Landeshauptstadt Stuttgart
Referat Wirtschaft/Finanzen und Beteiligungen
Gz: WFB
GRDrs 697/2010
Stuttgart,
09/13/2010



1. Zwischenbericht zur Einführung der Zweitwohnungssteuer
2. Erweiterung der Befreiungstatbestände der Satzung




Beschlußvorlage
Vorlage an
    zur
SitzungsartSitzungstermin
Verwaltungsausschuss
Gemeinderat
Vorberatung
Beschlussfassung
öffentlich
öffentlich
22.09.2010
23.09.2010



Beschlußantrag:

1. Vom Zwischenbericht zur Einführung der Zweitwohnungssteuer wird Kenntnis genommen.

2. Der Satzung zur Änderung der Satzung über die Erhebung der Zweitwohnungssteuer wird in der aus der Anlage ersichtlichen Fassung zugestimmt.


Begründung:


Der Gemeinderat hat am 3. Dezember 2009 im Rahmen des Haushaltssicherungskonzepts 2009 die Einführung einer Zweitwohnungssteuer (ZwWSt) beschlossen (GRDrs 934/2009). Von der Stadtkämmerei wurden im Zeitraum April bis Juni 2010 rund 37.000 Inhaber eines Zweitwohnsitzes in Stuttgart angeschrieben. Ziel des Anschreibens war, über die neue Steuer zu informieren und noch vor Beginn der Steuerpflicht eine Melderegisterbereinigung zu erreichen. Auf den Bericht in Anlage 1 wird verwiesen.

Die Verwaltung hat dem Gemeinderat im November 2009 eine Satzung mit auf ein Mindestmaß reduzierten Befreiungstatbeständen vorgelegt. Dadurch sollte u. a. eine möglichst rechtssichere Satzung erreicht werden. Wie im Bericht und Vorschlag zur Einführung einer ZwWSt im Juni 2009 dargestellt (GRDrs 539/2009, Nr. 6 Steuerbefreiungen), gelten in anderen Städten eine Vielzahl von Befreiungen.

Aus den Reaktionen auf das Informationsschreiben wurde erkennbar, dass überwiegend aus sozialen Gründen eine Erweiterung der Befreiungen für nachstehende Personenkreise geboten erscheint:

- Personen mit Zweitwohnung in einer Pflegeeinrichtung oder in der bisherigen Familienwohnung
- Personen mit Zweitwohnung in therapeutischen Wohnungen (Behindertenwohnungen) oder in der „Familienwohnung“
- Beschränkung der Steuerpflicht auf Volljährige

Finanzielle Auswirkungen

Ein Rückgang der prognostizierten Steuereinnahmen mit 840.000 Euro durch die Erweiterung dieser Befreiungstatbestände wird nicht erwartet, da bei der Annnahme der etwa 2.000 Steuerpflichtigen die obigen Personenkreise nicht eingerechnet waren. Es wurde davon ausgegangen, dass diese jeweils die Hauptwohnung (und keine weitere Wohnung) in Stuttgart haben. Negativ auf die Anzahl der Steuerpflichtigen wird sich dagegen die im August 2010 in Kraft getretene Änderung des Meldegesetzes auswirken. Meldepflichtig werden nur noch Einwohner, die länger als sechs (vorher: zwei) Monate eine Wohnung beziehen. Wie viele mutmaßlich Steuerpflichtige dadurch entfallen, ist jedoch nicht abschätzbar.

Beim Finanzausgleich kann sich die Befreiung der rund 100 nach Melderegisterbereinigung verbleibenden 16 bis 18-Jährigen negativ auswirken.

Insgesamt wird unverändert davon ausgegangen, dass die Anzahl der für den Finanzausgleich relevanten Hauptwohnsitze einen Zugang mit 2.000 bis 3.000 Hauptwohnsitzen und Mehreinnahmen mit 2 bis 3 Millionen Euro sowie bis zu 1,2 Millionen Euro beim Gemeindeanteil an der Einkommensteuer erfährt. Bis Ende August 2010 haben 727 „Statuswechsel“ zur Hauptwohnung stattgefunden. Dieser Trend wird sich in den kommenden Monaten verstärken. Der Rückgang der für die amtliche Einwohnerzahl ohnehin nicht relevanten Zweit-/Nebenwohnsitze verhält sich entsprechend der Erfahrungswerte, die andere Städte in der Vergangenheit bei der Einführung der Zweitwohnungssteuer gemacht haben.


