Landeshauptstadt Stuttgart
Referat Allgemeine Verwaltung und Krankenhäuser
Referat Kultur/Bildung und Sport

Gz: AK / KBS
GRDrs 310/2011
Stuttgart,
07/01/2011



Ausbau des Produktivsystems zur Archivierung digitaler Unterlagen im Stadtarchiv (PADUA)



Beschlußvorlage
Vorlage an
    zur
SitzungsartSitzungstermin
VerwaltungsausschussBeschlussfassungöffentlich20.07.2011



Beschlußantrag:


Kurzfassung der Begründung:
Ausführliche Begründung siehe Anlage 1

Ausführliche Begründung siehe Anlage 1
Die Archivierung und Nutzbarmachung von digitalen Daten von bleibendem Wert ist eine gesetzliche Pflichtaufgabe. Diese Pflichtaufgabe kann das Stadtarchiv derzeit nur teilweise erfüllen.
Während die Verwaltung der Landeshauptstadt Stuttgart früher rein papiergebunden gearbeitet hat, wird ihre Arbeit nun zunehmend von elektronischen Fachverfahren und Datenbanken bestimmt. Auch diese Daten sind laut gesetzlichem Auftrag vom Stadtarchiv zu übernehmen, wenn sie bleibenden Wert haben. Das Stadtarchiv arbeitet daher zusammen mit der Abteilung Informations- und Kommunikationstechnik des Haupt- und Personalamts seit Jahren an der Aufgabe der digitalen Langzeitarchivierung. 2005 wurden die Eckpunkte in einem Rahmenkonzept festgelegt, 2008 ein Fachverfahren für die Übernahme von digitalen Objekten ins Archiv ausgeschrieben. Der Auftrag wurde an die Firma Hewlett Packard (HP) vergeben. HP hatte zuvor im gleichen Jahr auch die Ausschreibung des Bundesarchivs für ein digitales Archiv gewonnen. Das Produktivsystem zur Archivierung digitaler Unterlagen (PADUA) ging 2010 in Betrieb.

Das Stadtarchiv hat somit in Zusammenarbeit mit der Abteilung Informations- und Kommunikationstechnik des Haupt- und Personalamts erfolgreich mit der digitalen Langzeitarchivierung begonnen und ein erstes Modul implementiert. Das gefährdete digitale Archivgut ist damit aktuell zunächst gesichert und die Grundvoraussetzungen für seine langfristige Erhaltung (Digital Preservation) wurden geschaffen.
Das Projekt tritt nun in eine neue Phase: Das Stadtarchiv muss in die Lage versetzt werden, das digitale Archivgut über technologische Veränderungen hinweg zu erhalten. Es muss außerdem den Rechtsanspruch auf Nutzung in bürgerfreundlicher Weise erfüllen können sowie der Stadtverwaltung einen effizienten Zugriff auf digitales Archivgut ermöglichen. Ein Ausbau von PADUA ist daher zwingend notwendig. Der Ausbau ist in drei Stufen geplant.

Ausbaustufen von PADUA bis 2015

1. Stufe: Ertüchtigung der Speicherinfrastruktur
Die vorhandene Speicherinfrastruktur, die der Sicherung der digitalen Objekte dient, muss um einen Nutzungsspeicher zur Ermöglichung der Nutzung durch Bürger und Verwaltung erweitert werden. Die Speicherinfrastruktur ist Voraussetzung für alle weiteren Stufen. Diese Stufe beinhaltet auch Workshops für die detaillierte Planung der Stufe 2.

2. Stufe: Ermöglichung der Recherche und Nutzung
Nutzer aus der Bürgerschaft, aus der Wissenschaft wie auch aus der Stadtverwaltung müssen über eine einheitliche Suchoberfläche sowohl herkömmliche Archivobjekte wie digitale Archivobjekte recherchieren können. Die digitalen Archivobjekte müssen für eine bürgerfreundliche Nutzung in eine leicht benutzbare Form gebracht werden.

