Protokoll: Verwaltungsausschuss des Gemeinderats der Landeshauptstadt StuttgartNiederschrift Nr.
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VerhandlungDrucksache:
GZ:
Sitzungstermin: 13.05.2020
Sitzungsart: öffentlich
Vorsitz: OB Kuhn
Berichterstattung:der Vorsitzende, BM Dr. Schairer
Protokollführung: Herr Häbe
Betreff: Demonstrationen gegen Corona-Einschränkungen
- mündlicher Bericht -

Gegen die Behandlung dieses Tagesordnungspunktes, der sich nicht auf der Tagesordnung befindet, haben sich zu Beginn der Sitzung keine Einwendungen ergeben.

Der diesem Tagesordnungspunkt zugrunde liegende offene Brief der Gemeinderatsfraktion PULS ist diesem Protokoll sowohl als Dateianhang als auch in Papierform beigefügt.


OB Kuhn verweist auf diesen offenen Brief und trägt einführend vor, mit diesem Tagesordnungspunkt erfolge ein Bericht, den auch die Fraktion PULS in diesem offenen Brief eingefordert hat.

Anschließend betont er, Deutschland, Baden-Württemberg und insbesondere die LHS seien im Kampf gegen das Corona-Virus erfolgreich. So gebe es in Europa beispielsweise bei der Sterblichkeitsrate/Krankheitsfall eine Quote von 11,8 %, in Deutschland von 4,4 %, in Baden-Württemberg von 4,6 % und in der LHS von 4,0 %. Auch bei den Neuinfektionen befinde sich die LHS in einem guten Bereich (gestern 3 Neuinfektionen). Der Grund dafür sei, dass die Politik, aber insbesondere die Bürgerinnen und Bürger sich sehr konzentriert an die Regeln und Vorschriften hielten, obwohl diese das normale Leben einschränkten. Das Ziel, dass die Stuttgarter Kliniken stets über die erforderlichen Kapazitäten verfügen bzw. dass die Kapazitäten ausgebaut werden, sei vollständig erreicht worden. Die Virusbekämpfung in der Stadt sei also erfolgreich, da die Politik gehandelt habe und die Einwohnerschaft die Maßnahmen mittrage.
Diejenigen, die nun erklärten, "man protestiere jetzt gegen die Corona-Diktatur", machten es sich zu einfach, schließlich profitierten doch auch sie vom Erreichten.

Selbstverständlich könne gegen die Einschränkungen protestiert werden. Dazu sei das Demonstrationsrecht, die Versammlungsfreiheit im Grundgesetz (GG) festgeschrieben. Dabei handle es sich übrigens um kein absolutes Recht, da Art. 8 unter anderem besage "… für Versammlungen unter freiem Himmel kann dieses Recht durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes beschränkt werden". Zudem verweist der Oberbürgermeister auf den Art. 2 des GG "Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt. Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich", sowie daran anknüpfend auf das Infektionsschutzgesetz (IfSG).

Dies erwähne er, da wenn jemand erkläre, er verteidige das GG, sollte er das GG auch gelesen haben. Daraus ergebe sich, dass, wenn sich die Bevölkerung - wie aktuell der Fall - in Not befinde, auf der Basis des IfSG agiert werden könne/müsse.

Mit den samstäglichen Demonstrationen habe er einige Probleme. Im Großen und Ganzen seien die Auflagen/Regeln am letzten Samstag bei der Demonstration auf dem Cannstatter Wasen eingehalten worden. Dies gelte allerdings nicht in derselben Weise, da schwieriger steuerbar, für die An- und insbesondere für die Abreise. Ihm vorliegende Berichte besagten zudem, dass dies auch für die S-Bahn gelte. Einige der Demonstranten hätten sich in den S-Bahnen geweigert, den Mund/Nasen-Schutz (MNS) anzulegen. Ein MNS werde aber per Landesverordnung von jeder Bürgerin und jedem Bürger beim Einkaufen und bei der Nutzung des ÖPNV verlangt.

