Landeshauptstadt Stuttgart
Referat Wirtschaft/Finanzen und Beteiligungen
Gz: WFB 9020-00
GRDrs 432/2015
Stuttgart,
06/29/2015


Zwischenbericht zur Finanzlage 2015



Mitteilungsvorlage


Vorlage anzurSitzungsartSitzungstermin
Verwaltungsausschuss
Gemeinderat
Kenntnisnahme
Kenntnisnahme
öffentlich
öffentlich
15.07.2015
16.07.2015

Bericht:


Zur Jahresmitte wird der Gemeinderat über die Entwicklung der mit der Leistungserstellung verbundenen Aufwendungen und Erträge sowie über die Finanzlage informiert. Ein detaillierter Rückblick auf das Jahr 2014 ist Gegenstand der Jahresabschlussvorlage (GRDrs 431/2015). Besondere Entwicklungen des Finanzhaushalts 2015 werden auch in der GRDrs 433/2015 Nachtragshaushaltssatzung mit Nachtragshaushaltsplan 2015 dargestellt.


1. Ergebnishaushalt
Aus heutiger Sicht ist bei den wesentlichen Ertrags- und Aufwandsgruppen von folgenden Entwicklungen im Haushaltsjahr 2015 auszugehen:


1.1 Gewerbesteuer
Entgegen dem Jahresergebnis 2014 mit einer Unterschreitung des Planansatzes für die Gewerbesteuer um rd. 37 Mio. EUR kann für das Haushaltsjahr 2015 derzeit davon ausgegangen werden, dass der Planansatz von 562 Mio. EUR erreicht wird. Demnach ergibt sich auch bei der Gewerbesteuerumlage keine Veränderung.

Es muss jedoch darauf hingewiesen werden, dass das Gewerbesteueraufkommen auch mit Erreichen des Planansatzes weiterhin um rd. 100 Mio. EUR unter dem Durchschnitt der vergangenen Jahre liegt. In Folge sinkt die Gewerbesteuerquote (Gewerbesteuer minus Gewerbesteuerumlage dividiert durch ordentliche Erträge) von rd. 22 % im Jahr 2010 auf rd. 16 % in 2015. Dies stellt eine wesentliche strukturelle Verschlechterung des Haushalts, insbesondere der eigenen Finanzkraft, dar.


1.2 Gemeindeanteil an der Einkommensteuer Verbesserung 19,8 Mio. EUR Aus der Mai-Steuerschätzung 2015 ergeben sich geringfügige Verbesserungen. Es kann davon ausgegangen werden, dass die geplanten Erträge beim Gemeindeanteil an der Einkommenssteuer (321,4 Mio. EUR) um ca. 5 Mio. EUR und bei den Schlüsselzuweisungen (486,7 Mio. EUR) um ca. 10 Mio. EUR überschritten werden. Die geplanten Erträge beim Gemeindeanteil an der Umsatzsteuer (65,0 Mio. EUR) werden voraussichtlich um 4,8 Mio. EUR überschritten werden, wobei einerseits aus dem Gesetz zur weiteren Entlastung von Ländern und Kommunen eine Erhöhung um rund 7,4 Mio. EUR resultiert, aber andererseits das landesweite Aufkommen nach der Mai-Steuerschätzung 2015 um rund 8 Mio. EUR gegenüber der Planung reduziert wurde und außerdem die für den Anteil von Stuttgart maßgebliche Schlüsselzahl sich verringert hat, was zusammen eine Verschlechterung von etwa 2,6 Mio. EUR bedeutet.


1.3 Zuweisung für die Kleinkindbetreuung Verbesserung 3,7 Mio. EUR
Nach der deutlichen Planunterschreitung im Vorjahr ist im laufenden Jahr eine Verbesserung von etwa 3,7 Mio. EUR gegenüber dem Planansatz zu erwarten. Nach der vehementen Intervention der kommunalen Spitzenverbände beim Land Baden-Württemberg wurden die Grundlagen für die Berechnung der Verteilungsmasse nach § 29 c FAG zu Gunsten der Kommunen angepasst, so dass der Zuweisungsbetrag je Kind wieder annähernd das Niveau des Jahres 2013 erreicht hat. Bei der Planung 2014/2015 wurde vom Ergebnis 2013 ausgegangen; durch die steigenden Kinderzahlen ergeben sich in 2015 entsprechende Mehrerträge.


