieses Thema noch vor der Sommerpause einer Entscheidung zuzuführen.

Klarheit, so StR Stopper, bestehe darüber, dass in Stuttgart, im Unterschied zu Sozialtickets in anderen Bundesländern, ein kommunal finanziertes Sozialticket eingeführt werden soll. Daraus erwachse für die Zukunft die Pflicht, das Land immer wieder mit der Frage zu konfrontieren, ob es sich in der Lage sieht, ein solches Ticket analog der Vorgehensweise in anderen Bundesländern zu bezuschussen. Der von Herrn Stammler vorgestellte Deckel erleichtere die Planungen. Der neue Gemeinderat könne wohl Ende 2015 in den nächsten Etatberatungen bereits auf erste Nutzungszahlen des Sozialtickets zurückgreifen und eine solide Finanzierung im Doppelhaushalt 2016/2017 bereitstellen. Zu einer solchen soliden Finanzierung werde die Bündnis 90/DIE GRÜNEN-Gemeinderatsfraktion ihren Teil beitragen. Für das Jahr 2015 werde aber noch durch den jetzigen Gemeinderat ein Finanzierungsvorschlag benötigt. Seine Fraktion schlage hier vor - wie im Antrag Nr. 199/2014, Ziffer 4 ausgeführt -, die für das Jahr 2015 erforderlichen Mittel aus absehbaren Überschüssen zu finanzieren. Als konsensfähig bezeichnet er die Variante 4.

Von StR Kotz wird es ebenfalls als erforderlich angesehen, einen Beschluss zu fassen, der Planungssicherheit und Finanzierungssicherheit herstellt. In den Jahren ab 2015 gehe es dabei um finanzielle Etatbelastungen von 4,0 bis 6,2 Mio. €/Jahr. Eine solche Entscheidung gehöre sehr genau abgewogen, um zu einem möglichst breiten Konsens zu kommen. Von daher sei es für die CDU-Gemeinderatsfraktion schwierig, heute dazu eine Entscheidung zu treffen. Es habe noch keine Gelegenheit bestanden, das Thema umfassend in der Fraktion zu diskutieren. Die Eilbedürftigkeit der Antragsteller werde nicht geteilt. Angesichts der Dimension dieses Themas sollte sich der jetzige Gemeinderat zurückhalten und die Entscheidung dem sich am 28.07.2014 konstituierenden neuen Gemeinderat überlassen. Er beantragt, diesen Tagesordnungspunkt heute nicht zu beschließen und von weiteren Tagesordnungen vor der Sommerpause abzusetzen. Im Verlauf der Aussprache bietet StR Kotz eine Mitwirkung der CDU-Gemeinderats-fraktion dabei an, einen Konsens für ein Sozialticket sowie für ein Finanzierungskonzept zu finden. Im Verlauf der Aussprache fragt er nach, ob es bereits Gespräche mit dem Land über die Bezuschussung eines Sozialtickets gibt. Er gibt zu bedenken, dass gegenüber dem Land kaum mehr Druck aufgebaut werden kann, wenn die Landeshauptstadt bereits ein kommunal finanziertes Sozialticket eingeführt hat.

Anschließend erinnert StR Kanzleiter an den im Rahmen der Haushaltsplanberatungen gefassten Grundsatzbeschluss zur Einführung eines Sozialtickets.

Diesem Beschluss sei eine Grundsatzdiskussion vorangegangen. In den letzten Monaten hätten sich zudem die Fraktionen weiter mit diesem Thema beschäftigt (z. B. Konferenz des VVS am 18.02.2014). Die nun vorliegenden Varianten hätten sich damals bereits abgezeichnet. Er betrachtet das Thema als vorberaten und lehnt es ab, erst nach der Sommerpause durch den neuen Gemeinderat eine Entscheidung herbeizuführen.