Diese Verstöße seien nicht hinnehmbar. Derzeit werde darüber diskutiert, wie die Auflagen der letzten Demonstration für die am kommenden Samstag geplante Demonstration verändert werden müssten, damit die Regeln stärker eingehalten würden.

In einem Kooperationsgespräch mit dem Veranstalter, und damit wendet er sich an StR Walter (PULS), werde die Verwaltung einen Vorschlag zur Durchführung dieser Demonstration unterbreiten. Nur dies könne die Verwaltung tun. Wichtig sei, die LHS genehmige nach der Rechtsprechung keine Demonstration, sondern Versammlungen könnten nach dem GG stattfinden. Dann, wenn Sicherheit und Ordnung tangiert würden, müsse die Verwaltung Auflagen machen und darauf achten, dass diese in den sogenannten Kooperationsgesprächen mit dem Veranstalter abgestimmt werden. Erst wenn der Veranstalter die Auflagen nicht mittrage, erfolge ein Veranstaltungsverbot, welches letztlich dann gerichtlich geklärt werde.

Ausgangspunkt sei gewesen, dass das Bundesverfassungsgericht gegenüber der LHS erklärt habe, "ihr müsst zunächst einmal mildere Mittel als ein Verbot vorschlagen und versuchen durchzusetzen". Er habe Verständnis, dass Menschen protestierten. Dies sei in einer Demokratie möglich. Aber die Demonstrationen müssten so ablaufen, dass die Corona-Regeln und -Verordnungen, deren Einhaltung von den anderen Bürgerinnen und Bürgern verlangt werde, bei den Demonstrationen ebenfalls eingehalten werden. Weder auf dem Wasen noch sonst wo könne es rechtsfreie Räume geben.

Politisch unterstreicht er, eine Person, die für die Grundrechte demonstriere, sei seiner Überzeugung nach verpflichtet, sich zu überlegen und zu schauen, "hinter welchen Fahnen und Predigern sie herläuft". Menschen, die sozusagen im Rahmen des GG Verschwörungsvertretern, Virusleugnern oder sonstigen Scharlatanen folgten, würden den Anspruch auf Versammlungsfreiheit nicht klug in Anspruch nehmen. Manche Äußerungen im Internet seien grenzwürdig. Politisch appelliert er an alle, genau zu prüfen, wem man folge und für wen Beifall bekundet werde. Wer die Existenz des Virus leugne, stelle sich im Übrigen gegen eine übergroße Bevölkerungsmehrheit, die die Maßnahmen des Bundes und der Länder zum Bevölkerungsschutz begrüße.

Über die Größe der Demonstration werde zu reden sein, wichtig sei allerdings, dass alle Teilnehmer die allgemeingültigen Corona-Regeln beachteten. Große Sorge bereite ihm, dass die Geschehnisse diejenigen infrage stellten, die sich zum Schutz aller an die Corona-Regeln halten.

Der Polizeibericht, so BM Dr. Schairer, besage, dass sich am 09.05.2020 nahezu 10.000 Personen auf dem Cannstatter Wasen aufgehalten haben. Die Luftbilder der Polizei zeigten, dass die Abstandsregeln/die Auflagen im Wesentlichen eingehalten worden seien. Nachdem der Veranstalter, Herr Ballweg, zunächst 50.000 Teilnehmer angemeldet gehabt habe, habe man sich letztlich in einem Kooperationsgespräch auf 10.000 Teilnehmer geeinigt. Dass in solchen Kooperationsgesprächen Dinge, soweit möglich, ausgehandelt würden, sei angesichts des rechtlichen Gebots des Bundesverfassungsgerichts ein normaler Vorgang. Dieses rechtliche Gebot habe die Landesregierung in ihrer Corona-Verordnung in § 3 verankert. Aus dem Absatz 3 dieses Paragraphen verliest er auszugsweise: "Ausgenommen von dem Verbot … sind Veranstaltungen, Ansammlungen und sonstige Zusammenkünfte, wenn sie der Wahrnehmung der Versammlungsfreiheit nach Art. 8 des Grundgesetzes zu dienen bestimmt sind. Bei Versammlungen haben die Teilnehmer ..., wo immer möglich, im öffentlichen Raum einen Mindestabstand von 1,5 m einzuhalten. Versammlungen im Sinne des Versammlungsgesetzes können verboten werden, sofern der Schutz vor Infektionen anderweitig, insbesondere durch Auflagen, nicht sichergestellt werden kann". Danach habe die Verwaltung im Lichte des Bundesverfassungsgerichts zu handeln.

