Protokoll: Verwaltungsausschuss des Gemeinderats der Landeshauptstadt StuttgartNiederschrift Nr.
TOP:
271
3
VerhandlungDrucksache:
513/2020
GZ:
OB 9011-05
Sitzungstermin: 22.07.2020
Sitzungsart: öffentlich
Vorsitz: OB Kuhn
Berichterstattung:der Vorsitzende, BM Fuhrmann
Protokollführung: Herr Häbe
Betreff: Nachtragshaushaltssatzung mit Nachtragshaushaltsplan 2020 und Bewirtschaftungsvorgaben zum Doppelhaushaltsplan - Einbringung

Beratungsunterlage ist die Vorlage des Herrn Oberbürgermeisters und des Referats Wirtschaft, Finanzen und Beteiligungen vom 15.07.2020, GRDrs 513/2020, mit folgendem

Beschlussantrag:

1. Der Nachtragshaushaltssatzung für das Haushaltsjahr 2020 mit Nachtragshaushaltsplan wird gemäß Anlagen 1 und 2 zugestimmt.

2. Bewirtschaftung des Haushaltsplans 2020 mit Nachtrag

a) Dem Vorschlag der Verwaltung, die für das Jahr 2020 verfügte Haushaltsbremse aufzuheben und somit der vollständigen Freigabe der Aufwandsansätze 2020 (Anlage 3 Ausführungsbestimmungen zum Doppelhaushaltsplan 2020/2021) wird zugestimmt.

b) Die im Zusammenhang mit der GRDrs 250/2020 "Hilfen zur Abmilderung finanzieller Notlagen im Zusammenhang mit COVID-19" beschlossenen Flexibilisierung im Haushaltsvollzug innerhalb der Teilhaushalte wird aufgehoben.


3. Haushaltsplan 2021

a) Zur Vorbereitung eines notwendigen Nachtragshaushalts für das Haushaltsjahr 2021 wird die Verwaltung beauftragt, ein Konzept zur Verbesserung der Ertragskraft der Ergebnishaushalte und Vorschläge zur Sicherstellung der Finanzierung künftiger Haushalte zu erarbeiten.

b) Um den dafür erforderlichen Handlungsspielraum für Verwaltung und Gemeinderat zu sichern, dürfen Planansätze des Haushaltsjahres 2021 im Ergebnishaushalt grundsätzlich nur bei gesetzlichen und vertraglichen Verpflichtungen verfügt werden (Anlage 3 Ausführungsbestimmungen zum Doppelhaushaltsplan 2020/2021).

Die Beratungsunterlage ist dem Originalprotokoll sowie dem Protokollexemplar für die Hauptaktei beigefügt.


Zu diesem Tagesordnungspunkt wurde wie zum heutigen TOP 2 "Aufstellung Jahresabschluss 2019", heutige NNr. 270, zu Sitzungsbeginn besprochen, nach der Aussprache lediglich eine Einbringung vorzusehen. In der Sitzung des Verwaltungsausschusses am 29.07.2020 soll dann die Beratung fortgesetzt werden, und in der am selben Tag nachmittags stattfindenden Gemeinderatssitzung soll sich die Beschlussfassung durch den Gemeinderat anschließen.

Einführend berichtet der Oberbürgermeister, für 2020 zeichne sich ein coronabedingtes Defizit durch zusätzliche Ausgaben und wegbrechende Einnahmen in der Größenordnung von 500 Mio. € ab. Durch Unterstützungszahlungen des Bundes und des Landes sowie durch den Jahresüberschuss 2019 könne dem Gemeinderat für das laufende Jahr dennoch vorgeschlagen werden, entsprechend den Haushaltsansätzen vorzugehen. In Vordebatten darüber, ob so vorzugehen akzeptabel sei, habe das Hauptargument der Verwaltung gelautet, "die Stadt sollte angesichts der fragilen Lage im Jahr 2020 nicht gegen die Konjunktur ansparen". Für das Jahr 2020 werde also vorgeschlagen, keine zusätzliche Verschuldung einzugehen und keine Haushaltssperre vorzunehmen.

