Protokoll: Verwaltungsausschuss des Gemeinderats der Landeshauptstadt StuttgartNiederschrift Nr.
TOP:
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VerhandlungDrucksache:
959/2013
GZ:
7831-10.21
Sitzungstermin: 06.11.2013
Sitzungsart: öffentlich
Vorsitz: EBM Föll
Berichterstattung:der Vorsitzende
Protokollführung: Herr Häbe
Betreff: Sonderzuschuss Turmforum

Beratungsunterlage ist die Vorlage des Referats Wirtschaft, Finanzen und Beteiligungen vom 25.10.2013, GRDrs 959/2013, mit folgendem

Beschlussantrag:

Dem Verein Bahnprojekt Stuttgart - Ulm e. V. wird ein einmaliger Zuschuss in Höhe von 100.000 € für die Aktualisierung der ständigen Ausstellung im Turm des Hauptbahnhofs in den Jahren 2012/2013 gewährt.

Der Aufwand wird im Teilergebnishaushalt 2013 THH 810 - Bürgermeisteramt, Amtsbereich 8108020 - Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, Kontengruppe 42510 - Sonstige Aufwendungen für Sach- und Dienstleistungen -, (Öffentlichkeitsarbeit S21) gedeckt.


Die Beratungsunterlage ist dem Originalprotokoll sowie dem Protokollexemplar für die Hauptaktei beigefügt.


EBM Föll spricht von einem an sich bekannten Vorgang und erinnert an die Behandlung der Anträge Nr. 281/2003 der Gemeinderatsfraktionen von CDU, FW und FDP sowie Nr. 282/2003 der SPD-Gemeinderatsfraktion in der Sitzung des Verwaltungsausschusses am 03.07.2013, Niederschrift Nr. 235.

Zwischenzeitlich habe der Verein Bahnprojekt Stuttgart - Ulm e. V. entsprechende Abrechnungsunterlagen eingereicht. Diese seien seitens der Verwaltung geprüft worden. Auf der Grundlage dieser Unterlagen für die Neugestaltung des Turmforums, insbesondere bezogen auf die Abrechnung der Kosten für die Neugestaltung der Ebene 7 des Turmforums, sei ein entsprechender städtischer Zuschuss denkbar. Grundsätzlich verhalte es sich so, dass die Stadt im Vorfeld einen solchen Zuschuss mündlich in Aussicht gestellt hat; bei einer mündlichen Inaussichtstellung, und dies unterstreicht er, handle es sich um keine Zusage. Dies bedeute, der Zuschuss stelle bei einer positiven Entscheidung des Gemeinderats eine freiwillige Leistung der Stadt dar. Einen vertraglichen Anspruch des Vereins gebe es nicht. Dem Gemeinderat sei es selbstverständlich unbenommen, wie in anderen Bereichen auch, unabhängig von gesetzlichen und vertraglichen Ansprüchen freiwillige Leistungen zu beschließen. Mit der Prüfung der Verwaltung würden dafür die notwendigen Entscheidungsgrundlagen nun vorliegen. Wie in der Vorlage beschrieben könne ein einmaliger Zuschuss in Höhe von 100.000 € aus dem Haushaltsansatz Öffentlichkeitsarbeit Stuttgart 21, Teilhaushalt L/OB-K, finanziert werden.

StR Pätzold (90/GRÜNE) ist erstaunt darüber, dass hier seitens der Verwaltung, ohne Detailskenntnis, 100.000 € in Aussicht gestellt wurden. Der Antrag Nr. 288/2013 "Stuttgart 21: Mehrkosten auch bei der Informationskampagne" wird von ihm als noch nicht beantwortet angesehen. Im Namen seiner Fraktion lehnt er den Beschlussantrag ab.

Zustimmend zum Beschlussantrag äußert sich StR Kotz (CDU). Der zur Beratung stehende Zuschuss an das Turmforum soll an einen Verein gehen, den die Stadt mitbegründet hat und an dem die Stadt entscheidend beteiligt ist.