Probleme bereiteten die An- und Abreise. Berichte der Polizei zeigten, dass Regeln, die ohnehin nach der Corona-Verordnung gelten, nicht eingehalten worden seien. Dies seien atypische Tatumstände, und heute sei mit der Polizei vereinbart worden, dass, wenn Teilnehmer den ÖPNV ohne MNS nutzten, dies zukünftig als Ordnungswidrigkeit mit einem Bußgeld von 300 € geahndet werden soll. Gestern seien zudem verschärfte Kontrollen mit dem Polizeipräsidenten besprochen worden. Sollte es nicht gelingen, die Verstöße im ÖPNV in den Griff zu bekommen, müssten noch schärfere Auflagen angedacht werden. Zu dem heute Nachmittag vorgesehenen Kooperationsgespräch sei Herr Ballweg durch Frau Koller (AföO) persönlich eingeladen worden. Dort würden dann Herrn Ballweg die gesehenen Probleme dargelegt und es werde betont, dass sich die Art und Weise der Versammlung am 09.05.2020 nicht wiederholen könne. Die dazu möglichen Instrumente (z. B. Maskenpflicht bei Ordnern) wolle man gemeinsam besprechen; für die kommende Demonstration am 16.05.2020 habe Herr Ballweg 500.000 Teilnehmer angemeldet. Dies zeige die Dringlichkeit eines Kooperationsgesprächs.

Insgesamt sei aber die Verwaltung gehalten, nach den Regeln des Bundesverfassungsgerichts und der Corona-Verordnung zu handeln. In die anzustellende Abwägung müssten der Infektionsschutz sowie die guten Stuttgarter Zahlen einbezogen werden. Die Bevölkerung dürfe nicht gefährdet werden.

Eingeräumt wird vom Ordnungsbürgermeister, es lasse sich der Bevölkerung nur schwer vermitteln, dass bei Demonstrationen auf dem Schlossplatz nur wenige Menschen zusammenkommen dürften, während gleichzeitig große Ansammlungen auf dem Stuttgarter Wasen nach der Rechtsordnung geduldet werden müssten. Selbst der Verwaltung falle es schwer, dies nachzuvollziehen.

StR Winter (90/GRÜNE), StR Kotz (CDU), StR Rockenbauch (Die FrAKTION LINKE SÖS PIRATEN Tierschutzpartei), StR Körner (SPD), StR Dr. Oechsner (FDP), StRin von Stein (FW) sowie StR Walter (PULS) bedanken sich für die Ausführungen der Verwaltung und signalisieren der Verwaltung ihre Unterstützung.

StR Winter pflichtet der Verwaltung bei. Er äußert Kritik an Prominenten, die ihre Popularität für die Unterstützung unseriöser Positionen nutzen. Der Verächtlichmachung wissenschaftlicher Erkenntnisse müsse entgegengewirkt werden.

Von StR Kotz wird die Verwaltung ermutigt, bei Bedarf strenger vorzugehen. Man dürfe keine Angst vor einer weiteren gerichtlichen Niederlage haben. Kein Verständnis hat er gegenüber Teilnehmern wie Virusleugnern und Vertretern von Verschwörungstheorien. Ausgehalten werden müsse, wenn Menschen, was die Schärfe und Gewichtung der Maßnahmen, zu anderen Ergebnissen kommen. Nach der Krise sollte überlegt werden, eine ergebnisoffene Diskussion darüber zu führen, ob angesichts der aktuellen Möglichkeiten, durch digitale Medien Meinungen zu äußern/Proteste aufzubauen, in Pandemiezeiten die Nutzung digitaler Medien nicht als eine alternative Möglichkeit für die Umsetzung des Demonstrationsrechtes angesehen werden könne.