Da die Entwicklung für das Jahr 2021 nicht absehbar sei, schlage die Verwaltung vor, zum Jahresende 2020, in Kenntnis einer dann vorliegenden aktuellen Steuerschätzung sowie des Pandemieverlaufs eine Eckpunktedebatte vorzusehen, um dann, wohl im 1. Quartal 2021, einen Nachtragshaushalt für das Jahr 2021 zu verabschieden. Um Handlungsspielräume zu eröffnen, habe die Verwaltung eine Haushaltssperre für 2021 beantragt. Unter dem Begriff "Haushaltssperre" sei zu verstehen, dass alle gesetzlich/vertraglich nicht zwingend erforderlichen Ausgaben zunächst nicht getätigt werden könnten. Alles andere regele der Nachtrag für das Jahr 2021. Ohne diese Vorgehensweise würden seiner Nachfolgerin/seinem Nachfolger die Handlungsspielräume entzogen, die aber fairerweise zugebilligt gehörten.

Die Verwaltung, so ergänzend BM Fuhrmann, habe bereits mehrfach dem Gemeinderat die dramatischen Auswirkungen der Pandemie auf den Doppelhaushalt 2020/2021 dargestellt. Derzeit könnten immer noch nicht alle Konsequenzen konkret beziffert, sondern lediglich abgeschätzt werden. Ursprünglich sei bei den städtischen Beteiligungen sowie im Stadthaushalt von Risiken im Umfang von 550 bis 850 Mio. € ausgegangen worden. Am 02.06.2020 habe die Verwaltung bekanntlich die Haushaltsbremse verfügen lassen. Ausgenommen worden seien der Stellen- und der Investitionsbereich. Am 25.06.2020 sei dem Gemeinderat dann berichtet worden, zwei wesentliche Aspekte bewirkten, dass die Stadt im Jahr 2020 "noch mit einem blauen Auge davonkommen kann" (Bundes-/Landeshilfen, Jahresüberschuss 2019 in Höhe von 306 Mio. € mit einer freien Liquidität in Höhe von 283,5 Mio. €).

Diese zwei Aspekte versetzten die Stadt in einer kritischen Phase in die komfortable Situation, im Jahr 2020 auf Einsparungen verzichten zu können. Davon profitierten eine Vielzahl von Stuttgarter Bürgerinnen und Bürgern. Die Investitionen würden wie geplant fortgesetzt, die durch den Gemeinderat beschlossenen personellen Verbesserungen würden vorangetrieben, und auf Eingriffe in Rücklagen bzw. auf Kreditaufnahmen könne verzichtet werden. Viele andere Städte und Gemeinden in der Region Stuttgart würden analog verfahren, nur dass diese auf Kredite nicht verzichten könnten.

Der nun vorgeschlagene Nachtragshaushaltsplan für das Jahr 2020 beinhalte alle bekannten und abschätzbaren Auswirkungen der Pandemie. Hier nennt er folgende, auf Gemeinderatsbeschlüsse zurückgehende Punkte: Hilfen für Kultur und Sport, Verzicht auf Kita-Elternbeiträge, Stärkung des Stuttgarter Gesundheitsamtes, Maßnahmen im Zusammenhang mit Schulschließungen. Aufgrund von konkretisierten Schätzungen würden folgende Positionen berücksichtigt:
- ein Minus bei der Gewerbesteuer (minus 350 Mio. €/netto, abzügl. der Gewerbesteuerumlage in Höhe von 320,8 Mio. €)
- ein Minus beim Gemeindeanteil an der Einkommensteuer in Höhe von 42,9 Mio. €
- ein Minus bei der Vergnügungssteuer in Höhe von 10 Mio. €
- sonstige Ertragsausfälle bei den Leistungsentgelten 10,4 Mio. €

Andererseits könnten die nachstehenden Verbesserungen eingeplant werden:
- Corona-Soforthilfe des Landes (14,8 Mio. €, insbesondere für Familien); bereits jetzt liege die Stadt in diesem Bereich mit Ausgaben in Höhe von 23,9 Mio. € weit über den zugebilligten Landesmitteln
- Verbesserung aufgrund der Mai-Steuerschätzung im Bereich des Umsatzsteueranteils in Höhe von 11,7 Mio. €
- Kompensation der Gewerbesteuerausfälle in Höhe von 150 Mio. € (vorläufige Zahl, da noch kein endgültiger Verteilungsschlüssel verkündet ist)
- Erhöhung der Bundesbeteiligung an den Unterkunftskosten in Höhe von 40 Mio. €

Im Saldo ergebe sich ein zusätzlicher Finanzmittelbedarf in Höhe von 238,4 Mio. €.

