Druckmaske Haushaltsvorlage 1149/2017

Landeshauptstadt Stuttgart
Referat Jugend und Bildung
Gz: JB

GRDrs 1149/2017

Stuttgart,

11/03/2017

Haushalt 2018/2019

Unterlage für die 1. Lesung des Verwaltungsausschuss zur nichtöffentlichen Behandlung am 08.11.2017

Schrittweise Abschaffung der Kitagebühren
Kostenfreie Kindertageseinrichtungen

Beantwortung / Stellungnahme

Die Anträge Nr. 493/2017 der SPD-Gemeinderatsfraktion, 586/2017 Fraktionsgemeinschaft SÖS/Linke-PluS und 738/2017 Freie Wähler-Gemeinderatsfraktion beziehen sich auf die ganz oder teilweise Abschaffung der Gebühren in Kindertageseinrichtungen.

Die Verwaltung teilt die Auffassung der antragstellenden Fraktionen, dass der Zugang von Kindern zur Bildung nicht abhängig von den wirtschaftlichen Verhältnissen der Eltern sein darf. Deshalb gibt es in Stuttgart neben der gesetzlichen Regelung des § 90 SGB VIII, wonach KiTa-Beiträge auf Antrag ganz oder teilweise erlassen werden, wenn die Belastung nicht zuzumuten ist, die Gebührenfreiheit für Kinder mit Bonus-Card. Dieses Instrument ermöglicht wirtschaftlich schwachen Familien, ohne einen zusätzlichen Antrag beim Jugendamt zu stellen, ihre Kinder in der gewünschten Angebotsform betreuen zu lassen. Der Anteil von Kindern mit Bonus-Card ist allerdings tendenziell rückläufig und liegt zurzeit bei 26 % beim städt. Träger. Der Anteil lag vor 6 Jahren noch bei rd. 35 %. Ob der Rückgang auf die Koppelung mit anderen sozialen Leistungen zurück zu führen ist, kann nicht gesagt werden. Sicher spielt auch der Arbeitsmarkt eine Rolle.
Die Auswirkungen eines ganzen oder teilweisen Verzichts auf Benutzungsentgelte können innerhalb kurzer Zeit nicht vollständig übersehen werden. So stellt sich die Frage, wie bei ganz oder teilweise kostenlosen Kita-Plätzen unter dem Gesichtspunkt kostenloser Bildung mit den kostenpflichtigen Schulkindbetreuungsangeboten umgegangen werden soll. Die Fachverwaltung kann nur einen ersten Beitrag zur Diskussion leisten.

Mögliche pädagogische Auswirkungen

Die Kindertageseinrichtungen haben den Auftrag der Bildung, Erziehung und Betreuung von Kindern. Diese Aufgabenstellungen werden und können nicht in Zeitkorridore gebracht werden. Die Einrichtungen erarbeiten in der Regel pädagogische Konzeptionen, die sie innerhalb eines Kindergartenjahres im Rahmen der jeweils individuellen Ressourcen gemäß den Angebotsformen (Veränderte Öffnungszeiten, Ganztagesangebote mit und ohne Früh- oder Spätdienst) durchführen wollen. Basis der pädagogischen Arbeit ist die alltagsintegrierte Förderung der Kinder innerhalb derer die Bildung, Erziehung und Betreuung verschmelzen.

Reine Betreuungszeiten lassen sich allenfalls für die neunte oder zehnte Stunde am Tag begründen. Insgesamt nehmen rd. 27 % der Plätze Früh- und/oder Spätdienste in Anspruch.

Mögliche Organisatorische Auswirkungen

Grundsätzlich melden die Eltern ihre Kinder auf der Grundlage ihres Betreuungsbedarfs in den Betriebsformen Veränderte Öffnungszeiten (6 Stunden ohne Mittagessen) oder Ganztageseinrichtungen (8 Stunden bis max. 10 Stunden - sofern die Personalausstattung es erlaubt - mit Mittagessen) an. Dennoch spielt die Gebühr bei der Entscheidung der Eltern, welche Betriebsform gewählt wird eine Rolle. Es ist wahrscheinlich, dass die kostenlose Kita zur Buchung von längeren Betreuungszeiten führt. Dies sind auch die Erfahrungen in Heilbronn. Die Stadt hat 2008 die kostenlose Kita eingeführt. Ob das Kind dann regelmäßig die gebuchte Betreuungszeit ausnutzt, ist fraglich. Auf jeden Fall muss die Stadt zur Erlangung der Betriebserlaubnis Räume und Personal für die jeweils höchstmögliche Belegung vorhalten. Der Fachkräftemangel würde sich verschärfen.

Mögliche Finanzielle Auswirkungen

Städtischer Träger

Einnahmeverluste Altersklasse 3-6 Jahre	❶ real	❷ 6 Stunden „Bildungsanteil“
letztes Jahr vor der Einschulung	1.710.820	1.272.764

2 letzte Jahre vor der Einschulung	3.421.640	2.545.528

Komplettverzicht Gebühren	5.132.459	3.818.292

Freie Träger

Die Betreuungsentgelte verbleiben als Einnahmen bei den freien Trägern. Die Stadt müsste die Einnahmenausfälle ausgleichen. Offen ist das Problem des Ausgleichs bei Trägern, die höhere Entgelte als die städt. Gebühren verlangen.

Mehrausgaben Altersklasse 3-6 Jahre	Einnahmen verbleiben den Trägern	❷ 6 Stunden „Bildungsanteil“
letztes Jahr vor der Einschulung		2.679.314

2 letzte Jahre vor der Einschulung		5.359.627

Komplettverzicht Gebühren		8.039.441

❶ Durchschnittliche tatsächliche Einnahmen über alle Angebotsformen (ohne Mittagessen)

❷ Einnahmenverluste bei 6 Stunden „kostenlose Bildung“ in allen Betreuungsformen auf der Basis der durchschnittlichen Einnahmen für 6 Stunden „Veränderte Öffnungszeiten“

Ein Komplettverzicht auf Gebühren in Angebotsformen für Kinder von 0 bis 6 Jahren führt zu Einnahmenverlusten von 7,8 Mio. Euro bei unveränderten Angebotsformen beim städtischen Träger und Mehraufwand bei der Förderung freier Träger von max. 18,7 Mio. Euro.

Die Gebühren in Stuttgart liegen bei den Angeboten für 3- bis 6-jährige Kinder im Rahmen der Kommunen im Umland. Die Krippengebühren sind günstiger.

Die Verwaltung empfiehlt, das Gebührensystem und die Förderung freier Träger im Hinblick auf die Gebühren nicht zu verändern. Allerdings sollte die Entwicklung der Bonus-Card genau beobachtet werden.

Vorliegende Anträge/Anfragen

493/2017 SPD-Gemeinderatsfraktion, 586/2017 Fraktionsgemeinschaft SÖS/Linke-PluS, 738/2017 Freie Wähler-Gemeinderatsfraktion

Isabel Fezer
Bürgermeisterin

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