3. Stufe: Bestandserhaltung
Für die digitale Bestandserhaltung bereits archivierter Objekte und für neu eingehende digitale Objekte aus Nachlässen und Vereinsarchiven muss PADUA um ein Konvertierungsmodul erweitert werden.


Finanzielle Auswirkungen

Bisherige Aufwände:
Der Start der Archivierung digitaler Unterlagen wurde im Rahmen des vorhandenen Budgets im IuK-Maßnahmenplan finanziert. Die laufenden Aufwände werden im Rahmen des IuK-Haushalts finanziert.

JahrEinmalige AufwändeLaufende Aufwände
2008-2009Einführung PADUA244.323,74 EURWartung und Betreuung39.391,17 EUR

Noch anfallende Aufwände:
Die Finanzierung der Ausbaustufen erfolgt über den IuK-Maßnahmenplan. Die laufenden Aufwände werden im Rahmen des IuK-Haushalts finanziert.

Stufe 1
JahrEinmalige Aufwände (Aufgrund von Workshops geschätzt)Laufende Aufwände (geschätzt)
2011Ausbau der Hard- und Software; notwendige Umbauten PADUA54.000 EURWartung und BetreuungKeine zusätzliche
Workshops für die 2. Stufe36.000 EUR
Summe Stufe 1:90.000 EUR
Für das Jahr 2011 waren im Vorfeld keine Mittel im IuK-Maßnahmenplan eingeplant. Die Mittel in Höhe von 90.000 EUR werden durch Umpriorisierungen der Maßnahme 7.104011.941.020.50 zugewiesen.

Stufen 2 und 3
JahrEinmalige Aufwände (vorläufig geschätzt)Laufende Aufwände (vorläufig geschätzt)
2012Stufe 2 Recherche, Nutzungsobjekt: Hard- und Software; Programmierung120.000 EURWartung und BetreuungKeine zusätzliche
2013Stufe 2 Programmierung; Test und Inbetriebnahme120.000 EURWartung und Betreuung20.000 EUR
2014Stufe 3 Workshops, Programmierung115.000 EURWartung und BetreuungKeine zusätzliche
2015Stufe 3 Programmierung; Test und Inbetriebnahme55.000 EURWartung und Betreuung20.000 EUR
Nach heutigem Kenntnisstand werden die in der Tabelle angegebenen Mittel in den folgenden Jahren benötigt. Diese werden künftig für den IuK-Maßnahmenplan angemeldet. Für die Jahre 2012 und 2013 sollen jetzt der Maßnahme 7.104012/13.941.020.50 je 120.000 EUR zur Verfügung gestellt werden.

Summe
2011-2015
Einmalige Aufwände498.955 EURlaufende jährliche Aufwändederzeit 39.391,17 EUR
ab 2013 ca. 60.000 EUR
ab 2015 ca. 80.000 EUR

Die personelle Betreuung der digitalen Archivierung wird über die vorhandenen Personalressourcen abgedeckt. Für den Ausbau ist kein zusätzliches Personal notwendig.



Beteiligte Stellen






i. V.



Michael Föll Dr. Susanne Eisenmann
Erster Bürgermeister Bürgermeisterin


Anlagen

Anlage 1 Ausführliche Begründung

Anlage 1

Ausführliche Begründung

Elektronische Systeme sind aus dem kommunalen Leben gar nicht mehr wegzudenken. Dies gilt für alle Bereiche: für die Verwaltung ebenso wie für die Wirtschaft, für Vereine und Kultureinrichtungen und immer mehr auch für Privatpersonen.
Vertraute Unterlagen werden durch neue ersetzt. Fotoabzüge, Karteikarten und Pläne auf Papier verschwinden. Stattdessen halten digitale Fotos, Datenbanken und CAD Einzug in die Verwaltungen. Dazu kommen gänzlich neue Unterlagentypen wie Geoinformationssysteme und Websites. Zentrale Informationen über die Kommunen, die gleichermaßen eine wertvolle Ressource für die aktuelle Verwaltung wie auch ein historisch bedeutsames Kulturgut darstellen, liegen zunehmend ausschließlich in digitaler Form vor.

