Protokoll: Verwaltungsausschuss des Gemeinderats der Landeshauptstadt StuttgartNiederschrift Nr.
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VerhandlungDrucksache:
196/2012 mit Ergänzung
GZ:
OB
Sitzungstermin: 28.03.2012
Sitzungsart: öffentlich
Vorsitz: EBM Föll
Berichterstattung:der Vorsitzende, Herr Dr. Schlossnikel (S/OB)
Protokollführung: Herr Häbe fr
Betreff: Innovative Entwicklung einer nachhaltigen Mobilität, Aufbau einer Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge

Vorgang: Ausschuss für Umwelt und Technik vom 27.03.2012, öffentlich, Nr. 117

Ergebnis: mehrheitliche Zustimmung mit Änderungen/Ergänzungen


Beratungsunterlage ist die Vorlage des Herrn Oberbürgermeisters vom 19.03.2012, GRDrs 196/2012, mit folgendem

Beschlussantrag:

1. Im Interesse einer gezielten Förderung von Elektrofahrzeugen soll versuchsweise das Parken von vollelektrischen Fahrzeugen zunächst für die Zeit vom 01.10.2012 bis 31.12.2014 auf städtisch bewirtschafteten Parkplätzen in Stuttgart kostenfrei gestattet werden.

2. Aufbauend auf bereits vorhandenen 38 Ladestandorten sollen bis Ende 2012 weitere 150 Ladestandorte und bis Ende 2013 insgesamt 250 Ladestandorte für Elektrofahrzeuge zur Verfügung stehen. Die Verwaltung wird beauftragt, die notwendigen Maßnahmen für den schrittweisen Aufbau dieser Ladeinfrastruktur zu treffen. Es ist beabsichtigt, mit der EnBW als Betreiber dieser Ladeinfrastruktur eine Vereinbarung zu treffen.

Zur Finanzierung der Unterstützung beim Aufbau der Ladeinfrastruktur durch die Stadt im Gesamtbetrag von höchstens 500.000 EUR, abzüglich möglicher Zuschüsse, werden im THH 660, Tiefbauamt, Projektnummer 7.666911 - Parkierungseinrichtungen, Kontengruppe 7873 - Auszahlungen für sonstige Baumaßnahmen, überplanmäßige Auszahlungen wie folgt zugelassen:

- Haushaltsjahr 2012 350.000 Euro
- Haushaltsjahr 2013 150.000 Euro

Die Deckung erfolgt aus den im THH 200, Stadtkämmerei, Projektnummer 7.202100 veranschlagten Mitteln der Infrastrukturpauschale (vgl. Begründung).


Weitere Beratungsunterlage ist die dieser Niederschrift angeheftete GRDrs 196/2012 Ergänzung des Herrn Oberbürgermeisters vom 27.03.2012 mit einem geänderten/erweiterten Beschlussantrag.


EBM Föll erinnert an den vor drei Wochen gefassten Grundsatzbeschluss (VA vom 06.03.2012, öffentliche Niederschrift Nr. 49a). Von ihm wird zudem auf die Vorlagen-Ergänzung sowie auf die dort durch die gestrige Beratung im Ausschuss für Umwelt und Technik ergänzten Beschlussantragsziffern 4 und 5 hingewiesen.