Entscheidungen, so StRin von Stein (FW), müssten anhand von Beschlussvorlagen gefällt werden. Da eine solche nicht vorliege, stelle sich die Frage, worüber heute ein Beschluss herbeigeführt werden soll. Für ihre Fraktion spricht sie sich gegen die Einführung eines Sozialtickets aus. Eine solche kommunale Freiwilligkeitsleistung gebe es bislang in vergleichbarer Form in keiner anderen Stadt. Geklärt gehöre, ob das Land Baden-Württemberg die Absicht hat, Sozialtickets im ganzen Land zu fördern. Sie verweist auf die in Stuttgart für ca. 11 % der Bevölkerung vorhandene Bonuscard und auf das dafür entwickelte einfache Verfahren sowie auf die dafür aufgewendete städtische Förderung in Höhe von rund 2 Mio. €/Jahr. Beispielsweise bringe die Stadt Mannheim zur Subventionierung von Einzelfahrscheinen lediglich 400.000 €/Jahr auf. Es könne nicht Aufgabe Stuttgarts sein, den Bund bei Kostenersätzen - wie für Fahrten zum Jobcenter - zu entlasten. Zudem verweist sie auf die vom Oberbürgermeister in seiner Einführung gemachten Aussagen zur Finanzierung einer solchen Leistung und auf die Beantwortung des Antrags Nr. 182/2014 durch den Oberbürgermeister, Seite 3, vorletzter Absatz (… dauerhafte Gegenfinanzierung ist zwingend notwendig).

Unter anderem spricht StR Klingler von der Notwendigkeit, für die Mobilität neue Konzepte zu entwickeln. Er bekräftigt die Inhalte des Antrags Nr. 199/2014 und merkt weiter an, da dieses Thema seit langem behandelt wird, gebe es keine Gründe, die Entscheidung zurückzustellen. Die Antragsteller hätten sich darauf geeinigt, möglichst auf eine Erhöhung der Vergnügungssteuer zu verzichten und zur Finanzierung des Zuschussbedarfs sonstige Haushaltsverbesserungen einzusetzen.
Die Hoffnung, dass noch durch den alten Gemeinderat über die Einführung eines Sozialtickets entschieden wird, bringt StRin Küstler zum Ausdruck. Alle Fraktionen hätten ausreichend Gelegenheit gehabt, sich auf eine solche Entscheidung vorzubereiten. Das Beantragte stelle einen Kompromiss dar. Es sei nicht gelungen, das von ihrer Fraktionsgemeinschaft stets angestrebte Ziel, ein Sozialticket auf der Grundlage eines Defizitausgleichs für Regelsatzempfänger umzusetzen, zu erreichen. Wichtig sei, dass sich die Stadt künftig an Preiserhöhungen beteiligt. Generell gehöre beim ÖPNV, was die Preisgestaltung und die Nutzung angeht, ein Umdenken herbeigeführt. Gewollt werde, dass diese Menschen am gesellschaftlichen Leben teilnehmen können. Damit wolle man ihnen die Möglichkeit eröffnen, ihre Situation zu verändern. Ein zentraler Punkt sei dabei die Mobilität. Deshalb sei ein Sozialticket wichtig, um in einer Stadt soziale Gerechtigkeit und sozialen Frieden herzustellen. Sie hofft, dass die Umsetzung des Haushaltsbeschlusses, zum 01.01.2015 ein Sozialticket einzuführen, nun von einer Mehrheit des Rates getragen wird. Die vorgesehene Evaluation wird von ihr begrüßt. Ihres Erachtens wird ein Stuttgarter Sozialticket ein Signal für die Region analog School-Abo darstellen.


StR Rockenbauch (SÖS und LINKE) wünscht sich beim Sozialticket dasselbe zügige Verfahren wie bei der Einführung des Jobtickets.