Beteiligte Stellen

./.

Vorliegende Anträge/Anfragen

Antrag und Anfrage 259/2010 der CDU-Stadträte Rudolf, Stradinger, Sauer und Wahl
Anfrage 260/2010 der FDP-Gemeinderatsfraktion


Erledigte Anträge/Anfragen

Antrag und Anfrage 259/2010 der CDU-Stadträte Rudolf, Stradinger, Sauer und Wahl
Anfrage 260/2010 der FDP-Gemeinderatsfraktion




Michael Föll
Erster Bürgermeister


Anlagen

1. Zwischenbericht der Stadtkämmerei
2. Satzung der Landeshauptstadt Stuttgart über die Änderung der Satzung über die Erhebung der Zweitwohnungssteuer
3. Antrag und Anfrage 259/2010 der CDU-Stadträte Rudolf, Stradinger, Sauer und Wahl und Anfrage 260/2010 der FDP-Gemeinderatsfraktion

Anlage 1 zur GRDrs 697/2010



Zwischenbericht zur Einführung der Zweitwohnungssteuer

1. Information der Nebenwohnungsinhaber

Im Zeitraum April bis Juni 2010 hat die Stadtkämmerei 36.974 persönliche Informationsschreiben, überwiegend adressiert an die Anschrift der Hauptwohnung, versandt. Rund 4.100 dieser Schreiben konnten im 1. Versuch wegen nicht aktueller Adresse des Melderegisters nicht zugestellt werden. In diesen Fällen war eine teilweise aufwendige Adressermittlung notwendig. Es musste in der Mehrheit der Fälle ein auswärtiges Meldeamt (oft auch mehrfach) angeschrieben werden. Dies war unverzichtbar, da ansonsten die Aufforderung zur Abgabe der Steuererklärung, die noch in 2010 versandt werden soll, ebenfalls unzustellbar wäre.

Die Verwaltung hatte Ende April 2010 in einer Presseerklärung die Informationsschreiben angekündigt. In der örtlichen Presse wurde in mehreren Artikeln über die Stuttgarter Zweitwohnungssteuer berichtet.

ArtStand 07.04.2010Stand 31.08.2010Veränderung
Nebenwohnungen (NW)37.89422.378- 15.516
Hauptwohnungen (HW)561.487562.434+ 947


2. Reaktion der Nebenwohnungsinhaber/Bereinigung des Melderegisters

Anschreiben und Presseberichte führten zu zahlreichen Reaktionen. Bis Ende August sind bei der Stadtkämmerei rund 5.200 schriftliche Äußerungen und Anfragen eingegangen. Weiter wurden über 6.800 fernmündliche Auskünfte erteilt.

Neben allgemeinen Fragen zur Steuer äußerte sich eine Vielzahl der mit Zweitwohnung gemeldeten Einwohner dahingehend, dass die Nebenwohnung teilweise schon seit Jahren nicht mehr besteht. Oftmals wurde die Abmeldung wohl einfach versäumt. Andererseits versicherten viele der Angeschriebenen glaubhaft, sie hätten sich ordnungsgemäß in Stuttgart oder bei einem auswärtigen Meldeamt ab- oder umgemeldet. Alle Schreiben mit Anträgen und Beanstandungen zum Meldestatus wurden dem Bürgerbüro zugeleitet und werden von dort bearbeitet.