StR Pätzold (90/GRÜNE) erklärt, erfreulicherweise sei bei der Finanzierung der Vorschlag seiner Fraktion aufgegriffen worden. Durch den veränderten Mittelabfluss sei es möglich, auf die Inanspruchnahme der Deckungsreserve zu verzichten. Der weitere Vorschlag der Bündnis 90/DIE GRÜNEN-Gemeinderatsfraktion, die Brötchentaste mit einer anderen Gewichtung zu versehen, sei bedauerlicherweise nicht mehrheitsfähig. Der Versuch werde kritisch begleitet. Für die schnelle Abänderung der Vorlage bedankt sich StR Kotz (CDU). Seine Fraktion hätte auch eine Projektfinanzierung mittels Deckungsreserve akzeptiert. Durch StR Kanzleiter (SPD) wird angemerkt, der Vorlage, in der gestern vom Ausschuss für Umwelt und Technik beschlossenen Fassung, werde zugestimmt. Wie bereits in der Verwaltungsausschusssitzung am 06. März 2012 kritisiert er die Vorgehensweise der Verwaltungsspitze hinsichtlich der Projektfinanzierung. Ebenfalls positiv zur Vorlage äußert sich StR Klingler (FDP). Besonders werden von ihm die Engagements der Firmen Daimler und EnBW begrüßt. Die vorgenommene Vorlagenergänzung ist für StRin Küstler (SÖS und LINKE) nicht ausreichend, um die von ihrer Fraktionsgemeinschaft geäußerten Zweifel an car2go auszuräumen. So sei die Ökobilanz von Elektroautos nicht besonders gut. Hinsichtlich der Mittelbereitstellung schließt sie sich der Kritik von StR Kanzleiter an.

Seitens der Fraktionen besteht darin Übereinstimmung, dass es sich bei dem Projekt car2go um keinen Durchbruch für die innerstädtische Mobilität handelt. Für StR Kotz stellt das Projekt jedoch einen Schritt in die richtige Richtung dar.

Für StR Kanzleiter ergibt sich noch erheblicher Verhandlungsbedarf mit der EnBW, um in dem zur Beratung anstehenden Bereich eine Kooperation mit den Stadtwerken zu erreichen . Derzeit könnten die Stadtwerke dieses Thema noch nicht schultern und insoweit sei das Engagement der EnBW sachgerecht, aber in Zukunft werde sich die Leistungsfähigkeit der Stadtwerke anders darstellen. Von daher störe ihn die in einem Schreiben von der EnBW gewählte Formulierung "… wollen wir an diesem Thema, unabhängig des Kooperationsmodells, die unternehmerische Verantwortung behalten." Damit formuliere die EnBW einen Anspruch für die Zukunft. Dies gelte es zu hinterfragen. Beschlusslage solle sein, dass für die Zukunft dieses noch ausgestaltet werden kann. Nach Einschätzung von StR Klingler gehört über die bereits angeregten Erleichterungen für Elektroautos hinaus Weiteres angedacht (z. B. Einführung von "normalen" Geschwindigkeitsbegrenzungen für Elektroautos in Zonen mit Geschwindigkeitsbegrenzungen zur Luftreinhaltung). Der Erste Bürgermeister bestätigt, dass es mit der EnBW noch Verhandlungsbedarf gibt. Die zu führenden Gespräche würden sicherlich nicht einfach. Die Verwaltung werde aber den Auftrag des Gemeinderates aufnehmen. Klarheit bestehe darüber, dass die EnBW bei der operativen Umsetzung des Projekts benötigt wird. Die Stadtwerke seien derzeit dazu nicht in der Lage. Er geht davon aus, dass eine vernünftige Kooperationslösung erarbeitet werden kann.

Gegenüber den StRen Kotz, Kanzleiter und Pätzold unterstreicht der Vorsitzende, eine Finanzierung über die Infrastrukturpauschale führe nicht dazu, dass die Kindertageseinrichtung in der Bernsteinstraße nicht im möglichen Zeitrahmen realisiert werden kann. Auch was das Wohnprojekt angehe, werde es keine Verzögerungen geben. Es gehe also nicht um eine Verschiebung des Projekts. Der veranschlagte Mittelabfluss und der Zeitplan zur Realisierung würden durch den unterbreiteten Finanzierungsvorschlag in Einklang gebracht.