An dieser Stelle teilt BM Fuhrmann mit, seit gestern ergebe sich eine leichte Verbesserung und damit eine Abweichung zu der Vorlage in Höhe von 3,7 Mio. €. Dieser Betrag sei zu der freien Liquidität von 0,1 Mio. € hinzuzurechnen. Zumindest nach der jetzigen Einschätzung werde also eine freie Liquidität in Höhe von 3,8 Mio. € vorhanden sein.

Die Verwaltung werde als Folge dieser Zahlen vorschlagen, die Haushaltsbremse für 2020 aufzuheben. Zudem werde dem Gemeinderat die Aufhebung der Flexibilisierung des Haushaltsvollzugs für Teilhaushalte, dies sei Gegenstand der GRDrs 250/2020 gewesen, vorgeschlagen. Mit dem Nachtragshaushalt werde es gelingen, die allgemeine Deckungsreserve wieder freizubekommen. Von dort seien bekanntlich viele Dinge zwischenfinanziert worden. Einen Spielraum für weitere Aufwendungen (über die erwähnten 3,8 Mio. € hinaus) ohne Kostendeckungsvorschläge werde es jedoch nicht geben. Dies betreffe in erster Linie noch offene und noch kommende gemeinderätliche Anträge.

Zum Nachtragshaushalt 2021 fährt er fort, in Erinnerung wolle er rufen, dass bereits das Regierungspräsidium im Rahmen seiner Genehmigung des Doppelhaushalts 2020/ 2021 der LHS dringend empfohlen habe, strukturelle Maßnahmen zur Verbesserung der Finanzkraft zu ergreifen. Dies sei für die Einschätzung, wie die Stadt mit den Jahren 2020 ff. umgehe, bedeutsam. Die Auswirkungen der Pandemie auf 2020 seien nach wie vor nicht verlässlich darstellbar, allerdings sei absehbar, dass Einsparungen dringend und zwingend geboten seien.

Unter der Beschlussantragsziffer 3 a) werde vor diesem Hintergrund die Erarbeitung eines Konzepts seitens der Finanzverwaltung vorgeschlagen. Dieses Konzept wolle die Finanzverwaltung dem Gemeinderat bis Ende des Jahres auch als Grundlage für den Nachtragshaushalt 2021 vorlegen. Zudem werde als Vorsichtsmaßnahme im Hinblick auf das Jahr 2021 der Beschluss einer haushaltswirtschaftlichen Sperre im Ergebnishaushalt vorgeschlagen. Diese haushaltswirtschaftliche Sperre bedeute, dass im Ergebnishaushalt keine Verfügungen getroffen werden könnten, sofern diese nicht gesetzlich/vertraglich verpflichtend seien. In Abstimmung mit dem Finanzreferat und durch Beschlüsse des Rates seien natürlich im Vorgriff auf den Nachtragshaushalt 2021 Ausnahmen möglich.

Angesichts des Vorschlags, die Beschlussfassung auf die nächste Woche zu verschieben, wolle er darauf hinweisen, dass die Beschlussfassung noch vor den Sommerferien, also am 29.07.2020, erfolgen müsse. Danach appelliert er an den Gemeinderat, angesichts der sich abzeichnenden finanziellen Entwicklungen verantwortungsbewusst zu handeln. Des Weiteren gibt er zu bedenken, alle Beschlüsse über Verfügungen des Jahres 2021 würden den Spielraum für künftige notwendige Priorisierungen einengen.

Mit Nachdruck bedankt er sich bei der Mitarbeiterschaft der Finanzverwaltung für deren Einsatz in den letzten Monaten. Befürchtet werden müsse, dass der Arbeitsdruck in den kommenden Monaten in diesem Verwaltungsbereich nicht nachlasse. OB Kuhn schließt sich diesem Dank an.