Es ergaben sich folgende Änderungen im Melderegister:

Der Rückgang mit 15.516 Nebenwohnungen basiert, wie oben aufgeführt, weitgehend auf einer Bereinigung nicht mehr zutreffender Einträge im Melderegister. Die mit Nebenwohnung gemeldeten Personen hatten teilweise schon seit Jahren den noch gemeldeten Wohnsitz nicht mehr inne. Dies deckt sich im Übrigen mit der Erfahrung anderer Großstädte bei der Einführung der Zweitwohnungssteuer. Diese hatten teilweise eine Reduzierung der Zweitwohnungen um bis zu 80% nach Ende der Bereinigungsphase. Ursächlich ist dies auch auf die in der Vergangenheit fehlende bundesweite Vernetzung der Meldebehörden zurückzuführen. Es wird davon ausgegangen, dass nach Aufforderung zur Abgabe der Steuererklärung die Anzahl der Zweitwohnungen noch weiter abnimmt.

Auf die Zuweisungen im Finanzausgleich und den Gemeindeanteil bei der Einkommensteuer hat dieser Rückgang keine Auswirkungen, da bei der Mittelverteilung nur Einwohner mit Hauptwohnsitz berücksichtigt werden.

Der Zuwachs an 947 Hauptwohnungen beinhaltet 727 „Statuswechsler“ zur Hauptwohnung. Der „Statuswechsel“ im Zeitraum von Anfang April 2010 bis Ende August 2010 erfolgte nach Einschätzung der Verwaltung im Zusammenhang mit der Einführung der Zweitwohnungssteuer und kann deshalb dieser zugerechnet werden. Rechnerisch entspricht dies bereits einem Zugang von rund 1,02 Millionen Euro im Finanzausgleich und dem Gemeindeanteil an der Einkommensteuer. Wie unter Ziffer 3 dargelegt, geht die Verwaltung davon aus, dass im Zusammenhang mit der Veranlagung der Steuer mit weiteren „Statuswechslern“ zu rechnen ist.

Aus den Reaktionen auf das Informationsschreiben wurde aber auch erkennbar, dass überwiegend aus sozialen Gründen eine Erweiterung der Befreiungen für nachstehende Personenkreise geboten erscheint:

Personen mit Zweitwohnung in einer Pflegeeinrichtung oder in der bisherigen Familienwohnung.

Laut derzeitiger Satzungsregelung gilt die Befreiung nur für vorübergehende Unterbringung in der Pflegeeinrichtung, da davon ausgegangen wurde, dass bei dauerhafter Unterbringung der Hauptwohnsitz im Pflegeheim liegt. Da jedoch die Ehegemeinschaft durch die Heimunterbringung nicht aufgehoben wird und somit auch kein Getrenntleben im familienrechtlichen Sinne vorliegt, können die Heimbewohner ihre Hauptwohnung bei der gemeinsamen Familienwohnung beibehalten und sich mit Nebenwohnung im Heim anmelden. Aufgrund der Anfragen nach dem Informationsschreiben, insbesondere beim Bürgerservice Soziale Leistungen in Pflegeheimen, ist anzunehmen, dass viele Heimbewohner so gemeldet sind. Alternativ ist die Hauptwohnung im Heim und aus Verbundenheit eine Nebenwohnung am Familienwohnsitz gemeldet. Die Verwaltung möchte diese Menschen nicht dazu bewegen, die Nebenwohnung aufzugeben und im Heim die Hauptwohnung anzumelden.

Personen mit Zweitwohnung in therapeutischen Wohnungen (Behindertenwohnungen) oder in der „Familienwohnung“.

Auch dieser (volljährige) Personenkreis ist oft aus Familienverbundenheit mit Zweitwohnung in der Einrichtung oder bei den Eltern oder Geschwistern gemeldet. Die Verwaltung möchte aus sozialen Gründen auch diesen Personenkreis nicht der ZwWSt unterwerfen. Zur Klarstellung wird weiter vorgeschlagen den Begriff „Behinderung“ im Satzungstext aufzuführen.

Beschränkung der Steuerpflicht auf Volljährige

Bei Minderjährigen zwischen 16 und 18 Jahren liegt in Baden-Württemberg nach dem Melderecht die Hauptwohnung immer zwingend beim Personenfürsorgeberechtigten. Dieser Personenkreis kann sich daher z. B. trotz überwiegendem Aufenthalt am „Ausbildungsort“ dort nicht mit Hauptwohnung anmelden. In anderen Bundesländern dagegen besteht überwiegend ein Wahlrecht. Es wird daher vorgeschlagen auch diesen Personenkreis zu befreien.