Zur Kritik von StRin Küstler an der finanziellen Unterstützung des Projektes durch die Stadt, sie spricht von einer Subventionierung und mangels Gesamtkonzept von einem nicht sinnvollen industriepolitischen Projekt, entgegnet StR Kanzleiter, nach Einschätzung der SPD-Gemeinderatsfraktion handle es sich um ein sinnvolles industriepolitisches Projekt. Dieses werde von seiner Fraktion ohne Abstriche unterstützt, da damit der Produktionsstandort Stuttgart gestärkt werde. Im selben Zusammenhang merkt EBM Föll an, entscheidend sei, dass es sich um ein vernünftiges Projekt handle. Das Projekt habe zwei Dimensionen. Einerseits werde die Elektromobilität gefördert und andererseits erfolge eine intelligente Verknüpfung von Individualverkehr und ÖPNV. Daher werde das Projekt von der Verwaltung als vernünftig und weiterführend eingeschätzt. Natürlich stelle es keinen Durchbruch, was das städtische Verkehrskonzept angeht, dar, aber es sei ein Element dazu. Dieses Element werde sich in ein Gesamtkonzept organisch einfügen. Vor diesem Hintergrund werde vorgeschlagen, für die Infrastruktur entsprechende Mittel zur Verfügung zu stellen. Im Übrigen werde so auch in anderen Bereichen vorgegangen. So werde doch auch der ÖPNV, der weiter ausgebaut wird, mit hohem Aufwand unterstützt. Auch Call-a-bike erhalte einen jährlichen Zuschuss in Höhe von 130.000 €. Wenn die angestrebte Verknüpfung von Individualverkehr und ÖPNV mit dem größten Unternehmen Stuttgarts ermöglicht werde, stelle dies doch eine ideale Kombination, die nicht zerredet werden sollte, dar. Nicht zuletzt habe sich in Stuttgart die Forschungs- und Entwicklungsarbeit von Daimler angesiedelt.

Als wichtigen Baustein sehen es die StRe Pätzold und Stopper (90/GRÜNE) an, dass durch das Projekt neben der Elektromobilität noch andere Bereiche gestärkt werden. In der Vorlage sieht StR Kanzleiter die Prioritäten im Zusammenhang mit der Intermodalität als richtig gesetzt (Priorität bei ÖPNV, wenn ÖPNV genutzt wird, soll auch ein einfacher Zugang zu car2go möglich sein). Für StR Klingler sind Kooperationen von car2go mit dem ÖPNV und Call-a-bike erforderlich. StR Kotz geht davon aus, dass die Beschlussantragsziffer 3 auf gegenseitige Vergünstigungen abzielt (bspw. Bonusfahrschein, ÖPNV bei 500 €/Jahr Aufwendungen für car2go). Die Umsetzung eines solchen Ansatzes würde die CDU-Gemeinderatsfraktion im Sinne, dass Intermodalität keine Einbahnstraße sein darf, begrüßen. Angesichts des guten Ausbaus des Stuttgarter ÖPNV biete der Individualverkehr einen größeren Spielraum für ökologisch attraktive verkehrliche Verbesserungen. Dazu gibt StR Stopper zu bedenken, dass mit dem Individualverkehr die verkehrlichen Probleme einer Großstadt wie Stuttgart nicht gelöst werden können. Das Projekt car2go werde deshalb für gut angesehen, da es sich um ein Vernetzungsprojekt handelt. Nach Auffassung von StRin Küstler gehören Investitionen primär im ÖPNV getätigt.

StR Klingler bittet zu bedenken, ob im Lenkungskreis nicht auch VVS-Vertreter vertreten sein sollen. Mit car2go werden laut StRin Küstler Weichenstellungen für eine Stuttgarter Mobilitätskarte vorweggenommen. Dies kritisiert sie. Dafür sollte zunächst der Gemeinderat in einem transparenten Verfahren Vorstellungen entwickeln (Wie können Verbindungen zwischen den verschiedenen Verkehrsmitteln aussehen / Kommunales Projekt / Klärung der Auswirkungen auf die Stadtplanung / Berücksichtigung sozialer Belange). Laut Herrn Dr. Schlossnikel wird die Mobilitätskarte (Mobilitätsplattform) in vier Wochen im Verwaltungsausschuss zur Beratung anstehen. Auf der Grundlage einer Machbarkeitsstudie sei seit zwei, drei Wochen bekannt, dass diese Karte, diese Plattform, unter bestimmten Bedingungen machbar ist. Die Präsentation werde dann von Herrn Meier-Berberich von der SSB federführend geleitet. Wie die SSB sei dabei auch der VVS von Anfang an, seit neun Monaten, beteiligt. Die Nahverkehrsunternehmen hätten erkannt, dass ihnen die Verbindung von Elektromobilität/Carsharing mit dem ÖPNV mehr Kunden einbringt. Bei der Präsentation dieser Mobilitätskarte werde es nicht um Platzbedarfe, sondern darum gehen, bestehende und zukünftige Angebote miteinander zu verknüpfen. Die Vorstellung von StR Kotz, gegenseitiger Vergünstigungen, werde sicherlich auch seitens des ÖPNVs aufgrund betriebswirtschaftlicher Überlegungen begrüßt.