1.4 Konzessionsabgaben u. ä. (Rückstellung) Verschlechterung 10,8 Mio. EUR Infolge der kartellrechtlichen Wasserpreisprüfung ist für eine Erstattung der Konzessionsabgabe Wasser für das Jahr 2015 sowie der Löschwasserkosten für das Jahr 2015 ein Betrag von insgesamt 10,8 Mio. EUR zurückzustellen. Die Prüfung der Rechtmäßigkeit des Erstattungsanspruchs ist noch nicht abgeschlossen.


1.5 Gewinnausschüttungen, Dividenden Verschlechterung 11,8 Mio. EUR
Im Haushaltsjahr 2015 waren insgesamt Zahlungen der LBBW von 65,0 Mio. EUR veranschlagt, eingegangen sind im Haushaltsjahr insgesamt 53,2 Mio. EUR (49,8 Mio. EUR Dividendenausschüttung nach Abzug von Steuern und Solidaritätszuschlag und
3,4 Mio. EUR für die laufende Verzinsung der stillen Einlagen). Weitere Zahlungen sind für 2015 nicht zu erwarten.



1.6 Personalaufwendungen (Verschlechterung 2,0 Mio. EUR) Bei der Tarifrunde 2015 einigten sich die Tarifpartner auf eine lineare Gehaltsanpassung von 2,4 % zum 01.03.2015. Im Haushaltsplan 2015 ist jedoch lediglich eine lineare Gehaltssteigerung von 2 % eingeplant. Die höher ausgefallene Tarifeinigung 2015 führt deshalb (zusammen mit der Nachwirkung des Tarifabschlusses 2014) zu einer Mehrbelastung des Stadthaushalts von rund 4,3 Mio. EUR. Aus heutiger Sicht zeichnen sich gleichzeitig temporär geringere Personalaufwendungen von grob geschätzt bis zu 2,3 Mio. EUR ab, insbesondere bedingt durch die verzögerte Erst- und Wiederbesetzung vakanter Stellen. Per Saldo müssen somit Mehrbelastungen von etwa 2 Mio. EUR aus der Deckungsreserve aufgefangen werden.

Des Weiteren finden derzeit im Sozial- und Erziehungsdienst Tarifauseinandersetzungen statt. Die Gewerkschaften haben die Regelungen zum Entgelt und zur Eingruppierung mit Ablauf des 31.12.2014 gekündigt. Eine abschließende Gesamtbewertung der Gewerkschaftsforderungen ist nach Auffassung der VKA nicht möglich. Abhängig vom Ergebnis der Tarifauseinandersetzung können sich weitere Belastungen für das Haushaltsjahr 2015 ergeben.


1.7 Betriebskostenpauschale Ausbau Verbesserung 27,6 Mio. EUR Vor allem durch Verzögerungen bei der Umsetzung von Ausbaumaßnahmen werden im laufenden Haushaltsjahr die als Pauschale veranschlagten Betriebskosten (städtischer Träger und Förderung freier Träger) nicht abgerufen (vgl. GRDrs 233/2015 Sachstands-bericht Kindertagesbetreuung in Stuttgart). Im Jahr 2015 werden ca. 27,6 Mio. EUR aus der Pauschale nicht benötigt.


1.8 Soziale Leistungen nach SGB II, SGB VIII und Verbesserung 0,8 Mio. EUR Bei den sozialen Leistungen (ohne Asylbewerberleistungsgesetz) werden die Aufwandsansätze von insgesamt ca. 611,5 Mio. EUR um ca. 16,4 Mio. EUR überschritten. Grund hierfür sind Mehraufwendungen nach dem SGB II in Höhe von 22,5 Mio. EUR sowie nach dem SGB VIII in Höhe von rd. 3,5 Mio. EUR, wogegen die SGB XII-Leistungen etwa 9,6 Mio. EUR unter Plan liegen.

Die Mehraufwendungen werden jedoch kompensiert durch Mehrerträge aus der Bundesbeteiligung nach dem SGB II in Höhe von 14,7 Mio. EUR sowie aus Mehrerträgen aus sonstigen Transfererträgen in den verschiedenen Sozialleistungsbereichen und Kostenerstattungen im Umfang von insgesamt 2,5 Mio. EUR.