Wohnungen junger Erwachsener, die für Erziehungszwecke als Jugendhilfemaßnahme dienen, sollten weiterhin steuerbefreit werden. Der Begriff Erziehungszwecke in
§ 3 Nr. 1 der ZwWStS ist daher zu präzisieren, da Minderjährige in diesen Wohnungen bei genereller Beschränkung der Steuerpflicht auf Volljährige nicht mehr gesondert befreit werden müssen.

Darüber hinaus liegen zwei Anträge bzw. Anfragen (Antrag und Anfrage 259/2010 der CDU-Stadträte Rudolf, Stradinger, Sauer und Wahl sowie Anfrage 260/2010 der FDP-Gemeinderatsfraktion) vor, welche weitere Modifikationen vorschlagen. Ferner hat sich Haus & Grund in einer Pressemitteilung zu der Thematik geäußert.

Hierzu ist festzustellen:

Seit April 2010 wurden in Stuttgart bereits über 15.000 Zweitwohnungen abgemeldet oder im Datenbestand von Amts wegen gelöscht. Daraus kann aber nicht, wie von Haus & Grund behauptet, abgeleitet werden, dass diese Einwohner Stuttgart den Rücken gekehrt haben und die Einwohnerzahl sinkt. Grundlage für die Ermittlung der Amtlichen Einwohnerzahl (Stand 31.Dezember 2009: 601.646) sind einzig und allein Einwohner mit Hauptwohnsitz. Dies gilt sowohl für die Zuweisungen im Finanzausgleich, wie auch bei der Ermittlung des Gemeindeanteils an der Einkommensteuer.

Entgegen der Darstellung von Haus & Grund handelt es sich bei der Zweitwohnungssteuer definitiv nicht um eine Luxussteuer, sondern um eine kommunale Aufwandsteuer. Wie auch bei der Vergnügungs- und Hundesteuer wird bei dieser Aufwandsteuer eine über die Befriedigung des allgemeinen Lebensbedarfs hinausgehende Verwendung von Einkommen und Vermögen besteuert. Sie wurde im Rahmen des Haushaltssicherungskonzepts eingeführt, um die Inhaber eines Zweitwohnsitzes an der Finanzierung der auch von ihnen nutzbaren Infrastruktur zu beteiligen. Darüber hinaus sollen Mehreinnahmen im Finanzausgleich und beim Gemeindeanteil der Einkommensteuer erzielt werden.

Um dieses Ziel zu erreichen, scheidet eine Erweiterung der Befreiungstatbestände für nachstehende Personenkreise aus Sicht der Verwaltung, unabhängig von den rechtlichen Bedenken aus. Laut Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) ist eine Satzung mit Art 3 GG unvereinbar und nichtig, soweit sie ohne hinreichenden, sachlichen Grund nur bestimmte Personenkreise (im zugrunde liegenden Fall der Entscheidung „Auswärtige“) besteuert.

Beruflich bedingte Zweitwohnungen unverheirateter Paare

Die Steuerpflicht für diesen Personenkreis stellt keine Ungleichbehandlung mit verheirateten oder in einer eingetragenen Lebensgemeinschaft lebenden Personen dar. Die Erhebung einer ZwWSt auf das Innehaben einer aus beruflichen Gründen gehaltenen Wohnung eines nicht dauernd getrennt lebenden Verheirateten, dessen eheliche Wohnung sich in einer anderen Gemeinde befindet, diskriminiert laut Beschluss des BVerfG die Ehe und verstößt gegen Art. 6 Abs. 1 GG. Unverheiratete unterliegen nicht dem Schutz der Ehe. Laut Meldegesetz haben sie die Hautwohnung am (jeweils) vorwiegenden Aufenthaltsort zu nehmen. Dies ist in der Regel der Ort der Berufsausübung. Unverheiratete Paare unterliegen keiner melderechtlichen Zwangslage und können unterschiedliche Hauptwohnungen unterhalten. Bei Verheirateten dagegen ist die Familienwohnung die Hauptwohnung.