Zur Corona-Lage informiert der Oberbürgermeister anschließend, sollte nach den Sommerferien eine zweite Infektionswelle auftreten, hätte dies schlimme finanzielle Auswirkungen für das Haushaltsjahr 2021. Sorge bereiteten die Urlaubsrückkehrer aus Risikogebieten. Dazu befinde er sich im Gespräch mit der Landesregierung. Seiner Einschätzung nach bestehe hier eine Lücke, da Rückkehrer, wenn sie sich in einem Risikogebiet zwei Tage vor der Einreise einem Test unterzogen hätten, ohne Quarantäne einreisen könnten. In den zwei Tagen, bis das Testergebnis vorliege, könnten diese das Virus verbreiten. Des Weiteren zeige sich, dass in der Bevölkerung die Vorsichtsmaßnahmen nachließen. Wenn es weiter gelinge, Klinikkapazitäten vorzuhalten und alle Infektionsfälle nachzuverfolgen, sei die Chance, zu einer Beruhigung zu kommen, groß. Dann könne man davon sprechen, dass die Stadt/Region gelernt habe, mit dem Virus umzugehen.

Entscheidend werde ebenfalls sein, ob sich zum Jahresende zeige, dass zeitnah ein Impfstoff zur Verfügung stehe. Dann werde sich für 2021 eine positive wirtschaftliche Perspektive ergeben. Diese Aspekte zeigten, weshalb bestimmte Dinge derzeit nicht geklärt werden könnten bzw. dass bestimmte Dinge erst Ende 2020 in einem Eckpunktepapier aufgereiht werden könnten. Daher strebe die Verwaltung an, die Handlungsspielräume für 2021 wie von BM Fuhrmann dargestellt offenzuhalten.

Durch StR Winter (90/GRÜNE) wird grundsätzlich betont, dass die Stadt erst durch die Unterstützung von Bundes- und Landesseite sowie den Jahresüberschuss 2019 in die Lage versetzt wird, die Haushaltsbeschlüsse für das Jahr 2020 in vollem Umfang umzusetzen. Angesichts der ungewissen Pandemieentwicklung müsse auf Sicht gefahren werden. Ein erneuter Lockdown durch eine zweite Infektionswelle hätte gravierende Folgen für den städtischen Haushalt 2021.

Für StR Kotz (CDU) erfolgt de facto eine Spaltung des Doppelhaushalts 2020/2021. Er spricht hier beispielhaft die Themen "Kita-Förderung für 0- bis 3-Jährige" und "Fachschulgebühren" an. Seine Fraktion hätte sich frühzeitiger eine Gesamtschau mit der Benennung von Prioritäten gewünscht, um Schnittstellenprobleme auflösen zu können. Die Vorgehensweise, jetzt einen Nachtragshaushalt 2020 und Ende des Jahres einen Nachtragshaushalt 2021 aufzustellen, bezeichnet er als zweitbestes Verfahren. Am Beispiel der Handwerkskammer der Region Stuttgart regt er zum Nachtragsetat 2021 Überlegungen der Stadtverwaltung über verbesserte Dienstleistungen und eine kritische Betrachtung der eigenen Strukturen an.