Per Saldo ergibt sich eine leichte Verbesserung von 0,8 Mio. EUR beim Zuschussbedarf der sozialen Leistungen (ohne AsylbLG).


1.9 Leistungen nach AsylbLG sowie Verschlechterung 3,9 Mio. EUR
Flüchtlingsunterbringung
Bei den Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) ergibt sich aufgrund der stark steigenden Flüchtlingszahlen eine Überschreitung von voraussichtlich rd. 9,6 Mio. EUR gegenüber dem Planansatz von 13,7 Mio. EUR.

Für die Flüchtlingsunterbringung ist beim Sozialamt ein ordentlicher Sachaufwand (Kosten des Betriebs, Hausleitung und soziale Betreuung) von rd. 5,4 Mio. EUR veranschlagt. Dieser Ansatz wird voraussichtlich um 4,8 Mio. EUR überschritten.

Für zusätzliche stadtweite Personalbedarfe im Zusammenhang mit der Flüchtlingsunterbringung rechnet die Verwaltung derzeit mit einem zusätzlichen Personalaufwand von rd. 0,4 Mio. EUR für das Jahr 2015.

Insgesamt werden für die Flüchtlingsunterbringung voraussichtlich rd. 14,9 Mio. EUR Mehraufwendungen anfallen.

Dem gegenüber stehen Mehrerträge aus Benutzungsgebühren der Flüchtlingsunterkünfte in Höhe von rd. 0,5 Mio. EUR sowie Mehrerträge in Höhe von rd. 10,5 Mio. EUR aus der FlüAG-Kostenerstattungspauschale des Landes. Bei der Planung der FlüAG-Pauschale wurde von einem jährlichen Zugang von 720 Flüchtlingen ausgegangen. Unter Berücksichtigung des halbjährigen Zeitversatzes bei der Abrechnung der FlüAG-Pauschale rechnet die Verwaltung mit einer Kostenerstattung für etwa 1.670 Flüchtlinge im Jahr 2015.

Insgesamt ist im Bereich der Flüchtlingshilfen bzw. -unterbringung mit einer Erhöhung des Zuschussbedarfes von rd. 3,9 Mio. EUR zu rechnen, welche im Nachtragshaushaltsplan 2015 berücksichtigt wird.


1.10 FAG-Umlage Verschlechterung 10,6 Mio. EUR
Aufgrund von Steuermehreinnahmen im Jahr 2013 erhöht sich die Finanzausgleichsumlage im Haushaltsjahr 2015. Im Vergleich zur Planung ergibt sich ein Mehraufwand in Höhe von 10,6 Mio. EUR.


1.11 Zinsaufwendungen an Kreditinstitute Verbesserung 5,3 Mio. EUR
Der Planansatz 2015 von rd. 6 Mio. EUR wird voraussichtlich um rd. 5,3 Mio. EUR unterschritten werden, da in 2014 keine Kredite neu aufgenommen (vgl. GRDrs 431/2015 - Jahresabschluss 2014) worden sind und auch für 2015 keine Neuaufnahmen erforderlich sind.

Gesamtverbesserung Ergebnishaushalt 20,1 Mio. EUR


2. Finanzhaushalt

2.1 Investitionen Verschlechterung 43,5 Mio. EUR
Bei Investitionen und Investitionsförderungsmaßnahmen (Plan 353,3 Mio. EUR) ist zum gegenwärtigen Stand aufgrund von Mehrkosten bei den Flüchtlingsunterkünften sowie dem Bauprojekt Rosensteintunnel von einer Verschlechterung im Vergleich zur Planung in Höhe von insgesamt 43,5 Mio. EUR auszugehen.

Die Auswirkungen dieser Maßnahmen auf den Finanzhaushalt sind in GRDrs 433/2015 Nachtragshaushaltssatzung und Nachtragshaushaltsplan 2015 dargestellt.



2.2 Kreditaufnahmen
Unter Berücksichtigung der sich im Jahresabschluss 2014 (GRDrs 431/2015) ergebenden freien Finanzierungsmittel von 206,8 Mio. EUR und der Entwicklung im laufenden Haushaltsjahr ist eine Kreditaufnahme im Haushaltsjahr 2015 (ursprünglicher Ansatz 142,8 Mio. EUR) nicht notwendig.