Das historische Erbe der Städte, Gemeinden und Landkreise konkretisiert sich neben signifikanten Bauwerken, kulturellen Traditionen und dem musealen Erbe vor allem in der archivalischen Überlieferung. In ihrer Gesamtheit bestimmen sie das unverwechselbare kulturelle Erscheinungsbild einer Kommune und schaffen die Grundlage dafür, dass sich die Bewohnerinnen und Bewohner mit ihr identifizieren können. Das historische Erbe der Gemeinden und Kreise zu bewahren, in der Gegenwart zu vermitteln und in die Zukunft weiterzugeben, ist eine unverzichtbare öffentliche Aufgabe.

Diese Daten sind jedoch gefährdet, Überlieferungsverluste drohen und sind zum Teil bereits eingetreten. Technologischer Wandel, fehlende Metadaten, tagesaktuell geführte Systeme, fehlende Schnittstellen oder ungeeignete Datenträger führen dazu, dass Daten bedroht sind. Eine rechtmäßig und wirtschaftlich handelnde Verwaltung muss Sorge dafür tragen, dass Daten nicht unkontrolliert und rechtswidrig verloren gehen. Die Archivierung von Daten von bleibendem Wert ist eine gesetzliche Pflichtaufgabe (vgl. die Archivordnung der Landeshauptstadt Stuttgart basierend auf dem Gesetz über die Pflege und Nutzung von Archivgut - Landesarchivgesetz). Die Archivierung elektronischer Unterlagen ist erforderlich zur Sicherung von Rechtsansprüchen der Kommune, zur Dokumentation des eigenen Handelns, das ggf. vor Gericht überprüfbar sein muss, und zur Erfüllung rechtlicher Verpflichtungen. Nicht zuletzt und vor allem ist es erforderlich zur Bewahrung des historischen Erbes und der kulturellen Identität einer Gemeinde. Daten von bleibendem Wert müssen für unbegrenzte Zeit, über alle technologischen Entwicklungen und Veränderungen hinweg, erhalten werden und zugänglich bleiben. Dies ist der gesetzliche Auftrag der Archive.


Konzeption der digitalen Langzeitarchivierung

Das Stadtarchiv bewertet und übernimmt Unterlagen von bleibendem Wert, macht sie nutzbar und sorgt für ihre dauerhafte Erhaltung. Diese Unterlagen können in ganz unterschiedlicher medialer Form vorliegen. Digitale Langzeitarchivierung ist ein integraler Bestandteil der Informationserhaltung im Stadtarchiv, und das Stadtarchiv hat sie in seine bestehenden Prozesse integriert.
Die städtischen Ämter und Eigenbetriebe sind durch die Aktenordnung und die Archivordnung der Landeshauptstadt Stuttgart verpflichtet, die digitalen und analogen Unterlagen, die sie zur Erfüllung ihrer Aufgaben nicht mehr benötigen, dem Stadtarchiv anzubieten. Die Bewertung der digitalen Unterlagen auf ihre Archivwürdigkeit erfolgt nicht getrennt, sondern im Kontext der Aufgabenerledigung des jeweiligen Amtes oder Eigenbetriebes, und im Kontext der Papierüberlieferung, die in diesem Amt anfällt.
Neu ist im digitalen Kontext, dass es sinnvoll ist, das Stadtarchiv frühzeitig bei der Einführung neuer Verfahren zu beteiligen und mit der Abgabe von digitalen Daten nicht zu lange zu warten. Denn je länger die Zeitspanne zwischen Erzeugung der Daten und Abgabe an das Archiv ist, desto größer ist das Risiko, dass die Daten nicht mehr lesbar sind (defekte Datenträger, fehlende Abspielgeräte, fehlende Programme zum Auslesen und Interpretieren der Daten, fehlende Dokumentationen zum Verständnis der Daten).
Was den Betrieb des digitalen Langzeitarchivs angeht, so sind die fachliche Zuständigkeit und die Facharbeit beim Stadtarchiv angesiedelt. Der IT-technische Betrieb der Software (Datenbank, Server, Bandroboter) erfolgt durch die Abteilung Informations- und Kommunikationstechnik beim Haupt- und Personalamt.