Für StR Rockenbauch (Die FrAKTION LINKE SÖS PIRATEN Tierschutzpartei) sind die anstehenden kommunalpolitischen Herausforderungen schon ohne die Pandemie gigantisch. Dabei erwähnt er Wohnungs-, Verkehrs-, Klima- und soziale Probleme. Schnellstmöglich gehöre die Transformation zu einer klimagerechten Stadt umgesetzt. Die Pandemie zeige auf, wo sich die Stadt besser aufstellen müsse. Eine bessere Handlungsfähigkeit gehöre vorangestellt, da dadurch finanzielle Fragen anders definiert würden. Im kommenden Jahr müsse auf Sicht gefahren werden. Erfreut sei er darüber, dass die Haushaltsbeschlüsse für 2020 umgesetzt werden können. Damit die Stadt 2021 stabilisierend wirken könne, sei eine Verfügungssperre nicht klug. Da im Kultur- und Sozialbereich Leistungen freiwillig seien, hätte dort eine Verfügungssperre gravierend negative Auswirkungen. Wenn erst im Dezember entschieden werde, wo und in welchem Umfang Kürzungen erfolgten, seien beispielsweise von freien Trägern bereits Verträge für 2021 unterzeichnet und Kündigungsfristen verstrichen. Die Krise zeige, es werde mehr Kommune benötigt. Weiter hebt er hervor, bei den Themen Wohnen und Verkehr müsse die Stadt schneller und besser handeln. Diese nicht gesetzlich geregelten, aber für die Herstellung einer Zukunftsfähigkeit notwendigen Aufgabenfelder lösten unmittelbar konjunkturelle Impulse aus. Dasselbe treffe auf die soziale sowie die kulturelle Teilhabe zu. Der anstehende Strukturwandel sei nicht das Ergebnis der Pandemie. In der letzten Konsolidierungsrunde mit Haushaltssperre im Jahr 2009 wurde seiner Erinnerung nach der Sozialbereich ausgenommen. Wenn dies im Jahr 2021 für den Sozial- und den Kulturbereich nicht gelten sollte, würden mit Sicherheit negative Effekte entstehen. Die Stadt sei so aufgestellt, dass sie diese Bereiche ausklammern könne.

Begrüßt wird von StR Körner (SPD), dass die Haushaltsplanung für das Jahr 2020 ohne gravierende Einsparungen umgesetzt werden kann. Schwierig werde das Jahr 2021. Dann müsse die Stadt Lücken schließen, und von daher müsse über finanzielle Reserven geredet werden. Seines Erachtens benötigt die Stadt keine Liquiditätsreserve in Höhe von 120 Mio. €, damit im Jahr 2021 "Peaks" abgedeckt werden können. Dafür reichten 50 bis 70 Mio. € aus. Diese Mittel und auch Kredite könnten zudem herangezogen werden, um Lücken zu schließen. Anschließend betont er, die SPD-Gemeinde-ratsfraktion habe ein Problem damit, bei den Schwächsten zu sparen; seiner Interpretation nach gehe es bei der Beschlussantragsziffer 3 b) insbesondere um freiwillige Leistungen. Vorgeschlagen wird von ihm, um nicht "in die Verunsicherung hineinzusparen", strukturelle Überlegungen erst im Jahr 2022 anzustellen.

StR Dr. Oechsner (FDP) erwartet von der Verwaltung eine Vorlage, die aufzeigt, was dieses Jahr ansteht und wie sich die Stadt nächstes Jahr aufstellen muss. Den Vorschlag der Verwaltung, die Haushaltsbeschlüsse 2020 umzusetzen, bezeichnet er als gute Herangehensweise. Die abwartende Haltung der Verwaltung, bezogen auf das Jahr 2021, hat für ihn nichts mit Ängstlichkeit zu tun, sondern mit der Frage, was ist die Verantwortung der Politik und was die der Verwaltung. Der Beschlussantrag der GRDrs 513/2020 biete dem Gemeinderat - und entsprechend äußert sich StRin von Stein (FW) - die Möglichkeit, Prioritäten, wie z. B. im Kitabereich für 0- bis 3-Jährige, zu setzen. An StR Rockenbauch und StR Körner gewandt geben StR Dr. Oechsner und StRin von Stein zu bedenken, dass sich die Stadt auch durch das Bedienen von Krediten ihre Handlungsfähigkeit einschränken kann. Man müsse in schlechten Zeiten die Kraft aufbringen, die Umsetzung von in guten Zeiten gefassten Beschlüssen, um Wünschenswertes umzusetzen, zu verschieben.

Angesichts der nicht vorhersehbaren Pandemieentwicklung sind notwendige gesundheitspolitische Maßnahmen für StR Ebel (AfD) ebenfalls nicht vorhersehbar. Die Pandemie habe natürlich Auswirkungen auf die wirtschaftliche Entwicklung. Für möglich erachtet er eine Überreaktion der Politik. Da auf Sicht gefahren werden müsse, könne die Stadt auch nur kurzfristig agieren.