OB Kuhn stellt klar, dass er die Einführung eines Sozialtickets entsprechend der Variante 4 zum 01.01.2015 befürwortet. Er betont jedoch, für die Transferleistungen des Sozialstaates seien im Wesentlichen der Bund und vermittelnd über den Bundesrat die Länder zuständig. Ausreichende Hartz 4-Sätze seien also die Aufgabe des Bundes und der Länder. Wenn die Kommunen verhindern möchten, sich strukturell zu verschulden, müssten sie sich sehr gut überlegen, ob und in welchem Umfang sie Defizite dieser Transferleistungen ausgleichen. An bestimmten Punkten, wie z. B. der Bonuscard, habe die Stadt Stuttgart dies gemacht. Grundsätzlich müssten die Kommunen hier behutsam vorgehen. Den Ausgleich bei der Bonuscard bewertet er wie die Einführung eines finanzierbaren Sozialtickets positiv. Dabei erinnert er auch an das verstärkte Engagement der Stadt im sozialen Wohnungsbau. Notwendig sei eine Gesamtschau. Der Rat müsse sich ja immer die Frage stellen, ob und wie man sich bei solchen Themen insgesamt einbringen kann. Vom Grundsatz her eröffne die Steuergestaltung in Deutschland nicht die Möglichkeit, Bundesdefizite durch Kommunen abdecken zu lassen. Hier seien die Spielräume endlich. In Städten mit bereits in der Breite eingeführten Sozialtickets würden die Tickets größtenteils durch die jeweiligen Bundesländer finanziert.

StR Kanzleiter merkt an, mit den derzeit in die Hartz 4-Sätze zur ÖPNV-Nutzung eingepreisten 19,90 €/Monat seien auch die Kosten eines künftigen Sozialtickets nicht wie gewünscht abgedeckt. Dass es einen solchen zweckbestimmten Ansatz im Hartz 4-Regelsatz gibt, ist laut StRin von Stein nicht der Fall. Die Leistungsempfänger könnten mit den ihnen zustehenden Regelsätzen selbstständig disponieren. Bei der Berechnung des Regelsatzes spiele der Betrag eine Rolle, welcher von anderen Einkommensschichten durchschnittlich für Verkehrsdienstleistungen ausgegeben wird (gegenwärtig 22,78 €/Monat). Nach Feststellung des Bundessozialgerichts sei es sachlich falsch, daraus einen zweckbestimmten Regelsatzanteil herzuleiten. StRin Küstler ist der Auffassung, dass die Regelsätze für eine Großstadt wie Stuttgart nicht ausreichend sind. Dieses lasse sich nicht dadurch lösen, dass Betroffene aufgefordert werden, Sparmöglichkeiten zu suchen. Von OB Kuhn wird diese Diskussion angesichts der geringen Spielräume der Regelsätze als nicht weiterführend angesehen.

Im Verlauf der Diskussion äußert sich OB Kuhn erneut zurückhaltend zu einer Sozial-ticket-Finanzierung, die lediglich das Jahr 2015 abdeckt. Eine solche Finanzierung müsse strukturell auch schwierige Zeiten überstehen. Durch die Erarbeitung einer tragfähigen Finanzierung sieht er die Einführung des Tickets zum 01.01.2015 nicht infrage gestellt.

Anschließend erklärt EBM Föll, zu Recht sei erklärt worden, dass auch sozialpolitische Maßnahmen finanziert gehören. Der Finanzierungsvorschlag im Antrag Nr. 199/2014 stelle keine Finanzierung im Sinne des Gemeindehaushaltsrechts dar. Zunächst einmal erfolge die Gewinnausschüttung des Flughafens im Jahr 2014 - für das Jahr 2015 sei seitens des Flughafens keine Gewinnausschüttung zu erwarten -, und bei Haushalten gelte das Jahresprinzip.