Zustimmung für ihre Fraktionen signalisieren zudem die StRe Pfeifer (SPD) und Zeeb (FW). Für sie ist mit der Vorlage der Nachweis der Mittelverwendung geführt. StR Klingler (FDP) erachtet einen Rückblick als notwendig. In der Vergangenheit seien doch erhebliche Kommunikationsfehler gemacht worden. Die FDP-Gemeinderatsfraktion werde zustimmen. Beim Turmforum handle es sich grundsätzlich um etwas Positives. Im kommunikativen Bereich gehörten jedoch Optimierungen vorgenommen.

Mit Nachdruck gegen den Beschlussantrag äußert sich StR Stocker (SÖS und LINKE). Er geht davon aus, dass das Bahnprojekt Stuttgart 21 nicht funktioniert und dass nach dessen Fertigstellung die Bahn nicht umhin kommt, den Kopfbahnhof beizubehalten.

Von der neu konzipierten Ausstellung im Turmforum zeigt sich StR Pätzold enttäuscht. Gefühlt seien 80 % der alten Ausstellung übernommen worden. Dass es sich um eine komplett neu konzipierte Ausstellung für 600.000 € handelt, könne nicht erkannt werden. StR Kotz, StR Pfeifer, StR Zeeb, StR Klingler und StR Kanzleiter (SPD) weisen auf die hohen Besucherzahlen des Turmforums hin (ca. 20.000 Personen/Monat). Sie unterstreichen die Bedeutung dieser Ausstellung.

Ein Großteil der Ausstellung, so StR Kotz, basiere mittlerweile auf kostenintensiver multimedialer Technik. Sein Wunsch lautet, dass sich der Stuttgarter Gemeinderat verstärkt in das Bahnprojekt Stuttgart 21, z. B. durch die Darstellung städtebaulicher Aspekte, einbringt. Daran anknüpfend betont StR Pfeifer, die Neukonzeption der Ausstellung sei durchaus erkennbar. Für seine Fraktion sei es ebenfalls wichtig, beim Thema Städtebau den städtischen Part einzubringen. Es gehe bei diesem Zuschuss nicht um die Gesamtausstellung der Bahn, sondern um den Teil des Vereinsmitglieds Stadt Stuttgart. Die SPD-Gemeinderatsfraktion werde gern mitwirken, wenn es darum geht, das Thema Städtebau zu intensivieren; in den nächsten Jahren werde man sich intensiv mit der Rosensteinbebauung beschäftigen müssen. Eine Ausstellungspräsentation werde dafür nicht ausreichen. Nach Überzeugung von StR Zeeb ziele die Ausstellung darauf ab, der Stuttgarter Bevölkerung, aber auch den Menschen aus dem Umland die Ziele des Bahnprojekts Stuttgart 21 (S 21) näherzubringen.

StR Klingler stimmt mit seinen Vorrednern überein, dass der städtebauliche Aspekt stärker zum Tragen kommen muss. Dabei soll berechtigte positive Kritik aufgenommen werden. Im Gegensatz dazu geht StR Stocker aufgrund seiner negativen Bewertung des Bahnprojekts davon aus, dass der ins Auge gefasste Städtebau ohnehin nicht zum Tragen kommen wird. EBM Föll informiert, die Verwaltung habe insbesondere bei der Neugestaltung der Ebene 7 inhaltlich mitgewirkt.

Für StR Stocker sollte zunächst im Zusammenhang mit der Frage, ob nach dem Bundeseisenbahngesetz die Rosensteinfläche nicht zunächst entwidmet werden muss Klarheit darüber hergestellt werden, ob für den Bereich Rosenstein überhaupt Planungen möglich sind. Er überlegt zu beantragen, dem Oberbürgermeister eine entsprechende Feststellungsklage aufzuerlegen.

An StR Stocker gewandt verweist EBM Föll auf intensive Beratungen der Thematik Entwidmung der Rosensteinfläche im Ausschuss für Umwelt und Technik. Die Verwaltung habe dazu auch Stellung bezogen. Die Sichtweise von StR Stocker werde von der Verwaltung nicht geteilt. Dass eine Entwidmung der gewidmeten Bahnfläche vorgenommen werden muss, werde von keiner Seite bestritten. Über die Vorgehensweise gebe es allerdings unterschiedliche Auffassungen, eine davon vom Wissenschaftlichen Dienst des Bundestages. Die Stadt gehe davon aus, dass diese Entwidmung nach Fertigstellung des Bahnprojekts Stuttgart - Ulm rechtlich zulässig ist.