Von StR Walter (PULS) wird angemerkt, im Kern könne der Vorlage zugestimmt werden. Mit der Vorlage werde der Gemeinderat ermahnt, vorsichtig zu handeln. Dies und die Bedenken zu der Verfügungssperre teile er nicht zuletzt deshalb, da freie Träger Planungssicherheit benötigten. In der nächsten Woche habe der Gemeinderat Schwerpunkte zu setzen. Auf das Konzept zur Verbesserung der Ertragskraft sei er gespannt.

Für OB Kuhn ist bei einer anhaltenden Pandemie nicht davon auszugehen, dass die derzeit hohen Bundes- und Landeszuschüsse im Zusammenhang mit Covid-19 auch noch 2021 gewährt werden. Wahrscheinlich müssten der Bund und das Land diese kreditfinanzierten Mittel in den nächsten Jahren wieder einsparen. Da außer Frage stehe, dass 2021 nicht wie 2020 gehandelt werden könne, müsse die Verwaltung vorschlagen, wie 2021 vorgegangen werden solle. Haushaltssperre bedeute, bei nicht vertraglich und gesetzlich notwendigen Ausgaben gebe es eine Sperre, es sei denn, die Verwaltung mache etwas Unabdingbares geltend oder der Gemeinderat treffe einen Beschluss. Ein beschlossener Haushalt sei eine Ermächtigung, um Ausgaben vornehmen zu können, und keine Verpflichtung, Ausgaben zu tätigen. Natürlich sehe es die Verwaltung als schwierig an, auch im Sozialbereich mit einer Haushaltssperre zu arbeiten, aber wenn jetzt nicht mit der geforderten Vorsicht gehandelt werde und die Infektionslage sich verschlechtere, werde künftig zu recht nachgefragt, weshalb man nicht rechtzeitig, bezogen auf das Jahr 2021, reagiert habe. Erforderlich sei vorausschauendes und verantwortliches Handeln.

Diesen Aussagen schließt sich BM Fuhrmann an. Von ihm wird verdeutlicht, die Haushaltssperre ermögliche, dass der Gemeinderat eine Vorabpriorisierung für das Jahr 2021 vornehmen könne. Die Finanzverwaltung müsse die finanzielle Situation überblicken können. Die Haushaltssperre bedeute nicht, dass keine Maßnahmen im freiwilligen Bereich umgesetzt werden könnten, aber welche Maßnahmen als vorrangig und welche als nachrangig angesehen würden, obliege dem Gemeinderat. Die Fachausschüsse würden dem Gemeinderat Vorschläge unterbreiten.

Die Hoffnung, dass die Vereinbarung zu den Stellenschaffungen auch im Jahr 2021 gilt, äußert Herr Brause (GPR). Gerade jetzt zeige sich die Bedeutung der Daseinsvorsorgestrukturen für die Einwohnerschaft. Um die Handlungsfähigkeit der Verwaltung zu sichern, gehöre eventuell in den Nachtragshaushalten über zusätzliche Finanzierungen nachgedacht (z. B. für digitales Arbeiten).

Von StR Kotz werden die aktuell in die Wege geleiteten Schritte zur Unterstützung der Wirtschaft als Ersthilfe bezeichnet. Vermisst werde eine Wirtschaftsförderung, die die Aktivierung neuer Ideen und Konzepte beinhaltet und so über Jahre Wirkung zeigt. Bis zum Nachtragshaushaltsplan 2021 bitte seine Fraktion daher, ein Konzept zum Thema Wirtschaftsstandort Stuttgart vorzulegen, welches Anregungen darüber enthält, was die Stadt unternehmen kann, um den Wirtschaftsstandort mittel- und langfristig zu sichern. Einerseits könnten 2021 Einschränkungen nicht vermieden werden, andererseits gehöre Hoffnung vermittelt.

