Protokoll: Verwaltungsausschuss des Gemeinderats der Landeshauptstadt StuttgartNiederschrift Nr.
TOP:
410
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VerhandlungDrucksache:
640/2012
GZ:
AK 0501-03
Sitzungstermin: 28.11.2012
Sitzungsart: öffentlich
Vorsitz: BM Wölfle
Berichterstattung:-
Protokollführung: Frau Gallmeister
Betreff: Übertarifliche Vergütung an pädagogische Springkräfte in den Tageseinrichtungen für Kinder beim Jugendamt

Vorgang:

Verwaltungsausschuss vom 21.11.2012, öffentlich, Nr. 397
Gemeinderat vom 22.11.2012, öffentlich, Nr. 228
jeweiliges Ergebnis: Zurückstellung


Beratungsunterlage ist die dieser Niederschrift angeheftete Vorlage des Referats
Allgemeine Verwaltung und Krankenhäuser vom 16.11.2012, GRDrs 640/2012.



Einleitend berichtet BM Wölfle im Sinne der Vorlage, wobei er zum Beschlussantrag, die pädagogischen Springkräfte in den Tageseinrichtungen nach Entgeltgruppe S 8 einzugruppieren, anmerkt, die Verwaltung vertrete die Meinung, dass es zu rechtfertigen sei, dass Springkräfte, die eine besondere zusätzliche Belastung gegenüber anderen Erzieherinnen haben, höher eingruppiert werden. Der örtliche Personalrat habe die Vorlage abgelehnt, da er insgesamt eine Neubewertung im Erzieherinnen-/Erzieherbereich für notwendig erachtet.

StR Stopper (90/GRÜNE) dankt für die Vorlage mit dem Beschlussantrag zur übertariflichen Eingruppierung der pädagogischen Springkräfte nach Entgeltgruppe S 8. Sicherlich wünschenswert wäre es, insgesamt mehr zu tun und die Eingruppierung nach Entgeltgruppe S 8 für alle Erzieherinnen und Erzieher vorzusehen. Dies wäre jedoch mit einem erheblichen Mittelaufwand verbunden, sodass hierzu in den nächsten Haushaltsberatungen ein Gesamtpaket beraten werden müsse, bei dem es auch um Fragen der Ausbildung und zusätzlicher Anreize wie Fahrtkosten und Wohnraum für Erzieherinnen und Erzieher gehen müsse. Seine Fraktion sehe auch den Punkt der Verwaltung hinsichtlich der Auswirkungen bei den freien Trägern, die bisher so nicht berücksichtigt worden seien. Seine Fraktion erachte die vorliegende Vorlage, trotz der nachvollziehbaren Unzufriedenheit seitens des Personalrats, als den sinnvollsten Weg, bei der Eingruppierung in die richtige Richtung zu gehen. Insofern stimme seine Fraktion dem Beschlussantrag der Verwaltung zu.

Nach Meinung von StRin Ripsam (CDU) ist es Aufgabe der Tarifpartner, nach einer Lösung der Problematik bei der Bezahlung der Erzieherinnen und Erzieher zu suchen. Der Personalmangel in diesem Bereich sei kein neues Problem; außerdem seien in den vergangenen Jahren die Anforderungen an Erzieherinnen und Erzieher durch die Wandlung von der Betreuungseinrichtung zur Bildungseinrichtung gestiegen. Diese Entwicklung hätte ihrer Meinung nach von den Tarifpartnern gesehen und eine bessere Vergütung der Erzieherinnen und Erzieher ermöglicht werden müssen.

Nachdem die Tarifpartner bis jetzt keine Lösung erreicht hätten, wolle sie für die CDU-Gemeinderatsfraktion beantragen, dass sich die Verwaltung bis zu den nächsten Haushaltsberatungen Gedanken hinsichtlich einer Erzieherzulage macht, die zumindest übergangsweise bis zu einer Einigung der Tarifpartner gewährt werden könnte. Eine solche Zulage könne es der Stadt Stuttgart ermöglichen, neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für die verschiedenen Einrichtungen zu finden. Sie kündigt die Zustimmung ihrer Fraktion zur vorliegenden Vorlage an, verbunden mit der Erwartung, dass bis zu den Haushaltsberatungen im nächsten Jahr eine Lösung gefunden wird, die eine Verbesserung in der Vergütung der Erzieherinnen und Erzieher vorsieht.