StR Pätzold erinnert daran, dass seine Fraktion mit dem Antrag Nr. 288/2013 die Darstellung der Bürgerbewegung gegen das Bahnprojekt S 21, insbesondere in der Rathaus-Ausstellung, beantragt hat. Die Ausstellung im Turmforum gehe in einem kleinen Abschnitt auf die Bürgerbewegung ein, es würden jedoch interessante Dinge ausgeblendet. Der Bürgerbewegung sollte es ermöglicht werden, sich in der Rathaus-Ausstellung selbst darzustellen. Sollte diesem Anliegen gefolgt werden, ist es für StR Zeeb erforderlich, alle Facetten der Bürgerbewegung darzustellen. Diese habe auch "sehr hässliche Seiten" gehabt.

Dass der Antrag der Gemeinderatsfraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN noch nicht beantwortet ist, räumt EBM Föll ein. Derzeit finde eine intensive Bearbeitung des Antrags statt. In der Tat gebe es Überlegungen, die Bürgerbewegung, den Widerstand gegen S 21, in die im Rathaus befindliche Ausstellung einzubeziehen, um dann die komplette Bandbreite von S 21 aufzuzeigen.

Eine Frage von StR Zeeb aufgreifend informiert der Vorsitzende, die Finanzierung des Infoladens sei über L/OB-K sichergestellt. Gegenwärtig gehe es hier um einen Betrag in der Größenordnung von 6.000 bis 7.000 €/Jahr. Die Frage der Örtlichkeit sei derzeit allerdings noch nicht geklärt. Die Stadtverwaltung bemühe sich mit Herrn Klegraf (ehemals BV Nord) und anderen Personen um eine gute Lösung.

Auf StR Stocker eingehend berichtet der Vorsitzende, das im zweiten Absatz des Beschlussantrags erwähnte Budget für Öffentlichkeitsarbeit gehe auf den Grundsatzbeschluss des Gemeinderats zurück, dass für die Öffentlichkeitsarbeit zu S 21 im L/OB-K-Budget 650.000 €/Jahr enthalten sein sollen. In diesen Mitteln sei der laufende Zuschuss für das Turmforum in Höhe von 300.000 €/Jahr enthalten. Die übrigen 350.000 € sollen insbesondere im Kontext mit der städtebaulichen Entwicklung im Rosensteinviertel, für die Neugestaltung der Ausstellung im Rathaus unter Einbeziehung der Bürgerbewegung etc. verwendet werden. Da die Mittel dieses Budgets nicht vollständig verplant sind, könne, sofern dies der Verwaltungsausschuss beschließt, aus diesem Budget, also aus vorhandenen Haushaltsmitteln, der zur Beratung anstehende Zuschuss finanziert werden.

StR Rockenbauch (SÖS und LINKE) hält es für politisch nicht vertretbar, einen Verein, dessen Vorsitzender im Namen des Vereins einen Rechtsstreit gegen die Stuttgarter Zeitung (StZ) angestrengt hat, einen Zuschuss zu gewähren. Dazu entgegnet StR Kotz, in einem Rechtsstaat könne eine Person, wenn sie zu der Auffassung gelangt, in ihren Rechten angegriffen zu werden, auch gegen ein Presseorgan vorgehen. Seines Wissens ist die Klage des Vereins erfolgreich gewesen. Natürlich könne darüber diskutiert werden, ob ein solcher Klageschritt klug war oder nicht.

Nach Auffassung von StR Pätzold gehöre angesichts unterschiedlicher Außenwirkungen unterschieden, ob ein Verein, in dem das Land, die Stadt und die Region Mitglieder sind, oder ob ein Privatmann klagt. Im angesprochenen Fall habe der Verein geklagt, also zum Teil auch die Stadt, gegen eine Darstellung, dass S 21 später fertiggestellt wird. Laut einer Berichterstattung des SWR dürfe die StZ nach dem Urteil nun nicht mehr schreiben, dass es ein Dokument gibt, mit dem die spätere Fertigstellung bewiesen wird. Dagegen dürfe weiterhin geschrieben werden, dass das Projekt später fertiggestellt wird. Im Hinblick auf die Auseinandersetzungen zu S 21 empfinde er es als ungut, die Presse zu verklagen. Damit werde signalisiert, eine Berichterstattung, die einem nicht genehm ist, verhindern zu wollen. Die Klage, die mit den Vereinsmitgliedern nicht ordentlich abgesprochen war, sei ein gegen die Presse gerichtetes Symbol. Wie der Rechtsstreit letztlich endet, sei derzeit noch nicht geklärt, da die StZ in Berufung geht.