Im Kontext des Jahresabschlusses 2013 sei dies entsprechend dargelegt. Im Finanzzwischenbericht für das Jahr 2014 habe die Verwaltung auch keine finanziellen Verbesserungen dargestellt. Dieser Zwischenbericht beziehe sich ausschließlich auf das Haushaltsjahr 2014. Dort seien finanzielle Verbesserungen in der Größenordnung der Notwendigkeit für die Kreditermächtigung für das Haushaltsjahr 2014 aufgezeigt. Für das Jahr 2015 seien keine Aussagen erfolgt, da aus heutiger Sicht noch keine Verbesserungen oder Verschlechterungen absehbar sind. Im Übrigen sei ihm eine Finanzposition "absehbare Verbesserungen" im städtischen Buchungskreis nicht bekannt. Eine solche Position könne zwar eingeführt werden, diese wäre aber nicht regelgerecht und auch nicht seriös. Von daher könne er eine Finanzierung des Sozialtickets nicht erkennen. Zwar sei eine Inanspruchnahme der Deckungsreserve 2015 möglich, diese Deckungsreserve solle aber unvorhersehbare, unabsehbare Mehraufwendungen und nicht zusätzliche Beschlüsse außerhalb der Etatberatungen abdecken. Sollte dennoch darauf zurückgegriffen werden, bestehe weiterhin ein strukturelles Problem; im Finanzzwischenbericht sei dargestellt, dass nach der Finanzplanung im Ergebnishaushalt in den Jahren ab 2015 erhebliche Defizite auftreten (2016: 69 Mio. €, 2017: knapp 100 Mio. €, 2018: über 120 Mio. €). Diese Finanzplanung habe der Gemeinderat auch im Rahmen der Haushaltsplanberatungen verabschiedet. Wenn der Gemeinderat noch mehr Ausgaben beschließt, würde diese Deckungslücke erhöht, ohne eine Finanzierung sicherzustellen. Der neue Gemeinderat müsse doch aber über einen gewissen Gestaltungsspielraum in den Jahren 2016 und 2017 verfügen. Daher müsse man sich schon die Mühe machen, eine solide und dauerhafte Finanzierung zu finden. Auf der Grundlage des Beantragten halte er einen nach dem Gemeindehaushaltsrecht seriösen Sachbeschluss zum Sozialticket nicht für umsetzbar.

Der Position, vor einer Beschlussfassung über die Einführung eines Sozialtickets auf der Basis der Variante 4 zum 01.01.2015 zunächst eine auch für die Zukunft solide Finanzierung auszuarbeiten, schließen sich StR Zeeb (FW) und StR Kotz an.

StR Stopper, StR Kanzleiter, StR Klinger, StRin Küstler und StR Rockenbauch wenden sich dagegen, die für die morgige Sitzung des Gemeinderats vorgesehene Beschlussfassung zurückzustellen. Sie äußern dabei folgende Argumente:

- Die Vergangenheit zeigt, dass die Jahresabschlüsse immer zu besseren Ergebnissen führen als geplant (StR Kanzleiter, StRin Küstler, StR Klingler, StR Rockenbauch).

- Für die Haushaltsjahre 2016/2017 wird im Antrag Nr. 199/2014, Ziffer 7, gegebenenfalls eine Erhöhung der Vergnügungssteuer angesprochen (StR Kanzleiter).

- Nach der im Antrag Nr. 199/2014, Ziffer 5 beantragten Evaluierung ist in den Beratungen zum Doppelhaushaltsplan 2016/2017 im Herbst 2015 der richtige Zeitpunkt gekommen, eine dauerhafte Finanzierung des Sozialtickets festzulegen (StR Kanzleiter, StR Klingler, StR Rockenbauch).



- Das Thema wird seit langem beraten und von daher hätte die Verwaltung bereits Finanzierungsmöglichkeiten erarbeiten können (StR Stopper, StRin Küstler, StR Rockenbauch).

In der Folge hebt der Vorsitzende nochmals hervor, für ihn stehe die Einführung des Sozialtickets ab 01.01.2015 auch dann nicht infrage, wenn erst im September eine Beschlussfassung, dann allerdings mit einem bis dahin erarbeiteten tragfähigen Finanzierungskonzept, erfolgt.

StR Stopper schlägt, unterstützt von StR Kanzleiter, vor, dass die Verwaltung bis zur nächsten Sitzung des Verwaltungsausschusses bzw. bis zur nächsten Sitzung des Gemeinderates (23./24.07.2014) eine Vorlage mit Finanzierungsmöglichkeiten der Variante 4 ausarbeitet. Dann solle auch eine Beschlussfassung erfolgen. Die im Antrag Nr. 199/2014 aufgezeigten Möglichkeiten seien angesichts der wirtschaftlichen Perspektiven seriös. Von StR Rockenbauch wird auf die Fixkosten des VVS abgehoben. Diesbezüglich geht er von lediglich fiktiven Einnahmeverlusten beim VVS aus. Über die Defizithöhe müsse mit dem VVS angesichts der durch ein Sozialticket ansteigenden Kundenzahlen gesprochen werden.