Der heute zur Abstimmung stehenden Vorlage sollte zugestimmt werden, äußert sich StR Kanzleiter (SPD). Jedoch sei damit die Gesamtproblematik im Bereich der Erzieherinnen und Erzieher sowie auch bei den übrigen Berufen innerhalb der Stadt nicht gelöst. Die Inhalte der Tarifverträge würden insofern den Anforderungen nicht mehr voll gerecht. Hier seien seines Erachtens zunächst die Tarifparteien gefordert. Er erinnert in diesem Zusammenhang an die im Personalbeirat geäußerte Bitte, dass die Stadt Stuttgart diesbezüglich als Mitglied des Kommunalen Arbeitgeberverbandes im Verband nachdrücklich aktiv werden sollte.

Wenn alle Erzieherinnen und Erzieher der Stadt von S 6 nach S 8 eingruppiert würden, bedeute dies nach einer Aussage der Verwaltung für die Stadt Stuttgart 4,1 Mio. €, so StR Kanzleiter. Bekannt sei, dass bei den freien Trägern ungefähr der gleiche Betrag dazu komme, sodass sich ca. 8 Mio. € ergeben würden. Wenn eine Arbeitsmarktzulage für alle Beschäftigten im Tarifbereich gewährt würde - dies sei in München der Fall - würde dies in Stuttgart etwa 6 Mio. € ausmachen. Bei den Haushaltsberatungen werde man sich mit der Thematik ausführlich auseinandersetzen müssen, weshalb es sinnvoll sei, wenn sich die Verwaltung vorab mit dem Thema beschäftige.

Für seine Fraktion kündigt StR Gulde (FW) die Zustimmung zur GRDrs 640/2012 an. Die Problematik einer besseren Vergütung der Erzieherinnen und Erzieher insgesamt müsse in den Haushaltsberatungen behandelt werden, betont er dabei.

StR Klingler (FDP) weist bezüglich der Probleme in Stuttgart, Erzieherinnen und Erzieher zu finden, auf die Konkurrenzsituation mit verschiedenen umliegenden Städten und Gemeinden hin. Wegen der Bedeutung der finanziellen Seite müssten in diesem Bereich in erster Linie sinnvolle und gute Gehälter gezahlt werden. Deswegen müssten seiner Meinung nach relativ schnell Überlegungen angestellt werden, wie hier Verbesserungen erzielt werden könnten. Mit der heute zur Abstimmung stehenden Vorlage gehe es um einen ersten Schritt in die richtige Richtung. Bis zu den Haushaltsberatungen im kommenden Jahr müssten jedoch Überlegungen angestellt werden, wie in allen Bereichen der Stadt Stuttgart Anreize zur Arbeit im öffentlichen Dienst geschaffen und wie die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gerecht und gut bezahlt werden können. Seine Fraktion stimme der GRDrs 640/2012 sehr gerne zu.

StRin Küstler (SÖS und LINKE) betont, ihre Fraktionsgemeinschaft wolle keine übertarifliche Eingruppierung, sondern eine reguläre Eingruppierung, was bedeute, dass die besonderen Schwierigkeiten der Tätigkeit, die Großstadtsituation und die Situation berücksichtigt werden, dass in den Kitas viele Kulturen anzutreffen sind und dass die Stadt Stuttgart wie auch die freien Träger sehr anspruchsvolle Programme fahren, die von den Erzieherinnen und Erziehern ein Höchstmaß an Leistung, Erfahrung und Wissen abverlangen. Nach Meinung ihrer Fraktionsgemeinschaft müssten aufgrund dieser Leistungsmerkmale daher alle Erzieherinnen und Erzieher nach S 8 eingruppiert werden. Die Stadträtin erinnert an den Antrag Nr. 390/2012 ihrer Fraktionsgemeinschaft vom 16.11.2012 und erläutert diesen. Sie werde sich bei der Abstimmung der Stimme enthalten, kündigt sie an, da sie dem Wort "übertariflich" im Beschlussantrag ungern zustimmen würde. Die seitens des Personalrats geäußerte Sorge, dass unter Umständen durch die Springertätigkeiten Stammpersonal verloren gehe und kein neues Personal gewonnen werde, sei für sie ebenfalls ein wichtiger Einwand, schließt StRin Küstler ihre Wortmeldung ab.