3. Deckungsreserve Sachaufwand
Im Sachaufwandsbereich sind bisher 8,7 Mio. EUR der Deckungsreserve (Planansatz
10 Mio. EUR) in Anspruch genommen bzw. vorgemerkt. Wie im Verwaltungsausschuss berichtet, ist die Deckungsreserve Sachaufwand in der Folge bereits heute weitestgehend aufgebraucht, obwohl erfahrungsgemäß die weitaus meisten Überschreitungen der knapp bemessen Ämterbudgets erst zum Jahresende erkennbar werden.



4. Kassenlage

Die Zahlungsbereitschaft der Stadtkasse war auch ohne die Aufnahme von Kassenkrediten gewährleistet. Die Liquidität ist im Vergleich zum Vorjahr unverändert gut.


5. Zusammenfassung Verbesserung Ergebnishaushalt 20,1 Mio. EUR Aufgrund der dargestellten Änderungen ergeben sich im Ergebnishaushalt Verbesserungen von insgesamt 20,1 Mio. EUR, so dass das im Plan 2015 ausgewiesene ordentliche Ergebnis (47,3 Mio. EUR) auf voraussichtlich knapp 67,4 Mio. EUR gesteigert werden kann. Da zur Entwicklung des Sonderergebnisses (Plan: -24 Mio. EUR) derzeit noch keinerlei Aussagen möglich sind, wird momentan von einem Gesamtergebnis 2015 von
43,4 Mio. EUR ausgegangen.


Im Finanzhaushalt werden höhere Auszahlungen für Investitionen in Höhe von 43,5 Mio. EUR notwendig. Auf die Aufnahme von Krediten kann dennoch aufgrund der im Vorjahr erwirtschafteten freien Liquidität gänzlich verzichtet werden.

Die freien liquiden Mittel aus dem Jahresabschluss 2014 sind damit bereits heute nahezu aufgezehrt.

Die im Nachtragshaushaltsplan 2015 ausgewiesenen zusätzlichen Verpflichtungsermächtigungen (73,4 Mio. EUR) führen zu Vorbelastungen im Doppelhaushaltsplan 2016/2017 und zu einem zusätzlichen Finanzierungsmittelbedarf.

Für künftige Haushaltsjahre ist aktuell von folgenden Risiken auszugehen:

Die sich als Folge der weiter steigenden Zuweisungszahlen für Flüchtlinge ergebenden Mehraufwendungen sind in Folgejahren zu finanzieren.

Im Hinblick auf die derzeit laufenden Tarifverhandlungen bei den Sozial-und Erziehungsdiensten wäre, falls die Forderungen von ver.di vollständig erfüllt werden sollten, mit einem zusätzlichen Finanzierungsbedarf in der Größenordnung von jährlich 25 Mio. EUR zu rechnen (einschließlich Förderung freier Träger). Aus dem von der Gewerkschaft ver.di bisher nicht akzeptierten Schlichterspruch vom 22. Juni würden sich Mehraufwendungen in Höhe von jährlich rd. 8 Mio. EUR ergeben.

Darüber hinaus ist auch die Entwicklung der Gewerbesteuer in den kommenden Jahren aufgrund der sich stetig ändernden rechtlichen Rahmenbedingungen ungewiss. Ebenso ist der Finanzbedarf im Zusammenhang mit der Übernahme der Wasserversorgung noch unbekannt. Weitere zusätzliche Belastungen sind aus der Umsetzung der zum Doppelhaushalt 2016/2017 angemeldeten Wünsche vor allem in den Bereichen Schulen, Kinderbetreuung, Kultur, Wohnungsbau, Mobilität und Verkehr zu erwarten.

Um auch in den kommenden Jahren den tatsächlichen Kreditbedarf deutlich zu reduzieren und die Ertragskraft des Stadthaushalts erheblich zu verbessern, ist die vom Regierungspräsidium im Rahmen der Genehmigung des Doppelhaushalts 2014/2015 geforderte sparsame und verantwortungsbewusste Finanzpolitik weiterhin konsequent fortzusetzen.

Beteiligte Stellen








Michael Föll
Erster Bürgermeister






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