StR Pätzold gibt zu Protokoll, in der gestrigen Sitzung des Ausschusses für Umwelt und Technik habe es sich um einen Zielbeschluss zur Beschlussantragsziffer 4 gehandelt, 50 zusätzliche Stellplätze für das klassische Carsharing im Stadtgebiet herzustellen. Mit den geplanten 250 Ladesäulen würden 250 Stellplätze ausschließlich für die Elektromobilität reserviert, während Carsharing-Stellplätze eindeutig dem ruhenden Verkehr zugute kommen, da diese Fahrzeuge auch Stellplätze einsparen, stünden die genannten 250 Stellplätze dem "normalen" Kfz-Verkehr nicht mehr zur Verfügung. Die Beschlussantragsziffer 4, so EBM Föll, beinhalte ein Konzept, aber keine Anzahl von Stellplätzen. Mit den Betreibern der Carsharing-Modelle werde man sich zusammensetzen und schauen, welche Lösungsmöglichkeiten umgesetzt werden können. Ob es sich dann um 50, 40 oder um 60 Stellplätze handle, müsse konzeptionell beantwortet werden. Außer Frage stehe, wenn solche Stellplätze dauerhaft im öffentlichen Parkraum angeboten werden sollten, müssten die betroffenen öffentlichen Stellplätze entwidmet werden. Dabei handle es sich um eine nicht ganz einfache Fragestellung. Die Herstellung solcher Stellplätze werde ernst genommen, auch da die klassischen Carsharing-Modell-Angebote als wichtige Verknüpfungselemente in der Stadt angesehen werden. Bis zur Sommerpause werde dazu ein Konzept vorgelegt. Heute könnten bereits, da die Stadt darüber verfüge, die Stellplätze in den Garagen Rossbollengässle und Rathausgarage zugesagt werden. Die Verwaltung sei daran interessiert, mit den Betreibern der klassischen Carsharing-Modelle zu vernünftigen Lösungen zu kommen. Diese sollen ja nicht verdrängt werden. Klarheit bestehe allerdings auch darüber, wenn diese Betreiber Elektrofahrzeuge anschaffen, dass diese wie alle anderen Besitzer solcher Fahrzeuge, öffentliche Stellplätze nutzen können. Die Regelung bezüglich der Stellplätze für Elektrofahrzeuge sei ausdrücklich diskriminierungsfrei. Was die Fragestellung "Nutzung Parkraum" betrifft, gehe es also ausschließlich um Elektrofahrzeuge, unabhängig davon, wer mit welchem Modell ein solches Fahrzeug betreibt. EBM Föll sagt zu, dass die Verwaltung den von StR Pätzold angesprochenen Zielbeschluss mitnimmt. Versucht werde, diesen Zielbeschluss in das Konzept, welches mit den Betreibern der klassischen Carsharing-Modelle zu besprechen ist, aufzunehmen.

Die im Verlauf der Aussprache durch StR Kotz bezogen auf die Beschlussantragsziffer 3 geäußerte Anregung gegenseitiger Vergünstigungen/Rabatte will Herr Dr. Schlossnikel in die Beschlussantragsziffer 3 aufnehmen.


EBM Föll stellt fest:

Der Verwaltungsausschuss stimmt dem Beschlussantrag der GRDrs 196/2012, Ergänzung, bei 15 Ja- und 1 Gegenstimme mehrheitlich zu.

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