Herr Freitag (GPR) erklärt, der Gesamtpersonalrat danke der Verwaltung für die Vorlage, da er für jede Verbesserung im Bereich der Erzieherinnen und Erzieher dankbar sei. Allerdings "springe" die Vorlage zu kurz. Die Ablehnung der Vorlage durch den örtlichen Personalrat resultiere daraus, dass der Personalrat nicht mit Bedingungen, sondern nur vollumfänglich zustimmen oder vollumfänglich ablehnen könne.

Tatsache sei, dass im Jugendamt ca. 200 Stellen nicht besetzt seien. In der Umrechnung für Kita-Plätze ergäben sich rd. 1.500 Plätze, die nicht belegt werden könnten. Da diese Plätze dennoch belegt werden, müssten die Erzieherinnen und Erzieher, welche die Arbeit machen, den Personalmangel auffangen, was zu Überlastung führe; diese Leistung werde geldmäßig überhaupt nicht honoriert. Durch die Nichtbesetzung der offenen Stellen spare die Stadt erhebliche Mittel ein, sodass es möglich wäre, die Erzieherinnen und Erzieher materiell zu unterstützen. Nachdem es andere Entscheidungen über weit höhere Summen gebe, die durch den Gemeinderat unterjährig getroffen werden können, würde der Personalrat von der Verwaltung erwarten, dass ein Weg aufgezeigt wird, z. B. in einem ersten Schritt die Vergütung in S 8 für alle Erzieherinnen und Erzieher so umzusetzen, dass kein Haushaltsbeschluss geändert werden müsse. Für ihn stelle sich die Frage, ob die Stadt "in einer gewissen Ignoranz" an ihrer starren Haltung festhalte, als ob es kein Problem gebe.

Die Frage der übertariflichen oder nicht übertariflichen Situation sei eine Frage der Kreativität, fährt Herr Freitag fort. Wenn die komplexe Situation in einer Großstadt ernst genommen werde, müsse festgestellt werden, dass die Anforderungen an die Tätigkeit der Erzieherinnen und Erzieher in Stuttgart sich deutlich von denen unterscheiden, die es in anderen Gebieten Baden-Württembergs oder Deutschlands gebe. Die nächste tarifliche Regelung zu diesem Tatbestand sei im Jahr 2015 möglich. Zum Gesamtpaket des örtlichen Personalrats merkt er an, dass dieses wahrscheinlich das beste Paket sei, das zu einer strukturellen Verbesserung der bestehenden Tarifsituation zu bekommen sei. Dieses Gesamtpaket könne im Gesamtvolumen selbstverständlich nicht unterjährig verabschiedet werden. Der Personalrat fordere den Gemeinderat auf, der Vorlage der Verwaltung die nötige "Springkraft" zu verleihen, indem der Beschluss zur Eingruppierung in S 8 auf alle Erzieherinnen und Erzieher ausgedehnt wird.

Zu der von Herrn Freitag der Verwaltung unterstellten Handlungsunfähigkeit verweist BM Wölfle auf die Vorlage, welche gerade die Handlungsfähigkeit und den Willen der Verwaltung beweise, etwas zu tun. Die Verwaltung stehe zu einer übertariflichen Bezahlung, was er nicht als kleinen Schritt für die Stadt Stuttgart bewerte. Aus Sicht der Verwaltung sei eine übertarifliche Vergütung abgewogen. Die GRDrs 640/2012 solle die Diskussion innerhalb des Arbeitgeberverbandes und auf Seiten der Gewerkschaft in Gang bringen, so BM Wölfle. Die nicht ausgegebenen Personalkosten fielen, wenn mehr Personal gewonnen würde, irgendwann weg, sodass sich eine zusätzliche Belastung von 8 Mio. € ergebe.