EBM Föll greift eine Wortmeldung von StR Kanzleiter auf und betont, seitens der Verwaltung sei nicht bestritten worden, dass Anträge aus der Mitte des Gemeinderates Gegenstand der Beschlussfassung sein können. Sollte jedoch der Antrag Nr. 199/2014 beschlossen werden, einschließlich der Antragsziffer 4, könnte die Stadt angesichts einer nicht sichergestellten Finanzierung keine vertragliche Verpflichtung für das Sozialticket eingehen. Eine solche Finanzierung stelle eine zwingende Vorschrift des Gemeindehaushaltsrechts dar. So dürfe beispielsweise der Oberbürgermeister vertragliche Verpflichtungen gegenüber dem VVS für die Stadt nur eingehen, wenn deren Finanzierung durch den städtischen Haushalt sichergestellt ist.

Zu den Anmerkungen von StR Rockenbauch zum Finanzzwischenbericht führt EBM Föll fort, im Jahresabschluss 2013 sei es nicht mehr möglich, Rückstellungen für das Sozialticket zu bilden - Rückstellungen dürfen nur für Verpflichtungen gebildet werden, die in dem Kalenderjahr entstanden sind, das Gegenstand des Jahresabschlusses ist. Wenn dies nicht beachtet wird, würde ein Verstoß gegen das Gemeindehaushaltsrecht vorliegen. Zum Zwischenbericht 2014 habe StR Rockenbauch die durch die nicht erforderlichen Kreditaufnahmen sich ergebenden Zinseinsparungen angesprochen. Dieses sei zutreffend, aber wenn der Finanzzwischenbericht insgesamt zur Kenntnis genommen wird, könnten auch Verschlechterungen im Ergebnishaushalt erkannt werden. Dabei erinnert er an die Zuweisungen nach § 29 c FAG für die Kleinkindbetreuung. Hier gebe es Verschlechterungen von knapp 12 Mio. €/Jahr. Dies sei nicht erfreulich, und es gebe Bemühungen, mit dem Land zu einer anderen Regelung zu kommen. Das Land habe dazu bislang jedoch keine Bereitschaft erkennen lassen. Diese Verschlechterung werde sich strukturell fortsetzen. Bei der Betrachtung des Saldos der Verbesserungen und Verschlechterungen im Finanzzwischenbericht ergebe sich ein Betrag von rund 22 Mio. €. Dieser Betrag resultiere allerdings aus Einmaleffekten.



Neben der einmaligen Ausschüttung des Flughafens nennt er die Gewinnausschüttung der LBBW. Diese Gewinnausschüttung sei für das laufende Jahr nicht eingeplant gewesen, für das Jahr 2015 sei sie jedoch bereits berücksichtigt. Ohne diese beiden Einmaleffekte hätte erklärt werden müssen, dass der Haushalt im Saldo einigermaßen nach Plan abläuft. Zudem könne bei einer intensiven Betrachtung des Zwischenberichts festgestellt werden, dass es beim Gewerbesteueraufkommen durchaus noch Risiken gibt. Es handle sich eher um eine optimistische Prognose, dass der Planansatz des Jahres 2014 erreicht wird.

Bei der Einbringung des Doppelhaushaltsplan-Entwurfs 2014/2015 habe er mitgeteilt, dass dieser Doppelhaushalt von der Verwaltung sehr viel optimistischer geplant worden sei als in früheren Jahren. Der Abschluss 2013 basiere noch auf einem Etat, der vorsichtiger geplant worden ist. Daher werde es bei dem Jahresergebnissen 2014 und 2015 sehr viel geringere Abweichungen zwischen Plan und Ist geben. Es sei denn, es komme zu Sonderentwicklungen, die heute noch nicht absehbar sind. Dieses müsse bei einem Vergleich einbezogen werden.