Für StR Rockenbauch ist es wichtig, juristische und politische Aspekte zu trennen. Die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts werden von ihm begrüßt. Außer Frage stehe, dass gegen jegliche staatlichen Maßnahmen gerade in Krisenzeiten das Grundrecht auf Opposition und Demonstration mit Auflagen Bestand haben müsse. Dass Virusleugner sich als Hüter des GG darstellten, sei perfide. Politisch bereite es ihm Sorgen, dass bei diesen Demonstrationen Menschen, die um ihre Existenz besorgt sind, Menschen, die eine generelle Impfflicht kritisch sehen, aber auch Verschwörungsanhänger gemeinsam auftreten.

Positiv wertet StR Körner die Ankündigung der Verwaltung, dass sich die Veranstaltungsform vom 09.05.2020 nicht mehr wiederholen soll. Ansonsten würden diese Demonstrationen "noch zum Ischgl von Stuttgart". Unter den Teilnehmern seien Nationalsozialisten, Antisemiten und Anhänger von Verschwörungstheorien, allerdings auch Menschen, die ihre Belastungen durch geschlossene Kitas und Schulen, und dies könne er durchaus nachvollziehen, zum Ausdruck bringen wollten. Es gehe vom Grundsatz her darum, dass sich eine Gesellschaft Regeln geben müsse, die für alle Gültigkeit haben. Er bringt zum Ausdruck, dass er seiner Einschätzung nach dann ein freier Mensch bleibt, wenn seine Freiheit durch demokratisch legitimierte Regeln, also durch ein von ihm akzeptiertes Verfahren, eingeschränkt wird.

Für StR Dr. Oechsner nehmen viele Menschen an den Demonstrationen deswegen teil, weil vieles, was im Zusammenhang mit dem Virus steht, für sie kaum verständlich und nachvollziehbar ist. Es müsse versucht werden aufzuklären. Dass es schwierig sei, mit Fakten Virusgegner zu überzeugen, sei klar, aber deshalb ein Versammlungsverbot auszusprechen, sei kritisch. Die Vorgehensweise, die der Vorsitzende beschrieben hat, begrüße er. Geklärt gehöre lediglich noch, wie die An- und Abreise ordnungsgemäß ablaufen könne.

Erfreut über die guten Stuttgarter Zahlen äußert sich StRin von Stein. Auf die vulnerablen Bevölkerungsgruppen gehöre Rücksicht genommen. Ihr Verständnis für die Demonstranten sei von daher begrenzt. Von ihr werden die Maskenpflicht und die Abstandsregeln in den S-Bahn- und Stadtbahnstationen problematisiert.

Laut StR Walter ist der offene Brief seiner Fraktion aus dem dringenden Bedürfnis heraus entstanden, zu unterstreichen, dass die Art und Weise der Demonstration am letzten Samstag kaum nachvollzogen werden kann. Die im Nachhinein bekannt gewordenen aufgetretenen Probleme seien wenig überraschend. Für ihn ergibt sich der Eindruck, "dass unter dem Deckmantel einer Demo scheinbar die Regeln zu Corona nicht eingehalten werden müssen". Nachdem er auch auf Veranstaltungen am 1. Mai verwiesen hat, unterstreicht er, dies dürfe nicht hingenommen werden, da ansonsten die Bevölkerung das Verständnis für die getroffenen Maßnahmen verliere. Die angekündigten Kontrollen in den Bahnen sowie des Zu- und Ablaufs würden begrüßt. Nicht akzeptabel sei jedoch, kleine und große Demonstrationen unterschiedlich zu behandeln.