Eine Befreiung erscheint weder sozial geboten noch wirtschaftlich sinnvoll, sie wäre zudem rechtlich bedenklich.

Unverheiratete Nebenwohnungsinhaber wie Soldaten, Zivildienstleistende oder Polizeibeamte mit Residenzpflicht

Dieser Personenkreis dürfte sich überwiegend am „Beschäftigungsort“ aufhalten und dort liegt damit auch der Hauptwohnsitz nach dem Meldegesetz. Eine Besteuerung wäre damit hinfällig.

Die Steuerpflicht der Nebenwohnung eines Polizisten mit Residenzpflicht wurde vom BVerfG am 17. Februar 2010 erneut ausdrücklich bejaht, da Unverheiratete keinem besonderen Schutz unterliegen und sie sich damit in gleicher Weise verhalten, wie alle Personen, die mehrere Wohnsitze, gleich aus welchem Grund, innehaben.

Eine Befreiung erscheint auch hier weder sozial geboten noch wirtschaftlich sinnvoll, sie wäre zudem rechtlich bedenklich.

Nebenwohnungen von in auswärtiger Ausbildung befindlichen Personen in der Wohnung der Eltern in Stuttgart

Melderechtlich ist zwischen "ehemaligen Kinderzimmern" oder anderen Räumen, die nur oder vorwiegend dem erwachsenen Kind (Volljährigen) zur Verfügung stehen einerseits und Gästezimmern oder sonstigen Räumen in der Wohnung der Eltern andererseits, die auch von erwachsenen Kindern gelegentlich mit geringfügiger Dauer genutzt werden, zu differenzieren.

Erwachsene Kinder, die eine bloße gelegentliche Übernachtungsmöglichkeit ohne spezielle räumliche Ausstattung bei den Eltern haben, sind nicht zweitwohnungsteuerpflichtig. Die nur gelegentliche Nutzung einer allgemeinen Übernachtungsmöglichkeit stellt keine Nebenwohnung im Sinne des Melderechtes dar. Der Meldestatus „Nebenwohnung“ dürfte in solchen Fällen falsch sein, die Nebenwohnung wäre abzumelden. Eine Steuerpflicht wäre damit nicht mehr gegeben.

Erwachsene Kinder, für die in der elterlichen Wohnung in Stuttgart ein spezielles Zimmer vorgehalten wird und die dieses zumindest gelegentlich zum Wohnen oder Schlafen nutzen, sind meldepflichtig und damit auch steuerpflichtig. Die Zulässigkeit der Besteuerung von Studenten in Studentenwohnungen und „Kinderzimmerfälle“ wurde jüngst erneut in mehreren höchstrichterlichen Entscheidungen bejaht. Die Zweitwohnungssteuer als Aufwandsteuer verlangt nicht, dass das Innehaben der Zweitwohnung der Befriedigung eines gehobenen Lebensbedarfs dient. Die Zweitwohnungssteuer ist nicht mit einer Luxussteuer gleichzusetzen. Daher können auch solche Zweitwohnungen in die Besteuerung einbezogen werden, die trotz auswärtiger Ausbildung bei den Eltern beibehalten werden. Persönliche Gründe (wie die Bindung zu Stuttgart), oder die mit der Nebenwohnung verfolgten Zwecke, dürfen bei einer Entscheidung über eine Befreiung nicht herangezogen werden, da eine Aufwandsteuer eine wertende Berücksichtigung ausschließt und nur den konkreten Aufwand (hier die Nebenwohnung) besteuert.

Der Verwaltung ist außer der Stadt Hannover keine Großstadt bekannt, die eine Befreiung für diese „Kinderzimmerfälle“ vorsieht.


