Landeshauptstadt Stuttgart
Referat Allgemeine Verwaltung/Kultur und Recht
Gz:
AKR
GRDrs
994/2021
Stuttgart,
11/03/2021
Haushalt
2022/2023
Unterlage für die
1
. Lesung des
Verwaltungsausschuss
zur
nichtöffentlichen
Behandlung am
15.11.2021
Kolonialgeschichte
Beantwortung / Stellungnahme
Die Resultate aus der im Sommer veröffentlichten und vom Gemeinderat beschlossenen Vorstudie „Kolonialismus und koloniales Denken in Stuttgart“ zeigen zahlreiche Desiderate bzgl. der Aufarbeitung der Rolle Stuttgarts als „Knotenpunkt des Kolonialen“ auf. Die Vorstudie hat deutlich gemacht, dass sich bisher unbeachtete, koloniale Netzwerke und Verbindungslinien durch alle Bereiche des Lebens in Stuttgart zogen. Darüber hinaus zeigte sich eine enorme Komplexität des Kolonialismus, den man als eine Art „Weltanschauung“ der damaligen Stadtbevölkerung begreifen muss, die unser Handeln und unser kulturelles Wirken bis heute beeinflusst.
Die Bearbeitung der vielfältigen Forschungslücken und Handlungsbedarfe im Bereich der Stuttgarter Kolonialgeschichte und des Kolonialismus setzt eine langfristige Strategie und Förderung voraus. In den nächsten zwei Jahren sind folgende Maßnahmen aus fachlicher Sicht essentiell, um den Prozess der dekolonialen Erforschung der Stuttgarter Kolonialgeschichte weiter fortzusetzen.
1.
Finanzierung eines Promotionsvorhabens
(Laufzeit: 3 Jahre, 3. Quartal 2022-25)
Ein konkreter erster Schritt ist die Finanzierung eines Promotionsvorhabens, das an der Universität Freiburg angesiedelt und dort in das Programm „Versöhnung durch Erinnerung“ eingebunden werden kann. Dieses Vorgehen gewährleistet eine adäquate inhaltliche Betreuung der Forschungsleistung und bietet auch aus organisatorischer Sicht viele Vorteile. Darüber hinaus gelingt auf diesem Weg die Einordnung der Rolle Stuttgarts in der Kolonialzeit in einen überregionalen Kontext. Zudem ist die notwendige Zusammenarbeit mit Forscher*innen aus dem globalen Süden gesichert. Für den Austausch mit internationalen Expert*innen sind zudem mehrtägige Workshops in Stuttgart denkbar. Die Kosten einer Promotionsstelle belaufen auf rd. 150.0000 EUR und verteilen sich wie folgt:
Ab Q3/2022
2023
2024
2025
Promotionsstelle
25.000 EUR
50.000 EUR
50.000 EUR
25.000 EUR
2.
Entwicklung neuer Formate
Basierend auf der Vorstudie möchte die Kulturverwaltung darüber hinaus neue Formate entwickeln, um die Aufarbeitung der Kolonialzeit in das Stadtgedächtnis Stuttgarts zu integrieren. Die Ideenfindung und Umsetzung der notwendigen Veranstaltungen, Werkzeuge und Formen des Erinnerns (z. B. langfristige Projektförderung, Aufarbeitungsprozesse, Workshops, Entwicklung neuer Gedenkformen, dekoloniale Aktionstage, Kontextualisierung von Denkmälern, Umbenennung von Straßennamen uvm.) können im Rahmen des partizipativen Prozesses rund um den „Runden Tisch Erinnerungskultur“ bzw. der angedachten Netzwerkstruktur gemeinsam mit der Stadtgesellschaft und den erinnerungskulturellen Institutionen entwickelt werden. Dabei kann z. B. auch diskutiert werden, auf welche Weise die Stuttgarter Kolonialausstellung von 1928, die sich in wenigen Jahren zum hundertsten Mal jährt, kritisch in der Stadtgesellschaft reflektiert werden kann.
Vorliegende Anträge/Anfragen
724/2021 SPD; 900/2021 Die FrAKTION
Dr. Fabian Mayer
Erster Bürgermeister
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