Für StR Klingler hat die Klage keinen Sinn gemacht. Letztlich seien Finanzmittel verbraucht worden und der Verein habe durch die Klage eher einen Imageschaden erlitten. Es sei aber müßig, darüber zu sprechen, da noch kein abschließendes Urteil vorliegt. Eigentlich hätte über die Klageerhebung eine Mitgliederversammlung entscheiden sollen. Rein formal, so daraufhin EBM Föll, habe der Vereinsvorsitzende korrekt gehandelt; die Vereinssatzung besage, dass der Vorsitzende die Stadt jeweils gerichtlich und außergerichtlich alleine vertreten kann. Wie dies inhaltlich bewertet wird, überlässt er den Ratsmitgliedern.

StR Kanzleiter bittet StR Rockenbauch davon Kenntnis zu nehmen, dass sich die Umsetzung von S 21 im Plan befindet. Nun gehe es darum, Probleme, die zwangsläufig bei solchen Großprojekten auftreten, zu lösen und nach vorne zu blicken. Die Durchführung der Bauarbeiten sei Sache der Bahn, und die Bahn stehe auch in der Pflicht, das Projekt umzusetzen. Die Zuständigkeit der Stadt sei zu planen, was nach der Fertigstellung hinter dem Bahnhof entstehen wird. Wohl in acht Jahren müssten genehmigte Bebauungspläne vorliegen, und bis dahin müsse geklärt sein, wer dort was baut. Dafür müssten nun Weichenstellungen vorgenommen werden und hierfür müsse das Interesse bestehen, die Bevölkerung einzubinden. Einen Teil davon stelle das Turmforum dar. Der gesamte Gemeinderat sollte sich darauf konzentrieren, die Zukunft dieses künftigen Stadtteils zu gestalten. Diesbezüglich sei es nicht hilfreich, weiterhin "die Schlachten von gestern zu schlagen".

Unklar ist für StR Pätzold, wie der städtische Vereinsbeitrag in Höhe von 300.000 €/Jahr verwendet wird. EBM Föll weist darauf hin, dass zwischen dem laufenden Zuschuss in Höhe von 300.000 € und dem im Beschlussantrag enthaltenen Zuschuss differenziert werden muss. Der laufende Zuschuss diene insbesondere der Finanzierung der Betriebskosten des rege besuchten Turmforums. Dort würden nicht nur Studenten beschäftigt. In der Folge fordert StR Pätzold, dass der Stadt als Vereinsmitglied in Zukunft jährlich eine Auflistung über die Verwendung des städtischen Zuschusses vorgelegt wird. Im Gemeinderat sei zuletzt vor zehn Jahren eine Liste über die Verwendung dieser Mittel vorgelegt worden. Diese Aufstellung habe damals der Erste Bürgermeister in seiner damaligen Funktion als Stadtrat beantragt. Diese Forderung empfindet StR Kanzleiter als legitim, wobei er davon ausgeht, dass die Prüfung der Verwendungsnachweise durch die Verwaltung erfolgt.

Gegen Ende der Aussprache sagt EBM Föll an StR Pätzold gewandt zu, dass die Verwaltung über die Abrechnungen, über die Wirtschaftspläne des Vereins berichtet. Dies stelle, wenn dies aus der Mitte des Gemeinderats gewünscht wird, eine übliche Vorgehensweise dar. Er werde BM Hahn, der die Stadt im Vorstand des Vereins vertritt, bitten, einen entsprechenden Bericht für den Gemeinderat zu fertigen. Abschließend stellt der Vorsitzende fest:

Der Verwaltungsausschuss beschließt bei 11 Ja- und 6 Nein-Stimmen mehrheitlich wie beantragt.

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