Die Benutzung des digitalen Archivguts erfolgt unter den gleichen rechtlichen Bedingungen wie die Nutzung des papiernen Archivguts. Es besteht ein Rechtsanspruch auf Nutzung, sofern keine rechtlichen Sperrfristen bestehen. Das Stadtarchiv strebt eine bürgerfreundliche Ausgestaltung der Nutzung an, bei der die Benutzer selbständig in einer einheitlichen Suche die digitalen und analogen Bestände durchsuchen können. Das Stadtarchiv ist ein Archiv für alle Stuttgarter, für die Stadtverwaltung und die wissenschaftliche und heimatkundliche Benutzung. Ein vertieftes technisches Verständnis kann nicht bei allen Benutzern vorausgesetzt werden. Auch diesen muss das Stadtarchiv die digitale Überlieferung zugänglich machen.

Technische Konzeption

Auf einer technischen Ebene orientiert sich das Stadtarchiv an internationalen Standards, insbesondere am OAIS-Referenzmodell ISO 14721. Es nimmt die verschiedenen Teile eines OAIS-konformen Langzeitarchivs nacheinander in Betrieb (modulare Einführungsstrategie).
Es verfolgt die Migrationsstrategie. Der Gefahr des Datenverlustes durch technologischen Wandel wird begegnet, indem die archivwürdige Information aus ihrer zeitgebundenen technischen Umgebung in einem stabilen Archivformat exportiert wird und mit den notwendigen Metadaten angereichert wird. Wenn das Archivformat zu veralten droht, werden die entsprechenden Daten in ein neues Archivformat migriert. Der Vorteil der Migrationsstrategie ist, dass sie mit heute vorhandenen technologischen Mitteln machbar ist, dass sie ein geringes Risiko eines Komplettverlusts beinhaltet und dass die archivierten Dateien in einem Format vorhanden sind, zu dem aktuelle Viewer existieren. Die Archivformate werden nach den Kriterien ausgesucht, dass sie öffentlich sind, wo immer möglich von einer anerkannten Standardisierungsinstitution standardisiert wurden, dass sie frei von patent- und lizenzrechtlichen Gebühren sind und dass sie in weit verbreiteter Nutzung sind. Zu den in einem Archivformat vorliegenden Dateien werden im Stadtarchiv alle notwendigen technischen, inhaltlichen und administrativen Metadaten erfasst, die Dateien werden zusammen mit ihren Metadaten in ein Archivpaket (TAR-File) gepackt und redundant auf zwei Bändern, die räumlich getrennt sind, gespeichert.


Zusätzlichkeit der Aufgabe

Es fallen im Stadtarchiv keine Aufgaben durch die digitale Archivierung weg. Die Aufgaben des Stadtarchivs sind vielmehr komplexer geworden, weil die vom Stadtarchiv zu bearbeitenden Unterlagen nach Art und Form vielfältiger geworden sind und die Archivierung von digitalen Unterlagen neue und anspruchsvolle Anforderungen stellt.
Es entstehen in der Landeshauptstadt Stuttgart durch die zunehmende Elektronisierung der Verwaltung nicht weniger Unterlagen, sondern die Form verlagert sich nach und nach ins Digitale. Am Ende dieses Prozesses wird in der Zukunft die gleiche Menge an Unterlagen, die früher in Papierform entstand, in digitaler Form entstehen und vom Stadtarchiv zu bewerten, zu übernehmen, zu erhalten und nutzbar zu machen sein.
Ältere Unterlagen, die heute nicht mehr auf Papier entstehen würden, werden dem Stadtarchiv jetzt erst angeboten, d.h. das Stadtarchiv bewertet und übernimmt derzeit und noch auf Jahre hinaus gleichzeitig Fotos und Pläne in Papierform wie in digitaler Form. Akten entstehen weiterhin auf Papier und werden in Papierform übernommen. Alle bereits im Stadtarchiv archivierten Unterlagen in Papierform müssen weiterhin erhalten und nutzbar gemacht werden.