3. Einschätzung der Auswirkungen

Trotz vielfältiger Äußerungen hat ein Großteil der Angeschriebenen wohl bisher überhaupt noch nicht reagiert. Spätestens mit der Aufforderung zur Abgabe der Steuererklärung oder deren Anmahnung bei Nichtreaktion wird sich dies ändern. So wird derzeit weiterhin davon ausgegangen, dass der prognostizierte Zugang von 2.000 bis 3.000 Hauptwohnungen erreicht werden kann.

Ein Rückgang der veranschlagten Steuereinnahmen mit 840.000 Euro wird trotz vorgeschlagener Erweiterung der Befreiungstatbestände nicht erwartet, da bei der Annnahme der etwa 2.000 Steuerpflichtigen diese Personenkreise nicht eingerechnet waren. Es wurde davon ausgegangen, dass diese jeweils die Hauptwohnung (und keine weitere Wohnung) in Stuttgart haben. Negativ auf die Anzahl der Steuerpflichtigen wird sich dagegen die im August 2010 in Kraft getretene Änderung des Meldegesetzes auswirken. Meldepflichtig werden nur noch Einwohner, die länger als sechs (vorher: zwei) Monate eine Wohnung beziehen. Wie viele mutmaßlich Steuerpflichtige dadurch entfallen, ist jedoch nicht abschätzbar.

Beim Finanzausgleich könnte sich eine Befreiung der rund 100 nach Melderegisterbereinigung verbleibenden 16 bis 18-Jährigen negativ auswirken. Es wird aber nach wie vor von Mehreinnahmen mit 2 bis 3 Millionen Euro, sowie bis zu 1,2 Millionen Euro beim Gemeindeanteil an der Einkommensteuer ausgegangen.

Anlage 2 zu GRDrs 697/2010




Satzung zur Änderung der Satzung über die Erhebung der Zweitwohnungssteuer in der Landeshauptstadt Stuttgart

Der Gemeinderat der Landeshauptstadt Stuttgart hat am *__________ aufgrund § 4 der Gemeindeordnung in der Fassung vom 24. Juli 2000, zuletzt geändert durch Gesetz vom 29. Juli 2010 (GBl. S. 555, 558) in Verbindung mit §§ 2, 8 und 9 Abs. 4 des Kommunalabgabengesetzes (KAG) in der Fassung vom 17. März 2005 (GBl. S. 206) folgende Satzung beschlossen:

* Datum wird nach Beschlussfassung eingefügt
§ 1

Die Satzung der Landeshauptstadt Stuttgart über die Erhebung der Zweitwohnungssteuer vom 3. Dezember 2009 (Amtsblatt Nr. 50 vom 10. Dezember 2009) wird wie folgt geändert:

I. § 3 erhält folgende Fassung:

Von den in § 2 Abs. 2 genannten Zweitwohnungen sind steuerfrei

1. Wohnungen, die von öffentlichen oder gemeinnützigen Trägern zu therapeutischen Zwecken oder für Zwecke der Erziehung als Jugendhilfemaßnahme zur Verfügung gestellt werden.

2. Wohnungen, die der Betreuung pflegebedürftiger oder behinderter Menschen dienen und sich in Pflegeheimen oder vergleichbaren Einrichtungen befinden.

3. Wohnungen, die nicht dauernd getrennt lebende verheiratete oder in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft lebende Personen, deren gemeinsam genutzte Wohnung sich nicht im Stadtgebiet Stuttgart befindet, aus Gründen ihrer Erwerbstätigkeit, ihrer (Berufs-) Ausbildung oder ihres Studiums nicht nur unregelmäßig oder zeitlicht untergeordnet innehaben.

Die Befreiung gilt auch für Zweitwohnungen, wenn sich die Hauptwohnung in einer unter Nr. 1 und 2 genannten Einrichtung befindet.

II. § 4 Abs. 1 erhält folgende Fassung:

(1) Steuerpflichtig ist jede volljährige Person, die im Stadtgebiet eine Zweitwohnung im Sinne von § 2 Abs. 2 dieser Satzung innehat. Die Satzung tritt am 1. Januar 2011 in Kraft.


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Anlage_3_zur_GRDrs_697_2010.pdf