Die Frage, wie damit umgegangen wird, wenn mehr Teilnehmer als zugelassen am kommenden Samstag auf dem Cannstatter Wasen erscheinen, stellt StR Kotz.

Die im Livestream verbreiteten Bilder, so StR Rockenbauch, hätten gezeigt, dass bei der Rede des Hauptredners am 09.05.2020 Abstandsregeln nicht mehr gegolten haben. Zudem hätten viele Menschen in dieser emotionalen Zusammenballung vor der Bühne keinen MNS getragen. Solche Verstöße müssten künftig geahndet werden. Bei früheren Demonstrationen, wie z. B. Fridays for Future, sei die Polizei "ziemlich restriktiv" vorgegangen.

Für StR Rockenbauch stellt sich die Frage, ob die Stadt, da bei 10.000 Teilnehmern Abstandsregeln nicht mehr durchgehalten werden könnten, eine Maskenpflicht verlangen kann. Diese müsste natürlich kontrolliert werden und strafbewehrt sein. Von StR Körner wird bei einer Teilnehmerzahl wie am letzten Samstag eine Maskenpflicht unterstützt. Seiner Überzeugung nach lässt sich eine solche Veranstaltung ab einer gewissen Größenordnung - er nennt die Zahl von 10.000 Personen - nicht mehr so organisieren, dass bei An- und Abreise die Gesundheit nicht gefährdet wird. Dies belege ja die Veranstaltung am 09.05.2020. Die Landesverordnung sehe im Gegensatz zu den Ländern Berlin und Bayern keine Obergrenze bei den Teilnehmern vor. Konkret stellt er die Frage, ob per Auflage die Teilnehmerzahl auf deutlich unter 10.000 festgelegt werden kann. Dagegen fragt sich StR Dr. Oechsner, ob bei einem so hohen Gut wie der Versammlungsfreiheit eine Obergrenze eingezogen werden kann. Dies sehe er, und dies unterstützt StR Walter, als unrealistisch an, da es doch problematischer sei, wenn 50 Personen eng gedrängt stünden, als wenn 10.000 Personen die Abstandsregeln einhalten. StRin von Stein stellt sich vor, dass aus der für die Demonstrationen auf dem Cannstatter Wasen zur Verfügung stehenden Fläche eine maximale Teilnehmerzahl abgeleitet werden kann. Bei großen Demonstrationen spricht sich auch StR Walter für eine Maskenpflicht aus. Er erklärt, sollte es am kommenden Samstag erneut zu Problemen kommen, sollten diese Demonstrationen u. a. unter Verweis auf die Landesverordnung künftig unterbunden werden.

OB Kuhn geht davon aus, dass mit einer geringeren Teilnehmerzahl sich das Infektionsrisiko minimieren lässt. Darüber müsse wie gesagt geredet werden, und morgen Vormittag werde darüber die Verwaltung abschließend entscheiden. Die Corona-Verordnung in Bayern beinhalte eine Obergrenze von 50 Personen, aber am letzten Wochenende hätten sich auf dem Münchner Marienplatz 3.000 Menschen eingefunden. Die Polizei habe nicht einschreiten können, da u. a. ansonsten die Infektionswahrscheinlichkeit für die Demonstranten, aber auch für die Polizisten zugenommen hätte. Obergrenzen stellten also keine einfache Lösung dar. Wichtiger als die absolute Teilnehmerzahl sei das Einhalten von Abständen während der Veranstaltungen. Der Zu- und der Ablauf stellten entscheidende Schwachstellen dar, auf die der Veranstalter - neben der Teilnehmerzahl - reagieren müsse. Da die Maskenpflicht im ÖPNV außer Frage stehe, bitte er die Polizei, Kontrollen beim Ein- und Aussteigen durchzuführen. Maskenpflicht bestehe wie gesagt im ÖPNV, aber auch beim Einkaufen, allerdings nicht im Freien. Von daher sei es schwierig, bei solchen Demonstrationen eine Maskenpflicht vorzusehen. Über allem stehe die Frage, was die Polizei überhaupt durchsetzen könne. So müsse die Polizei, sollten mehr Teilnehmer erscheinen als zugelassen, unter Wahrung der Verhältnismäßigkeit der Mittel entscheiden, wie damit umgegangen werde. Solche Entscheidungen seien natürlich nicht einfach. Teilweise könne der Veranstalter durch seine Einladung die Zahl der Teilnehmer beeinflussen; die Veranstalter würden durchaus eine eigene Verantwortung tragen, dass Erlasse, Verordnungen und Vorschriften eingehalten werden. Mit den Teilnehmern, deren Sorgen und Ängste nachvollzogen werden könnten, müsse man versuchen, Gespräche zu führen. Andererseits müsse aber klargestellt werden, dass Virusleugner und Verschwörungsanhänger ein Spiel gegen die Mehrheit der Stuttgarter Bevölkerung spielten. Er bittet die Anwesenden, die schwierige Differenzierung vorzunehmen.