Selbstverständlich werde sich die Verwaltung intensiv mit der Frage beschäftigen, mit welchem Paket es gelingen kann, mehr Personal zu gewinnen. Eine wesentliche Voraussetzung sei seiner Meinung nach, dass es gelingen müsse, deutlich mehr Menschen für den Beruf der Erzieherin/des Erziehers auszubilden, da nur auf diese Weise mehr Personal zu gewinnen sei. Der Auftrag an die Verwaltung, sich bis zu den Haushaltsberatungen ein Paket mit einem finanziell nachvollziehbaren, vertretbaren Aufwand zu überlegen, werde aufgegriffen, so BM Wölfle.

Zum Verdienst einer Erzieherin/eines Erziehers informiert der Vorsitzende unter Hinweis, dass die Zahlen für das Jahr 2012 gelten:

S 6 Eingangsentgelt 2.160,30 €
S 6 Endstufe 3.032,90 €

S 8 Eingangsentgelt 2.266,19 €
S 8 Endstufe 3.441,65 €

Zur Frage von StRin Küstler unter Hinweis auf den Antrag Nr. 390/2012, wie die Verwaltung damit umgehe, wenn durch eine Höhergruppierung die Stufengewährung sich ändert, weist BM Wölfle auf die ausführliche Beratung im Personalbeirat hin. Eine nochmalige Darstellung des Sachverhalts in der Stellungnahme zum angesprochenen Antrag könne vorgenommen werden.

StR Kanzleiter macht darauf aufmerksam, dass es sich um eine grundsätzliche Problematik der Bezahlung der Beschäftigten des öffentlichen Dienstes in den unteren und mittleren Vergütungsgruppen handelt und nicht nur den Bereich der Erzieherinnen und Erzieher betreffe. Konkret gehe es um das Thema Konkurrenz am Arbeitsmarkt in einer Notsituation, was den Erzieherinnen-/Erzieherbereich angehe. Seines Wissens bezahlten andere Städte, auch in der Region, Erzieherinnen und Erzieher nach S 8. Die Stadt Stuttgart und der Gemeinderat sollten sich bemühen, in diesem Bereich voranzukommen.

In der weiteren Diskussion hält es StR Stopper für sinnvoll, dass der Gemeinderat hinsichtlich des Volumens sich ein Paket zur Beratung in den nächsten Haushaltsberatungen vornimmt; die Frage des Entgelts müsse dabei um die anderen Punkte, z. B. Ausbildung, Fahrtkosten, ergänzt werden.

BM Wölfle weist an Herrn Freitag gewandt darauf hin, dass es noch keinen Beschluss dazu gibt, künftig die Erzieherinnen und Erzieher nach Entgeltgruppe S 8 einzugruppieren. Wenn künftig alle Erzieherinnen und Erzieher bei der Stadt Stuttgart und bei den freien Trägern nach S 8 eingruppiert und bezahlt würden, mache dies ein Volumen von ca. 8 Mio. € aus. Über die Frage, ob dies als richtige Maßnahme erachtet werde, um dem Personalmangel im Erzieherinnen- und Erzieherbereich langfristig zu begegnen, müsse in einem Gesamtpaket im Rahmen der nächsten Haushaltsberatungen diskutiert werden.

Gegenüber Herrn Freitag macht EBM Föll darauf aufmerksam, dass dessen Rechnung keine dauerhafte Finanzierung einer Höhergruppierung in Entgeltgruppe S 8 sicherstellen könne, da nur eine dauerhafte Höhergruppierung unter bestimmten Voraussetzungen möglich sei, wenn dies gewünscht werde.


Abschließend stellt BM Wölfle fest:

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