Zum Ende der Aussprache begrüßt StR Pätzold die zustimmenden Äußerungen zur Variante 4 des Sozialtickets. Anzustreben sei sicherlich, für dieses Ticket eine auch in der Zukunft tragfähige Finanzierung zu erhalten. Einigkeit ergibt sich für ihn darin, und damit geht er auf die weitere Vorgehensweise ein, dass die Verwaltung den Auftrag erhält, auf der Grundlage des Antrags Nr. 199/2014 für die Variante 4 einen Beschlussantrag zu erarbeiten. Die Finanzierung gehöre in einem gemeinsamen Gespräch zwischen Verwaltung und Fraktionsvertretern geklärt. Ein Ergebnis solle bis spätestens Herbst 2014 vorliegen. Der Finanzierungsaspekt müsse ernst genommen werden.

Hierzu teilt StR Kotz mit, diesen Ausführungen von StR Pätzold könne er sich weitestgehend anschließen. Da sich die CDU-Gemeinderatsfraktion noch nicht über die verschiedenen Varianten eines Sozialtickets abgestimmt habe, könne sie sich auch heute noch nicht auf eine Variante festlegen. Sie beteilige sich aber gern daran, eine Lösung zur Finanzierung und zu den Inhalten eines Sozialtickets zu finden. Angestrebt gehöre ein breiter Konsens. Vom Ziel einer Einführung zum 01.01.2015 dürfe nicht abgewichen werden.

StR Kanzleiter erachtet es für möglich, bereits bis nächste Woche eine Lösung für eine tragfähige Finanzierung zu finden. Das von StR Pätzold vorgeschlagene Gespräch könne noch diese Woche geführt werden. Anschließend könne zur Finanzierung nächste Woche eine Beschlussvorlage vorgelegt werden. Er plädiert dafür, dieses Thema noch durch den jetzigen Gemeinderat entscheiden zu lassen (letzte Sitzung des Gemeinderats am 24.07.2014).

Für die Gemeinderatsfraktion Freie Wähler bekräftigt StR Zeeb die kritische Position gegenüber einem Sozialticket. Man sei gespannt, welche Finanzierungsvorschläge seitens der Verwaltung vorgelegt werden.




Durch StR Klingler werden zum einen die Inhalte des Antrags Nr. 199/2014 nochmals bekräftigt, und zum anderen ist es für ihn möglich, noch vor der Sommerpause durch den derzeitigen Gemeinderat eine Entscheidung herbeizuführen. Sinngemäß äußert sich StRin Küstler.

Nachdem OB Kuhn nachfragt, ob er die beiden unterschiedlichen Positionen zur weiteren Vorgehensweise abstimmen lassen soll, bemerkt StR Pätzold, das Angebot der CDU-Gemeinderatsfraktion, sich einzubringen, sollte, um einen breiten Konsens herzustellen, nicht ausgeschlagen werden. Er regt an, schon vor der Sommerpause zu versuchen, Gespräche zu initiieren. Das Weitere werde sich dann ergeben.


Danach schließt OB Kuhn diesen Tagesordnungspunkt mit der Erklärung ab, die Fraktionsspitzen, EBM Föll und er versuchen noch diese Woche bzw. zu Beginn der kommenden Woche in einem Gespräch zu klären, ob es für die Finanzierung der Variante 4 eines Sozialtickets eine umsetzbare Möglichkeit gibt (2,7 Mio. €/Jahr). Sollte hierüber eine Einigung erzielt werden, würde die Verwaltung dazu nächste Woche eine Beschlussvorlage vorlegen. Sollte eine Einigung nicht zustande kommen, könnte die Verwaltung in der Sitzung des Verwaltungsausschusses am 23.07.2014 beauftragt werden, im Herbst eine Beschlussvorlage vorzulegen (Ziel: Einführung eines Sozialtickets auf der Basis der Variante 4 ab 01.01.2015).

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