Dies aufgreifend kündigt der Vorsitzende zum Nachtragshaushalt 2021 entsprechende Vorschläge an. Beim Thema Klimaschutz gebe es zwar Start-ups, die sich bemühten und die auch seitens des Landes und durch die Stadt gefördert würden, aber bei der Großindustrie laufe diesbezüglich nicht viel. Einzig bei der Firma Porsche gebe es Elektrofahrzeuge. Bei der Firma Daimler könne aktuell, obwohl seit zehn Jahren über Elektromobilität gesprochen werde, kein reines E-Auto gekauft werden. Um für einen E-Smart eine Bestellung aufgeben zu können, müsse monatelang gewartet werden. Anderes verhalte es sich bei japanischen und französischen E-Autos. Solche wirtschaftspolitischen Fragen gehörten gestellt.

In der Breite wären bei Klimaschutzschwerpunkten bereits größere Fortschritte möglich, wenn es keine Abwehrkämpfe gäbe. So verteidige die Firma Bosch den Verbrennungsmotor. Manche Unternehmen, wie die Firma Mahle, seien dagegen durchaus kreativ, da diese Veränderungsbedarfe erkannt hätten.

Ihn beunruhige, dass derzeit mit Bundes- und Landesmitteln flächendeckend die Wirtschaft bedient werde, ohne zu differenzieren, ob die Unternehmen überhaupt zukunftsfähig agierten. Die eigentliche Aufgabenstellung müsste sein, zukunftsfähige Schwerpunkte zu fördern. Dazu werde er die Vorstellungen der Verwaltung gerne darstellen.

StR Körner fordert den Vorsitzenden auf, eine aktive Rolle bei Vorschlägen zu Impulssetzungen einzunehmen. Impulse vorzuschlagen ist für StR Dr. Oechsner eine Aufgabe des Rates. In diesem Zusammenhang verweist OB Kuhn auf seinen Vorschlag, in der Pandemiekrise die Anstrengungen zum Klimaschutz zu intensivieren und so auch Arbeitsplätze zu schaffen. Klimaschutz bleibe nach der Pandemie als Generationsaufgabe bestehen. Diese Aussage wird zwar von StR Körner begrüßt, er verweist jedoch auf Ausgabereste bei Energieeinsparungsmaßnahmen in Höhe von 11 Mio. € im Jahr 2019.

Für BM Fuhrmann stellt die Aussage, dass 2020 die Haushaltsansätze beibehalten werden, einen starken Impuls nicht zuletzt für die Bevölkerung dar. Dies unterstützt StR Winter. Für den Finanzbürgermeister ist mit dieser Aussage die eindeutige Botschaft verbunden, dass sich 2021 das Beibehalten der Haushaltsansätze nicht durchhalten lässt.

Seine bei der Beratung des heutigen TOP 2 unbeantwortet gebliebene Frage, ob die Stadt überhaupt Kredite aufnehmen darf, solange in größerem Umfang davon-Rücklagen existieren, teilweise würden diese nicht vor 2023 benötigt, wiederholt StR Körner. Für StR Dr. Oechsner stellen davon-Rücklagen das beste Mittel dar, um die Kurzfristigkeit der Politik im Zaum zu halten und um langfristig für notwendige Projekte über Mittel zu verfügen. Seitens des Vorsitzenden wird kritisiert, dass StR Körner zwar dafür eintritt, Rücklagen aufzulösen, aber nicht darstellt, wie diese in Zukunft wiederaufgebaut werden können. BM Fuhrmann geht davon aus, dass das Regierungspräsidium der Stadt aufgrund der ihrer hohen Liquidität die Aufnahme von Krediten nicht erlauben wird. Ziel der Verwaltung sei es, Rücklagen nicht aufzulösen, vielmehr wolle man die in der Regel mit Maßnahmen hinterlegten Rücklagen erhalten.

Der Verwaltungsvorschlag, so StR Körner, beinhalte u. a. Mehrausgaben in Höhe von 50 Mio. €, um teilweise Ertragsausfälle bei städtischen Beteiligungen abzudecken. Im Detail werde nicht erwähnt, um was es hier gehe; die in der Vergangenheit in diesem Zusammenhang hauptsächlich erwähnten Summen zu den Unternehmen Klinikum Stuttgart (KS) und SSB seien doch durch externe Hilfen abgeräumt. Er sei nicht bereit, der Verwaltung einen Blankoscheck über 50 Mio. € auszustellen. Diese 50 Mio. €, so StR Dr. Oechsner, seien vorsichtig kalkuliert. Er geht davon aus, dass die angekündigten Mittel des Bundes und des Landes für das KS und die SSB nicht ausreichen. Eine Summe von 50 Mio. € bezeichnet der Oberbürgermeister als Puffer für die städtischen Beteiligungen. Diese Vorsichtsmaßnahme sehe die Verwaltung als erforderlich an. Die Aussage, dass es bei der SSB und beim KS keine Finanzbedarfe gebe, sei nicht valide, und neben diesen beiden Unternehmen gebe es ja noch andere städtische Beteiligungen.