Von BM Dr. Schairer wird zu der Verantwortung des Veranstalters ergänzt, sollte sich zeigen, dass der Veranstalter seiner Verantwortung nicht nachkomme, sei dieser unzuverlässig, und dann könne die Verwaltung diesen auch als Veranstalter ablehnen. Im anstehenden Kooperationsgespräch müsse bei der Größenordnung beachtet werden, dass Herr Ballweg erkläre, er könne auch durch Streaming viel erreichen. Für den öffentlichen Verantwortungsbereich, also für das Verhalten der Teilnehmer auf der An- und Abreise, sei die öffentliche Hand zuständig. Die Verantwortung des Veranstalters beginne auf dem Veranstaltungsgelände. Daher werde darüber zu reden sein, welche Auflagen verstärkt werden müssten. Die Verwaltung werde dafür sorgen, dass es bei den Zu- und Abgängen keinen Begegnungsverkehr mehr gebe. Eventuell müssten schmale Unterführungen geschlossen werden.

In der Folge bittet er StR Rockenbauch, Art. 11 Abs. 2 des GG durchzulesen. Dort stehe, dass Grundrechte bei Seuchen eingeschränkt werden könnten. Dies gehe darauf zurück, dass Naturkatastrophen nicht beherrschbar seien. Auch die Haltestellen des ÖPNV seien in der Landesverordnung erfasst. Dort gelte somit die Maskenpflicht. Nicht möglich sei, über die Größe des Cannstatter Wasens die Teilnehmerzahl zu ermitteln. Es gehe ausschließlich um eine handhabbare Größenordnung.

Gegenüber StR Walter betont er abschließend, dass in einer Pandemiezeit keine Veranstaltung sicher ist. Das Bundesverfassungsgericht erlaube jedoch, dass sich mehr Menschen unter Beachtung von Infektionsschutzgesichtspunkten versammeln können.

Weiter informiert Frau Koller, die Frage einer generellen Maskenpflicht auf solchen Demonstrationen sei intensiv diskutiert worden. Dafür müsse die Grundlage der Infektionsschutz sein. Aus Infektionsschutzsicht sei der Abstand am wichtigsten. Ein Grund, weshalb von einer Maskenpflicht abgesehen werde, sei, dass nicht signalisiert werden solle, die Maske biete Sicherheit, und der Abstand sei vernachlässigbar. Eine Maskenpflicht werde bei Ordnern verlangt, da deren Funktion beinhalte, auf Personen zuzugehen und diese anzusprechen. Dennoch plädiert StR Rockenbauch für eine Maskenpflicht. Er argumentiert, das Einhaltung der Abstandsregeln sei bei einer dreistündigen Veranstaltung nicht kontrollierbar während das Einhalten einer Maskenpflicht leicht erkennbar sei.

Danach schließt OB Kuhn diesen Tagesordnungspunkt ab.
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