Bisherige Entwicklung von PADUA

2008 hat die LHS ein Fachverfahren für die Übernahme von digitalen Objekten ins Archiv (Ingest) ausgeschrieben. Der Auftrag wurde an die Firma Hewlett Packard vergeben. HP hatte zuvor bereits die Ausschreibung des Bundesarchivs für ein digitales Archiv gewonnen. Das von HP angebotene System orientierte sich am OAIS (Open Archival Information System), dem in einer ISO-Norm fixierten internationalen Referenzmodell für ein Archivsystem (ISO 14721), es war modular angelegt und skalierbar und bot so alle notwendigen Voraussetzungen für eine nachhaltige und wirtschaftliche Lösung. Das System wurde nach intensiven Tests 2010 abgenommen.

Der erreichte Stand ermöglicht es dem Stadtarchiv, digitale Objekte verschiedenster Herkunft in digitale Archivpakete zu packen und in sein digitales Archiv zu überführen. Dabei werden die Dateiformate automatisch erkannt und validiert, es werden Metadaten sowohl automatisch extrahiert wie von Hand hinzugefügt. Eine Recherche über die Metadaten ist derzeit nur durch das Fachpersonal des Stadtarchivs möglich.


Ausbau von PADUA bis 2015

1) Speicher

Die Ertüchtigung der Speicherinfrastruktur muss als erstes erfolgen, weil sie Voraussetzung für die Stufen 2 und 3 ist. Bisher archiviert das Stadtarchiv die Archivpakete auf je zwei nicht überschreibbare Magnetbänder. Diese Magnetbänder sind in zwei in getrennten Gebäuden befindlichen Tape Libraries eingestellt. Dieser Speicher ist für die langfristige Archivierung der Objekte geeignet. Sie ist jedoch nicht für die Nutzung durch Bürger und Verwaltung geeignet: Der Zugriff auf die archivierten Objekte ist extrem langsam, das Herunterladen von sehr großen Archivpaketen bzw. einer größeren Menge von Archivpaketen kann mehrere Stunden dauern. Der Zugriff auf bereits archivierte Objekte ist gar nicht möglich, wenn auf dem betreffenden Magnetband gleichzeitig ein Archivierungsprozess stattfindet. Die Migration großer Datenmengen ist vom Magnetband aus nicht durchführbar.

2) Recherche und Nutzung

PADUA bietet in seiner bisherigen Form eine Suchfunktion, die nur Mitarbeitern des Stadtarchivs zugänglich ist. Die vorhandene Suche ist für Fachleute der digitalen Archivierung konzipiert und sehr komplex, sie muss für Benutzer vereinfacht werden.

Benutzer müssen gleichzeitig im analogen und im digitalen Archivgut suchen können, denn sie suchen nicht nach einem digitalen oder einem analogen Objekt, sondern nach einer bestimmten Information. Eine übergreifende Suche über alle Objekte, die für die allgemeine Benutzung geeignet ist, muss daher konzipiert und implementiert werden.