Ergänzend trägt BM Fuhrmann vor, wie sich diese 50 Mio. € zusammensetzten, könne die Verwaltung noch nicht im Detail aufzeigen. Seine Befürchtung sei, dass dieser Betrag für in.Stuttgart (gemeldeter Bedarf 8,9 Mio. €/1 Mio. € zusätzlich als seither), die Projektgesellschaft Neue Messe, die SSB und das KS nicht ausreiche. Diese Bedarfe infrage zu stellen, wäre falsch, da noch keine konkreten Zahlen vorliegen. Für StR Winter zeigen Berichte in der letzten Sitzung des Ausschusses für Wirtschaft und Wohnen, dass es bei der Summe von 50 Mio. € um eine realistische Größenordnung handelt.

Dieses Ratsmitglied geht davon aus, dass die für das Jahr 2021 angesprochenen Punkte "Konzept zur Verbesserung der Ertragskraft" und "vorläufige Verfügungssperre" die Haushaltsbeschlüsse des Jahres 2021 tangieren. Seitens des Rates gehöre erklärt, welche Beschlüsse als maßgeblich angesehen würden. Für die nächste Sitzung des Verwaltungsausschusses bittet er eine Zusammenstellung der noch zu entscheidenden Anträge so rechtzeitig vorzulegen, dass die Fraktionen noch interne Gespräche führen können. Eine solche Zusammenstellung sagt der Oberbürgermeister zu. Heute, so BM Fuhrmann, sei die Verwaltung darauf vorbereitet, die einzelnen haushaltswirksamen Anträge aufzurufen, um ein Stimmungsbild herzustellen. Diese Anträge könnten gerne in einer Tabelle zusammengefasst werden. Allerspätestens am kommenden Mittwochvormittag in der Sitzung des Verwaltungsausschusses müssten die Beschlüsse gefasst werden, um dann in der am Nachmittag stattfindenden Gemeinderatssitzung den Nachtragsetat 2020 beschließen zu können.

Um über die Haushaltssperre nächste Woche einen Beschluss fassen zu können, muss die Verwaltung dem Gemeinderat nach Auffassung von StR Körner zumindest mitteilen, um welches Volumen es geht. Zudem sollte Kenntnis darüber bestehen, welche Ämter in welchem Umfang tangiert werden. Die SPD-Gemeinderatsfraktion wünsche sich eine Verständigung darüber, dass das Sozialamt, das Jugendamt, das Gesundheitsamt und das Jobcenter von dieser Haushaltssperre ausgenommen werden. Des Weiteren wünscht er sich zu den 50 Mio. € Mehrausgaben bezüglich städtischer Beteiligungen mehr Transparenz. Auch gehöre Klarheit geschaffen, wie bestimmte Anträge finanziert werden sollen (z. B. 1,5 Mio. € einmalig für bedürftige Personen, 0,55 Mio. € für ein zweites Kulturpaket).

Anschließend sagt der Vorsitzende zu, dass die Verwaltung den 50 Mio. €-Puffer für städtische Beteiligungen bis nächste Woche etwas präziser beschreiben wird. Des Weiteren werde geklärt, welches Finanzvolumen bei der Haushaltssperre in Rede stehe, wenn Ausnahmen unterblieben. Er gehe allerdings von Ausnahmen aus. Diese müssten dann vom Gesamtvolumen abgezogen werden.

Nachdem sich keine weiteren Wortmeldungen ergeben, schließt OB Kuhn diesen Tagesordnungspunkt ab. Dieser Tagesordnungspunkt ist somit eingebracht.

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