Es bestehen unterschiedliche Anforderungen an die Archivierung von digitalen Objekten und an deren Nutzung. Um digitale Information über grundlegende technologische Veränderungen hinweg erhalten zu können, ist es notwendig, sie aus ihren zeitgebundenen technischen Kontexten herauszulösen. Der Zugriff auf diese Information und die Interpretierbarkeit dieser Information darf weder von einer bestimmten Hardware noch von einer bestimmten Software (sei es Betriebssystem, sei es Fachanwendung) abhängig sein.
Dies bedeutet zwangsläufig, dass die langfristig archivierte Information nur mühsam zu benutzen ist. Der Benutzungskomfort, den die ursprüngliche Softwareumgebung bot, aus dem die Information herausgezogen werden musste (spezifische Suchfunktionen, Gruppierungsfunktionen, Auswertungsmöglichkeiten), ist entfallen.
Um spätere bestandserhaltende Maßnahmen durchführen zu können, werden die archivierten Objekte um zahlreiche technische Metadaten ergänzt. Für die Archivbenutzer sind diese technischen Informationen nicht nur überflüssig, sondern sogar verwirrend. In der Form, in der ein Objekt archiviert wird, kann es daher den Benutzern nicht vorgelegt werden. Für die Benutzung muss es erst noch aufbereitet werden.

3) Bestandserhaltung

Das Stadtarchiv Stuttgart betreibt digitale Langzeitarchivierung im Rahmen des Migrationskonzeptes. Digitale Objekte werden in einem nicht proprietären (d.h. freien und quelloffenen), nicht komprimierten und stabilen Format archiviert. Dennoch müssen auch diese Formate im Rahmen der digitalen Bestandserhaltung permanent überprüft werden und gegebenenfalls in ein neues Format konvertiert werden, wenn ein Format zu veralten droht. Dabei dürfen keine wesentlichen Eigenschaften des Objekts verloren gehen. Ein solcher Migrationsvorgang kann tausende oder hunderttausende Objekte betreffen. Zur Sicherung der Authentizität des Objektes muss jeder Migrationsvorgang in den Metadaten genau nachgewiesen werden.

Das Stadtarchiv übernimmt nicht nur amtliche Unterlagen, sondern auch Unterlagen von Privatpersonen, Vereinen etc., wenn sie bleibenden Wert besitzen. Auch diese Überlieferung entsteht zunehmend digital. Vereine und Privatpersonen sind häufig nicht in der Lage, ihre Objekte in der vom Stadtarchiv für die Archivierung zugelassenen Form abzugeben. Hier ist eine Konvertierung der Objekte bereits im Vorfeld der Archivierung notwendig. Bundesweite Beachtung von PADUA

Das Stadtarchiv pflegt einen intensiven fachlichen Austausch mit dem Bundesarchiv, dem baden-württembergischen Landesarchiv und anderen Archiven, die ein digitales Langzeitarchiv betreiben.
In der archivischen Community sowie in den IT-Stellen der Kommunen und der Länder besteht großes Interesse an der Lösung der LHS. Es gab und gibt zahlreiche Besuche von Landesarchiven, Wirtschaftsarchiven und Kommunalarchiven, um die Konzeption und Umsetzung von PADUA kennenzulernen.
Innerhalb der Stadtverwaltung ist das Stadtarchiv zum Kompetenzzentrum für die digitale Langzeitarchivierung geworden und bietet Beratung und Dienstleistungen für die Ämter an. Die mit der digitalen Langzeitarchivierung betrauten Mitarbeiterinnen nehmen aufgrund ihrer erworbenen Fachkenntnis verschiedene Funktionen in Gremien zur digitalen Langzeitarchivierung wahr
· Vorsitz der AG Archivschnittstellen beim Datenverbund Baden-Württemberg,
· Vorsitz des Arbeitsausschusses NABD15 „Schriftgutverwaltung und Langzeitverfügbarkeit digitaler Informationsobjekte“ beim DIN,
· Mitglied der Geschäftsführung des Arbeitskreises „Archivierung von Unterlagen aus digitalen Systemen“,
· Mitarbeit bei der AG „Digitale Bestandserhaltung“ in NESTOR (Network of Expertise in long-term Storage of digital Resources)




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